#8
Das fade Weiß seiner Haut erinnerte daran, was er verloren hatte. Verlust - seine Konstante; Endlichkeit, die der Dämon zu durchbrechen versuchte. Reah erinnerte diese finstere Gestalt daran, was Leben war. Leben war der Wille danach zu streben; nur Wille befahl die Existenz in Form. Ohne Willen gab es kein Überleben, sondern nur Tod. Und dennoch entstand ein Spiel aus Gewinn und Verlust. Unter der Masken, die sie alle trugen, lagen tiefe Narben und Abgründe, die alle hinabzogen: in diesen Abgrund, aus dem Vesperum entstiegen war. War die Darbietung dieser Handbewegung eine Form der Entschuldigung? Diese Bewegung seiner Hand zögerlich, gar vorsichtig, zog dahin und war Spiegel einer verkommenen Menschlichkeit. "Reah Nigidus," formulierten seine Lippen lautlos, ohne jeglichen Ton, während die Schatten um sie wuchsen.

Die Dunkelheit nahm sie ein, umschloss sie in dezente Seidennebel aus Eis und Frost. Kalt war es und die Zeit erfror, wie unter einer rauschenden Lawine begraben. War er es? Nicht mehr bestimmbar waren die Grenzen zwischen Illusion, Realität und dessen, was der Dämon war. Puppenspieler oder Puppe? Wer spielte wen? Die dunkle Seite war mannigfaltig aber immer eines grausam. Grausam bestimmend. Grausam beherrschend. Keine Stimme erhob sich mehr in ihm, es zu beenden. Keine Stimme schrie mehr, bis Vesperum sein Angesicht in der Reflektion des polierten Bodens erblickte. Diese Gestalt war er. Dieser unheilvolle Geist, umgarnt von seinen Schatten und dunklen Händen aus Nichts. Ein Blick in diesen Spiegel genügte, um die alte Stimme zu erwecken, die fast verstummt war. Die Illusion zog endlich Grenzen. Der dunkle Lord wagte einen Blick auf seine knöchernden Hände, dann Reah, wankte einen winzigen Schritt zurück; nicht merklich. Ja, die Handbewegung war eine Entschuldigunh vor sich selbst gewesen. Seine persönliche Geste um Vergebung, nicht von Reah und auch nicht von der Galaxis, sondern allein vor sich selbst. Alles, was er tat, hatte er getan - ohne Reue, bis jetzt. Reah, ihre Aura, so leer und dennoch so willensstark, lag vor ihm. Ihre fleischliche Hülle war nur MakeUp für ihre Seele, den urtümlichen Willen. Darth Vesperum erkannte diese Leere in sich wieder. Es war zu einfach, zu leicht und zu schnell: die Antwort. Dennoch hatte sie Recht. Ihr Begehren war Macht. Reinheit des Lebens war Wille und für einen Willen gab es keine andere Erlösung als Machtstreben. Erst wenn man sein eigener Gott war, war man frei von diesen Schicksalsfäden, die einen zur Marionette, einer Puppe, degradierten. Arroganz war es, nicht zu erkennen, was man sein musste. Amaranthine verloren. Seine Mutter verloren aber noch greifbar. Dieser Griff in den Tod war sein Ziel, der Bruch des Bandes und der Grenzen. Wille würde die Zeit einst selbst beugen. Wahnsinn eines verlorenen Kindes. Der Sith lächelte abgebrochen, leblos, als ob man einer Wachsmaske ein Lächeln hineingedrückt hatte. "Das ist das Wesen der Sith," erklärte der Lord als Antwort sodann. Seine Bewegungen verödeten, starben ab und nur die schwarze Säule, geformt aus seiner Kutte und Anschein verblieb. "Macht ist Wille. Der Wille definiert das Leben, ohne ihn - ohne sie, die Macht - wären wir bedeutungslos, leere Gestalten in einer toten Zeit," setzte er nach. Eine leichte Rechtfertigung für Wahnsinn, obwohl dieser Geist nicht mehr weltlich dachte. Ihn interessierten andere Dinge, weit ab von Leben und Tod. Existenz war für ihn Schlüssel und nicht nur bloßes Dahinleben. Im Zweifel lebten alle anderen dahin, doch er strebte nach diesem einem Ziel: die Fäden zu durchtrennen und den Puppenspieler zu töten.

Der Sith spürte, den Pulsschlag ihres verdorbenen Blutes, wie es presste und in ihrem Organismus drückte. Er sah es. Ihre Aura finsterte, düsterte in sich und war ganz hier. Die Wahrnehmung hatte sich verschoben, und so hatte er die kleinen Blitze vorhin, nur peripher wahrgenommen aber akzeptiert, sogar begrüßt. Machtblitze waren ein Zeichen für emotionale Hingabe zu seiner Sache oder besser der Sache der dunklen Seite. Der schwarze Turm brauchte weitere Bewohner, um diesen weiter zu bauen, bis man den Himmel stürmen konnte.

Und so führte die dunkle Jedi, die so schwarz in ihrem Herzen war, aus, was Vesperum ohnehin längst bei sich gedacht hatte. Onderon - sein persönliches Versagen. Die falschen Personen hatte er erwählt, seine Dienerschaft zu sein. Der Dämon hatte die törichten schwarzen Engel ernannt, die leider ebenso schnell stürzten, wie sie einst gefallen waren. Nun nickte er zutrauend, durchbrauch die Kälte mit Bewegung; die Säule verrutschte um die Kapuze. In der Tat, begriff sie. Der Abgrund, die Finsternis war nicht zu fürchten, sondern zu umarmen. Zwischen den Sternen lag nur Finsternis, es gab weniger Licht, immer weniger davon. Wer mehr wollte als nur Dasein, musste den Abgrund suchen und hinein springen, bis der Sturz ihn befreite. Nein, die dunkle Jedi verkaufte sich nicht. Sie log nicht, sie war endlich ehrlich zu sich selbst und ihr Geheimnis, welches sie mitgebracht hatte, trat in den Hintergrund. Vesperum interessierte sich auch nicht weiter dafür, da er mit ihr nun auf eine Ebene ging, die von gemeinsamer Sehnsucht getragen war. Endlich eine Person, die die dunkle Seite verstand und nicht nur als Kraftquelle betrachtete. Dunkle Philosophie entsponn sich hier, als ob die alten Schriften und Riten von Korriban selbst Leben gefunden hatten. Schließlich gab sie es zu. Ja, sie hatte mit Kressh gesprochen. Dem schärfsten Kritiker von Vesperum auf Korriban und später sein größter Unterstützer. Er, der dunkle Lord, war auf Korriban neu entstanden, allein durch seinen Willen, war er zum Dämon geworden. Allein durch seinen Willen, das Schicksal zu betrügen und zu brechen, war er verflucht worden, zu dieser Existenz als dunkler Lord aller Sith. Jetzt erinnerte er sich, hob die Hände erneut, um die Narben seines Aufstiegs zu betrachten, die sich tief in seine Unterarme und Handflächen gegraben hatten. Noch zu gut, kannte er die Regeln, die sie ihm genannt hatten, die Bilder, die dort waren und die Erkenntnis, die dort gewachsen war. Alles endet in Dunkelheit. Schmerz war eine willkommene Erlösung dort gewesen. Darth Vesperum atmete aus, mit ihm diesen leeren Gedanken an seinen Aufstieg.

"Ihr begreift," war der tonlose Kommentar, der direkt in ihren Schädel drang. Sie war die, die er brauchte, um endlich die Macht selbst zu brechen. Endlich das zu erschaffen, was er benötigte als sein bestes Werkzeug: einen dunklen Orden. Die dunkle Seite, in Form der Schatten sammelte sich um seine linke Hand, die er nun von sich streckte. Kleinere Machblitze zuckten hinter ihm, aus dem Nichts, als er mit Kraft seines Willens, die Schatten sowie Nebel bändigte. Eine kleine schwarze Kugel bildete sich in seiner Hand, die auf dieser zu schweben schien, wie von einem unsichtbaren Magneten gehalten. Viele Worte brauchte es nicht, nur Willenskraft. Der dunkle Lord keuchte ein und aus, suchte sich, um sich dann mit dem schwarzen Objekt zu ihr zu drehen. Sie musste zu packen, begehren, um es zu erhalten. "Nehmt das, was ich euch anzubieten habe aber bedenkt, dass es mit einem Preis verbunden ist." Es klang dröhnend, der Welt entrückt. War es Illusion? Egal. Für beide war dieser Moment anders. Es war das Geschenk eines gefallenen Engels an seines Gleichen. EIn Einblick in das, was Vesperum in sich trug und was er war: der schwarze Mann, der Nexus einer alten Macht.

"Wenn ihr es nehmt, werdet ihr sehen, was ich gesehen habe," teilte er der dunklen Inquisitorin eine Teil-Wahrheit mit. Sith logen immer zu gewissen Aspekten, auch um sich selbst zu schützen. Das, was sie sehen würde, kontrollierte er. Sie würde nur das sehen, was er sie sehen ließ. Das Geschenk, zwar verbunden mit reiner Kraft, war auch ebenso verfluchend giftig. Reah Nigidus würde endgültig Teil seiner Galaxis, seiner Dimensionen werden und darin aufgehen als das, was sie sich insgeheim zu wünschen schien. Sie musste nicht Gott sein, wollte es nicht. Die Rolle als Gottes Vollstrecker jedoch, gefiel ihr außerordentlich gut.

"Wollt ihr das beanspruchen, was ich euch biete? Dann nehmt es als Darth Maledice," sagte er dann noch, während seine Augen einen seltsam gelben Stich erhielten. Die Farben verkehrten sich und entstellten das Gesicht in eine teufliche Fratze, anders als sie sonst war. Diese Fratze war das, was er nicht zeigte aber innerlich längst darstellte. Das Monster des Verlustes, die nimmer-satte Ausgeburt einer Finsternis, die hier erneut forderte. Reah hatte sich bewiesen, musste nur noch zupacken, um sich mit ihrer Restseele diesem okkulten Kreis zu unterwerfen. Nicht die Sith, die nur ein Name waren, wollte der dunkle Lord hier vervollständigen, sondern das grausame Momentbild der dunklen Seite, die sich erneut als Sith zeigten. Sith sein war mehr als nur einen alten Titel zu tragen oder einem Orden anzugehören; es war die völlige Verneinung der alten Existenz und Hingabe zum Verrat am Schicksal, am Leben selbst. Man war mehr als nur hier, sondern nahm endlich am Prozess der Mächte teil, die die Galaxis im Kern bildeten. Diese Wendung der Ereignisse war aus dem Moment geboren, selbst Vesperum hatte nicht damit gerechnet, heute ein solches Angebot, diesen teuflischen Vertrag zu machen aber die dunkle Seite war willfährig. Man nahm sie an oder stieß sie ab. Der Sith Lord hatte sie angenommen.
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