#21
Von Mytrias anfänglicher Zurückhaltung war nichts mehr zu spüren. Doch vielleicht suchte sie gerade auch nur seine Nähe, um sich nach den schrecklichen Bildern und Gefühlen im Praxeum nicht ganz alleine zu fühlen. Es war noch immer seltsam und wirkte unpassend für eine künftige Jedi, doch der Kel Dor kannte dieses Verhalten von seiner Cousine Roa. Wenn draußen ein besonders heftiger Sturm tobte, hatte sich das Mädchen auch oft an ihn gekuschelt und darauf gewartet, dass der Zorn der Windgeister von Dorin verflogen war. Ihre im Brustton der Überzeugung gesprochenen Worte gaben ihm zu denken, aber er konnte ihnen nicht ganz zustimmen. Schon gar nicht, als Mytria indirekt behauptete, dass auch er der dunklen Seite anheimfallen könnte. Seine Antiox-Masken verhinderten dabei, dass Koryns Mimik allzu offensichtlich wurde. Der Schock über die Ereignisse saß Koryn trotz Meister Skywalkers beruhigender Ausstrahlung noch in den Knochen und es gab vieles, über das er sich erst noch klar werden musste. Der heutige Tag würde seine Zukunft entscheidend formen, auch wenn der Jedi-Schüler die Tragweite der Ereignisse nicht einmal erahnen konnte.

Er war mit Meister Skywalker einer Meinung, dass man sich nicht zu viele Gedanken über den möglichen Ausgang einer Situation machen sollte, die bereits geschehen war. Man konnte hinterfragen, wie es dazu gekommen war – und was man hätte tun können, um sie zu verhindern. Man konnte sich Vorwürfe machen, wenn man falsch gehandelt hatte. Doch letztlich ging es nur darum, was man aus ihnen für die Zukunft lernen konnte. Ein verschnittenes Stück Holz würde man nie wieder in die richtige Form bringen, doch vielleicht konnte man noch einen anderen Nutzen daraus ziehen. Luke Skywalkers Worte zum Tod brachten ihn dagegen wieder ins Grübeln. Er hatte sich nie wirklich Gedanken gemacht, ob er den Tod fürchtete. Sein Leben lag noch vor ihm und er würde den Tod eines anderen Wesens sicherlich nie als eine Kleinigkeit abtun. Zu entsetzlich war die Vorstellung, Personen zu verlieren, die er liebte. Genau darum wollte Koryn sie ja auch als Jedi-Ritter beschützen. Spätestens heute wurde ihm jedoch klar, dass er nicht immer da sein konnte und dass seine edlen Absichten alleine nicht genug waren. Nein, er fürchtete nicht den Tod selbst – aber die Lücke, die nach einem Verlust zurückblieb. Und er konnte, wie er zu seiner eigenen Schande gestehen musste, nicht mit Sicherheit sagen, ob ihn im entscheidenden Moment nicht auch die Tapferkeit verlassen würde…

Die Lektion zur Macht wurde von Koryn wissbegierig aufgenommen. So hatte er es bisher auch immer betrachtet – was unter anderem daran lag, dass seine geistigen Machtfähigkeiten nur wenig ausgeprägt waren und er sich daher ohnehin auf seinen eigenen Verstand verlassen musste. Seiner Ansicht nach gab es keine Rechtfertigung für ungerechte Taten. Lee Valen hatte seine eigene Gemeinschaft hintergangen und eine tiefe Wunde geschlagen. Aus welchem Grund? Offenbar hing seine Tat mit einer anderen Jedi zusammen, die vor einer Weile aus ihrer Gemeinschaft verschwunden war. Doch das war wohl kaum die Schuld von Meister Skywalker oder den anderen Bewohnern des Praxeums! Ruhe über Zorn, Ehre über Hass, Stärke über Angst. Mit diesem einfachen Mantra hielt Koryn seine eigenen Emotionen im Zaum, wenn ihm der Jedi-Kodex gerade zu wenig … greifbar erschien. Sorge, Wut, Enttäuschung – das alles waren legitime Emotionen. Doch sie durften nicht dazu führen, dass man anderen Wesen Schaden zufügte! Sie gaben einem nicht das Recht, das eigene Leid auf andere zu übertragen.

Koryn fühlte sich unerwartet betroffen, angesprochen von dem, was Meister Skywalker sagte. Der schnelle Weg… Er selbst war oft ungeduldig mit seinem eigenen Fortschritt und wusste, dass er deutlich emotionaler war, als es sich für einen Jedi gehörte. Die Gelassenheit, die anderen im Praxeum so leicht zu fallen schien, hatte sich bei ihm und Mytria noch nicht angefunden. Nach wie vor wollte er nicht glauben, dass die Dunkle Seite ihn übermannen konnte. Er hatte eine klare Vorstellung von richtig und falsch, wollte Gerechtigkeit verbreiten und die Schwachen beschützen. Sein Bild von einem Jedi – dem Jedi, der er sein wollte – lag so klar und deutlich vor seinem inneren Auge, dass es gar keine anderen Wege gab, die er beschreiten konnte. Und doch, obwohl Luke ihn nicht direkt angesprochen hatte, fühlte er sich mit einem Mal wie ein dummes Kind, das man zurechtgewiesen hatte. Seine Gefühle verrieten ihn und mischten sich mit dem Schmerz, den er durch den Verlust empfand. Der Kel Dor zweifelte nicht an seinem Weg. Nur daran, wie nahe er seinem Ziel, ein Jedi-Ritter zu werden, eigentlich schon gekommen war…

Befangen und in sich gekehrt hörte er Meister Skywalker weiter zu, der sich an einem Gleichnis versuchte. Zumindest dieser Aspekt ihres Lehrer-Schüler-Verhältnisses funktionierte einwandfrei. Selbst wenn Luke den jungen Kel Dor auf Fehler hinwies oder ihm bestimmte Dinge verweigerte, reagierte der junge Mann nicht mit Trotz, sondern versuchte die Sichtweise des Jedi-Meisters mit seiner eigenen in Einklang zu bringen. Was nicht immer einfach war, so auch jetzt. Doch es hinderte ihn nicht daran, Luke Skywalker weiter zuzuhören. Bei seinen abschließenden Worten nickte Koryn und fand auch wieder etwas Selbstvertrauen. Es würde nicht noch einmal vorkommen – was auch immer das bedeuten mochte. Sie würden wachsamer sein, nach innen und nach außen. Und auch er würde helfen, so gut er konnte. Indem er mehr auf die anderen Bewohner des Praxeums achtete, so wie er es mit Mytria getan hatte, und sein Lichtschwerttraining noch disziplinierter angehen. Damit war er einem Dunklen Jedi vielleicht noch immer nicht gewachsen, aber zumindest auch nicht mehr ganz wehrlos.

„Danke, Meister“, sagte der Kel Dor fast schon kleinlaut. Eine für ihn unerwartete Frage formte sich in seinem Geist, die er ebenfalls mit seinem Weltbild nicht ganz in Einklang bringen konnte. Es ging um Lee, dessen Urteil er bereits gefällt hatte. Doch die Art, in der Luke seinen Wechsel auf die Dunkle Seite erklärt hatte, ließ in seiner felsenfesten Überzeugung Risse auftauchen. „Meister Skywalker? Auch wenn es dazu geführt hat, dass er sich gegen die Jedi gestellt hat… Glaubt Ihr, Lee Valen hat gefunden, was er gesucht hat?“
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#22
Mytria wollte dem Meister folgen, doch scheiterte, denn ihr fehlte schlicht ein Verständnis für die Macht. Sie wollte Antworten und diese wollte sie schnell erhalten. Luke wich aus, erklärte und versuchte ihnen verständlich zu machen, was ein Jedi sein sollte und welchen Betrachtungswinkel er als Jedi einnahm. Er versuchte zu vermitteln, was Mytria in diesem Augenblick seltsam fremd vorkam. "Und warum zeigt die Galaxis uns kein Mitgefühl? Ist die Macht gnädig?" - wollte sie laut wissen und bedrängte Luke Skywalker mit dieser Frage ein wenig, da sie ihren Kopf dabei weit vorstreckte, um die Worte mit Unverständnis zu untermauern. "Meister, ihr erklärt vieles, versucht uns etwas verständlich zu machen, was doch eine sehr persönliche Erfahrung ist," wollte sie sich für die dreiste Frage entschuldigen und tappste mit ihrer stürmischen Art in eine erneute Falle. "Und mit der Luft hat das überhaupt nichts zutun! Natürlich kann die Luft für Koryn gefährlich sein aber Lee hat uns angegriffen, aktiv gehandelt und wollte uns töten. Die Luft hat keinen Willen. Sie ist ohne Bewusstsein," meinte sie halblaut und beugte sich dann wieder zurück, um erneut zu Koryn zu flüchten, dessen Nähe sie als Stützte empfand. Die junge Frau suchte Nähe, indem sie sich erneut an seine Schulter lehnte. "Ihr widersprecht euch, Meister. Einerseits sagt ihr, dass Lee sich aus eigenen Motiven entschieden hat und andererseits sagt ihr, dass die dunkle Seite Schwachstellen angreift und nur einen Weg aufzeigt, also konnte er sich nicht entscheiden. Eine Entscheidung braucht immer zwei Alternativen; eine Möglichkeit zur Wahl. Hatte Lee etwa keine Wahl?" Mytria wollte mehr wissen, da sie einfach nicht verstand, was Luke ihr vermitteln wollte. Die Macht erschien erneut undurchdringlich für die junge Frau, die ihr ganzes Leben um Mitgefühl und Aufmerksamkeit kämpfen musste. Niemand hatte sie je aus freien Stücken beachtet. Immer hatte sie für etwas Beachtung kämpfen müssen. Nun wollte Luke ihr vermitteln, dass ein Jedi schlicht hinnehmen musste, auch wenn er Emotionen hatte. Ja, sie hatte Emotionen und war nicht gewillt diese aufzugeben. Zwar verlangte Luke dies nicht und versuchte diese sogar zu erklären, somit auch in den Kontext dieses Vorfalles einzuornden aber Mytria wollte es schlicht nicht begreifen, da sie jung und verbohrt, wie sie war, nur ihre Betrachtungsweise kannte. Die Macht zeigte sich ihr anders, mal stürmischer und wilder, als Luke sie beschrieb. Die dunkle Seite war für sie nicht nur eine Wahl, sondern eine ernste Gefahr, die jederzeit einen Geist in Besitz nehmen konnte.

"Leben ist doch bedeutungslos, wenn ich darüber nachdenke, dass Lee einfach aus eigenen Motiven willkürlich gemordet hat. Die Macht hat es zugelassen, wenn sie Leben schätzt, warum tut sie das dann? Warum tun wir uns solche Grausamkeiten an? Wo ist der Sinn, Meister?" Mytria dachte nach, verrannte sich in ihren eigenen Erfahrungen, die sie mehr geprägt hatten, als sie je zugegeben hatte. Zurücksetzungen, Ausgrenzung und seelische Gewalt hatten Spuren hinterlassen. "Wir verleiten uns doch selbst und erst die Entscheidung über die Dinge, ob sie gut oder böse sind, macht sie doch dazu, oder irre mich da?" Die angehende Jedi kniff beide Augen zusammen, um Luke eindringlich zu betrachten, bevor sie diese wieder sanft öffnete. "Die Betrachtung legt den Wert fest," meinte sie nüchtern, hob sogar dezent ihre Hand an und untermalte diese Aussage mit einer kreisenden Bewegung ihrer zierlichen Hand. Sie konnte nicht wissen, wie nah sie mit dieser Meinung an einer These eines bösen Dämons war, der weitab von hier herrschte. "Ihr erklärt vieles, wollt uns aufklären über den Wert des Lebens und entschuldigt etwas, was keiner Entschuldigung bedarf," sagte sie ernst und doch lag Melancholie in ihren Augen. Die Augen wurden glasig, während sich Tränenflüssigkeit in den Augenwinkeln sammelte. Es tat ihr selbst weh, so hart zu sein aber sie wollte nicht wieder in diese Emotionen fallen, die sie einst hatte.

Sie verweigerte sich der Melancholie und doch erlag sie wenige Momente später dieser Tragik, dass Leben vollkommen willkürlich war. Es gab keinen Sinn oder Zweck in einem Leben, außer dem selbst geschaffenen Sinn. Einst hatte sie dies erfahren. Damals war sie verraten worden, nicht aus Bösartigkeit, sondern schlicht aus Ignoranz. Nur wenige Seelen nahmen Rücksicht. Nur wenige wollten wirklich heilen und helfen, denn die meisten richteten sich in ihren bequemen Lebenswelten ein. Man hatte sie geschlagen, getreten und ausgelacht; warum hatte man das getan? Aus schlichter Bequemlichkeit. Es hatte jemand damit begonnen und die anderen haben es übernommen. Kinder können sehr grausam sein, sagte man ihr später und doch hatte sie nie vergessen. Wenn bereits Kinder so etwas tun konnte, ohne ein großes Bewertungsschema zu besitzen, dann konnten es auch Erwachsene und das Bewertungsschema war nur eine Illusion. Es war eine Betrachtung, eine Einzelmeinung, die auch nur ein Kapitel in einem Selbstbetrug war. Die dunkle Seite wollte Mytria stehlen.

Still stieg sie an, während die unsichtbaren schwarzen Wogen in die Macht drangen und ihre Aura immer weiter verdunkelten. Ihre Mimik erfor in dieser Erinnerung, denn Lee hatte ihr erneut bewiesen, dass es kein Gut oder Böse gab, sondern nur Handlung. Eine Entscheidung einer Einzelperson, die auch andere betreffen konnte. Die Galaxis war willkürlich und dies schmerzte sie. Denn Mytria wünschte sich so sehr, dass es anders war. Sie wollte die Galaxis anders machen und fürchtete, dass dies niemals gelingen würde. "Ihr habt Recht, dass die Macht nichts ist, was als Begründung dienen kann und doch...," wollte sie formulieren und brach dann ab. Ihre Stimme hatte sie verlassen als die Augen die Tränen nicht mehr halten konnten. Die dunkle Seite wollte sie schützen und ihr Kraft geben, denn sie war einfach zu erschließen. Die dunkle Seite trat auf und ließ den Frost ins Herz. Dieser kalte Schmerz kroch in die Knochen und verband sich mit den Gedanken der sehnsüchtigen Mytria. Die Melodie des Abgesangs hallte wieder und Luke konnte das Leid in ihren Augen sehen, die sich trüb färbten und die Tränen sangen das Lied vom Leid. Ab diesem Zeitpunkt konnte sie nicht mehr folgen. Die Frau weinte schluchzend und versuchte die Tränen unter beiden Händen zu vergraben. Sie versteckte ihr Leid mühsam mit beiden Händen, die sie fest ins Gesicht drückte, damit niemand sah, wie schwach sie war. Mytria fühlte sich verloren, denn der Gedankengang und die Erklärung von Luke trafen sie an dem Ort, wo sie verwundbar war. Sie trauerte um etwas, was sie verloren glaubte. Sie trauerte aufrichtig und weinte mit jedem Herzschlag, den sie in Melancholie verbracht hatte. Die Maske des stürmischen und frechen Mädchens brach ein. Es brach alles ein, was sie darstellen wollte und sie trat den alten Ängsten wieder bei. Es gab keinen Grund die Ängste wieder auszuschließen. Es gab nichts, was sie hinderte, einfach in diese Trauer zu fallen.

"Es gibt nichts," wollte sie abwehren, wollte sie vermeiden, dass jemand nachfragte und doch ahnte sie bereits, dass Luke nachfragen würde. Sie hatte die restlichen Ausführungen versäumt in der Serenade ihrer eigenen Gedanken. Es war schwierig. Zu schwierig für sie aus der dunklen Seite auszubrechen, die nicht nur Zorn, sondern auch Pein war. Die dunkle Seite umgarnte sie mit einer einfachen Antwort, dass sie alles war, was je sein würde. Sie musste sich nur hingeben und würde erlöst werden. Mytria wollte ausbrechen. Jetzt endlich. Es gelang ihr, während sie die Hände vom Gesicht nahm, sich wieder enger an Koryn kuschelte, um etwas Vertrauen zu finden. Nicht noch ein Verrat. Nein, sie würden niemanden verraten. Nicht heute. Die Tränen fielen weiterhin aus ihren Augen, spiegelten sich im Sturz im Grün des Bodens. Die Augen gewannen dennoch wieder an Farbe und die Mimik war nicht mehr eingefroren. Die dunkle Seite mit ihrem kalten Frost wich wieder zurück, als sie die letzten Worte von Luke vernahm. "Es gibt immer nur eine Entscheidung," antwortete sie Luke auf seine letzte Ausage, ob er sie Mitgefühl oder die Wahl des einfachen Weges lehren würde. "Es gab immer nur eine Entscheidung," sagte sie mit gebrochener Stimme, die noch um Kraft rang. Dieser Ort erfüllte sie zwar immer noch aber hatte an Glanz verloren. Der Wind, der aufkam, trocknete ihre Tränen mit vorsichtiger Macht. Es tat ihr gut, diesen zu spüren, während er ihre Haare herumwehte. Kurz schloss sie Augen, um den Wind willkommen zu heißen. Etwas wollte sie Zuversicht wissen lassen. Etwas war hier, um für alle Gnade zu zeigen. Es war etwas Göttliches im Wind, der mit einer alten Magie wirkte und die Sorgen fast hinfort trug. Mytria hörte auf ihn, wie er vorbei rauschte und sanft über die Haut fuhr. SIe holte tief Luft und ließ ab von der Angst. Schließlich sprach Koryn. Die Frau wandte ihm ihr Gesicht zu, strich sich mit einer Hand eine Strähne, die der Wind ins Gesicht gespielt hatte, aus dem Sichtbereich und hörte ihm zu. "Eine gute Frage," entgegnete sie unterstützend auf Koryns Frage. Auch sie interessierte, ob es möglich war, dass selbst in dieser Grausamkeit etwas Hoffnung lag. Hoffnung war alles im Leben. Auch Mytria hoffte, dass es etwas Besseres als dieses Leben gab. Vielleicht sogar auf eine gnadenvolle Macht. Ihr Herz schlug mit einem Satz langsamer, während sie Koryn betrachtete, denn er gab ihr Sicherheit, auch wenn er selbst unsicher wirkte.
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#23
Ruhig ließ Luke den Blick zwischen seinen beiden Schülern wandern, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Während der eine das, was er ihnen sagte, mit einer geradezu demütiger Haltung annahm, lehnte der andere beinahe alles davon ab. Es waren beides keine optimale Reaktionsweisen auf das, was er ihnen versuchte beizubringen, sondern sie stellten beide Extreme dar. Extreme, die ihnen auf ihrem Weg eher ein Hindernis, denn hilfreich sein würden. Würden sich beide einander nähern und auf halbem Weg treffen, so würden sie wohl den optimalen Schüler ergeben. Etwas, von dem beide profitieren würden, aber Luke wusste nicht, ob dies jemals eintreten würde. Der Punkt, an dem die Beiden von einander lernten und etwas vom Verhalten des anderen zu ihrem eigenen Verhalten hinzufügten. Aber sie waren noch jung, standen noch am Anfang und vielleicht verlangte er auch einfach noch viel zu viel von ihnen. Andererseits durfte er ihnen nicht zu viel Zeit lassen, denn Zeit war genau das, was sie aktuell nicht wirklich im Überfluss besaßen. „Die Macht selbst ist weder gut, noch böse. Weder gnädig, noch strafend“, antwortete Luke mit ruhiger Stimme. „Sie ist das, was derjenige der ihr dient, daraus macht. Hat er Gutes im Sinn, so wird sie sanft und tröstend sein. Ein warmes Gefühl der Geborgenheit. Doch hat derjenige Böses im Sinn, so wird sie zerstören und vernichten. Wird Leid und Trauer zurücklassen.“ Es mochte sein, dass andere Machtnutzer diese Sache anders sahen als er. Dass sie der Macht eine gewisse Eigenschaft fest zuwiesen, doch so war es wohl einfach. Jeder sah in der Macht etwas anderes, selbst dann noch, wenn man den selben Weg beschritt. Aber es war nicht falsch die Macht aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Keiner konnte genau sagen was die Macht wirklich war und so traf wohl jede Sichtweise gleichermaßen zu und auch nicht. Natürlich konnte er den Beiden nur das sagen, was er dachte oder wie er empfand, deswegen waren seine Erklärungen stets aus seiner persönlichen Sicht beschrieben. Eine objektive Betrachtungsweise war in seiner Situation, mit seiner Wissensgrundlage einfach nicht möglich. Aber er hatte auch nie darauf bestanden, dass seine Sichtweise, seine Interpretation die einzig wahre war. „Du kannst von der Galaxis nur das verlangen, zu was du selbst in der Lage bist zu geben“, entgegnete Luke mit noch immer ruhiger Stimme, wenn auch sein Blick nun direkt und fest auf Mytria lag. „Eine Galaxis deren Bewohner nicht bereit sind Mitgefühl zu zeigen, wird auch nie in der Lage sein Mitgefühl zu vermitteln.“ Es war ein einfaches Prinzip und doch von so vielen missverstanden. Es war ein leichtes etwas zu fordern und viele Wesen in der Galaxis taten es ohne darüber nachzudenken. Doch das Geben fiel vielen von ihnen schwer, wenn gar es ihnen nicht unmöglich war. Weil sie einfach nicht bereit waren etwas von sich aus zu geben ohne dafür nicht eine Gegenleistung zu erwarten. Doch Mitgefühl war etwas, wofür man keine Gegenleistung erwarten durfte. Es war etwas selbstloses und in diesen Zeiten rar gesät. Dieses einseitige Geben und Nehmen war genau das, was auf so vielen Planeten zu großen Unmut und Leid führte. Es waren oft genug die selben, die immer nur nahmen, während andere dazu verdammt waren stets nur zu geben. Ein Gefühl, welches sie glauben ließ, keinen Ausweg aus dieser Situation zu haben. Doch Leid führte selten zu etwas Gutem. Aber es wäre vermessen zu glauben, dass sich dies irgendwann ändern ließe. Dass es möglich wäre ein gesundes Gleichgewicht zu erschaffen. Es mochte im kleinen umsetzbar sein, doch nicht in dem Maße, wie es die Galaxis nötig hätte.

„Widerspreche ich mir wirklich oder widerspreche ich mir nur, weil du nicht in der Lage bist dir vorzustellen, dass beides zur gleichen Zeit nebeneinander existieren kann?“ Eine direkte Frage, die wohl auch nicht ganz ohne Vorwurf einher kam. „Weil es in deiner eigenen Welt, die du nicht bereit bist zu verlassen, unmöglich erscheint?“ Luke atmete tief ein und ließ kaum merklich seinen Kopf ein klein wenig sinken. Es war schwer jemanden etwas verständlich zu machen, wenn dieser sich jeder anderen Vorstellung komplett verweigerte. Mytria verstand nicht, weil sie nicht verstehen wollte. Weil sie sich selbst in ihrer Denkweise einschränkte und alles geradezu rigoros ablehnte, was für sie Mühe bedeuten würde, es verstehen zu wollen. Es war kein reines Unvermögen, es war einfach nur Sturheit. „Der Verstand auf der einen Seite“, sprach Luke und hob seine linke Hand mit der Handfläche nach oben in die Höhe. „Er sieht den langen, beschwerlichen Weg und den schnellen und bequemen Weg und besitzt die Wahl zu entscheiden.“ Ruhig hob Luke seine rechte Hand in die Höhe. „Auf der anderen Seite haben wir die Emotionen. Empfänglich für die Verlockungen des schnellen und bequemen Weg.“ Luke hatte seinen Blick noch immer auf Mytria gerichtet, während seine beiden Hände ruhig mit den Handflächen nach oben in der Luft ruhten. „Beides existiert zur selben Zeit. Die Entscheidung und die Verlockungen. Es gibt Situationen in der unser Verstand unseren weiteren Weg entscheidet und es gibt Situationen, in der unsere Gefühle schneller sind und dem Verstand keine Möglichkeit geben, die richtige Entscheidung zu treffen.“ Luke ließ seine Hände wieder sinken und legte sie in seinem Schoß übereinander. Er wusste, dass es nicht einfach war es zu verstehen, da es auf eine gewisse Art und Weise eine abstrakte Vorstellung war zugleich die Entscheidung zu haben und doch auch wieder nicht. „Lee hatte eine Wahl, so wie auch du die Wahl hattest“, sprach Luke mit ernster Stimme. „Beide seid ihr den Verlockungen der Dunklen Seite erlegen und doch urteilst du über sein Handeln. Du selbst weißt wie groß die Macht von Emotionen sein können und doch nimmst du dir das Recht heraus ihm dieselbe Schwäche abzusprechen.“ Es war stets leicht über das Verhalten anderer zu urteilen, als sein eigenes Fehlverhalten zu überdenken und genau das war etwas, das Mytria in diesem Moment tat. Noch vor wenigen Minuten hatte sie der Dunklen Seite die Kontrolle über sich überlassen und nun saß sie vor ihm und urteilte über jemanden, dem es nicht anders ergangen war. Warf ihm vor willentlich so gehandelt zu haben, als wäre es eine Entscheidung seines Verstandes gewesen. Etwas, das Luke sich einfach nicht vorstellen konnte. Lee hatte nie Tendenzen in diese Richtung gezeigt, so wie es bei Mytria der Fall war. Sie stand jetzt schon der Dunklen Seite näher, als es Lee in all der Zeit jemals getan hatte.

„Du begehst erneut den Fehler die Macht als Person zu sehen“, entgegnete Luke und auch wenn er es nicht beabsichtigt hatte, so schwang eine Spur Ungeduld in seiner Stimme mit. „Ihr einen Willen zu zuschreiben und ihr eine Absicht zu unterstellen. Nicht die Macht hat es zugelassen, sondern die Person, die sich verschrieben hat ihr zu dienen. Wir sind keine Marionetten die von der Macht gelenkt werden, sondern wir sind für unser Handeln selbst verantwortlich.“ Etwas, das er erst vor kurzem gesagt hatte. Erklärt hatte und doch musste er sich immer und immer wieder wiederholen. Es war mühselig und es kostete Kraft. „Das Leben ist deswegen nicht bedeutungslos, sondern eine solche Tat zeigt, wie groß der Wert von Leben ist“, erklärte Luke mit einer Hingabe, die wohl nur jemand aufzubringen vermochte der an das glaubte, was er tat. Jemand der gefestigt in seinem Bestreben und seinem Weg war. „Weißt du wie viele Männer und Frauen dort draußen jeden Tag ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen, um das Leben von anderen zu retten, die sie nicht einmal kennen? Die bereit sind ihr eigenes Leben zu opfern, um das von tausenden fremden Lebensformen zu schützen? Die dafür kämpfen, dass Personen wie du in Frieden und Freiheit leben können. Ist ihr Leben bedeutungslos? Ist das Leben, das sie versuchen zu beschützen bedeutungslos? Wenn ja, dann ist auch Frieden bedeutungslos. Dann ist auch das Gute bedeutungslos. Dann ist alles woran wir glauben und wofür wir kämpfen bedeutungslos. Dann ist ein jeder von uns ohne Bedeutung. Dann hat die ewige Dunkelheit den Sieg erlangt.“ Er leugnete nicht, dass es nicht immer einfach war in dem was man tat, noch einen Sinn zu erkennen. Dass es manchmal schwer war noch zu erkennen, warum man kämpfte oder wofür man kämpfte. Ob man noch immer kämpfte, um die Galaxis zu einem besseren Ort für alle zu machen oder ob man nur noch kämpfte, weil man nichts anderes gewohnt war. Man Leben nahm ohne dass es einen auf irgendeine Art und Weise noch beeinflusste. Man abstumpfte für das Leid und den Schmerz, mit dem auch der Weg zum Frieden gepflastert war. Ja, natürlich konnte man sagen, dass man selbst Leid verursachte, indem man für die gute Sache kämpfte und es besser wäre, die Waffen ruhen zu lassen. Doch war dies leider eine Entscheidung die weder zum Frieden, noch zur Freiheit führte. Man würde vielleicht den eigenen Frieden finden, doch auch das war schwer vorstellbar, so war man doch weiterhin gezwungen zu erleben, wie der Rest der Galaxis immer mehr in Dunkelheit versank. Handeln führte zu Leid und Schmerz, gleichfalls wie nicht zu handeln. Doch wenn man handelte, hatte man die Möglichkeit die Galaxis zum besseren zu verändern. Das eigene Leben war nicht mehr als ein Sandkorn im Wind und man sollte ihm auch nie mehr Wert beimessen. Man sollte das eigene Leben nie wichtiger nehmen, als den Frieden für alle. Aber sich selbst nicht als Mittelpunkt zu sehen, sondern nur als Teil eines viel größeren Ganzen, war für viele unvorstellbar.

Langsam löste Luke seinen Blick von Mytria und lenkte ihn wieder zur Koryn, der bisher schweigsam neben Mytria gesessen war. „Ich weiß es nicht“, sprach Luke leise und seine Stimme klang müde. „Aber für ihn hoffe ich, dass er gefunden hat, nach was er gesucht hatte.“ Zumindest wäre dann für Lee diese Reise von Sinn gewesen und diese Grausamkeiten wären nicht vollkommen ohne Sinn gewesen. Er sprach seine weiteren Gedanken dazu bewusst nicht laut aus, so würde man sie wohl nicht nachvollziehen können und man würde Erklärungen erwarten auf etwas, das er nicht erklären konnte.
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#24
Koryn verschlug es bei Mytrias trotzigen Worten glatt die Sprache. Vorerst kam nur ein überraschter Laut als verzerrtes Rauschen aus seiner Maske, das aber in der feurigen Tirade der Jedi-Anwärterin unterging. Fassungslos starrte er sie an. Leben war ganz sicher nicht bedeutungslos! Es gab so viel zu lernen, zu sehen und gemeinsam zu erreichen. Doch es würde auch immer Personen geben, die falsche und eigennützige Entscheidungen auf Kosten anderer trafen. Auch das gehörte zum Leben dazu, so sehr Koryn es bedauerte. Wenn dem nicht so wäre, bräuchten sie keine Begriffe wie ‚richtig‘ oder ‚falsch‘.
Gerade noch hatte der Kel Dor geglaubt, den heftigen Wechsel ihrer Emotionen begreifen und akzeptieren zu können – aber da hatte er sich wohl geirrt. Nun wuchs ein heftiger Widerwille in dem Machtbegabten. Wenn Mytria nicht lernte, ihre Gefühle im Zaum zu halten, wie sollte sie da erst die Kontrolle über ihre Machtfähigkeiten erlangen?

„Du kannst nicht die Macht für alles verantwortlich machen“, platzte es schließlich aus ihm heraus, nachdem Luke bereits begonnen hatte, auf ihre Worte einzugehen. „Jeder muss für seine Taten selbst die Verantwortung übernehmen. Die Macht wirkt durch Wesen wie uns und spricht zu uns. Aber ich würde nie behaupten, dass sie für mich entscheidet! Dazu beherrsche—“ Er brach ab und schüttelte den Kopf. Das war nicht, was er sagen wollte. „Dazu kann ich sie noch viel zu wenig verwenden und verstehen. Ich kann mit ihr meine Körperkraft und Ausdauer verbessern, doch ansonsten gerade einmal einen Stein anheben. Bevor ich dich traf, hatte ich auch erst einmal eine Vision! Zumindest glaube ich, dass es eine war.“
Er blickte zu Luke Skywalker. Teils versichernd, da der Traum die Ankunft des Jedi-Meisters angekündigt hatte. Teils beschämt, weil er sich selbst wieder zu einem Gefühlsausbruch hatte hinreißen lassen. Genau das, was er Mytria gerade vorgeworfen hatte. „Aber vorhin im Seenland hat die Macht uns gewarnt, dass etwas passieren würde. Passiert ist. Vielleicht war es nicht mehr rechtzeitig, aber was… was hätten wir schon tun können?“ Es kostete ihn unglaublich viel Überwindung, sich dies einzugestehen und er klang dabei sehr niedergeschlagen. „Vielleicht wurden andere auch gewarnt. Vielleicht haben sie die Botschaft besser verstanden als wir – und anders entschieden.“

Koryn fühlte sich von den Worten des älteren Jedi sehr angesprochen. Doch es hinterließ kein gutes, aufbauendes Gefühl wie sonst. Der schnelle Weg… Der Jedi-Schüler war oft mit seinen Fortschritten ungeduldig, auch wenn er die Schuld daran allein sich selbst gab. Trotzdem würde er nie auf die Dunkle Seite fallen und dadurch andere leiden lassen! Es widersprach allem, das er sich unter dem Bild eines Jedi-Ritters vorstellte. Sein Bestientrick war noch zu rau, zu grob, zu eindringlich. Koryn hatte dies verstanden und obwohl es ihm noch nicht gelang, auf sanftere Weise mit den Shaaks Kontakt aufzunehmen, wusste er, wann er abbrechen musste. Das musste doch genug sein, um einschätzen zu können, wann er der Dunklen Seite zu nahe kam und sich davon zu lösen. Oder nicht?
Mit einem nun enttäuschten Laut zog der Kel Dor eines seiner Knie an, stützte den Arm darauf und senkte den Kopf. Seine Gedanken fühlten sich mehr und mehr wie ein Wasserbecken an, dessen Inhalt man aufgewühlt hatte und der nun in ungleichmäßigen Wellen gegen den Rand schwappte. Es würde Zeit brauchen, bis die Wellen sich wieder gelegt hatten. Meditation – so schwer sie ihm fiel – wäre hier sicher angebracht. Oder ein ausgiebiges Training, um seinen Körper zu fordern und seinem Geist durch Erschöpfung Ruhe zu gönnen.
„Aber für ihn hoffe ich, dass er gefunden hat, nach was er gesucht hatte.“ Konnte das denn wirklich etwas Gutes bedeuten, wenn das Ende von Lee Valens Suche ihn auf diese Weise ins Praxeum zurückgebracht hatte? Vielleicht war er enttäuscht worden – oder er hatte den Sturz auf die Dunkle Seite als einzigen Ausweg gesehen. So oder so war es die falsche Entscheidung gewesen. Der schnelle Weg. Doch eine weitere Antwort würden sie wohl nie erhalten. Koryn würde sich die Erinnerung an diesen schrecklichen Tag zu Herzen nehmen. Offensichtlich konnte selbst ein Jedi-Ritter seine eigene Moral in Zweifel ziehen und fallen. Alles verraten, für das er einst gestanden hatte. Niemals, schwor sich der Kel Dor und ballte die Hand zur Faust. Niemals werde ich meine eigene Gemeinschaft verraten oder ihr Schaden zufügen! Obwohl die Nachtluft noch nicht wirklich kalt war und seine dicke Haut ihn vor der Kälte schützte, fröstelte er. Niemals!
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#25
Warum taten seine Worte nur so sehr weh? Luke wusste nicht, dass man Mytria mehrfach verletzt hatte; wusste nicht, dass sie nur mühsam fühlte und eine tiefsitzende Enttäuschung in sich trug. Sie wollte ihm antworten, erneut etwas erklären aber scheiterte an sich selbst. Ihre Unterlippe zitterte, schob sich dezent hinauf zur Oberlippe, wo sie zitternd einfror. Mytria antwortete nicht mehr. Sie schwieg einfach und blickte enttäuscht von Luke weg. Nein, sie war noch lange nicht erwachsen aber konnte verstehen, was Luke ihr sagen wollte aber ihr Herz wollte es nicht verstehen. Mytria fühlte sich zurückgesetzt, während Luke in einem für sie herablassenden Tonfall eine Erklärung von sich gab. Der Vorwurf gegen sie, dass sie nichts verstand, den hatte sie oft gehört. Auch von denen, die sie einst drangsaliert hatten. Die doofe, wie kleine Mytria, die niemals etwas in ihrem Leben erreichen würde. Schließlich traf Luke sie hart mit seinen Schlusssätzen, die ihr Herz mit einem glorreichen Treffer versenkten. Bereits am Untergehen, fiel ihr Koryn in den Rücken und unterstützte Skywalker. Mytria ballte beide Hände zu Fäusten, stand erbost auf. Sie interessierte sich nicht mehr für das Gespräch, da dieses Gespräch sie bestrafte. Nur sie. Erneut war sie im Zentrum der Missachtung. Man interessierte sich nicht für ihren Schmerz und belehrte sie. Die eigentlich Jugendliche blickte erbost und erzürnt zu Koryn, dem sie einen biestigen Satz entgegen warf: "Ich habe dir vertraut!" Dann wandte sie sich zum Jedi-Meister. "Ich packe meine Sachen und gehe zurück zu meiner Familie. Ich bin keine Jedi," formulierte sie, obwohl sie gerne eine Jedi geworden wäre und sich eigentlich danach sehnte, wirklich eine Jedi zu sein. Es hatte ihr Vertrauen gegeben. Es hatte ihr Mut gemacht und es hatte ihr endlich eine sinnige Aufgabe verschafft. "Ihr versteht mich nicht," sprach sie mit großen glasigen Augen, während sich der Krampf in ihren Händen löste und sich die Fäuse wieder öffneten. "Ich gehe," donnerte ihre Stimme jeweils zu beiden, bevor sie mit großen Schritten davon lief. Bilder von Lee gingen durch ihren Kopf. War es diese Emotion, die ihn fallen ließ? War es diese Jedi-Lüge? Nein, aber Mytria wusste, dass sie in diesem Moment ihren eigenen Weg gehen musste. Den Schmerz auf ihre Weise verarbeiten. Nein, Luke und Koryn trafen sie an einem verwundbarem Punkt. Vielleicht aus guter Absicht wollten sie auf sie einwirken aber jedwede Einwirkung mit Vernunft war vergebens, wenn das Herz Emotion verlangte. Luke fühlte nicht mit ihr, sondern erklärte nur, wollte vermitteln, was derzeit nicht an sie zu vermitteln war. Die Emotionen der jungen Frau, so roh und wild, wollten ihren Platz haben. Koryn, mehr Baum, als Freund, brach ihr Vertrauen und stellte sich nicht vor sie, verriet sie in dem Augenblick, wo sie seine Nähe gewollt hatte. Mytria rannte, so schnell ihre Füße sie tragen konnten, während ihre Haare im süßen Wind des Planetens wild wehten. Tränen flossen, während sie mit den Armen unsichtbare Mauern zur Seite schob, und so grub sie sich vorwärts in Richtung des Eingangs zu den Quartieren. Vor der Tür blieb sie stehen, um zurück zu blicken. Es hatte bereits einen Toten gegeben und sie wollte nicht, wie Lee werden. Luke sah es einfach nicht. Dieser Ort schmerzte sie immer mehr. "Ich komme nach Hause," versprach sie sich selbst, bevor sie den Türöffner betätigte. Mytria wollte nur noch weg, um wieder ihrem Weg zu folgen. Auch wenn es plötzlich nicht mehr so richtig erschien.
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#26
Luke konnte nicht leugnen, dass sich langsam eine Müdigkeit in seine Glieder schlich, so war nicht nur das Gespräch mit den beiden Schülern schwierig und auf eine gewisse Art und Weise auch anstrengend, sondern es war auch das Wissen, dass diese Nacht für ihn noch lange kein Ende haben würde. Vor ihm lag nicht nur das Gespräch mit Dion, sondern auch die Vorbereitung für die Beerdigung der Gefallenen. Es war seine eigene Entscheidung gewesen sie alle, so auch Lee, den Flammen zu übergeben. Sie so zu beerdigen, wie man es unter Ihresgleichen seit jeher getan hatte. Ihm war bewusst, dass nicht alle seine Entscheidung nachvollziehen würden könnten und der eine oder andere seine Entscheidung auch nicht gut heißen würde, aber dieses Risiko war er bereit einzugehen. Er hatte diese Gemeinschaft aus vielen Absichten heraus gegründet. Weil er es wollte, weil er es musste und weil es von ihm erwartet worden war. Man hatte es nie wörtlich oder gar direkt ihm gegenüber zum Ausdruck gebracht, aber manche Dinge brauchten auch gar nicht ausgesprochen werden. Man verstand sie auch so. Es war eine Entscheidung gewesen, die ihm nicht leicht gefallen war und die er sich auch gewiss nicht leicht gemacht hatte. Für ihn war es nie ein Orden gewesen. Eine Schule in der Wenige das Sagen hatten und alle anderen hatten einfach zu akzeptieren. Für ihn hatte es eine Gemeinschaft sein sollen, wo man voneinander lernt. Ein Ort, an dem man Meinungen, Sichtweisen und Gedanken austauschen können sollte. Wo niemand für seine Meinung ausgrenzt wurde oder wo eine andere Sichtweise verdammt wurde. Aber wenn er sich nun alles aus einer entsprechenden Distanz ansah, dann war es ein Wunsch gewesen, der leider nicht zur Wahrheit geworden war. Offenbar funktionierte dieses Prinzip nicht ohne einen gewissen Rahmen oder ohne Ziele die erreicht werden wollten. Sie waren nicht der Fluss, der stark in eine Richtung floss. Sie waren nicht mehr als eine Vielzahl kleiner Bäche, die alle in unterschiedlichen Richtungen flossen. Eine frustrierende und auch niederschmetternde Erkenntnis für den jungen Jedimeister.

Sein Blick glitt leicht zu Koryn als dieser seine Stimme erhob und es war ein inneres Seufzen, mit dem es Luke zur Kenntnis nahm. Es war nicht falsch, dass Koryn seine Meinung kund tat, aber in diesem Moment würde es Mytria wohl vorkommen, als würde Koryn seine Seite einnehmen, anstatt seine eigene, wenn auch sie in diesem Fall wohl übereinstimmten. „Meine erste Vision hatte ich auf Dagobah“, begann Luke von seinen eigenen Erfahrungen zu erzählen, die er sonst pflegte für sich zu behalten oder wenn, sie lediglich oberflächlich zu beschreiben. „Ich sah meine Freunde in Gefahr. Sah sie in der Hand des Imperiums. Sah wie sie litten.“ Es lag nun schon ein paar Jahre zurück, aber Luke konnte sich noch immer an jedes Detail dieser Vision erinnern. Sie hatte – Nun sie hatte wohl einen bleibenden Eindruck hinterlassen, von dem er noch heute profitierte. „Ich war überzeugt davon, dass sie sterben würden, würde ich ihnen nicht zu Hilfe eilen“, erzählte er weiter und richtete seinen Blick auf die beiden jungen Personen vor sich. „Doch weder Obi-Wan Kenobi, noch Meister Yoda waren sich sicher, was diese Vision zu bedeuten hatte. Sie sagten mir, dass es so sein könnte, aber nicht so sein musste. Sie rieten mir mein Training nicht zu unterbrechen. Sie warnten mich davor nach Bespin aufzubrechen, so sei ich doch nicht bereit mich Darth Vader zu stellen.“ Unbewusst strich sich Luke mit der linken Hand über die Rechte. Er lebte schon so lange mit dieser künstlichen Hand, dass sie zu einem Teil von ihm geworden war. An vielen Tagen vergaß er es auch vollkommen, doch an Momenten wie diesem, erinnerte sie ihn an sein Versagen damals. Nun vielleicht war Versagen nicht unbedingt das richtige Wort. Es war sein Egoismus gewesen. Sein Glauben alles schaffen zu können. Sein Übermut und sein falscher Ehrgeiz. Ja, sie erinnerte ihn jedes Mal an seine Ungeduld, die ihn damals beinahe das Leben gekostet hatte. „Ich schlug die Warnung der Meister in den Wind und brach nach Bespin auf um meine Freunde vor dem Tod zu retten“, sprach er weiter und sah beide Schüler mit offenem Blick an. „Doch dann war ich es, der von ihnen gerettet werden musste.“ An diesem Tag hatte er mehr Glück gehabt als alles andere. Mochte sein, dass es die Macht gewesen war, die ihn unterstützt hatte, damit sein Fall durch die Röhren nicht endlos war. Aber dass Leia seine Schwester war und dass sie in der Lage gewesen war sein Rufen zu hören, das war wohl doch dem Glück zu verdanken.

„Was einem eine Vision zeigt, kann so eintreten, aber es muss nicht so eintreten“, wandte sich Luke an Koryn, den er war es gewesen, der von seiner Vision gesprochen hatte. „Sie kann ein Hilferuf sein, aber auch eine Warnung. Es ist nicht einfach zu entscheiden, was davon es ist und nicht selten trifft man die falsche Entscheidung.“ Wenn Koryn gesehen hatte, was sich im Praxeum zutrug, dann konnte es wahrlich beides gewesen sein, doch in seinem Falle hätte Luke es als Warnung gesehen. Eine Warnung davor Fuß in das Praxeum zu setzen, um dem zu entkommen, was passieren würde. In einem solchen Fall dem Praxeum fern zu bleiben, hätte niemand als Feigheit oder gar Schwäche gewertet, sondern man hätte es als eine vernünftige und richtige Entscheidung gesehen. Man half niemanden, indem man sich kopflos in einen Kampf begab, den man nicht gewinnen konnte. Eine Lehre, die er auf schmerzhaftem Weg hatte lernen müssen. „Nicht immer ist Verstecken ein Zeichen von Schwäche“, meinte er direkt an Koryn gewandt, von dem er spüren konnte, dass ihn seine eigene Entscheidung zu belasten schien. Luke vermutete, dass Koryn von sich selbst glaubte, in diesem Moment nicht von Nutzen gewesen zu sein. Dass es falsch gewesen sei, nichts zu tun, aber dem war nicht so. Er hatte unbewusst die Entscheidung getroffen, die in dieser Situation die richtige gewesen war. „Und Kriege, machen einen nicht groß.“ Es huschte ein kurzes Lächeln über Lukes Lippen, als er sich an die Person erinnerte, die einst diese Worte gesprochen hatte. Damals hatte er nicht verstanden was ihm Yoda damit hatte sagen wollen, doch mittlerweile glaubte er verstanden zu haben.

Doch dann war es Mytrias Verhalten, welche Luke wieder zurück in die bittere Realität holte. Er spürte Wut. Er spürte Enttäuschung und er spürte Unverständnis. Die Worte die sie ihm an den Kopf warf waren ihm nur zu vertraut, denn es waren Worte, die sie immer wieder sagte. Wie immer fühlte sie sich missverstanden. Wie immer waren es andere, die sie nicht verstehen wollten. Wie immer war sie es, die sich ungerecht behandelt fühlte. Was sie aber in all der Zeit nie begriffen hatte, egal wie oft man es ihr versucht hatte zu erklären, egal wie man es ihr versucht hatte zu erklären, war dass sie nicht der Mittelpunkt war. Sie mochte es in ihrer kleinen Welt sein, doch für die Galaxis war sie nur eine Existenz von vielen. Sie mochte es im Leben vielleicht nicht leicht gehabt haben, doch damit war sie nicht die Einzige. Er war so vielen Personen begegnet, die es genau so schwer hatten wie sie und dennoch nicht zu derartigem Egoismus geneigt hatten wie Mytria. Die deswegen nicht erwartet hatten, dass sich alles nur um sie drehte und man ihnen jegliches Fehlverhalten deswegen verzieh. Eine schwere Kindheit oder ein schwieriges Leben konnte und durfte niemals eine Rechtfertigung für mangelhaftes und respektloses Benehmen sein. Luke wandte sich nicht nach ihr um, als sie an ihm vorbei ging. Er reagierte nicht auf ihre Vorwürfe, sondern schwieg. Es wäre falsch, ihr in diesem Augenblick die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, von der sie regelrecht erwartete, sie zu erhalten. Wenn er nun reagierte, würde sie nichts lernen, sondern sich beim nächsten Mal wieder so verhalten. Würde nicht erkennen, dass ihr Verhalten nicht korrekt gewesen war. Auf Trotz und Sturheit war es falsch mit Verständnis zu reagieren. Man war ihr in so vieler Hinsicht mit Verständnis entgegen gekommen ohne dass bei ihr auch nur ein Fortschritt zu erkennen gewesen wäre. Immer wenn man das Gefühl gehabt hatte, sie hätte einen Schritt in die richtige Richtung gemacht, machte sie im nächsten Moment zwei zurück. Vielleicht war nun wirklich der Zeitpunkt gekommen, an dem man mit dem Verständnis und der Zurückhaltung aufhören musste und stattdessen feste Regeln an den Tag legen sollte.

Lukes Blick glitt zu Koryn. „Du hast nichts Unrechtes getan“, sprach er mit ruhiger Stimme. „Nichts getan wofür du dich entschuldigen oder gar rechtfertigen müsstest. Das sollte dir bewusst sein, solltest du den Wunsch hegen ihr nachgehen zu wollen.“ Er wusste nicht, ob das wirklich Koryns Wunsch war, aber er müsste sich in dem jungen Mann täuschen, würde er nicht in diesem Moment über genau diesen Schritt nachdenken.
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#27
Der Jedi-Schüler kam wieder ein wenig aus seinem selbst geschaffenen Schneckenhaus heraus, als Luke Skywalker von seiner ersten Vision berichtete. Es geschah nicht oft, dass der Jedi-Meister von seiner Vergangenheit erzählte und der Held der Neuen Republik versuchte, kursierende Geschichten über seine wahren und vermeintlichen Heldentaten aus dem Praxeum fernzuhalten – umso mehr lohnte es sich, zuzuhören. Obi-Wan Kenobi, Yoda, Darth Vader… Obwohl diese Personen nur eine Generation zuvor das Bild der Galaxis entscheidend geprägt hatten, waren sie für den jungen Kel Dor fast schon mythische Gestalten. Ebenso war es nur schwer vorstellbar, dass der weise, in sich ruhende Jedi-Meister einmal so unbedarft gewesen war wie Koryn. Doch auch ein Luke Skywalker hatte wohl einmal als Schüler begonnen und seine Erfahrungen machen müssen. Diese Tatsache machte es Koryn leicht, sich mit dem Jedi zu identifizieren – während Mytria offenbar in die entgegengesetzte Richtung strebte.

Er konnte die Erläuterungen seines Lehrmeisters durchaus nachvollziehen. Koryns Bindung zur Macht war vor allem körperlicher Natur, dadurch hatte er sich um die geistigen Aspekte wie das Deuten von Visionen bisher wenig Gedanken gemacht. Seine Machtsinne verrieten ihm durchaus – meistens – wenn etwas nicht in Ordnung war. Aber so intensiv wie heute hatte er die Verbindung zu dem Energiefeld noch nie gespürt und glaubte durchaus, dass es auch etwas mit Mytria zu tun gehabt hatte. Nicht nur der Tragweite der Ereignisse. Nun bestand kein Zweifel, dass Meister Skywalker ihn mit seinen Worten meinte und Koryn war dankbar für die Maske, die seine Scham immerhin etwas verbarg – auch wenn sie durch die Macht förmlich hinaus strahlte. Nein, er war noch ein Schüler. Stand noch ganz am Anfang und hatte nicht einmal eine richtige Waffe. Er hätte niemandem geholfen, wenn er vor dem Tod von Lee Valen zurückgekehrt wäre, um sich dem gefallenen Jedi zu stellen. Es wäre vielleicht edelmütig gewesen – aber sinnlos. Und doch hatten es andere Schüler des Praxeums ebenfalls versucht… Abermals entwich dem Kel Dor ein leises Seufzen. Das Gewicht auf seinen Schultern schien gleichermaßen leichter und schwerer geworden zu sein.

Dann machte Mytria ihren Emotionen ein weiteres Mal Luft und fuhr erst ihn, dann Luke Skywalker an. Ihre Zurückweisung war so greifbar, als hätte sie ihn mit bloßen Händen von sich gestoßen. Fassungslos starrte der Kel Dor sie an – unfähig, auch nur ein Wort herauszubekommen. Was?! Immerhin gelang es ihm, seine Hand in ihre Richtung auszustrecken, als sie davonstürmte, aber es war eine wirkungslose Geste. Mit Schwung erhob sich Koryn von der Bank und sah ihr nach, doch damit hatte seine Dynamik vorerst ein Ende. Jetzt? Nach diesem Tag willst du gehen? Hast du eine Ahnung, was— Ertappt blickte er sich zu seinem Meister um, der ihn besser einzuschätzen wusste, als ihm manchmal lieb war. Aber er hatte Recht, Koryn wollte ihr nachgehen. Wenn auch eher, um sie von einem furchtbaren Fehler abzubringen. Der Jedi-Schüler wandte sich dem Älteren nun vollständig zu und verbeugte sich vor ihm. „Danke, Meister.“

Eine seltsame Ruhe überkam ihn, als er sich in der lauen Nachtluft auf den Rückweg ins Praxeum machte. Eine Erkenntnis reifte in ihm, die er noch nicht ganz in Worte fassen konnte – und doch wusste der Kel Dor, dass sie ihn ein Stück mehr zu einem echten Jedi machen würde. Nicht Emotionalität leitete ihn, sondern Nachdenklichkeit. Skywalker hatte etwas in ihm angestoßen, das längst überfällig gewesen war. Bisher hatte Koryn sich immer vorgestellt, mit leuchtendem Lichtschwert vor anderen zu stehen, um sie zu beschützen. Doch das war nicht immer der richtige Weg und auch nicht alles, was einen Jedi ausmachte. Er musste auch an ihrer Seite sein und sie verstehen lernen. Um Mut und Trost zu spenden oder Irrwege aufzuzeigen. Mit ein wenig Nachfragen fand er den Weg zu Mytrias Quartier, doch der Eingang war fest verschlossen. Mit einem tiefen Atemzug wappnete sich der Kel Dor und streckte seine Machtsinne aus. Sie war noch hier, aber ihre aufgewühlten Emotionen bildeten einen rauen Schild um das Mädchen. Auch wenn er damit seine Anwesenheit vielleicht schon verraten hatte, betätigte er den Signalknopf des Türpanels, um ‚anzuklopfen‘.

„Mytria?“, fragte er nach einem Moment des Wartens, da die Tür nach wie vor verschlossen blieb. Dennoch war er sich sicher, dass sie ihn hören konnte. Nun kam der schwierige Teil und bereits jetzt begann der Kel Dor, nach Worten zu fischen. „Du hast Recht, ich verstehe nicht. Aber… Ich glaube, du hast mir auch nicht die Möglichkeit gegeben, dich zu verstehen.“ Kurz lauschte er, dann schüttelte er mit einem Seufzen den Kopf. „So oder so denke ich, dass du einen Fehler machst, wenn du jetzt gehst.“ Er legte eine Hand auf die Tür und versuchte unwillkürlich nachzuspüren, was auf der anderen Seite vor sich ging. „Was du vorhin getan hast, hätte jemanden verletzen können – dich selbst eingeschlossen. Was wirst du tun, wenn es noch einmal passiert?“ Eine weitere Pause entstand. Es kostete Koryn viel Überwindung, das Folgende zuzugeben. „Ich… bin kein Jedi. Auch wenn ich gerne einer sein würde. Doch bis dahin habe ich noch viel zu lernen. Möglicherweise bist du schon jetzt stärker in der Macht als ich. Und möglicherweise ist genau das der Grund, warum du dich so unwohl fühlst. Ich glaube wirklich, dass diese Gemeinschaft dir helfen kann – besser als irgendjemand sonst in dieser Galaxis. Wenn du sie nur lässt.“
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#28
Wütend riss die junge Frau an den einfachen Wandschränken herum, um die Schubladen zu öffnen. Auf ihrem Bett lagen bereits einige Kleidungsstücke, die wild durcheinander gewirbelt waren. Die Tränen rannen über ihr Gesicht, während ihre Hände die Schubladen eine nach der anderen aus den Schienen rissen. Sie fielen dumpf auf den Boden, verloren ihren Inhalt, den Mytria mit jeweils beiden Händen aufsammelte, um diese auf den Berg an Kleidung zu werfen, den sie einst mit in die Akademie gebracht hatte. Die Kleidungsstücke, in verschiedenen bunten Farben, schimmerten im Licht der Deckenbeleuchtung. Den Türsummer ignorierte sie erst, denn sie wollte fliehen. Nur weg von hier. Sie dachte nicht wirklich nach. Diese junge Frau war verloren in diesem Gefühl, auch hier nicht angekommen zu sein. Ein schreckliches Heimweh nach ihrer Familie umfasste ihr Herz, welches pulsierend schlug, während die Tränen nicht wirklich versiegten. Schließlich waren auch die Schuhe auf dem Berg an Kleidung gelandet, den sie nun Stück für Stück in zwei Schalenkoffer einsortierte, die in Plastoid gehalten waren. Mit kräftigen Griffbewegungen warf sie die Kleidung in die Koffer, bis sie Koryns Stimme durch ihr eigenes Geschluchze vernahm. Er war tatsächlich zu ihr gekommen. Etwas ließ sie Inne halten. Etwas hinderte sie daran, einfach mit dem Bewegunsmuster des Einpackens weiter zu machen. Mit einer fallenden Bewegung ließ sie sich auf dem Bett nieder, schob mit ihrem Hintern dabei einige Schuhe zur Seite, die vom Bett fielen und ein plumpes Geräusch beim Aufschlagen auf dem Boden erzeugten. Das Geräusch erschreckte sie kurz, bis sie ihren Verstand auf Koryns Worte lenkte, die sie einholten. Nein, ihm konnte sie nicht entkommen. Denn er stand direkt vor ihrem Fluchtweg. Wenn sie nun die Tür öffnen würde, würde er dort stehen. Dort, wo sie lang musste, um diesen Jedi Albtraum zu entkommen. Es waren aber nicht nur diese Gedanken, die sie in die sitzende Position an der Bettkante fesselten. Koryn hatte Recht. Ihr Herz wollte es nicht wahrhaben aber ihr Verstand sah das Problem, welches Koryn schilderte. Zudem schien auch ihr Herz einzulenken, denn ihr vertrauter Koryn war zu ihr gekommen, gab sein Versagen zu und stand treu vor ihrer Tür. Er ließ sie nicht gehen. Die zickige Diva in ihr genoss diesen Triumph, während die mitfühlende Frau an Koryn dachte. Mytria war zerrissen zwischen der gewünschten Flucht und ihrer Zuneigung zu Koryn, dem sie bis vor einigen Momenten vollens vertraut hatte. Die Macht spielte ein seltsames Spiel mit ihr. "Du willst mich nicht verstehen," blaffte sie dann doch unbeherrscht zurück. Eigentlich wollte sie das garnicht sagen aber die Emotionen überregelten ihren Verstand. Sie wollte dieses Misstrauen zu ihm überwinden. Es war kein Vorwurf, sondern eher ein Versuch die ursprüngliche Ausgangslage wieder herzustellen, wenn auch ein denkbar ungünstiger Versuch. Mytria war nicht geschickt in sowas. Sie war es nie gewesen. Einige sagten über sie, dass sie eine Zicke war aber dort war weitaus mehr. Sie war eine verletzte Seele, die mit aller Macht nach dem suchte, was sie verloren glaubte. Mytria wollte nicht so sein, war es aber nun. In wenigen Stunden würde sie ihr Verhalten bereuen. "Ich gehe," schimpfte ihre brechende, fast überdrehend laute, Stimme, während sie sich mit beiden Händen vor dem Gesicht, zusammen kauerte. Es war alles so furchtbar. Alles schien so undurchdringlich für, so dass sie einfach nur noch Stille wollte. Diese Emotionen, die ihr Herz heftig schlagen ließen, der Schmerz und die Ängste, welche in einer Sekunde mit jedem Atemzug kamen und dann wieder gingen. Doch dann geschah etwas, was sie selbst nicht mehr geglaubt hatte. Etwas in ihr, was sie nicht kannte; niemals erlebt hatte, betätigte ohne ihre wirkliche Kontrolle den Türöffner, wie von Geisterhand. Koryn konnte eintreten, fand eine, neben Kleidung, eingekauerte Mytria, die sich versteckte. Es war die Macht, die ihr half oder doch sie selbst? Erstaunt darüber, blickte sie mit trockenen Tränen von ihren Händen auf, als Koryn ins Blickfeld rückte. Jetzt war es zu spät. Wirklich zu spät. Sie musste sich etwas eingestehen. Luke und Koryn hatten Recht. Selbst jetzt konnte die Macht durch sie Dinge wirken. Wenn sie nicht anfing daran zu arbeiten, würde ihr Leben noch weitaus schlimmer werden. Mit wölfisch-schönen Augen blickte sie Koryn an. "Komm' herein," sagte sie nun halblaut, fast vorsichtig in seine Richtung. Es tat ihr so furchtbar leid aber dennoch konnte sie sich noch nicht entschuldigen. Mytria verweilte einfach in der Position, trat mit einer Hacke einen störenden Schuh zur Seite, der mit einem Schlag an der Wand endete.
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#29
In den nächsten Momenten würde sich Mytrias Weg entscheiden – und damit irgendwie auch sein eigener. Koryn wollte nicht, dass dieser Tag in noch einer Tragödie endete und einen weiteren Jedi-Anwärter zu verlieren, selbst wenn dieser noch lebte, schätzte er als solche ein. Mytria war nicht in der Verfassung, vernünftige das Mädchen junge Frau vermutlich schon selbst festgestellt. Hinter dieser Tür lagen rohe Emotionen und wenn er genau lauschte, glaubte er auch leises Schluchzen zu vernehmen. Nach einigen Momenten bangen Wartens, hörte er ihre Stimme, die ihn auf dorianische Art zum Lächeln brachte. Sie schrie ihn an – das war gut. Stille wäre schlimmer gewesen. Und sie schickte ihn nicht fort. ‚Ich gehe‘, nicht ‚geh weg‘. Koryn erinnerte sich an eine ähnliche Situation aus seiner eigenen Kindheit. Als er wirklich noch ein Kind gewesen war. Damals hatte er sich mit seiner Tante Jella wegen irgendetwas gestritten. Koryn konnte nicht einmal mehr sagen, worum es gegangen war. Doch er wusste noch genau, wie ihr Streit geendet hatte…
„Du hast mir gar nichts zu sagen! Du bist nicht meine Mutter!“ Seine Tante hatte ihn entgeistert angesehen, zu einer Antwort angesetzt … und dann einfach den Raum verlassen. Es hatte Tage gedauert, bis sie wieder miteinander gesprochen hatten. Hauptsächlich, weil Koryn sich für sein Verhalten so geschämt hatte, dass er seiner Ziehmutter aus dem Weg gegangen war. Doch nach ihrer Versöhnung war ihr Verhältnis umso inniger geworden. Sie waren eine Familie, wenn auch nicht vollständig blutsverwandt. Warum sollte es in der Jedi-Gemeinschaft anders sein?

Nach einer weiteren Weile öffnete sich plötzlich die Tür und dahinter lag ein Schlachtfeld aus Kleidung, Schuhen, Schubladen und einer zusammengekauerten Mytria, die ihn aus verweinten Augen ansah. Immerhin half ihr Anblick dabei, ihm das halbe Grinsen aus dem Gesicht zu wischen, das in seiner Stimme zweifellos mitgeklungen hätte – nicht gerade zum Vorteil für ihr Gespräch. Der junge Kel Dor sah sich um, wie es beim Betreten eines neuen Ortes durchaus üblich war. Doch auch, um sich ein besseres Bild von diesem furchtbar wechselhaften Mädchen zu machen. Wortlos kam er zu ihr herüber und hockte sich neben sie. Zögerte, ob er den Arm um sie legen sollte und entschied sich dann vorerst dagegen, um keinen weiteren Gefühlsausbruch zu provozieren. Koryn hatte durchaus bemerkt, wie anhänglich die blauhäutige junge Frau war. Aber im Moment war er noch der Böse, der sie nicht verstehen wollte. Also versuchte er es mit einer anderen Taktik, die zumindest bei seiner Cousine Roa funktioniert hatte. „Also wenn du auf diese Weise packst, werden wir wohl die ganze Nacht brauchen“, begann er fast im Plauderton und wandte den Kopf in ihre Richtung. „Wo gehen wir überhaupt hin?“
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#30
[[Ein Gemeinschaftsprojekt von Koryn und Mytria in Skype.]]
Mytria war erstaunt, und auch entsetzt, dass Koryn ihr tatsächlich helfen wollte. Warum änderte er jetzt seine Meinung? War er wieder ein guter Freund? Die junge Frau räusperte sich, strich zwei Haarsträhnen aus dem Gesicht, während sie ihn für zwei Atemzüge anblickte. "Ja," antwortete sie mit einem unterdrückten Kichern. Sein Plauderton machte sie Situation so weltfremd, so entfremdet, dass sie über die kruden Wäscheberge und die schlecht gepackten Koffer belustigt reagieren musste. "Nach Hause," meinte sie dann mit einem Seufzen.

Zu seiner Verteidigung: Es war wirklich nicht einfach, Mytria verstehen zu können, wenn sich ihre Launen scheinbar wie ein Fähnchen nach dem Wind richteten. Gerade hatte Koryn wieder die sanfte Brise vor sich, aber der Orkan konnte jederzeit zurückkehren. Er musste einsehen, dass beide Seiten zu ihr gehörten, auch wenn ihm die eine nicht besonders gefiel - und diese mithilfe der Macht auch Schaden anrichten konnte. "Hm... Dann sollten wir wohl besser anfangen, hier wieder Ordnung zu schaffen", sagte der Kel Dor, machte aber keinerlei Anstalten, aufzustehen. "Wo liegt dein Zuhause?"

Mytria schämte sich, doch konnte nicht zugeben, sich falsch verhalten zu haben. Es würde sie schwächen. Sie hatte einst gelernt, dass man Schwäche niemals zugeben dürfte. Man konnte sie zeigen, man konnte sich falsch verhalten aber niemals eingestehen, dass man falsch lag. Wenn man dies zugab, würde man davon verfolgt. Für sie war es logisch und doch so fatal. Koryn tat ihr gut. Seine Nähe, seine ruhige baumhafte Art, stabilisierte ihren unruhigen Wind. "Ja," wiederholte sie mit einem vorsichtigen Lächeln, während sie willkürlich ein Oberteil vom Stapel griff, um dieses auf ihrem Schoß zu falten. Eine hilflose Geste. "Auf Herdessa," sagte sie dann als Antwort, während beide holpernd wieder in ein Gespräch fanden.

Als Mytria damit anfing, ihre Kleidung behelfsmäßig wieder zusammenzulegen, imitierte Koryn diese Geste. Achtete darauf, nicht nach einem Kleidungsstück zu greifen, dass sie beide in Verlegenheit bringen konnte. Aber es gab dem Mädchen etwas zu tun und er war sicher - zumindest beinahe - dass es damit enden würde, dass die Kleider ihren Weg zurück in die Schubladen fanden. Und die Schubladen wieder in die Schränke. "Herdessa", wiederholte Koryn und legte das deutlich, wenn auch nicht absichtlich schlechter gefaltete Oberteil vor sich hin. Sichtlich unzufrieden mit seiner Arbeit, auch wenn es ihm Zeit verschaffte. "Der Name sagt mir nichts", gab er zu. "Aber auf Dorin habe ich auch fast nur von den Planeten gehört, die in den HoloNet-Nachrichten genannt wurden oder deren Bewohner mit uns gehandelt haben." Eine weitere Pause, während er verzweifelt versuchte, herauszufinden, wie man das nächste Kleidungsstück richtig faltete. "Ist es schön dort?", tastete er sich behutsam weiter voran. "Meinst du, ich würde dort auffallen?"

Was war dieses Gefühl? Etwas schenkte ihr Wärme, etwas Hoffnung. Koryn gab ihr erneut dieses Gefühl von Vertrauen, was sie wirklich nicht erklären konnte. Die Galaxis war immer noch furchtbar aber etwas in ihr strahlte warm. Mytria legte das gefaltete Kleidungsstück in den Koffer, nahm ein nächstes und wiederholte den geübten Schritt. Sie hatte einst oft viele Kleidungsstücke erworben, diese oft sortiert und bewundert. Dabei hatte sie sich eigentlich nie viel aus Besitz gemacht. Sie mochte schlicht schöne Dinge, wenn auch ihr bewusst war, dass Schönheit immer im Auge des Betrachters lag. "Eine meistens schöne Welt," sagte die junge Frau, einen Pullover aus einem feinen Stoff erwischt hatte und dessen Ärmel sie behutsam umlegte. Mit einem lächelnden Angesicht bestaunte sie Koryns ungeschickte Technik, schmunzelte dann breit und griff ihm dann symbolisch unter die Arme. "So macht man das," erklärte sie mit sanfter Stimme, die ihre Hilfe offen anbot. Mit ihren langen und eleganten Fingern zeigte sie ihm eine einfache Technik, obwohl sie davon ausging, dass es ihm nicht wirklich helfen würde. Es war wohl auch nicht seine Art Kleidung. "Ich stamme nur von dort. Ich habe dort viel erlebt und ich will eigentlich nur wegen meiner Eltern dorthin zurück," antwortete sie, bevor sie ihre Hände auf ihren Schoß zurücknahm, um mit dem edlen Pullover weiter zu machen. Man wollte meinen, dass Mytria einen ganzen Kleidungsbasar besaß, wenn man auf die Berge an Farben und Stoffen blickte. Die Arbeit für beide würde so schnell nicht enden. "Es ist nicht wichtig, ob es dort schön ist. Meine Eltern sind dort. Egal, wo meine Eltern sind, dort ist es schön," meinte sie dann und offenbarte damit ihr tiefsitzendes Heimweh. Der Pullover war verarbeitet, im Koffer verstaut, und so griff sie zu einer Art Kleid, welches doch recht lang war und welches sie mit einem geschickten Wurf zusammenlegen musste. Sie schleuderte es einmal herum, legte es ab und begann es vorsichtig, sehr vorsichtig, einzufalten. Es bestand aus Leinen und war wohl auf einigen Welten als Sommerkleid bekannt. "Ich denke, ja. Du würdest dort auffallen," erinnerte sie sich an die Zeit als sie dort aufgefallen war.

Koryn war eher ein Mann fürs Grobe, auch wenn er sich ebenfalls auf Schnitzereien verstand. Doch die Feinheit und Vielfalt der im Zimmer verteilten Stoffe stellte ihn trotz Mytrias Anleitung vor ungeahnte Herausforderungen. Nun aber wollte er auch keinen Rückzieher machen und hoffte, dass ein geordneter Raum auch für geordnete Gedanken sorgen würde. Ihre Beschreibung von Herdessa klang nicht nach einem Ort, der ihr viel bedeutete. Natürlich konnte man es so auslegen, dass ihre Familie für sie am wichtigsten war. Aber die junge Frau verlor nicht ein gutes Wort über ihre Heimatwelt und sprach dadurch unerwartet Bände. Der Kel Dor war fast ein bisschen stolz auf sich, dass er dies erkannt hatte. "Ich hätte nicht fragen sollen. Ich falle überall auf, wenn der Planet nicht gerade Dorin heißt." Wie konnte eine einzelne Person nur so viel Kleidung besitzen? "Auch wenn mich die Leute im Praxeum bisher erstaunlich wenig angestarrt haben." Vorsichtig. Nicht zu weit. "Wissen deine Eltern, was du tun kannst? Können sie verstehen, was deine Machtbegabung für dich bedeutet?" Und konnten sie Mytria wirklich helfen, wenn die Galaxis wieder einmal über ihr zusammenbrach? Im Leben jedes Kindes kam einmal der Zeitpunkt, zu dem er sich von seinen Eltern lösen und eigene Wege gehen musste. Doch da Koryn etwa im gleichen Alter war wie Mytria, konnte er ihr diese Wahrheit kaum mitteilen, ohne altklug zu klingen.

Koryn tat ihr ein wenig leid. Einerseits hatte sie ihn, ihren einzigen Freund hier, zurückgewiesen und andererseits war auch er immer ein Fremder. Egal wohin er in diese Galaxis ging, war er immer ein Fremder. Es verband beide. Machte sie beide gleicher. Schließlich sprach er ihre Eltern an, was Mytria stocken ließ. Sie hielt die Bewegung ihrer Arme an. Das Kleid verweilte fast zusammengefaltet auf ihrem Schoß. Erst jetzt war das feine Stickmuster zu erkennen, welches den Außenstoff zierte. "Ja, sie wissen es und ...," sagte sie aber brach dann ab. Wieder zwei Tränen, die auf den Stoff ihres Kleides fielen. "... fürchten sich davor. Sie lieben mich und ich liebe sie aber sie wollten das ich lerne damit umzugehen." Erst jetzt wurde ihr etwas klar. Erst jetzt konnte sie begreifen, dass sie nur hier etwas lernen konnte, was auch ihre Eltern schützen würde.

Es entstanden Risse im Eis, auf das er sich gewagt hatte. Aber er brach nicht ein, stattdessen kam etwas mehr von Mytria zum Vorschein. Koryn versuchte auch weiterhin, Meister Skywalkers Ausgeglichenheit zu imitieren - und war erstaunt, wie leicht es ihm fiel, zu beobachten und zuzuhören. In der Ruhe liegt die Kraft. Wieder war er dieser Weisheit einen Schritt näher gekommen und hoffte, dass er die Erkenntnis auch am nächsten Morgen noch behalten würde. Jetzt, so glaubte der Jedi-Schüler, war der Moment gekommen, auf den er hingearbeitet hatte. Es musste ein schreckliches Gefühl sein, sich vor den eigene Begabung zu fürchten. Noch schlimmer, wenn es auch diejenigen betraf, die man liebte. Es war zu leicht, die Person und ihre Fähigkeiten miteinander zu vermischen. "Das tut mir leid." Diese Worte fielen ihm leicht, auch wenn das Gefühl, das sie begleitete, alles andere als angenehm war. Das sollte nicht so sein, erinnerte er sich an seine eigenen Worte vor ein paar Stunden. "Du solltest es nicht ihretwegen tun, sondern für dich. Damit du dich nicht länger davor fürchten musst. Hier. Mit uns." Vorsichtig legte er seinen Arm um ihre Schulter, hielt seine klauenartigen Finger etwas abgespreizt. "Die Macht verbindet uns. Ich kann nicht versprechen, dass wir immer einer Meinung sein werden." Das konnte der Windgeist in Mädchengestalt schließlich auch nicht. "Aber als angehender Ritter halte ich mich an mein Wort. Du bist nicht allein."

Mytria dachte nach. Stille entstand, aber nicht eine ungewollte oder unpassende Stille, sondern eine angenehme Stille. Sein Arm gab ihr Sicherheit, gab ihr genug Raum, um sich auf diesen Gedanken einzulassen. Endlich hörte er zu. Endlich war er als das hier, was er für sie immer gewesen war. "Es ist...," wollte sie einen Satz finden aber scheiterte. Sie beließ es dabei, kuschelte sich in seinen Arm, während sie ihre Augen schloss. Das Kleid rutschte von ihrem Schoß, entfaltete sich am Boden wieder und lag, einem weißen Teppich gleich, auf dem Boden. "Ich sollte es für alle tun," missdeutete sie und wollte nicht auf sein Argument eingehen, dass sie es für sich allein tun sollte. Mytria wollte es für alle tun; aber auch für sich selbst. "Die Macht," murmelte sie mit immer noch geschloßenen Augen, während sie ruhiger atmete. Ihr Herz schlug nicht mehr heftig, sondern entspannter in einem harmonischen Rythmus. "Wie eine Familie?" - fragte sie, als sie mit einem Ruck ihre Augen öffnete und ihren Kopf leicht anhob, um direkt in sein Angesicht zu blicken. Dabei fiel ihr auf, dass ihr das Kleid vom Schoß gerutscht war und sie hob das Kleidungsstück auf, ohne es erneut zu falten. Es war nicht mehr so wichtig. Anderes war nun wichtig.

Hatte er es etwa wirklich geschafft, den Wind zu zähmen? Noch war Koryn nicht ganz von seinem Sieg überzeugt, aber in seinem Herzen breitete sich bereits die wohlige Wärme von Erleichterung aus. Erst wollte er ihr widersprechen. Noch einmal betonen, wie wichtig es war, dass sie für sich selbst lernte, ihre Machtbegabung zu beherrschen und als etwas Positives anzusehen. Besann sich dann aber eines Besseren. Mytria schien kurz davor, einzuschlafen - und er würde einen Teufel tun, sie jetzt wieder aufzuregen! Dann aber ging von selbst ein Ruck durch das Mädchen und sie sah ihn direkt an. Nun erlaubte er sich auch ein Lachen, von dem er glaubte, dass es keinen Schaden anrichten würde. "Genau das. Daran glaube ich, auch wenn wir aus verschiedenen Teilen der Galaxis kommen." Umso schmerzlicher waren der Verrat und Verlust von einem aus ihrer Mitte. Aber das waren Gedanken für einen anderen Tag. "Aber ich muss dich warnen - ich bin ein äußerst anstrengender großer Bruder. Frag meine Cousine!"

Mytria schmunzelte, nickte ihm zu, während sie das Kleid lustlos in den Koffer warf. "Ich bin wohl eine anstrengende Schwester," meinte sie im Scherz, obwohl etwas Wahrheit darin lag, die sie selbst nicht ganz verleugnen konnte. "Wollen wir zurückgehen?" - offenbarte sie und somit auch den Wunsch einer versteckten Entschuldigung. Ja, sie wollte sich bei Luke entschuldigen. Irgendwie.

Gerade noch rechtzeitig konnte er verhindern, dass ihm ein Stück Wahrheit über die Lippen kam. "Es war kein leichter Tag", lenkte er mit Bedauern ein. "Für keinen von uns." Es wurde Zeit, dass er zuende ging. Aber vorher mussten sie Mytrias Quartier zumindest noch die Illusion von Ordnung wiedergeben. Skeptisch blickte er in Richtung der Koffer, die sich noch immer füllten, auch wenn ihre Besitzerin ihnen deutlich weniger Aufmerksamkeit schenkte. "Ich glaube, wir müssen uns erstmal um das Chaos hier kümmern. So willst du nicht einschlafen. Zumindest dein Bett sollte frei sein." Wahrscheinlich hatte Meister Skywalker auch gerade noch genug zu tun und würde es verschmerzen, wenn Mytria erst morgen mit ihm sprach. Ihre Anwesenheit würde bereits genug aussagen - sofern sich der Wind nicht wieder drehte... "Du solltest versuchen, etwas Ruhe zu finden." Er selbst klang auch etwas müde, ausgelaugt von den vielen Emotionen, die er heute empfunden hatte. Scheute sich noch etwas vor dem Schlaf und möglichen Albträumen. Aber sie beide mussten diesen Tag vergehen lassen - und morgen würde die Welt hoffentlich wieder ein Stückchen besser aussehen. "Ja," antwortete sie und so begannen beide mit den Arbeiten, Mytrias Bett frei zu räumen.
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