#10
Eine Vendetta. Eine Vendetta gegen sich selbst. Rache war der Schlüssel zur jenen Allmacht, die jedem Leben widersprach. Es war der Sitz eines Gottes über den Welten, und allen Sterblichen. Schmerz, Einsamkeit, Kälte - all jene Gefühle, die Rache befeuerten, waren hier, in ihm und ihr. Mit einer genüsslichen Genugtuung, ließ sich der dunkle Geist einen Teil jener Welten entreißen, welche Maledice brauchte, um zu verstehen. Mit der Berührung verbrannte sich jeder Beweis ihrer Menschlichkeit, wie ein kaltes Feuer glimmte es auf ihrer Haut, während es tief ins Fleisch drang. Fressender Frost durchstieß ihre Adern, erweiterte sie, bis das Leben gierig zurückwich. Dennoch - sie starb nicht und auch keine Asche schien dem kalten Feuer zu entweichen. Pure Gier war an diesem Ort. Der schwarze, kalte Dunst hinterließ nur einen tauben Schmerz. Man musste nicht mehr fürchten, was finster war, sondern sah das abgründige Licht daran. Werte und Moral jener Macht verschoben sich zu einem Nullpunkt. Verfälschungen und Wahrheiten wurden gleich. Kodex und Anti-Kodex verbrachten sich an diesen Ort. Darth Vesperum blickte auf seine wunderbare Gesellin mit einem Blick als ob er der Vernichtung einer Stadt beiwohnen würde. Dieser tote sowie dämonische Blick, welcher lustvoll herabfiel. Er stand hier über den Dingen. Dies war seine Galaxis, sein Universum und sein Theater. Millionen Lebenwesen waren bedeutungslos, für diesen Gewinn, den er Reah Nigidus anzahlte. Der Jahrmarkt der Finsternis war eröffnet. Die Nacht nahm sich eine neue Schwester. Hörte sie bereits das Glockenspiel? Das Gekicher und die Fahrgeschäfte? Die Stimmen und die Düfte? Alles war hier - in den Gedanken. Ein Jahrmarkt, eine Feier, am Abgrund. Das Portal stand auf und der einzige Eintritt, der verlangt wurde, war ihre Seele. Und diese hatte sie gerade bereitwillig geopfert. An diesen Zirkusdirektor aus der Hölle: in schwarzer Kutte und toten Fingern.

Der Sith führte seine faulige Zunge über seine Lippen, wobei die rissige Haut wieder ein wenig Spannung gewann. Was dachte sie? Die dunkle Seite verhüllte sie, doch waren die Gefühle dort. Klar ersichtlich für den Dämonen: Gier, Selbstsucht und Arroganz. Es war dort, in ihr, das Gift floss darauf. Das Geschenk, seine Gabe, in ihr, nahm sich Präsenz. "Wir Sith sind und waren," sagte die Stimme aus gluteralen Stimmtief. "Freiheit von Weltlichkeit; Freiheit von Sterblichkeit; Freiheit von Schwäche," donnerte der untote Anti-Gott in Versatzstücken. Es war keine notwendige Erklärung, dennoch wollte er dies sagen, damit Reah auch ideologisch verstand. Es war keine feste Doktrin, doch das Wesen der Sith war immer auf die Ketten, die es zu sprengen galt, ausgerichtet. Dabei verkannten sie immer, dass die dunkle Seite und das damit verbundene Kreuz, die größten Ketten waren. Ein Ich, ein großes Ego, welches mehr wollte, war immer gefangen in dieser Welt aus Dunkelheit. Sie litten unter dem Gift der Gier, welches die dunkle Seite immer war. Die dunkle Seite war nie Feuer oder Licht, sondern immer nur Kälte, das Fehlen von Licht und somit Wärme. Und das akzeptierte sie unweigerlich. Die elektrostatischen Mikroentladungen in der Luft kristallisierten den widernatürlichen Akt. Reah Nigidus verkaufte ihre Seele gegen Eis. Gegen ein totes Herz, welches nur noch schlug, um den Tod zu verweigern und nicht mehr das Leben zu lieben. Würde sie das sehen, was er gesehen hatte? Seine Gaben waren selten präzise; noch konnte er sie wirklich kontrollieren. Die dunkle Seite war stark in Vesperum aber auch stellenweise unkontrollierbar. Darth Vesperum war nur noch bedingt Beherrschung, sondern eher Chaos, welches floss und seine Bahnen fand. Vielleicht sah sie Korriban? Sah sie vielleicht auch den Untergang der alten Sith? Die Tempel? Was sie auch sah, das war sein Geschenk und ebenso ein Geschenk der uralten Mächte. Nur eines würde sie spüren, wie es auch Ilara gespürt hatte: das Zeichen, welches sich formte. Ein Zeichen, welches er erzwang, ins Fleisch. Zwei Sith-Zeichen sammelten sich an ihren Unterarmen, in der Nähe ihrer Handgelenke. Scheinbar bildete das schwarze Gift diese Zeichen des Fluches. War es Vesperum? - oder doch sie selbst? Gab es hier überhaupt Sinn sowie Verstand? Hier war nichts mehr klar.

Darth Vesperum wandte sich ab, ging einen Schritt zurück und öffnete eine kleine, sterile Kiste aus schwarzem Kristall. Darin lag eine Kopie des Buchs der Sith, welche er entnahm, um sie Reah Nigidus als neue Sith zu reichen. "Das Buch der Sith," sprach der Tyrann nüchtern und ließ es zusätzlich in ihre Hände gleiten. Es war seine Art, die Ideologie zu verbreiten. Nicht viele Worte waren notwendig, sondern nur der Wille zum Studium der dunklen Seite. "Erhebt euch, Darth Maledice. Vergesst Reah Nigidus, die mit dem Zeichen von euch ging." In der Tat. Jetzt gab es nur noch das hier. Das Leben einer Sith, in Finsternis und Schatten.

War Vesperum als Meister der dunklen Seite zufrieden? Nein. Er war nie zufrieden, gierig war er. Mehr musste es sein, bis die Galaxis endgültig verschlungen war; in diesem Abgrund aus Selbstgerechtigkeit sowie Wahnsinn. Darth Vesperum, getrieben von seiner Sehnsucht, das Schicksal selbst zu brechen, um die Dinge zu ändern, die ihm einst wichtig waren, war nichts mehr als ein Nexus jener Macht, die allein tot war. Trotz allem vegetierte diese Macht untot in dieser Dimension, hielt sie zusammen, als Gegenstück zum Licht. Vielleicht war dies Vesperums Sinn im Dasein, nur sah er ihn nicht mehr. Verloren, getrieben und haltlos, suchte er Halt in diesem neuen Orden, welcher Ideologie einer Zeit war, welche nicht wiederkommen sollte. Leider kam sie wieder. Die Zeit der Sith, welche Sidious einst beschworen hatte. Die Zeit war vielleicht niemals ganz vorbei gewesen. Solange Vesperum sein Gift als Gabe verkaufen konnte, solange er seinen Fluch und seine faulige Pestilenz verbreiten konnte, solange würde es Sith geben. Dies hier war ihre Zeit, denn sie war voller Krieg, Gewalt und auch Tatendrang. Sith konnten gedeihen, wie Schimmelpilze auf einer Leiche. Und so würde auch die Pestilenz in Maledice anwachsen, bis sie so war, wie er: wahnsinnig vor Gier. Es gab kein Ziel mehr, sondern nur noch Wünsche. Man tat, was man tat, weil man es konnte. Die Sith wuchsen - auch wenn auf Onderon Narren zurückgelassen worden waren, die sich als nicht würdig erwiesen hatten. Der finstere Imperator hatte erneut einen Sieg errungen, indem er Reah Nigidus vernichtete und aus der toten Hülle, Darth Maledice formte. Es würde noch Monate dauern, bis sie wirklich erkannte, was sie nun war: ein Dämon, wie er. Ein gefallenes Etwas.
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