#3
Supersternenzerstörer, Allegiance-Klasse, Abaddon

Wirre Gedanken überschlugen sich im Sternenstrudel, auf dem Weg nach Fondor. Wild kreisten sie über ihren Kopf, beinahe fassbar, doch immer unerreichbar. Wie kleine Dämonen flatterten um sie herum, verhöhnten und verspotten das Wesen der Tatsache wegen, die Ergüsse des eigenen Geistes nicht begreifen zu können. Stattdessen war sie zur Leere verdammt. Zur Hülle. Aber nicht ganz, noch nicht. Die toten Seelen Firrerres stopften Löcher der Puppe, vernähten schlampig Risse, aus denen das Futter austrat, ihr Geist, ihr Verstand. Es gab noch einen Unterschied, winzig und für viele kaum von Bedeutung, aber er bestand. Man mochte sie als Wahnsinnige betrachten, als amoralisches Monster, doch die Sense des Todes wurde bewusst geführt. Bald jedoch, mochte auch sie zur willenlosen Mörderin verkommen, jemand der nur noch tötete, aber nicht mehr begriff wofür oder warum. Der Schleier wurde dünner, aber er hielt stand, noch zerrte niemand daran, noch riss ihn niemand ab und entblößte den Spiegel, dessen projiziertes Bildnis sie nicht ertragen könnte. Das Licht bezeichnete den Weg in die Schatten oft als leicht, als schnell, aber er war es nicht. Das Gewicht, die Masse der Dunkelheit auf ihren Schultern und der geifernde, zehrende Abgrund zu ihren Füßen, waren eine größere Herausforderung als viele Jedi irrtümlich annahmen. Wie immer sahen sie nur das Wirken der Dunkelheit, nicht das Wesen dahinter, das an seinen Entscheidungen litt und vielleicht sogar daran zerbrach. Wie der Imperator. Wie Vesperum. Dunkelheit war die Auslöschung des selbst, der Suizid des eigenen Willens. Sie waren allesamt Diener einer größeren Kreatur, eines Wesens so mannigfaltig und mächtig, dass es über Gott stand. Über dem Sith auf dem Thron.

Da war er nun auch, als sie sich umdrehte, weit oben auf der Observationsbrücke, ihrem Turm, der die minderwertige Sterblichkeit der Besatzung überragte. Dort stand die Halterung für den Götzen, für den Pontifex des Reiches, an dessen klebrigen Fäden Milliarden Welten mit Milliarden Bewohnern ihre Hoffnungen und Wünsche aufhängten. Am Ende würde er sie verschlingen und nur das Nichts blieb zurück. Dunkelheit konnte die Seelen der Menschen nicht füllen, sie konnte sich nur an ihnen Nähren. Dreist hätte sie sich selbst auf diesen Stuhl setzen können, hier in ihrem Reich aus Durastahl und Panzerplast. Lange Finger glitten über die Armlehnen, als sie den Thron umkreiste, ihn begutachtete, doch schlussendlich tat sie es nicht. Vielleicht aus unverhüllter Angst, vielleicht aus einfachem Desinteresse. Ihre Ambition zu Herrschen war gering, beachtenswert lediglich in dem Punkt, die Galaxis in eine Arena des Blutes zu verwandeln, einen Kampf endgültiger Auslöschung, bis tausend Welten verbrannten. War es das, was diesem Krieg fehlte? Eine große Geste? Eine so gewaltige Bluttat, die ausreichte, einfach alles zu beenden? Zweifellos nicht, das Rad würde sich weiterdrehen, nie anhalten, bis die Galaxis selbst die Leichenhalle war, eine große Gruft, in der sich ihre Kadaver stapelten. Das passable und richtige Ende für das ewig würdelose Theaterspiel. Alles was übrig bliebe, wären verblasste Erinnerungen. Graustufen, nicht mehr Hell und Dunkel, schwarz und weiß.

Der Strudel endete, der Abgrund spie seinen Sturzengel über Fondor aus, in das Herz einer imperialen Militärmacht. Und doch wirkte es so erbärmlich, so primitiv und unbedeutend. All die Schiffe, all die Feuerkraft. Nichts davon wirkte tatsächlich real, tatsächlich wie eine ernstzunehmende Bedrohung. Krieg schiene eine Formsache, eine unnütze Begleiterscheinung oder aber auch ein überflüssiges Spiel, das lediglich am Rande ablief, sich im Prinzip aber als entbehrlich herausstellte. Doch blieb die Frage bestehen, dass wenn es nicht der Krieg war, dessen Pestatem die Galaxis faulen ließ, wer es dann tat? Welche Macht spielte eine Rolle? Welche Größe ließ sie denken, es stecke mehr dahinter als das primitive abschlachten wegen lächerlicher Ideologien, die so austauschbar, wie nichtssagend waren. Die Antwort lautete nicht Vesperum. Er war lediglich ein Gesicht, ein Avatar, dem man nur zu gerne all das Leid, all die notwendigen Schrecken zuschreiben konnte. Mächtig, zweifellos, aber doch zu teilen irdisch. Physisch. Zerbrechlich.
Sein Echo aber unüberhörbar, seine Präsenz unübersehbar. Selbst zwischen den unzähligen Schiffen, erschien es geradezu lächerlich einfach ihn auszumachen. Das Schwarz in der Schwärze zu erkennen. Und hier nun also sollten sich die beiden Schrecken treffen, die tragischen Figuren, die sich so sehr weigerten sich ihren Tod einzugestehen, wo ihre Körper doch bereits so sichtlich verrottet waren. Behandschuhte Hände griffen in ihren Nacken, hin zur Kapuze, zur sanften Umarmung der Nacht, die, einmal auf dem Haupt, weite Teile des Gesichts verschlang. Vergilbte Augen und zermarterte Gesichtsreise blitzen auf, wenn das Licht es sich wagte, wenn es vorsichtig, gar ängstlich in sie hineinschien, bevor die Finsternis es wieder verschlang. Der Schatten wandte sich ab und verließ seinen Hafen, das Totenschiff, setzte Segel mit einem kleineren Boot hinüber zur Niemandswerft. Dort wo der schwarze Wal lag, dort, wo er wartete, dass jemand in das Maul eintrat. Und beinahe furchtsam schon, klang der Antrieb des Shuttles, das die Bestie zur Bestie brachte.


Auf der Tyrann (Flaggschiff des Typs Bellator)

War der Flug zu kurz? Irrelevant. Ihr Geist war in sich gekehrt, so tief im Dunkeln versunken, dass selbst die Angst sie nicht finden konnte, noch nicht. Nicht, bis sie vor ihm stand, wenn der Blick von unten kam, wenn der Abgrund sein schreckliches Auge aufriss und sie selbst in tiefster Nacht erkennen konnte. Doch auch Vesperum war nicht das Ende des endlosen Schlunds, auch er hatte Angst, auch er fürchtete, denn nur sie war die Essenz, die sie alle am Leben hielt. Ohne die Furcht würden sie zerbrechen. Es war ihre Droge, ihr Lebenselixier, das sie Antrieb, dass sie überhaupt dazu veranlasste Entscheidungen zu fällen und perfide, tief versteckt, abgelegte Facetten der Persönlichkeit enthielt. Dinge, an die man sich besser nicht mehr erinnern sollte. Die Angst kratzte all dies zusammen, rieb es den geschundenen Seelen von Zeit zu Zeit unter diese Nase und erfreute sich sadistisch der Verzweiflung.
Aber Angst machte auch unberechenbar. Auf seinem Weg zum Thron des Verlangens, bemerkte der Schatten, dass sie ihre Sephi verraten würde. Die Jedi war ihr nicht wichtiger als ihr eigenes Leben, nicht einmal im Ansatz, so weit weg von ihr und so nah am dunklen Gott, war jeder andere Gedanke absurd, jede andere Vorstellung. Zu diesem Zeitpunkt interessierte sie das Schicksal der Galaxis weitaus weniger, als ihr eigenes. Und so elendig dieses Dasein auch sein mochte, es war ihres. Ihr einziges. Und sie würde es sich nicht durch unangebrachtete Senitmentalität und Symphathie nehmen lassen.

Der Turbolift schnellte nach oben und ließ Gedanken und Gefühle in der Dämmerung versinken, während der Frost der Dunkelheit winzige Eiskristalle in den Adern zu bilden schienen, die den Blutfluss blockierten. Aber war er wichtig? Wille allein, Wille und Verlangen waren es, die ihre Füße laufen ließen. Ihr Geist überlebte auch ohne Körper, würde als ein Aspekt in der Finsternis verschmelzen. Schwere Durastahltüren öffneten sich und gaben den Blick auf die Observationsbrücke frei, dort, wo sie selbst noch eben stand, nur ein anderes Schiff. Dort war der Imperator, starrte in die Sterne und strafte den Thron mit Nichtbeachtung. Dort war das Wesen, dass sie zögern ließ. Dass der Schatten erst einige Sekunden ansehen musste, vermeintlich versteckt im Dunkel der Kapuze, ehe sie nach vorn trat. Unverhältnismäßig laut schienen die Schritte in den Stiefeln zu klingen, als wäre das Echo um ein vielfaches verstärkt worden. Unbehagen fraß sich ins Herz, in das ein Nadelstich, nach dem anderen traf. Es schmerzte mit jedem Schritt mehr, als würde es sich weigern das Ding dort als Lebewesen anzuerkennen, als würde es aufhören zu schlagen: die Androhung sie selbst zu einem solchen Wesen zu machen. Dann blieb sie stehen und ging auf die Knie, die förmliche Unterwerfung, die in diesem Moment tatsächlicher Furcht entsprach und weniger Heuchelei. "Hier bin ich - so wie Ihr es Euch gewünscht habt, mein Imperator."
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