Weltraum im Äußeren Rand
Auf dem Weg zwischen zwei Welten.
|
|||
Weltraum im Äußeren Rand
Auf dem Weg zwischen zwei Welten.
--> von: Ryloth
Es war das dritte Mal, dass Ald’ana ihren Geburtsplaneten verließ und nie zuvor war es ihr so leicht gefallen. Während sie bei ihrer Ankunft auf Ryloth noch nervös und von Erinnerungen geplagt gewesen war, gab es nun nichts, das sie zurückließ. Sie hatte ihre Aufgabe erledigt und es gab keinen Grund, noch länger auf jener Welt der Republik zu verweilen. Die Albträume würden früher oder später zurückkommen – das taten sie immer. Doch Ald’anas Furcht vor einer Konfrontation mit ihrer Vergangenheit war verflogen. Ryloth war nicht mehr als der Straßenstaub an ihren Gewändern. Es gab nichts mehr, das dieser Ort ihr antun konnte. Auch sie hatte an diesem Tag etwas überwunden. Die noch immer in Stoff eingeschlagene Waffe hatte die Dunkle Jedi sicher in einem Transportkästchen verstaut, um den kostbaren Fund noch besser zu schützen. „Sorzus Syn“, widerholte die Twi’lek leise, als sie einige Momente für sich allein war. Sie hatte im Buch der Sith von dieser Frau gelesen. Eine gefallene Jedi, die sich als erster Sith Lord etabliert hatte und somit sozusagen die Begründerin ihres Ordens war. Nach Ald’anas Wissen entstammte der Sith-Kodex, den sie zu ihrer Maxime erhoben hatte, ebenfalls ihrer Feder. Sie erinnerte sich noch gut an den Moment, als sie die Worte zum ersten Mal gelesen hatte. Selbst Jahrtausende später besaßen diese Worte noch Macht und mehr als nur einen Funken Wahrheit. Nichtsdestotrotz würde sich die Dunkle Jedi noch eingehender mit der Erschafferin des Schwertes befassen müssen, sobald sie wieder auf Byss war. Vorerst gab es jedoch noch eine andere Angelegenheit, der sie sich widmen musste. Die Worte ihres Imperators hallten noch immer in ihr wider und Vesperum hatte sie in den Frachtraum beordert. Ald’ana gab es nur ungern zu, aber sie war aufgeregt. Eine Emotion, die so gar nicht zu der Dunklen Jedi zu passen schien. Auf dem Weg zum Frachtraum strich sie ständig ihre Kleidung glatt, ertappte sich dabei und schalt sich eine einfältige Närrin. Doch als sich Tür öffnete, war ihre Aufregung verflogen. Erwartung setzte sich an ihre Stelle und ein weiteres Mal neigte sie ergeben das Haupt. „Mein Lord.“
Darth Vesperum hatte seine Sünden gezählt. Er hatte Momente der Einsamkeit gesucht, um zu verstehen, was geschah. Es veränderte sich. Er veränderte sich. Die Macht wandelte sich. Ihm war der Boden unter den Fußen entzogen worden und seine ganze Existenz schien einem ewigen Sturz gleich. Vesperum versuchte ganzheitlich zu verstehen, was passiert und scheiterte. Nicht einmal die Erinnerung, sein Leid oder seine ganze Trauer wollten Antwort geben. Zwar sah er mehrere Zukunftsvisionen, träumte von einer fernen Allmacht und spürte eine nahende Göttlichkeit, doch etwas schien stets zu fehlen. Ihm gelang es das Puzzle des Lebens Stück für Stück zu entwirren aber immer wieder zersprang ein Puzzleteil im Horror seiner eigenen Unfähigkeit. Er war unfähig mehr zu sein als ein Kind der dunklen Seite. Wütend ballte er beide Hände zur Fäusten, bis die Fingernägel sich schmerzlich in die Haut gruben.
Dieser Frachtraum war leer. Hier gab es nichts, woran sich die Augen erfreuen konnten. Nur leere Bodenplatten aus Metall und ein altes sowie zerkratztes Schott zum inneren Flügel des Gozanti. Die Stille zermaterte seinen Geist, da die Stimmen aus dem Abyss, das ewige Rauschen seiner Sünden, aus dem Äther quoll und seine Haut zittern ließ. Sein Verstand bohrte sich durch den Moment. Es kostete Kraft nicht zu zerfallen, nicht zu zerbrechen, um die dunkle Seite zu sehen. Der dunkle Stern brannte hell im schwarzen Feuer. Vesperum stand regungslos in der Mitte des großen Raumes, die Kapuze lag auf seinem Haupt und seine Hände öffneten sich. Seine Hände befreiten sich aus dem zornigen Krampf, während sein Geist eine Reise antrat. Eine Reise in die Vergangenheit. Rauch stieg von Coruscant auf. Leichen säumten die Straßen, sterbende Soldaten krochen über den staubigen Boden, der mit Splittern geziert war. Raumjäger schossen durch den Himmel. Trümmer verglimmten im Orbit und hinterließen orangene Spuren am Horizont. Eine Schlacht war geschlagen. Coruscant war unterworfen, die Bürger krochen aus ihren Unterständen und blickten den aufmarschierenden Soldaten zu, die über die Leichen und Verwundeten hinweg marschierten. Der Imperiale Palast brannte, Trümmer lösten sich von den Säulen und imperiale Banner zerfielen zu Asche. Mehrere dunkle Gestalten mit roten Klingen in ihren Händen führten die Soldaten an. Aus dem Zentrum des Trosses entfernte sich ein Mann, der kein Lichtschwert trug. Er kniete sich vor die Treppen des imperialen Palastes und legte seine flache Hand auf den Marmor des Bodens. Die Soldaten blieben stehen, die dunklen Gestalten ebenso. „Diese Welt ist unser. Ein Imperium ist unser. Wir haben Frieden geschaffen,“ erklärte die dunkle Gestalt, die das Zentrum der Gruppe bildete. Sie erhob sich und marschierte weiter auf den Palast zu. Auf den Treppen lagen mehrere tote Sturmtruppen. Die Tore des Palastes waren aufgebrochen. Im Palast hatten sich mehrere Regimenter auf dem Platz vor dem großen Balkon versammelt. Als die Gruppe eintraf, begann ein Chor zu singen, der eine triumphale Ankunft verhieß. Die Gruppe stieg die weiteren Treppen empor. Das Zentrum der Gruppe formierte sich auf dem Balkon. Die Regimenter im Innenhof nahmen Haltung an. Der Chor verstummte. Darth Vesperum erinnerte sich an seine Ankunft auf Coruscant, als er jene Welt unterworfen hatte. Die Szene zeichnete sich exakt so vor seinen Augen ab. Er durchlebte sie noch einmal und lächelte nicht einmal. Das triumphale Gefühl von einst, wollte nicht aufkommen. Es blieb nur diese Leere. Es gab selbst in dieser Erinnerung keine Antworten. Er hatte erobert aber wofür? Erst später hatte er Sinn gefunden. Eine einfache Antwort auf komplizierte Fragen aber auch diese Antwort schien zu zerfallen, je länger er unter ihr lebte. Ja, Vesperum sah noch seine Macht, seine Möglichkeiten aber begann auch die eigene Göttlichkeit zu fürchten. Er fürchtete sich vor sich selbst, denn er hatte Saanza bestraft, plante Millionen zu vernichten und spürte, dass etwas mit ihm nicht mehr stimmte. Ihm entglitt die Kontrolle über sich selbst und eine Schattenpersönlichkeit bildete sich heraus. Mehrere Dämonen in ihm stritten über die Oberherrschaft. Die Gier, der Hass oder der Zorn; alle wollten sie herrschen und erschufen ein Land der grausamen Sorgen. Nur die Trauer verhielt sich ruhig und lauerte begierig auf ihre Chance, den Verstand zu gewinnen. Sorzus Syn spielte mit ihm und in blindem Eifer folgte er der ersten Sith. Sith-Sein konnte mehr bedeuten als Macht. Vesperum wusste von einer Ewigkeit, einem Paradies der Tüchtigen, dass jedem offen stehen konnte, der sich dem dunklen Pfad verschrieben hatte. Ja, er war ein Kind der dunklen Seite aber auch der Sterblichkeit. Er fürchtete, dass es nicht mehr genügen konnte und die Zeit zu knapp war. Ald'ana sah nicht, was sich im dunklen Lord abspielte. Es stritten kranke Mächte um noch mehr Macht. Der Zerfall stand in seinem Gesicht, während dieses immer kälter wurde und wie Stein erschien. Die schwarzen Äderchen auf der aschweißen Haut zeichneten sich, wie Marmor, ab. Nein, Darth Vesperum war nicht mehr sterblich aber auch nicht unsterblich. Er hing in seiner eigenen Hölle fest, die gestraft war mit seinen Sünden. Es gab kein Entkommen, solange die Verlockung größer war als die Reue. Seine Gedanken wanderten, durchtrieben die Nacht seiner eigenen Vergangenheit, um eine eigene Realität zu bilden. Die Gedanken bildeten Welten in ihm, voller Kraft und Stärke. Zorn loderte in jeder Verbindung zur Macht, die ihm unterstellt war. Er war Gebieter seines Albtraums, den er genüsslich auskostete, denn nichts anderes hatte er mehr. Albträume waren seine Antwort. Immerhin hatte er noch Träume, die verstellt und korrumpiert durch die dunkle Seite große Macht entfalten konnten. Der dunkle Lord erinnerte sich an Ilara Vanis, die einst seine Hand war. Er hatte sie aufgelesen als sie selbst gestürzt war. Der Sith erinnerte sich sehr gut an ihr gemeinsames Martyrium auf Korriban. "Schnell," jappste er und zog Ilara mit seinen grauen, zernarbten Händen zu sich, als beide die lange Treppe des Tempels hinabstürmten. Etwas verfolgte sie. "Schnell!" Er wollte weiter. Es trieb ihn hinunter in das Vergessen, das Verlorene in der Zeit. Das Gefühl beobachtet zu werden nahm nicht ab, es nahm zu. Immer mehr wurden die Stimmen in den Wänden. Die Gedanken wurden finsterer. Ilara sah ihre Schwester im Schatten, der sie verfolgte, wie Vesperum seine Amaranthine. Es waren grausame Zerrbilder der Vergangenheit, die sich hier manifestieren und einen Fluch bildeten, der eine Prüfung darstellte. Eine Prüfung der Finsternis, bevor meine seine neue Genesis erfuhr. "Weiter!" Der Sith floh nicht. Das stand nicht in seinen Augen. Er war gierig. Es war dieses Gefühl der Gier, welches Ilara an Vesperum gebunden hatte. Denn er versprach ihr alles und hatte am Ende nichts gehalten. Sie war nun mehr reines Monster, eine Bestie an seiner Kette und er hatte sich alles von der Frau genommen, was er haben wollte. Sie war nur Werkzeug gewesen und nun mehr reine Waffe. Vesperum fühlte Bedauern für Ilara, denn sie hätte mehr sein können als das, doch war durch ihre eigenen Mängel begrenzt gewesen. Diese Grenze konnte sie nie überschreiten und so war auch kein Zweck darin gewesen, die Versprechungen einzulösen. Immerhin hatte sie ihm stets gut gedient, bis auf jenen Ausfall, der sie später zur Sith-Bestie machen würde. Ob Ald'ana Ilara kannte? Scheinbar nicht. Niemand fragte nach ihr, die auf Dxun in einer Grotte eingesperrt war, um dort beständig unter Einfluss von dunkler Alchemie verwandelt zu werden. Vesperum verwandelte Ilara und es kümmerte keinen. Eine gewisse Ironie lag darin, dass Ilara Vanis immer eitel war und doch durch ihren Dienst an Vesperum bald reine Sith-Brut sein würde. Jene Monster, die Vesperum alchemisch erschuf, um noch bessere Sklaven zu sein. Ilara hatte sich selbst zur Sklavin gemacht. Ja, ein wenig Reue empfand der dunkle Lord, als er daran dachte. Sie hätte sich nie widersetzen sollen. Ald'ana war bereits auf ihrem Weg. Darth Vesperum spürte es, wie sich ihre Aura näherte. In der Tat trat sie bald ein, fand den Lord unweit des Eingangs im Raume stehend, wie er sie mit seinen toten Augen anblickte, unter dem tiefen Schatten der Kapuze seiner Robe. Die schwarze Säule an Mensch wartete, dass sie sich die Twi'lek näherte. Sie neigte ihr Haupt zum unterwürfigen Gruß, was der Lord mit einer Handbewegung kühl akzeptierte. "Willkommen," sagte die gruftige Stimme, die aus dem Abgrund seiner Welten drang, die seine Erinnerung waren. "Die Zeit ist gekommen," erklärte Vesperum, ließ die Hand herabsinken. "Knie dich nieder," forderte der Sith, um mit dem Ritual der Erhebung zu beginnen, um ihr etwas zu geben, was nur wenige seiner Diener trugen: einen Sith-Namen. Mit diesem Namen wäre sie offiziell in den Orden aufgenommen und diente nicht mehr nur ihm als Imperator, sondern auch dem Kodex der Sith; mittelbar seiner kranken Erlösungsfantasie. Die dunkle Seite war in seiner Nähe ein Ozean, der immer mehr zu Ald'ana schwappte. Die Wellen umschlangen ihren Körper in wohliger Kälte, machten andere Emotionen taub, als nur noch diese kranke Stärke blieb. Vesperum bog die Realität, Zeit verlief langsamer und jede Bewegung schien ihre Ewigkeit zu dauern. Er war die Narbe in der Macht, die Licht verschlang und auch Raumzeit.
Ihr Imperator war wieder eine Eminenz der Dunklen Seite und schien alle Menschlichkeit hinter sich gelassen zu haben, die auf Ryloth noch seine Maske gebildet hatte. Der Anblick erinnerte sie an das erste Mal, das sie Vesperum bewusst gegenübergestanden hatte. Auf Byss, als er seinen Anspruch als Nachfolger von Palpatine geltend gemacht hatte – und ebenfalls erst vor kurzer Zeit auf der Raumstation, als ihm Ald’ana ein weiteres Mal die Treue geschworen hatte. Dies würde das dritte Mal sein, dass die Twi’lek vor ihm kniete. Mehr denn je aus freien Stücken, weil er ihr etwas versprochen hatte… Etwas, nach dem sie sich ihr halbes Leben lang gesehnt hatte, auch wenn sie es erst seit kurzer Zeit mit dem Begriff der Sith verband.
Die Person, die ihr gegenüberstand, war gleichermaßen schrecklich und herrlich. Jemand, der Ald’ana gleichermaßen abstieß und faszinierte. Sie wusste nicht viel über den Mann hinter dem Titel und wenn sie ehrlich war, interessierte es sie auch nicht. Noch nicht. Erinnerte sich nur an das Versprechen, das er auf Byss gegeben hatte. Ein Neuanfang für den Orden der Sith, der Wesen wir ihr die Möglichkeit zum Aufstieg gab. Die Möglichkeit mehr zu sein als nur ein Bote und Handlanger. Wenn Renata June sie jetzt sehen könnte… Ihre Meisterin hatte stets versucht, die Aufmerksamkeit der Mächtigen zu erregen und ihre Gunst zu erlangen. Dafür hatte sie aus einer ehemaligen Sklavin eine fähige Jägerin gemacht. Doch seit der Schlacht von Endor war die kalte, blonde Frau verschollen. Sie lebte noch, das wusste Ald’ana. Und offenbar hatte sie sich bisher noch nicht dem neuen Imperator angebiedert. Bald werde ich Kräfte erlangen, die du mir immer vorenthalten wolltest. Ich werde sie dir alle zeigen, wenn wir einander wieder gegenüberstehen. Ich will sehen, wie überrascht du bist, bevor ich dir das Leben nehme. Die Dunkle Jedi trat vor Vesperum und sank herab auf ein Knie, das Haupt und den Blick nach wie vor gesenkt. Trotz ihrer Ärmel war sie sich der Zeichen auf ihren Unterarmen allzu bewusst und stellte sich innerlich bereits wieder darauf ein, erneut einen unerträglichen Schmerz zu spüren. Auch wenn sie in der Tat nicht wusste, ob jene Erhebung mehr beinhaltete als zeremonielle Worte. Schmerz war etwas, das zu ihrem Leben gehörte, so lange sie sich erinnern konnte und während ihrer Ausbildung auf Byss nahezu alltäglich gewesen. Ebenso wie der Tod. Als sie sich in ihre unterwürfige Position begeben hatte, schien die Zeit still zu stehen. Ein endloser Moment, der über ihre Zukunft entscheiden würde. Selbst ihr Herz schlug langsamer als zuvor. Die Dunkle Seite war allgegenwärtig und kroch an ihr empor – wie um zu prüfen, welcher Emporkömmling sich künftig „Sith“ nennen wollte.
Die Linien formten sich. Sie zogen sich zusammen zu einer gemeinsamen Schuld, die sich selbst Symbol war, während die Macht rauschte. Darth Vesperum beobachtete seine Schülerin eifrig. Seine niederträchtigen Augen suchten sie ab, musterten ihre Haltung und genossen die erneute Unterwerfung. Die große Pupillen reflektierten das schwache Umgebungslicht mühsam. Die dunkle Seite warf ein Echo, während Vesperum beide Arme hob, um vorsichtig nach den Händen der baldigen Sith zu suchen. Ald'ana war hier. Gierig umschlossen seine krallenhaften Finger ihre Handgelenke, bis seine Kälte spürbar wurde. Der Frost nahm den Raum ein, während sein Herzschlag langsam aber beständig pochte. Die Zeichen auf ihrer Haut begannen zu pochen und bebten unter der Macht ihres Schöpfers. Das Eis durchbrach das Blut, ließ die beiden Herzen gleichsam schlagen und die Macht verneigte sich für eine Sekunde vor beiden. Sein maulartiger Mund öffnete sich und die vergilbten Zähne ließen klebrigen Speichel heruntertropfen, der von einer alten Zunge aufgefangen wurde. Ein Keuchen. "Frieden ist Lüge, es gibt nur Leidenschaft," sagte der dunkle Meister mit beherzten Worten. Die Worte durchbrachen die Stille. Seine Hände drückten das Fleisch der Twi'lek fester. Die Sith-Zeichen brannten nun in festem Feuer, welches begierig den Arm herauf funkte. "Durch Leidenschaft erlange ich Stärke," rezitierte die dunkle Gestalt weiter, während immer mehr berauschende Energien durch die Arme der Schülerin flossen. Es schien so, als ob der dunkle Lord ihr Teile seiner Macht schenken wollte, doch dabei war es nur eine Kostprobe, von dem, was noch möglich war. Er verschenkte nichts, sondern nahm ihr etwas Seele, indem sich die Realität um sie herum veränderte. Die Energien, die Kräfte entrissen die beiden dieser Zeit und das Raumschiff schien sich in einzelne Pixel aufzulösen. Immer wieder brachen Brocken aus der Wahrnehmung heraus, gaben scheinbar das darunter liegende All frei. Sternen begannen zu leuchten. "Durch Stärke erlange ich Macht."
Exakt beim Wort Macht zerbrach diese Realität einem Spiegel gleich und beide Personen schwebten schlicht im Weltraum zwischen den Sternen im schwarzen Nichts. Noch immer unklammerte der Lord die Handgelenke seiner Dienerin, um sie nicht in dieser neuen Welt zu verlieren, die sich nun erstreckte und mit nichts außer der schwerelosen Leere mit dem Hintergrund aus Sternen angefüllt war. "Durch Macht erlange ich den Sieg," erhob sich die Stimme weiter, durchdrang nun alle Zellen, die unter dem Einfluss donnerten und an dem Fleisch rissen, was sie ausmachte. Es war reine Macht. Ein unendlicher Sieg war fühlbar. Es war ein Rausch. "Der Sieg zerbricht meine Ketten." Die Sterne begannen sich im Hintergrund zu verdunkeln, bis das einzige Licht im Nichts Vesperum war, welcher von einem blauen Schimmer umgeben war. Doch der Schimmer begann sich auch auf Ald'ana zu übertragen, deren schmerzendes Feuer und der kriechende Frost schwanden. "Die Macht wird mich befreien," schloss Vesperum dann mit gesenktem Haupt und geschlossenen Augen. Der Schimmer umschloss nun auch Ald'ana, schien sogar zu wärmen, doch seine Wärme war eine Lüge, da sich aus ihm kleine Dornen in die Haut bohrten und schließlich durchtrieb ein unsichtbarer Dolch ihren Schädel. Etwas geschah, so dass Ald'ana von den Kräften in alle Richtungen gerissen wurde, doch Vesperum hielt sie fest, so dass nach einem Moment wieder Ruhe einkehrte und der dunkle Lord mit allem Frevel ihren neuen Namen sprach: "Ald'ana ist tot. Sie wurde von Rifta getötet. Du bist Rifta." Der Name durchschlug den Dolch, hämmerte sich in den Schädel, bis er dort wieder hallte. Immer wieder laut und leise Rifta. "Das ist dein wahrer Name, gegeben durch die dunkle Seite. Eine Sith in meinem Orden," erklärte Darth Vesperum, bevor sich die alte Realität aus den Versatzstücken wieder zusammensetzte. Die Splitter ordneten sich wieder und beide befanden sich wieder unbewegt innerhalb des Raumschiffes in unveränderter Position. Nur das Gefühl der Stärke blieb. Immer noch war alles möglich. Vesperum ließ ihre Handgelenke fallen, wie auch seine Arme in einem Streich zurückfielen, um unter dem großen Robenärmel zu verschwinden. "Gut," sprach die gruftige Stimme dann.
Vesperum griff mit seinen klauenartigen Fingern ihre Hände und hielt sie hart umschlossen. Wo Ald‘ana die Wärme eines lebenden Wesens erwartet hätte, war seine Haut auf eine fast schon schmerzhafte Weise kalt. Die Kälte begann sich in ihrem Blut auszubreiten, kroch ihre Arme hinauf und ließ sie schaudern, als sie ihr Herz erreicht hatte. Die Zeichen an ihren Unterarmen begannen auf unnatürliche Weise zu pochen. In einem Takt, der nicht von ihrem Herzschlag stammte. Doch ihr eigener Puls wurde von diesem rhythmischen Pochen in einen Gleichklang gezwungen. Noch nie hatte sich die Twi’lek so ausgeliefert gefühlt. Sie hatte diesen Moment herbeigesehnt, doch nun gehörte ihr eigener Körper nicht mehr ihr. War von einer anderen Macht übernommen worden, die sie in Starre hielt und mit ihrer eigenen Dunkelheit vergiftete. Der Imperator stand nicht mehr als Mensch vor ihr, sondern war fleischgewordene Dunkle Seite, die sich die sterbende Hülle einer Person übergestreift hatte. Ihre Instinkte sagten ihr, dass sie zurückweichen sollte. Sich gegen das wehren, das sie gerade übermannen wollte.
Doch ihr Wille hielt dagegen. Sie hatte Schlimmeres erduldet, als sie noch um einiges schwächer gewesen war. Der Dunkle Lord selbst hatte ihr offenbart, dass der Wille eines Sith alles war, was zählte. Sie würde diese Prüfung bestehen, es gab keine Alternative. Egal, welchem Schmerz sie sich zu stellen hatte – wenn es sie ihrem Ziel näher brächte, war sie bereit alles Leid auf sich zu nehmen. Und es tausendfach jenen zurückzuzahlen, die sie verraten und benutzt hatten… Ihre Narben waren Zeugen dessen, dass sie vieles ertragen konnte. Was immer sie verbrannte, würde sie nur wie eine gehärtete Klinge neu schmieden. Eine Wiedergeburt. Ein Feuervogel aus der Asche. Genau wie dieses Sinnbild schienen ihre Arme plötzlich Feuer zu fangen, das sich schmerzhaft durch ihre Venen zog und die Kälte verdrängte. Die Zeichen zum Lodern brachte, die Vesperum ihr erst vor kurzem beigebracht hatte. Ein ungläubiges, schmerzerfülltes Keuchen echote das fast angestrengte Atem holen des Imperators. Instinktiv begann sie die Worte nachzusprechen. Ihr Kodex, ihr Credo. Flüsterte sie fast lautlos versuchte sich damit doch von der Pein abzulenken, die sie gerade durchlebte. Ihr ganzer Körper schien wie elektrisiert, wir kurz davor zu zerspringen. Noch nie hatte sie solche Macht gefühlt. Ein Rausch, den ihr eigener Verstand kaum fassen konnte, aber für den in ihrem kümmerlichen Körper kein Platz war. Ald’ana rang nach Luft, die ihre Lungen nur weiter zu verbrennen schien. Dann zerbrach ihre Welt mit einem lauten Klirren, das sich wie der Gesang einer einzelnen Stimme in ihrem Inneren fortsetzte. Hätte sie nicht noch immer aus flüssigem Feuer bestanden, die Lethan wäre fest davon überzeugt gewesen, tot zu sein. Vesperum hielt sie fest – nicht mit körperlichen Händen, sondern mit einem Band, das weit über alles hinausging, das sie bisher über die Macht zu wissen glaubte. Seine Präsenz breitete sich aus, legte sich abermals über sie und löschte wie ein ersehnter Regen das Feuer. Einen Moment lang spürte sie eine fast wohlige Wärme. Ein Trugbild, nur die Abwesenheit von Schmerz und Kälte. Dann war der Moment vorbei und sie glaubte, sich ohne den Schmerz, der sie seit früher Kindheit definierte, ganz in dieser Sternenleere aus Macht zu verlieren. Abermals irrte sie sich. Rifta. Der Gedanke hallte in dem wider, was von ihr übrig geblieben war. Der Name schien auf perfide Art zu passen. Ja, sie war zerrissen worden. Nicht nur jetzt durch den Mahlstrom höherer Mächte. Man hatte sie zerfetzt, zerschunden – auf Ryloth, auf Byss, auf Mygeeto… Jedes Mal hatte man ihr ein Stück mehr genommen, bis sie kaum noch eine Bindung zu ihresgleichen fühlte. Nur ihr Wille war geblieben. Die Gewissheit, sich von niemandem brechen zu lassen. Was immer man ihr entriss, es würde ihr wahres Selbst nur weiter zum Vorschein bringen. Ein Monster, das nur darauf wartete, zu erwachen. Ein Kind der Dunklen Seite. Der Rausch verging und die Scherben setzten sich wieder zu einem klaren Bild zusammen. Doch die Erinnerung an die Dunkelheit, die sie gekostet hatte, blieb. Das musste die Freiheit sein, die sie ersehnte. Ihre Arme fielen einfach schlaff herab, als Vesperum sie losließ. Es brauchte eine Weile, bis sie ihr Körpergefühl zurückgewonnen hatte und die Grenzen ihrer Gestalt wieder wirklich wahrnahm. Schweiß stand ihr auf der Stirn und ihre Kleidung schien am Körper zu kleben. „Ich danke Euch, mein Lord“, sagte die frisch erhobene Sith, die sich noch immer etwas benommen fühlte, voller Inbrunst. Dieses Gefühl… Das ist, was ich will…
Die dunkle Seite sang für sie. Für sie beide. Es war ein Abgesang auf ein Leben und einen langen Tod, der eine Ewigkeit dauern konnte. Es war die Stimme der Ewigkeit, die suchte aber nicht fand. Die eines Meisters, der nicht verstand, welche Meisterschaft er erlangte; und eine Schülerin, die nicht verstand, was sie lernte. Beide verbanden sich durch diese Sehnsucht nach Freiheit, nach Erlösung und Hoffnung, die sie hier nie finden konnten. Verdammt waren sie beide, von göttlicher Macht, hinabgestoßen, in diese Existenz, gestraft und bestraft mit dem Anblick einer göttlichen Möglichkeit. Vesperums Gesicht schien zu flackern, gebrochen von den Mächten, die seine Seele zerfetzten, nichts mehr zurückgelassen hatten, als diese Gestalt, die dort war. Rifta, passend und begierig, hörte den Gesang, das Rauschen des schwarzen Meeres, wie es pulsierte. Die Schatten tanzten und der Blick bebte im Angesicht der unheiligen Wunder, die der Schattenlord Vesperum verhieß. Eine Tragödie zeigte sich und verkleidete sich auf der Bühne als Epos. "Mein Gesicht ist leer, meine Hand ist schwer und mein Herz tot. Fort ist mein Geist, fort ist mein Leben, bis die Stimme sagt, es sei genug. Es ist niemals genug," zitierte der dunkle Lord ein Vers, den er einst selbst geschrieben hatte und der ein Gefühl umschrieb, welches Ald'ana, nun mehr allein Rifta, nun kannte. "Ich brauche den Tod, wie das Leben, um zu sehen, welchen Gesang die Stimme formt. Der Gesang, den ich singen möchte, doch nicht singen kann," sprach der Sith bedächtig, fast leise, so als ob jedes Wort seinen eigenen Wert hatte und eine zu laute Aussprache sie zerstören konnte. "Verheißung fällt herab, zerschellt und deren Splitter funkeln in meinen Augen, die bluten. Blut ist gehalten durch einen Willen. Ein Wille, der formt und die Maske trägt, die aus Porzellan geschmiedet, meine Lüge verdeckt, denn ich bin nicht mehr Mensch, nicht mehr Sklave, sondern Bewunderer der Stimme, die mich ruft." Darth Vesperum betrachtete Rifta mit fürsorgendem Blick. Was hatte er ihr angetan? Was war dort in ihr? Es keimte jene Finsternis, die ihm längst folgte und sein wahrer Fluch war. Sorzus Syn war nur Symptom der Krankheit, die er selbst geboren hatte. Die Orgel spielte seltsame Töne auf dem Material des Schiffes, das ächzte und sich mit Mühe im Hyperraum hielt. Etwas riss am Schiff, ließ es wanken, schütteln und es wollte trudeln, doch es hielt Kurs. "Eine Stimme, so klar und schön, dass auch Lüge Wahrheit sein kann," verkleidete er seine Lehre im Abschluss seines Reimes. Alles war möglich, wenn man genug Willen und Mut aufbrachte, weiter zu gehen als die Macht es erlauben konnte. Selbst ein Scheitern war besser als eine Erduldung eines weiteren Lebens in diesem Schicksal. "Bedanke dich bei dir selbst, Rifta. Ich zeige nur den Weg," sagte Vesperum dann, nachdem er das Gedicht im Raume hatte verweilen lassen. Die Augen des dunklen Meisters lagen in ihren Augen, die gerade das gesehen hatten, was Vesperum versprach.
Der Schweiß verriet vieles. Rifta hatte es gefühlt, wirklich wahrgenommen, was er ihr zeigen wollte. Potenziale waren da, mussten nur noch abgeschöpft werden. Der Sith Lord wollte mehr aus ihr machen, als nur eine einfache Sith, sondern sie hatte die Gelegenheit ihm - dem Monster - gleich zu werden. Nicht, dass er sich eine Gefahr heranziehen wollte, sondern eine Person, die verstand, was er war und werden musste. Der dunkle Lord wollte nicht mehr allein mit Syn sein. Eine Person sollte ihm folgen, auf diesem Pfad, der so grausam und wahnsinnig war, dass er nur schwer zu ertragen war. "Ich lehre dich," versprach der Lord mit fester Stimme und deutete ihr mit einer einfachen Handbewegung seiner toten Hand an, dass sie sich erheben konnte. "Die dunkle Seite ist ein Pfad in die Ewigkeit, doch nur dort finden wir Erlösung. Es gibt nur diesen Pfad." Der Meister schloss für einen Hauch seines fauligen Atems die Augen vor seiner Schülerin, um ihr eine vergebungsvolle Geste seines toten Gesichts zu geben. Die dunkle Seite durchdrang beide, ließ kaum Platz für ein Licht, denn hier gab es nur die unheilige Existenz eines Bandes, dass weiter ging als ein übliches Leben. Vesperum forderte alles ein und würde ihr alles geben können, wenn sie folgte. Lüge und Wahrheit verloren an Bedeutung, denn hier gab es nur eines: ihn. Sein Wille dominierte, formte diese Realität und auch die Zeichen auf ihren Handgelenken, die immer noch pulsierten. Sie gruben sich tiefer hinein und schienen zu wachsen, wie in schwarze Tinte gegossen, verliefen ihre Grenzen nicht mehr. Ihr Herschlag ließ die Sith Symbole glimmen, wie einst das Schimmern in dem Abbild, welches Vesperum ihr gezeigt hatte. "Es gibt Erlösung. Es gibt Freiheit," stellte der dunkle Lord absolut fest und ließ keinen Zweifel daran, dass er selbst daran glaubte. In seinen Worten lag Macht, denn sie standen im Raum, wie ein Echo und hallten wieder, immer wieder, bis Vesperum ihnen einen Tod erlaubte. "Hier sind wir. Allein, verlassen und doch verbunden in dem Wesen der Sith." Es war die Ideologie, eine Religion, die Vesperum selbst geschaffen hatte, die weiter als Herrschaft reichte, sondern etwas Größeres anpries. Es war eine Macht hinter der Weltlichkeit, hinter ein paar magischen Tricks, sondern wie für sich ein heiliges Versprechen, dass man Erlösung finden konnte, selbst vor dem Schicksal. In seinen Händen lag eine strahlende Zukunft, wenn sie nur zupacken würde. "Ich frage dich als Bruder, als Vater, als Meister, nimmst du meine Hand auf diesem Weg? Nimmst du meine Hand, damit ich dich lehren kann, bis Zeit keine Bedeutung mehr hat? Ich frage dich nicht als Herrscher, als Lord, sondern als Gläubiger an die Erlösung in der Dunkelheit." Mechanisch streckte er seine linke Hand aus, in voller Absicht und Fürsorge, denn hier lag kein Zwang mehr, sondern nur noch Wunsch. Sie musste sie nur nehmen und er würde sie führen. An einen Ort, den sie suchte aber hier nicht mehr finden konnte. Diese Galaxis wurde zu klein für den Wunsch eines Sith. Es gab mehr, immer mehr als das. Das Gedicht erhielt Wirklichkeit, durch diese eine Geste. Rifta war neben ihm und mit ihm erlöst, denn er war heilig für den Moment. Seine Lügen, seine Versprechungen wirkten so wunderbar und so frei, dass alles was danach oder davor war an Wert verlor. Hier war er sein Gott, sein Messias und Erlöser, dessen Hand man einfach nur nehmen musste, um eine Lehre zu erhalten, die befreite. "Ich erlöse dich, Rifta," sagte die tiefe Stimme des dunklen Lords, der ihr seine Hand nun fest entgegenstreckte und die Finger spreizte. Die Hand war umgeben von einer unsichtbaren Macht, die die Luft zirkulieren ließ. Es war alles möglich auf diesem Pfad, wenn man mit ihm ging. Man konnte ihm gleich werden und von der Macht eines Gottes kosten, wenn der Wahnsinn eine Alternative war. Eine kranke Hoffnung offenbarte sich in dieser Hand. Die Hand lag vor Rifta, die sie jetzt aus freier Entscheidung und ohne Zwang nehmen konnte. Denn ein Sith war immer frei in seinem Willen, denn Wille war alles, was blieb. Vesperum wollte eine freie Entscheidung und ein Bekenntnis zu seiner Wahrheit; seinem Glauben.
Ald’ana – nein, Rifta – war zunächst irritiert, als Vesperum wieder die Stimme erhob. Die Worte kamen ihr unbekannt vor und anders geartet als die wenigen Schriften der Sith, die sie bisher hatte lesen dürfen. Es erinnerte sie in gewisser Weise an die Arie einer Oper, auch wenn es gesprochene Worte waren. Ähnelte in der Art des Textes den Liedern, die sie im Privaten hörte, wenn sie sich auf die Macht einstimmte oder darauf wartete, dass ihr Transport aus dem Hyperraum sprang. Sie hatte nicht erwartet, etwas Derartiges vom Dunklen Lord zu hören. Der Imperator war ein Mann von Bildung, daran bestand kein Zweifel. Doch Poesie? In so kurzer Zeit hatte sie mehr über ihn erfahren – oder glaubte es zumindest – als in all den Jahren, die sie Palpatine mehr oder weniger freiwillig gedient hatte. Vesperum hatte häufig in großen Worten oder philosophischem Prosa gesprochen. Doch diese unerwartete Facette verlieh ihm eine Nuance… Menschlichkeit. So menschlich ein Wesen sein konnte, das inzwischen mehr Macht war als sterbliche Hülle.
Ihr Imperator – ihr Verstand weigerte sich, ihn Meister zu nennen, obwohl es ein und dasselbe war – bedeutete Rifta, dass sie sich erheben konnte. Die Twi’lek gehorchte, da sie ihren eigenen Muskeln nun wieder genug traute, um nicht zu straucheln. Noch immer war die Erinnerung an den Rausch der Macht lebendig in ihrem Geist. Sie wusste noch so wenig über das Wesen der Sith und über ihre Fähigkeiten, hatte nur vom Rande aus beobachten dürfen. Nun war die Tür zu diesem Wissen aufgestoßen und sie würde sich nicht daran hindern lassen, es sich zu eigen zu machen. Hatte kein Interesse an der Bürde, die Vesperum als Imperator trug. Sie wollte nicht herrschen. Noch nicht jedenfalls. Obwohl sie Gefallen daran hatte, anderen ihren eigenen Willen aufzuzwängen, scherte sie sich nicht genug um andere Wesen, um sie anzuführen. Wahrscheinlich wollte sie mit anderen so wenig wie möglich zu tun haben. Es gab niemanden mehr, zu dem sie eine emotionale Bindung hatte, die sich wirklich als Zuneigung bezeichnen ließ. Daher gab es auch niemanden, dessen Nähe sie ersehnte. Außer in stillen Stunden, wenn die Einsamkeit sich wie ein Käfig anfühlte… Aber dieses Empfinden war nur von kurzer Dauer. Es war der Weg der Dunklen Seite, genau wie Vesperum es beschrieb. Eine Art gemeinsames Ideal verband sie. Vielleicht existierte sogar so etwas wie Loyalität, auch wenn diese unter ihresgleichen stets mit Verrat und Hass gezeichnet war. Es war die einzige Art zu leben, die sie kennengelernt hatte. Frieden ist eine Lüge. Jemand wie Rifta konnte kein zufriedenes Leben führen. Diese Illusion war in Kindertagen zerbrochen. Man musste sich zur Wehr setzen können, um in dieser Galaxis nicht unterzugehen. Die Naiven und Schwachen, die vom Frieden redeten, wurden verraten und benutzt. Ihr Licht würde wie eine Kerze im Sturm verlöschen, wenn sie nicht die Wahrheit erkannten. Nur die Macht kann mich befreien. Sie spürte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte, als Vesperum die Hand in ihre Richtung streckte. Keine gebieterische, eine einladende Geste. Der Dunkle Lord setzte sich auf ihre Stufe hinab, betrachtete die einfache Schülerin auf Augenhöhe, als Gleichgesinnte. Ihre Überraschung über dieses ungewöhnliche Verhalten war Rifta deutlich anzusehen – und fast hätte sie ihm ohne zu zögern ihre Hand gereicht. Doch mitten in der Bewegung hielt die Twi’lek inne und betrachtete mit wachsendem Zweifel die Hand, die ihr entgegengestreckt wurde. Hob ihre bernsteinfarbenen Augen, um dem Blick des Dunklen Lords zu begegnen. „Nein, das könnt Ihr nicht. Ihr könnt mich lehren, Ihr könnt mich führen und mir befehlen. Aber diesen letzten Schritt kann nur ich alleine gehen.“ Unbeirrt hielt sie weiterhin seinem Blick stand. Suchte die Reaktion in seinem Gesicht, während hinter ihrem eigenen Antlitz die Gedanken rasten. Nein, sie konnte nicht einem anderen ihre Freiheit überlassen. Das war nicht möglich und würde nicht nur dem Sinn des Wortes, sondern auch dem Kodex der Sith widersprechen. „Nur ich selbst kann mich befreien. Aber ich bin bereit, zu lernen.“ Rifta legte ihre Hand in seine.
Verstand sie oder verstand sie nicht? Vesperum war skeptisch, überaus vorsichtig, dass diese Frau, doch ein Fehler hätte sein können. Doch etwas in ihr verriet ihm, dass ihr Verrat noch in weiter Ferne lag. Ihr Zögern, ihre Worten waren Worte aus Unwissen und einer Hoffnung auf persönliche Freiheit; einer Sehnsucht, dass sie alles war, was jemals sein würde. Sie strebte nach Freiheit, wie es alle unerfahrenen Sith taten, doch was Vesperum anbieten wollte, war mehr als Freiheit. Es begann immer mit Erkenntnis, dass dieses Leben endgültig war und am Ende die gesamte Realität nur eine Illusion. Warum sollte man weiter eine Illusion ertragen? Seine Rifta machte sich noch Illusionen von Realität, Freiheit und sogar persönlichem Erfolg. Es gab nichts von Bedeutung in der Galaxis; kein Streben war je erfolgreich, solange am Ende die allmächtige Macht stand und es einem entreißen konnte. Macht lag nicht in der Freiheit, jeder Narr konnte irre lachen und frei wandern, sondern es ging um die grundlegende Erkenntnis in das Wesen der Dinge. Es war dieser Abgrund, in den sie springen sollte und sie verweigerte zwar nicht die Hand, die sie hinabstürzen wollte, doch sprang nicht. Vesperum schob und schob, dennoch weigerte sich Rifta auf den Pfad zu gelangen, der dem dunklen Lord heilig war. Es war kein schöner Weg, sicherlich kein angenehmer Schritt aber der einzige Weg, der wahren Sith offen stand. Wenn man so viel erreicht hatte, so viel gesehen hatte, war am Ende nur noch eine letzte Wahl entscheidend. Rifta verstand nicht, dass die Macht jede Seele zu einer immerwährenden Wiederholung verdammte. Solange die Macht ohne reinen Willen war, solange die Macht gänzlich unbestimmt war, und selbst Vesperum nur die dunklen Ausflüsse sehen konnte, war dieses Universum nicht frei. Persönliche Freiheit in einem System aus Gefangenschaften war niemals wirklich frei. Rifta wollte mehr von dieser Existenz und doch sah Vesperum etwas in ihr, was sie größer als das machen konnte. Vesperum suchte Erlösung von diesem Kreislauf; eine einfache Antwort auf sein Leid, welches zum kalten und langatmigen Horror geworden war. Darth Vesperum wollte wählen.
Er wollte endlich die finale Entscheidung treffen, für sich und andere. Rifta befand sich vor ihm, reichte ihm die Hand, die er nun fest umschloss. Energien flossen unbemerkt, bis die Knochen vibrierten und ein kalter Schauer über den Rücken der wachsenden Sith geriet. Der Frost schlug auf sie über, denn Vesperum wollte sie nicht strafen aber auch nicht ohne neue Erkenntnis auf ihre Ausführungen ziehen lassen. "Auch Freiheit, wenn du sie weltlich mit deinen Augen einer sterblichen Existenz betrachtest, ist nur ein Trugbild, meine Schülerin," erklärte er, während er sich aufzulösen schien. Beständig brachen Partikel aus seiner Haut, als urplötzlich ein Windstoß seinen Körper verwehte, wie eine Salzsäule im Wind. Vesperum war verschwunden und Rifta hielt ihre Hand in eine leere Höhe, denn auch das Schiff schien leblos und leer. Sie war allein mit sich. Nur das Brummen der Antriebe und das Knurren des belasteten Metalls blieb ihr. Selbst der Staub, der Vesperum nun war, löste sich auf und verschwand in einem kleinen schwarzen Punkt, der dem bekannten kosmischen Ereignis, welches sie vor wenigen Tagen betrachten konnte, nicht unähnlich war. Der schwarze Punkt verweilte noch einen Moment im Raum, bis auch er entschwunden war. Nur ein kalter Hauch blieb, der vorsichtig über ihr Gesicht strich. "Realität ist nicht fest; Sein ist niemals beständig; alles, was wir sind, sind nur Geschichten, flüchtige Ideen und Informationen," sprach aus dem Nichts eine fremde Stimme zu ihr, die sie nicht kannte und dennoch war sie seltsam vertraut. Es steckte Gewissheit in ihr, dass etwas kaltes und leeres außerhalb dieses Schiffes existierte. Die Stimme durchbrach alles, bis auch sie erneut verstummte. "Was wir sind, bestimmen wir und unser Wille formt unsere Realität. Deine Wahrnehmung bestimmt alles," brach erneut die Stimme hervor und nun wieder bekannter. Während sie in die Leere sprach, veränderte sich ihre Stimmlage und Aussprache, bis sie Vesperums Stimme war, der sich beständig, wie ein Flimmern vor ihren Augen zusammensetzte und einem Bildrauschen gleich verschoben zwischen den Dimensionen vor ihr stand. Er hatte die Hand zurückgenommen, Rifta losgelassen und schließlich setzte sich das Bild wieder real zusammen. Darth Vesperum, in seiner vollen Robe und Gestalt, war wieder erkennbar, der seine Schülerin fürsorglich betrachtete. "Deine Erlösung, unsere Erlösung, das Wesen der Sith liegt nicht in Trugbildern, sondern in Wahrheiten," wollte er ihr verständlich machen. Vesperum atmete ein und aus. Das Leben schien wieder zu beben. Die Augen, die verstörenden Augen, des Meisters lagen auf seiner Schülerin, verlangten eine Erkenntnis. Der Sith Lord wollte mehr wissen, mehr sehen, als nur seine Schülerin, sondern wollte in ihre Zukunft blicken. In das, was sie aus sich machen konnte, wenn sie endlich diese Gedankenwelt verließ und die wahre Macht im Dunkeln suchte. "Es gibt so viel mehr," meinte der dunkle Lord, ohne wirklich zu offenbaren, was er damit meinte. Er glaubte wikrlich.
Kälte ging von seiner Berührung aus und rann in eisigen Schauern ihren Rücken hinab. Eine weitere stumme Warnung, welche Gefahr von diesem Mann ausging, die Rifta in ihrem Verlangen nach Freiheit ignorierte. Es gab niemanden in diesem Leben, der der ihr ausschließlich wohlgesonnen war – den Imperator, der ihr bereits jetzt so viel ermöglicht hatte, eingeschlossen. Es war eine Konstante, die sie seit ihrer Jugend hingenommen hatte und die für sie so normal geworden war wie ein Atemzug. Vesperums Gunst ging mit Schmerz einher, so hatte sie es bereits während ihrer Ausbildung auf Byss erfahren. Alle Macht hatte einen Preis. Nichts wurde einem einfach so gegeben.
Meine sterbliche Existenz… Doch mit welchen Augen sollte sie es sonst betrachten? Mehr als dieses Leben hatte es für sie nie gegeben. Und ein winziger Teil von ihr, der jedoch noch weit unter der Oberfläche war und sich ihrem Verstand entzog, sehnte sich sogar nach seinem Ende – nachdem sie ihre Rache vollzogen hatte. Doch ihre Gedankengänge wurden unterbrochen, als der Dunkle Lord sich plötzlich vor ihren Augen aufzulösen begann. Rifta entwich ein überraschtes Aufkeuchen und fühlte sich an ihre Vision auf Ryloth erinnert. Doch im Gegensatz zu den Twi’lek blieb von Darth Vesperum nichts mehr übrig. Nicht einmal ein Haufen Asche. Sie war allein auf einem schweigenden Schiff und konnte trotz des Surrens der Maschinen ihren eigenen Herzschlag hören. Noch immer in ihrer Bewegung verharrend, steckte Rifta ihre Machtsinne aus – und stieß auf nichts als Dunkelheit. „Was für ein Truggebilde ist das?“, fragte sie wütend. Doch versuchte gar nicht erst, sich mit ihren eigenen Augen umzusehen, die sie offensichtlich täuschten. Eine fremde Stimme begann zu ihr zu sprechen, der dennoch etwas Vertrautes innewohnte und die zu einer Präsenz außerhalb des Raumschiffes gehörte. Wandelte sich weiter und wurde zu dem bekannten Klang ihres Imperators, der sich vor ihren Augen nun wieder zusammensetzte und sich offenbar einen perfiden Scherz erlaubt hatte, um seiner Schülerin eine weitere Weisheit zu vermitteln. Noch immer tobte die Wut in ihr, auch wenn sie von seinen Fähigkeiten durchaus beeindruckt war. Rifta selbst beherrschte den Gedankentrick, doch sie war nicht in der Lage, jemandem damit eine ganze Realität vorzugaukeln. Und es gefiel ihr schon gar nicht, selbst von einem derartigen Schattenspiel betroffen zu sein – auch wenn es für eine Lektion gedient hatte. „Ihr sagt also, es ist möglich, die Wirklichkeit selbst zu ändern?“, fragte sie vorsichtig und bedachte ihn mit einem wachsamen Blick. „Nicht durch Taten, sondern durch Willen allein?“ Die Lethan wusste durchaus von der Existenz von Sith-Geistern. Doch diese Wesen waren stets an etwas gebunden und hielten sich dadurch in dieser Welt. Somit hatte auch ihre Freiheit Grenzen, obwohl sie ihre eigene Existenz überdauert hatten. Rifta – Ald’ana – wusste noch nicht, ob sie etwas Derartiges für sich selbst wollte. Oder gar erreichen konnte. Aber die Galaxis bot mit einem Mal viele neue Möglichkeiten – und die Sith wollte keine von ihnen unbedacht beiseiteschieben. Ihre Haltung wandelte sich abermals, wurde wieder interessierter. Eine gewisse Reserviertheit blieb dennoch, sollte sich Vesperum zu einer erneuten „Lektion“ entschließen. | ||||||||||||||||||
|
|