#3
Ein leichter Wind strich um das weiße Haar, ließ es flattern und gelegentlich über die Haut streichen, wo es kurz kitzelte. Es schien aber keine Regung zu verursachen. Das Haar warf feine Schatten auf den erdfarbenen Boden, streifenweise, wie Schnitte im Licht. Das war stets das Problem mit Licht. Es brannte den Schatten gewaltsam aus, erschuf aber damit auch neuen. Erschuf Verstecke, Katakomben, in denen er hauste und aus denen er wieder alsbald hervorkroch, so das Licht sich wieder anderswo hinwandte. Der Schatten war nicht fort, er war nur konzentriert, gebündelt. Vielleicht machte ihn das stärker, vielleicht nicht. Nur der Schatten selbst wusste das.

„Reah“, murmelten rissige Lippen kaum hörbar, ersuchten den Schatten um Rat. Qualm stieg ein Stück weit neben ihr auf. Vielleicht vergingen Minuten, vielleicht Stunden. Eine knirschende Fähre lag teils in der Erde, etwas schief in den Boden vergraben, umringt von Tausenden größeren und kleineren Metallstücken, das Cockpit ein paar Meter weiter abgetrennt vom Rest des verkümmerten Rumpfes. Mit zusammengekniffenen Augen verfolgte sie, wie der Qualm über die Baumwipfel zog, jedenfalls über jene, welche die Fähre nicht in einer Schneise zerschnitten hatte, ehe sie auf dem Boden aufgeschlagen war. Die Sephi blickte langsam an sich herab. Etwas fühlte sich seltsam an. Sie versuchte, auf ihre angewinkelten Beine zu sehen, deren Schienbeine bis zu den Knien auf dem erdigen Boden ruhten. Es war schwer zu sehen, schwierig überhaupt durch die milchigen Schlieren zu blicken, die der Schatten warf. Aber im Nebel schien erkennbar, dass wohl ein Teil einer abgebrochenen Metallstrebe wie ein Pfahl aus ihrer Seite ragte. Sie spürte, wie der purpurne Stoff dort feucht und schwerer geworden war als er sein sollte, aber andererseits war nicht mit Gewissheit zu sagen, was von alledem real war. Real und nicht real schienen näher beisammen als je zuvor.

In den Bäumen saßen Raben, Hunderte. In jedem davon. Ihr Krächzen war hörbar, doch alle beobachteten sie nur die Szenerie. Anstelle des Erdbodens waren nun allerorts Gebeine zu ihren Füßen. Das Rinnsal an ihrer Seite tropfte auf das tote Grinsen eines knöchernen Schädels, der in den staubroten Himmel blickte. Die Sephi spürte, wie Einzelne ihrer Haare an ihrem Gesicht zu haften begannen, was auf weitere Verletzungen schließen ließ. Ihr leicht geöffneter Mund schmeckte kupfern. Sie versuchte ihren Körper zu drehen, doch als ihr dabei plötzlich die Luft wegblieb, gab sie dieses Vorhaben auf. Die Wipfelraben höhnten krächzend, woraufhin sich die niederen anschlossen. Mit etwas Anstrengung drehte sie ihren Kopf seitwärts. Zwei Männer in schwarzer Uniform saßen dort ein paar Meter weiter, an das metallene Cockpit der Raumfähre gelehnt. Sie regten sich nicht, hatten aber die Augen geöffnet, blinzelten nicht, sondern starrten lediglich ins Nichts, aber schienen zu atmen. Einer hielt sich den blutigen Kopf, der andere hatte seinen eigenen Körper umschlungen. Teilweise schienen sich auch die Lippen zu bewegen. Sie starrten den Weg der Schädel entlang, der bis in den Wald reichte, vielleicht weit darüber hinaus. Irgendwann erhoben sich die Männer und schwankten den Weg voran, der sie entlang der Schneise der Fähre führte. Die Augen der Raben folgten ihrem Weg aufmerksam, bis der dunkle Nebel die beiden Leiber verschlungen hatte.
„Die Macht hat ein anderes Schicksal für dich“, hatte der verkörperte Schatten gesagt, befand sich direkt hinter ihr – die Stimme der toten Frau von Korriban. Die Sephi fuhr panisch herum, auf die Beine, noch bevor ihr Körper protestieren konnte. Schmerzen ließen sie aufschreien und ihre Stimme durch den Wald hallen, doch vor ihr stand nur das riesige Untier, über sie gebeugt. Zehn, vielleicht zwanzig Mal so groß. Das Leid zwang sie auf ein Knie. Geifer tropfte von dem riesigen Schlund des Wesens auf die Knochen, ehe er sich öffnete und ihrer habhaft werden wollte. Ein Abgrund ins Nichts, in die Dunkelheit des Schattens. Ihre linke Hand griff instinktiv an ihre gesunde Seite, an ihr Schwert, doch es war fort – man musste es ihr abgenommen haben, als sie schlief. Nicht dass es etwas hätte ändern können. Ihre Augen weiteten sich und einige ihrer Gesichtsmuskeln begannen zu zucken, als sie realisierte, dass es vorbei war. Das Wesen der Dunklen Seite verschlang sie mitsamt aller Gebeine unter ihren Füßen, ehe sie etwas tun konnte.

Als sie stark keuchend die blauen Augen wieder öffnete und aufblickte, stand jedoch lediglich ein junger Mann in sicherem Abstand vor ihr.
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Yavin - von Protokolldroide - 19.03.2020, 01:13
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