#17
Seitdem der Mann sie mit seiner Theorie bezüglich ihrer Kenntnisse zur Macht konfrontiert hatte, wirkte das Gesicht der Sephi wie eingefroren und es war eine gewisse Unruhe und Körperspannung erkennbar, die in der Form zuvor nicht da gewesen war. Sein Lächeln erwiderte sie in keiner Weise, sondern harrte weiterhin sehr aufmerksam mit ihrem Blick auf ihm, allerdings nunmehr sorgfältig beobachtend und weniger von offener Neugierde geprägt. Es gefiel ihr nicht, dass sie offensichtlich unvorsichtig gewesen war – dies waren Fehler, die schnell in Konflikte und gefährliche Situationen münden konnten, insbesondere jetzt, wo sie sich praktisch außerstande sah, der Konstellation schon rein körperlich zu entkommen. Ebenso wenig mochte sie den Gedanken, ihre Gesundheit in seine Hände zu legen, ohne über ausreichend Informationen zu verfügen. Ironischerweise waren dadurch die beiden Piloten vielleicht sogar ihre sicherere Alternative, da diese zuvor eindeutig gezeigt hatten, dass sie ein Interesse an ihrer körperlichen Unversehrtheit hatten und diese gegenüber dem Mann sogar zunächst mit Waffengewalt durchzusetzen versucht hatten. Insoweit waren die beiden, für die das Ganze letztlich nur ein einfacher Job war, vermutlich kalkulierbarer als der Fremde vor ihr.

Dennoch zweifelte sie. Es war beinah beschämend, dass sie einem Fremden derart skeptisch und vorsichtig gegenüber eingestellt war, der ihr bislang wahrlich keinerlei Leid bereitet hatte und auch in Zukunft keines in Aussicht stellte. Doch die Tatsache war nun einmal auch, dass in diesen Zeiten Vorsicht gegenüber solchen, denen die Macht zuflüsterte, sehr angezeigt war. Dieser Gedanke zehrte an ihr und sie war mit sich selbst noch nicht einig, wie sie damit wirklich umgehen konnte und sollte. Oder mit dem Umstand, dass die Macht derzeit so wirr um sie herum floss und immer wieder mit feinen Messerstichen ihr Gehirn malträtierte, um die Erinnerung an den rastlosen Planeten der roten Wüste wachzuhalten. Vielleicht lag es auch an den Schmerzmitteln, dass sie den Eindruck hatte, dass sich ihr Körper müde und taub anfühlte, aber wahrscheinlicher war, dass sich die Erschöpfung aus der Summe aller Faktoren der anstrengenden letzten Wochen und ja, Monate ergab. Ein einfacher Tag, gutes Essen, Schlafen in einem normalen Bett, einfache Routine. Was manche vielleicht als Langeweile abschrecken mochte und sie selbst nicht selten genug auch, war es gerade das, was sie sich am meisten wünschte. Und auch wenn es schwierig war, in diesen Zeiten noch so etwas wie Optimismus aufbringen zu können, so war es doch nicht unmöglich, dass derartiges in einer Republik gefunden werden konnte. Schlussendlich, eine Wahl blieb ihr offenbar ohnehin nicht.

Als aber der Mann, oder eher der junge Mann und in manchen, einzelnen Momenten seines Handelns schien selbst diese Bezeichnung ihm nicht gerecht zu werden, auf ihre Bemerkung reagierte und insbesondere die Art und Weise davon, sorgte dafür, dass ihre dunklen Augenbrauen einmal kurz zuckten; ein eher reflexhaftes Anzeichen einer gewissen Überraschtheit ihrerseits.
„Eine sehr erwachsene Sicht auf die Dinge“, entgegnete sie nach einem Moment dann, ohne jede Ironie in der Stimme, wenngleich nach außen hin nicht ganz klar schien, ob sie dies nun für eine gute oder schlechte Sache hielt. Jedenfalls ließ es sie eine Zeit lang darüber nachdenken, ehe sie knapp, eher unscheinbar nickte. Offenbar empfand sie die Reaktion also keineswegs als kryptisch und hatte auch nicht erwartet oder einfordern wollen, dass er hierzu Konkreteres preisgab. Vielleicht hatte sie nur aufgrund seines teils fahrigen Auftretens ihr gegenüber mit einer weniger reifen Antwort gerechnet. Dennoch genügte es weiterhin nicht, ihrem Gesicht etwas Entspannung von der Situation oder gar eine Bewegung an den Mundwinkeln zu entlocken.

Als der machtbegabte Mann wieder aufstand und sich den anderen aus der Gruppe zuwandte, kam der zweite Pilot gerade mit der Frachtbox ebenso wieder bei ihnen an, während der Astromech nur wenige Zentimeter hinter ihm aufgebracht zu piepen begann.
„Ist ja gut“, brummte der Co-Pilot, der von dem Gedränge und Gepfeife des Droiden offensichtlich bereits genervt war. Zusammen hörte man sich an, was der Mann zu sagen hatte, was zu einem sofortigen Blickkontakt der beiden Piloten führte, als jener vorgeschlagen hatte, dass der Rest der Gruppe sich zu dem noch funktionierenden Raumschiff der Neuankömmlinge begeben sollten, während der junge Mann und die Sephi hier bleiben sollten. Die beiden Piloten wechselten zwar zu Beginn noch keine Worte, aber aus ihren Gesichtern war lesbar, dass dieser Vorschlag zunächst auf wenig Gegenliebe stieß, allerdings schien einer der beiden, der Co-Piloten dem Ganzen deutlich abgeneigter zu sein. Der Offizier machte daraufhin ein paar Schritte zu diesem hin, wodurch die beiden in der Lage waren, die Köpfe zusammenzustecken und sich unterhalten konnten.
„Soll er sie doch versorgen, wo ist das Problem?“, murmelte der Offizier.
„Lac, wir haben keine Ahnung, was der vorhat und ob er sie nicht irgendwo anders hinbringt, wenn wir weg sind“, antwortete der Ältere kopfschüttelnd.
„Und wenn sie uns wegstirbt? Das sieht mir gerade wie die größere Gefahr aus. Schau sie dir an.“ Ein Nicken in ihre Richtung. Die Augen des Co-Piloten richteten sich auf sie.
„Zsinj macht uns einen Kopf kürzer, wenn er davon erfährt, dass wir dagegen nichts gemacht haben“, fuhr der Offizier fort. „Ich denke, das Risiko ist größer, wenn wir nichts tun. Der hier wird schon nicht den Frieden mit der Republik riskieren.“
„Ich weiß nicht. Das sind Rebellen, Lac. Da ist immer irgendwo ein Hinterhalt.“
Der Captain signalisierte mit einer Handgeste, dass er den Einwand des Co-Piloten zur Kenntnis genommen hatte, ihn aber schließlich verwarf. Daraufhin drehte er sich wieder zu den anderen um.
„Einverstanden, Skywalker“, entgegnete der junge Offizier. „Aber wenn sie zu Schaden kommt oder sie ihr Ziel nicht erreicht, wird das dem Kriegsherrn nicht gefallen. Das ist Ihre Verantwortung. Ich vertraue darauf, dass Sie verstehen, wie sehr das Ihrer Regierung missfallen würde.“
Wie zuvor, schien der Pilot das Ganze mehr als Warenaustausch zu sehen und war mit der Zustellung einer Fracht beauftragt worden. Der Kunde mochte es aber schließlich überhaupt nicht, wenn seine Ware beim Transport beschädigt wurde. Aus seiner Sicht war daher das, was Skywalker vorgeschlagen hatte, der einfachste und beste Weg, um die Integrität der Fracht sicherzustellen. Vielleicht spielte es aber auch eine Rolle, dass er verstanden hatte, dass die anderen derzeit ihr einziger Weg hier heraus waren.
„Roak, nimm die Holodisc mit. Den Rest lassen wir hier.“
Der Co-Pilot stellte die Box, die er aus dem Cockpit geborgen hatte und um die der Astromech aufgeregt umherfuhr, auf dem Boden neben dem Felsen, an dem die Sephi lehnte. Er betätigte einen Knopf, woraufhin die Oberseite mechanisch aufglitt und nahm dort die etwa handballengroße Holodisc heraus, hielt sie dem Offizier hin, der diese wortlos entgegennahm.
„Wir gehen“, fuhr der Captain fort und deutete mit der Holodisc in Richtung des älteren Mannes, damit dieser den Weg zu dem Schiff aufzeigen möge. Als die beiden Piloten daraufhin beiseite traten, war auch der Blick auf die geöffnete Box wieder frei. Und dabei zeigte sich, dass die Holodisc in der Tat nicht das Einzige war, das sich zur Aufbewahrung darin befand. Stattdessen zeigte sich darin noch ein anderes zylindrisches, metallenes Objekt. Offenbar war den beiden Piloten nicht bekannt, was es damit auf sich hatte, doch ein kundiges Auge vermochte sofort anhand der Form und des Auslösers zu erkennen, dass es sich dabei um ein Lichtschwert handelte. Sie schenkten dem jedoch keine Aufmerksamkeit und machten sich stattdessen auf, den anderen in Richtung des Schiffes zu folgen.

Es schien nicht eindeutig klar, ob die junge Frau von dem Schwert Kenntnis genommen hatte oder nicht – ihr Hinterkopf ruhte wieder an der felsigen Oberfläche hinter ihr, wodurch sie zumindest die Frachtbox nicht direkt oder allenfalls aus dem äußersten Augenwinkel hätte sehen können. Allerdings deutete keine Reaktion ihrerseits darauf hin, dass sie ein Interesse daran gehabt hätte, zumal es sich in ihrer Position auch nicht in unmittelbarer Griffreichweite befand.
„Du setzt die Macht gegenüber einem Freund ein?“, fragte sie ihn, als der Rest, bis auf den Protokolldroiden, daraufhin etwas auf Abstand gegangen war, aber sie tat dies gar nicht einmal vorwurfsvoll, sondern mehr als eine Feststellung, obgleich in irritierter Form. Es war ihr indes offensichtlich nicht entgangen, dass er hierbei etwas nachgeholfen hatte – erstaunlicherweise aber nicht bei den Piloten, die ihn jedenfalls zunächst bedroht, sondern bei dem Mann, der ihn unterstützt und verteidigt hatte.
„Das ist… ungewöhnlich.“
Ihr Blick glitt langsam nach unten hinab und sie hob eine Hand, als sie bemerkte, dass diese wieder feucht vom warmen Blut geworden war. Sie kniff ihre Augen zusammen, als sie kurz zu der Verletzung an ihrem Körper sah, flüchtig aber nur, ehe sie die Kiefer wieder aufeinander presste.
„Du musst vorsichtig sein. Es passiert einfach manchmal. Ich kann es nicht steuern.“
In Erwartung eines weiteren Alptraums holte sie tief Luft, versuchte die Gedanken, die sich an ihrem Unheil labten, zu verdrängen. Aber es war beständig da, ein ewiges Hintergrundrauschen, das sich gelegentlich in den Vordergrund zu drängen versuchte – und somit nichts, das sie einfach abstoßen konnte. Vielleicht für immer.
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Yavin - von Protokolldroide - 19.03.2020, 01:13
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