#21
"Hangar A-38", kam die Erlösung durchs Kommunikationsgerät. Die beiden Pilote seufzten, fast synchron, vor Erleichterung auf. "Sir, wir fliegen an.", erklärte der Copilot routiniert ehe er im Augenwinkel nur noch sieht wie der Schnabel, der einer corellianischen Taube anmutet sich abwendet und sein träger langsamen Schrittes zurück in den Passagierraum schritt. Die Fähre glitt an dem Modularkreuzer vorbei und hielt auf einen der Nebenhangars der Allegiance-Klasse zu. Die Piloten hinterfragten nicht warum sie weder Jägerpatroullien noch den Haupthangar ausmachen konnten, nein stattdessen flogen sie einfach leicht unterhalb des gewaltigen Schiffes an. Immer eindrucksvoller baute sich die Seite des Schiffes auf als sich das winzige Shuttle nährt. Eine kurze Komnachricht verriet der Hangarkontrolle dass sie jetzt aufsetzen würden. Das leise Heulen der Triebwerke ging in ein Schnurren über als das Schiff sich kaum merklich auf die Landestützen senkt. Der junge Mann am Steuerknüppel tippt einige Sachen in die Kontrollen ein, überprüft den Status der Maschine bevor er die Motoren ausschaltet.

Der Viska hatte es sich in dem Passagierraum nur wenig gemütlich gemacht, immerhin würde er gleich entlassen in die gewohnte Welt des Treibens auf einem Großkampfschiff. Er konnte solch Miniaturschiffen nie etwas abgewinnen, zu wenig Bewegungsfreiheit, zu wenig Mannschaft, zu wenig von allem, auch wenn er die imperialen Corvetten nicht unbedingt schlecht findet. Unbeirrt wartet er einige Zentimeter vor der Rampe auf den erlösenden Zisch mit dem sich die Hydraulik merklich machte. Die Durastahlplatte senkt sich vorsichtig auf den harten Hangarboden und das gleißende Licht der hellen Lampen erfüllt die Augen Verons in seinem dunklen Shuttleraum. Vor ihm breitet sich der vertraute Geruch der klinischen Hangars in seiner Atemmaske aus. Wie so viel von ihm stand auch hier zwischen dem eigentlichen Sinn und der Wahrnehmung die lebensrettende Maske. Der Hangar war dicht gedrängt mit Hangarpersonal und ihren Arbeiten. Wartungsarbeiten an Shuttles, Reinigung des Bodens... so viel und alles hatte er so sehr nach seinem letzen Kommando vermisst. Mit den Schritten seiner schweren Stiefeln tritt er über die laut widerstehende Platte in den Hangar. Als dann doch jemand Kenntnis nahm erfolgte ein erzwungenes Salutieren, das Veron lediglich mit einem Blick würdigt. Sein Mantel flattert hinter jedem seiner Schritte in seinem edlen Schwarz weg. Die roten Muster auf dem Mantel kommen erst unter dem Fehlerfreien Deckenlicht komplett zur Geltung. Mit den Händen hinter dem Rücken setzt er auf dem Hangarboden auf und ein Gefühl der Erleichterung packt ihn fest im wärmenden Griff der wohligen Schiffsatmosphäre. Erwartungsvoll bleibt er im Mantel stramm stehen und beobachtet die Arbeiter im Hangar, versucht seinen neuen ersten Offizier auszuspähen. Ein kurzer Blick zur Seite galt den sich beeindruckend aufschiebenden Hangartoren hinter denen zwei Gestalten zum Vorschein kommen. Was waren das für Personen, fragt er sich mit unter der Maske hochgezogener Augenbraue. Sie passten nicht ins Bild, doch, so stellt er nüchtern fest, er ja auch nicht, also sollte er es wohl einfach so hinnehmen. Knapp vor ihm schiebt sich ein Techniker mit Werkzeugen vorbei, allein dies frustrierte ihn schon. Keinen Respekt hatten sie vor ihm, zeit dies zu ändern, stellt er fest und räusperte sich laut.

Die Hangarcrew schenkt dem stählernen Geräusch einige Momente Ruhe. Viele setzen gleich drauf kommentarlos ihre Arbeit fort, anderen läuft es kalt den Rücken runter und eine Handvoll erkannten ihn. Zufrieden lächelt er unter seiner Fassade als er merkt wie das Tuscheln begann. Ja, definitiv hatten einige ihn erkannt, zumindest begannen sie so gleich ihren Kollegen Geschichten über den Viska zu erzählen. Immerhin etwas, so dachte er weiter auf der Suche nach seinem ersten Offizier.
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#22
Nachdenkliche Falten legten sich allmählich auf Sedraels Stirn. War es überhaupt möglich, keine Haltung zu haben? Schwer vorstellbar, zumindest für sie. Und letztlich nicht, denn das Beharren darauf, keine Haltung zu haben, war schließlich seinerseits auch nur eine Form von Haltung, von innerer Einstellung und Überzeugung. Insoweit mochte man darin ein Paradoxon erkennen, eine Realitätsferne, vielleicht die Verweigerung, sich selbst gewissen Umständen zu unterwerfen, die unveränderlich waren. Der Wunsch danach, keine Haltung zu haben, war wie der Wunsch, keine Person zu sein. Vielleicht würde man es sich selbst irgendwann einreden können, aber nach außen hin strahlte man dennoch immer zwangsläufig ein anderes Bildnis ab, selbst wenn man gerne etwas anderes vorzugeben dachte. Zu behaupten, selbst keine Haltung zu haben, war somit in gewisser Weise gar eine weitaus ideologischere Form der Haltung als irgendeine Haltung zu akzeptieren – denn schließlich bedeutete die Bekräftigung, keine Haltung zu haben, dass die Hexe nur um dieses einen Punktes willen keine Haltung haben wollte, während eine typische Person von Fall zu Fall entscheiden konnte, welche Haltung sie nun einnahm oder auch nicht. Allerdings mochten die Worte der Hexe auch nur eine eher semantische Beantwortung von Sedraels Äußerung sein – also ein erneutes Ausweichen, um sich weiter hinter der Scharade der Wörter verstecken zu können, die ihre Gegenüber so unzweifelhaft, wenn auch sehr geschickt spielte. Sie lockte Sedrael mit wolkigen Antworten aus der Deckung, vermied aber dennoch, selbst konkrete Aussagen zu treffen. An Selbstbewusstsein und Überzeugung schien es der Frau jedoch – soweit die Sephi dies aus den bisherigen Antwortfetzen und ihrem Auftreten entnehmen konnte – allerdings nicht zu mangeln. Insofern schien es offensichtlich, dass dieser Taktik erneut ein Plan zugrunde liegen musste, den die Inquisitorin noch immer sorgsam behütete. Irgendwann jedoch würde sie irgendeine Form von Stellung beziehen müssen und nicht mehr nur Sedraels Worte umgarnen können, um sie anschließend lediglich in neuer, aber doch gleicher Blüte erneut auszusprechen und so als unausgesprochene Frage wieder zur Absenderin zurückzuschicken. Alles, was die Hexe zu ihr sagte, wenn auch in stets geschickt verpackten, neuen Worten, war, dass Sedrael sich selbst ein Bild von ihr machen konnte, aber dabei nicht übersehen sollte, dass dieses eben auch nur ein Bild war, das letztlich aus ihrer eigenen Interpretation und nicht aus irgendeiner Form von Wahrheit bestand. Das war in der Sache zwar richtig, war allerdings ohnehin so selbstverständlich, als dass die junge Sephi daraus tatsächlich einen Erkenntnisgewinn hätte ziehen können – und änderte wenig daran, dass sie überhaupt nicht dazu in Lage war, sich selbst ein Bild zu machen, wenn ihre Gesprächspartnerin ihren moralischen Anliegen stets mit diesen Worten auswich. Sicherlich mochte das eine bestimmte Form von System sein, vielleicht bewusst, vielleicht unbewusst.

Doch bei der letzten Antwort der Frau nahm Sedrael das Datapad, das sie immer noch etwas sinnlos in der Hand hielt, quer in beide Hände und blieb dann einfach unvermittelt mehrere Meter vor dem Hangartor stehen. Da war es schon wieder. Anstelle die Antwort darauf preiszugeben, was die Frau mit ihrem ungeschliffenen Diamanten namens Katana anzustellen gedachte, umwölkte sie sich mit dem Nebel der Parabel, der dafür sorgte, dass die Worte im Unklaren verschwanden. Sie verschwammen und wer versuchte, sie zu greifen, der fasste ins Leere, nur in den beständigen Nebel, in dem sich vereinzelte Schlieren scheinbar zu Worten formten, es aber unmöglich machte, diese zu erreichen. Mit der Berührung stoben die Schlieren auseinander und verschwanden im Dunst der Ungewissheit. Sedraels Kopf senkte sich ein kleines Stück und die Körperspannung schien sich etwas zu lösen, während ihr ein leises Seufzen entglitt. Konflikt? Man konnte es schwer einen Konflikt nennen. Ein Teil von ihr hätte sich vielleicht sogar die Möglichkeit eines Konflikts herbeigewünscht. Denn ein Konflikt beinhaltete immer widerstreitende, aber zumindest klar definierte Interessen und Standpunkte. In Bezug auf die Inquisitorin war aber gerade das nicht vorhanden. Sedrael wusste schließlich einfach zu wenig über die Person, nicht um ihren Hintergrund, sondern um ihren Charakter, um sich eine ernsthafte Meinung zu bilden, geschweige denn zwei, die schließlich miteinander konkurrieren und somit einen Konflikt bilden konnten. Und genau das war es, was sie gerade frustrierte. Was sie an Reah gerade frustrierte. Ja, sie spürte keinen Konflikt in sich, sie spürte Frustration. Denn auch der Vergleich mit der Piraterie letztlich wieder nur die Flucht aus der Frage, um die eigentliche Antwort, die interessante und substanziierte Antwort, die, auf die Sedrael selbst etwas Konkretes von der Person und dem Antrieb der Frau vor ihr erfahren hätte, schuldig bleiben zu können. So war es schließlich gar nicht möglich, überhaupt eine Einschätzung vorzunehmen. War es das, was die Inquisitorin meinte? Keine Haltung haben? Nein. Sedrael tat das nicht vorsätzlich, sie wurde einfach nur gezielt im Dunkeln gelassen. Sie hielt ihr Urteil zurück, bis sie sich als genügend informiert ansah, um es fällen zu können. Und falls das nie passieren würde, war es eben so. Sie erhob es jedoch nicht zum System. Es war nicht ihr Plan, ihr Programm – es war das, was aus dem Verhalten von Reah Nigidus folgte. Und das war das Problem. Schon deshalb war davon auszugehen, dass all das kein Zufall war. Was diese Frau offenbar als Konflikt interpretierte, mochte daher einerseits eher Sedraels Frustration über die Worte der Inquisitorin selbst, und andererseits die zweifelnde Einstellung zur Verwendung der Katana-Flotte sein, der neue Brandherd, der mit seiner Entdeckung nun aufgeflammt war. Und die Verunsicherung dahingehend, was ihre Gegenüber mit dieser Entdeckung vorhatte. Verunsicherung, Beunruhigung. Ja, es war, als habe jemand das Chronometer zurückgestellt und nun war die Galaxis wieder hier angelangt, vor dem Sündenfall der Jedi, der dem Strudel der Abyss am Ende den Weg bereitet hatte. Und nun, wo sich die Wogen vielleicht zu glätten begannen, traten erneut Werkzeuge des Todes unvermittelt und unverhofft zutage, derer sich das Dunkel in jeder Seele bedienen und sich an ihnen laben würde. Es war direkt eigentümlich, dass sie einen ähnlichen Moment bereits einmal erlebt hatte und nun vielleicht erneut Zeugin einer ähnlichen Entscheidung wurde. Am Ende war sie wieder nur Beobachterin der Handlungsweisen anderer Personen, die sie betrachten und befragen konnte. Darum war Sedrael hier. Insoweit hatte die Inquisitorin Recht. Nur schien sie dem nach Sedraels bisheriger Erfahrung dennoch nicht so Rechnung tragen zu wollen, wie die Bemerkung eigentlich andeutete.
„Und dennoch weicht Ihr mir aus, Reah“, stellte sie daher fest, während sie ihren Kopf wieder anhob. Die Frau schien stattdessen mehr mit ihr zu spielen, zumindest ging es allmählich über den einfachen Zustand des Austestens hinaus. Dabei war eigentlich wenig Anlass gegeben, Sedraels Geduld auf die Probe zu stellen. Aus ihrer Sicht war keine Eile geboten. Sie hatte Zeit.
„Fürchtet Ihr Euch?“, fragte die kleine, unscheinbare Sephi das weitaus eindrucksvollere Nebelmonster vor ihr, wobei ihre Stimme weder herausfordernd, noch besorgt klang, sondern schlichtweg interessiert. „Vor dem Bekenntnis? Davor, auszusprechen, wohin Eure Gedanken und Handlungen führen sollen? Denn ich bin weder willens noch in der Lage, Euch von Euren Vorhaben abzuhalten.“
Schließlich sah sie sich kurz um, was in Anbetracht der völlig leeren Gängen vor dem Hangarschott fast schon eine symbolische Geste war, und breitete fragend die Arme aus.
„Und niemand sonst ist hier. Wozu also Verstecken? Die Frage bleibt, welche eigentlich begehrte Beute die Piratin Reah Nigidus so sehr herbeisehnt. Wenn Ihr mich bei Euch habt, müsst Ihr mir schon vertrauen. Denn es wird nicht möglich sein, dies hier…“ – sie machte eine knappe Geste, die sie selbst und die Inquisitorin einschloss – „… fruchten zu lassen, falls Ihr vor mir verbergt, was es ist, das Ihr eigentlich begehrt.“
Wofür hatte Firrerre sterben müssen? Konnte es dahinter überhaupt einen Sinn und Zweck geben, den man billigen konnte? Vielleicht, allerdings vermutlich nur, wenn man völlig moral- und empathiefrei war. Und es schien darüber hinaus nicht zu dem zu passen, was die Inquisitorin ihr in der Zelle von ihrer Angst berichtet hatte. Doch vielleicht war Sedrael dem ähnlicher, als sie sich bisher eingestand. Letztlich hatte sie ihren eigenen Planeten der Frau auf dem Altar geopfert, obwohl sie es hätte verhindern können. Krächzen. Auch wenn es Sedraels Hoffnung gewesen war, dass die Inquisitorin doch davon absehen würde, wenn sie mit ihr ging, am Ende hatte ein Teil von ihr doch gewusst, dass das nicht passieren würde. War es das wert gewesen? Konnte es das überhaupt wert sein? Was blieb, war Hoffnung. Hoffnung, dass es nicht umsonst gewesen war. Aber nichtsdestotrotz war die Entscheidung kalt und vielleicht falsch gewesen. Zumindest aus ihrer Sicht. Und wie war es aus der Sicht ihrer Gegenüber? Möglicherweise würde Reah jetzt nur wieder mit einer weiteren Parabel antworten. Nun, Sedrael würde sie nicht zu der Antwort nötigen können, wenn ihre Gegenüber sich nicht preisgeben wollte. Sie war ihr nicht verpflichtet, ebenso wie es umgekehrt war. Und dennoch. Das eigenartige Arrangement der beiden konnte nur unter gewissen Bedingungen funktionieren, nur wenn beide sich an bestimmte Parameter hielten. Doch welche das sein würden, mochte sich erst noch zeigen.
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#23
Orbit von Atrisia, Supersternenzerstörer Abaddon

War Ausweichen nun das geeignete Wort eine Person zu beschreiben, die sich per se weigerte eine zufriedenstellende Antwort zu geben? Zufriedenstellend für den Gegenüber? Unklarheiten und nebulöse Formulierungen mochten einer Flucht dienen, doch entscheidender war, dass sie es nicht zwingend mussten. Derartige Antworten vergrößerten lediglich das Spektrum der Möglichkeiten, indem sie Rahmen und Parameter nicht genauer definierten und erst recht nicht definieren wollten. Grenzen und Möglichkeiten ergaben sich schlussendlich von selbst, sie zu erzwingen engte die allgemeine Bandbreite des Möglichen ein und schuf Konflikte, ganz ähnlich dem Kriegsszenario, in dem sich erstarrte Frontlinien herauskristallisierten. Wozu nun also den zarten Frieden opfern um den Konflikt zu provozieren? Aus ihren Gedanken heraus schien, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass Sedrael trotz allem am ehesten mit dem Orden der Jedi zu assoziieren war, ein solcher Wunsch nur wenig Sinn zu machen - zumindest in Anbetracht ihres Kodex. Und doch reichte ihr empathisches Verständnis weit genug, um einen Sinn, nur einen von vielen dahinter ausmachen zu können. Nach dem tragischen Tod dessen, was sie wohl am ehesten Heimat nennen konnte, wünschte sich die Sephi vielleicht sogar die Konfrontation, nicht offen vielleicht, nein, aber insgeheim dennoch Ein solches Ereignis zog nicht stillschweigend an Personen herüber, nein, sie wollten mindestens Rechtfertigung, wenn schon nicht Reue, nicht Rache und wie die Hexe zugeben musste, war sie sich nicht einmal sicher, ob Sedrael letztere Punkte nicht auch wollte. Düsternis gebar Düsternis, seit jeher. Das finstere Feuer des Drachen aus dem Tiefenraum hatte die Welt verzehrt und nun sollte sich der Meister der Bestie stellen, den Kontrollverlust erklären, offenbaren, warum es nicht gelang den Hunger des Monsters in Zaum zu halten, das Verlangen nach Blut, nach Schrecken. Vielleicht war dem so, weil Bestie und Meister, weil Drache und Hexe eins waren, zwei Teile eines Ganzen, dass in einem diffusen Wirbel die Rollen wechselte, wie es sich anbot, wie es notwendig war.
Darum gab es keine eindeutige Antwort, sondern nur illusorisches Nebelwerk, weil es keine geben konnte. Die Bedingungen schwankten situationsbedingt und unter solche Voraussetzungen blieb es an der Sephi zu erahnen, zu erkennen, wohin der Weg der Hexe sie zu führen vermochte, welche der unendlich vielen Weggabelungen, Türen, Reah Nigidus öffnete und was sich dahinter verbergen mochte. "Wenn ich es denn tue, so stellt es Euch vor wie die Macht.", sprach der Finstergeist mit Bedacht. "Stellt sie Euch als Fluss vor, natürlich, ebenso schön wie auch rau und wild, wie ein Wildwasserbach auf Belsavis. Die Steine, große wie kleine bilden Widerstände, sie bremsen den Fluss und doch, statt mit brachialer Kraft der Ozeane von Bestine dagegen anzukämpfen, an den Klippen zu zerschellen, entscheidet sie sich für den subtileren Weg. Sie fließt an den Widerständen vorbei, ebenso zart wie geschmeidig, sie behindert den Widerstand nicht für das, was er ist, sie verachtet ihn nicht dafür, nur weil er dazu verdammt ist stillzustehen und nicht mitzukommen."Vielleicht traf selbiges ein Stück weit sogar auf Sedrael zu, doch blieb es ihrer selbst überlassen sich getroffen oder ertappt zu fühlen - so sie es dann war. Sie mochte es vorziehen unter der Last des Ozeans zusammenzubrechen und doch wäre ein solches Ende ungebührlich und verfrüht. Die Zeit mochte kommen, früh genug, da würden Krieg und Konflikt sie einholen und sie stellen. Aber nicht jetzt, dies waren weder Ort und Zeit um Grenzen zu ziehen, um absolute Standpunkte mit inbrünstiger Überzeugung zu vertreten. Nein, es war nur ein Gespräch, ein fürwahr seltsames unter noch seltsameren Freunden.

Und verhielt es sich dann mit der Furcht nicht ganz ähnlich? Denn ursprüngliche Furcht war vage, ebenso wechselhaft und launisch wie ein zänkisches Weib. Sie legte sich nicht fest, sondern erfand sich stets neu um die Lebenden zu malträtieren und zu quälen, wo sie nur konnte. Aber auch mehr als das. Furcht war ein Katalysator, die Vorstellung der Schrecken, die angstverzerrten Bilder, die sich in die Hirne ihrer Opfer einbrannten konnten eine Motivation sein, sie trieben zu Höchstleistungen um ebene jene Projektion aus dem Reich der Alptraumlande, nicht bis in die Realität vordringen zu lassen. Sie war natürlich und essentiell. Sie verursachte Kriege und schloss Frieden, sie schuf Hass und gleichsam abgöttische Liebe. Furcht war das Rückgrat der Galaxis, vielleicht aller Galaxien überhaupt. Sie war Saat und Nährboden für Zivilisationen, sogar von philosophischen Orden und dabei dachte die Hexe nicht nur an die Sith, denn Furcht funktionierte auch umgekehrt, nicht als Teil einer Ordensdoktrin, sondern als Nichtteil, der dennoch da war. Verleugnet, aber existent. Denn fürchteten die Jedi nicht die Sith? Glühende Verfechter mochten das bestreiten und vielleicht hatten sie recht nur mussten sich auch jene Gestalten dann letztlich der zweiten Frage stellen: Fürchteten sich die Jedi nicht davor zu werden wie die Sith? Und an diesem Punkt nun, versagte das Dogma, versagte der Kodex und brach in sich zusammen. Täten die Jedi sich nicht vor der Ureigenen wilden Natur fürchten, die sich in jedem lebend Wesen finden ließ, so wäre ihr Orden ad absurdum geführt, er verkam zu einem Instrument, einem bloßen Teil staatlicher Gewalt mit mehr Schein als Sein. Und so armselig und fehlgeleitet auch das Wesen der Sith sein mochte, in diesem Punkt waren sie dennoch ehrlicher, offener - wenn schon nicht besser.
"Weder mehr noch weniger als Ihr, Sedrael - nur auf eine andere Weise.", lautete das knappe Eingeständnis, das, von ihrem Standpunkt aus so klar zu sein schien, dass selbst diese Worte eigentlich überflüssig waren. "Aber nicht vor dem was Ihr vermutet, nein. Gedanken und Handlungen ändern sich - selbst die meinen und vielleicht öfter als ihr denkt. Und selbst wenn nicht, Euch den Schlüssel zur Entschlüsselung zu überreichen wäre unangemessen leicht, nein. Wenn ihr mich kennen wollt, werdet Ihr mich kennenlernen müssen. Ihr werdet es irgendwann erkennen - wenn Ihr Euch selbst die Zeit dazu gebt und wo Ihr doch zu denken scheint, dass Ihr mich ohnehin nicht beeinträchtigen könntet... ist es da nicht gerade die Zeit, die Ihr am meisten besitzt?" Und doch ließ ein Wort der Sephi sie für den Moment innehalten und den Atem zu Eis gefrieren. Sie war nicht willens sie aufzuhalten? Entsprach es der Wahrheit oder aber war dieses Wort nur unachtsam herausgerutscht? Die Hexe hatte eine Welt den Flammen überlassen und Sedrael sollte wissen, musste wissen, dass sie es jederzeit wieder tun konnte. Hier, über Atrisia, über Millionen anderer Welten und nun sollte sie glauben, dass sich dieses Wesen vor ihr damit abgefunden hat? Unvorstellbar. Unmöglich.
"Tue ich das?", antwortete sie nach alter Marotte mit einer Gegenfrage. "Oder gebt Ihr Euch nur nicht genug Mühe mich zu erkennen? Doch wenn Ihr glaubt ich vertraue Euch nicht, dann irrt Ihr euch." Der Schatten breitete seine eigenen schwarzen Schwingen aus, doch nicht etwa, damit die Finsternis den weißen Engel verschlingen und in den Abgrund ziehen konnte, nein. Vorsichtig griff sie nach den schneeweißen Händen und schwarzer, weicher Samt über aschgrauer Haut berührte die natürliche Reinheit und führte deren Hände zusammen. Das starre Totengesicht beugte sich vor und legte sein Gewicht auf die Stirn der Sephi. Licht und Schatten zusammen - größer konnte der Kontrast nicht sein und doch nah genug um den Atem des Gegenübers zu spüren. "Ich gab Euch Gelegenheiten mich zu töten. Ich habe mich beinahe selbst getötet um Euch vor den Sith zu bewahren und Ihr wart eine imperiale Gefangene die wissentlich mit einer Waffe in einer Zelle landete." Die Augen der Hexe senkten sich herab, vielleicht ein unangemessener Anflug von Traurigkeit, ein kleiner Dämpfer der Enttäuschung. "Aber glaubt nicht ich würde Euch misstrauen weil Ihr keine Antworten erhaltet für die Ihr nicht bereit seid, für die ich nicht bereit bin." Ein kurzer Druckimpuls glitt durch die weißen Hände, die so gänzlich umschlugen, so gierig verschlungen von der Dunkelheit waren. "Und vielleicht solltet Ihr beten, Sedrael, dass Ihr und ich diese Antworten niemals erlangen." Der Schrecken löste sich und gab den Engel erneut frei. Der Schatten wandte sich ab, kroch dahin, wo er das Licht nicht sehen musste und lenkte seine Schritte durch die sich öffnende Hangartore.

Die Augen der Macht erfassten den Mann, ehre ihre wirklichen ihn auch nur annähernd fixiert hatten. Es war als blies von Rost durchsetzter Staub in ihre Lungen, zerriss Luftbläschen und ersetzte sie durch künstliche Pumpen, mit Drähten und Kabeln als Innereien, Elektrospulen statt eines Gehirns und einen krächzenden Vokabulator statt einer Stimme. Der Blechmann war da. Aber kein neuer Darth Vader, nein, etwas Geringeres. Etwas Ärmeres. Etwas, dem Macht fehlte und das nur Leid kannte, Leid vielleicht, das sich nach einem Ende sehnte. Die Eindrücke wirbelten durcheinander abgelenkt und verschwommen von dem was die Macht flüsterte und dem was die Realität zeigte. War da da noch ein Mensch? Oder nur ein Droidenhirn, das einen Menschenkörper steuerte? Fest stand nur eines: diese Kreatur brachte Unruhe in ihre Welt, eine unbekannte Variable, die sich erst noch würde einordnen müssen, ein Etwas, dass erst noch in die richtige Form würde gebracht werden müssen. So oder so. Aber das Geschöpf war eben auch nur ein Mann, ein Mann ohne Macht, ein Mann, der äußerlich das war, was das Imperium verkörperte: maschinelle Funktion und dahingehend mochte dieses Gerät seinen Zweck sogar erfüllen. Die Konturen wurden klarer je näher sie kam und mit warf sich auch die Frage auf, ob dieses Design nun ein besonders schlechter Scherz sein sollte, oder tatsächlich eine perfide Art Absicht darstellte. Ein helles Glucksen entfuhr der Hexe, ein spontaner Ausfall kindlicher Freude, verzerrt von des Elfenbeins zweiter Haut über dem ursprünglichen, dem zerfressenen Gesicht, an dem sich die Dunkelheit labte. Stratis mochte bereits eine seltsame Art Haustier gewesen sein, doch ihr tatsächlich einen Vogel in den goldenen Käfig zu entsenden war einfach zu köstlich. Da stand es nun also, das scheue Schnabelwesen und sah sich um, sah herum wo es hinsollte, wo das Korn zum picken war, wo es kreischend Flattern konnte, sich im Hahnenkampf der Offiziere beweisen. Vorzüglich. "Horington?", ertönte eine Frauenstimme hinter immer gleicher weißer Fassade versteckt und in dunkle Roben gehüllt und wohl darauf bedacht den militärischen Rang als entbehrlich zu betrachten. "Inquisitorin Reah Nigidus, Operationsleiterin." Ihr Kopf reckte sich kurz seitwärts, in Richtung ihrer Begleitung. "Und meine Adjutantin, Agentin Maledice." Der rechte Arm der Hexe streckte sich vor, während sie den Handschuh abstreifte und die aschgraue Hand entblößte, in die sich die Furchen von Finsternis und Verfall gruben. Gerade gestreckt hing er vor ihr, die Finger leicht nach unten gewölbt und wartete darauf entgegengenommen zu werden, um eine Dame so zu begrüßen, wie es sich geziemte - selbst wenn es offensichtlich unmöglich war.


Orbit von Atrisia, Modular-Kreuzer Celsius

Nervös blickte Iphris Haraam auf die Sensordaten und war damit offensichtlich nicht alleine. Auf dem Kreuzer war es still geworden, seitdem sie eine noch nicht identifizierte Armada auf dem Schirm hatten, die sowohl freundlich als auch feindlich sein konnte. Es war nicht gänzlich abwegig, dass einer der Tiefkern-Kriegsherren sich dazu entschlossen hatte Atrisia einen Überfallbesuch abzustatten, nur, dass er hier mehr fand als nur einen recht wehrlosen Planeten. Iphris musste zugeben, dass sie nicht nur leichte, sondern wegen des Supersternenzerstörers auch relativ begehrte Beute waren - eine wahrhaft formidable Trophäe und nutzbringendes Spielzeug für Kriegsherren. Andererseits bestand die ebenso wahrscheinliche Möglichkeit, dass es sich um Verbündete Schiffe handelte, die sich auf dem Weg von der Tiefkernreserve zur Südfront befanden. Alles in allem war die Kuati derzeit sehr unentschlossen ob sie nun Alarm schlagen sollte, der das unvermeidliche nur kurzfristig hinauszögern würde oder einfach abwartete, bis sie Gewissheit hatte. Sie seufzte und ließ sich in den Stuhl zurücksinken und betrachtete, wie Waffen und Schilde routinemäßig hochfuhren und sich der Kreuzer abschirmend vor den Supersternenzerstörer legte. "Kontakt in zwei.", sprach der Sensoroffizier zerknirscht und beobachtete, wie die zahlreichen Punkte näher kamen, bis der Realraum aufblitzte und den Schleier des Unbekannten zerriss. Mit einem Mal fielen gleich einer Heuschreckenplage hunderte imperialer Großkampfschiffe in das System ein, von großen Sternenzerstörern bis hin zu kleinen Fregatten und Korvetten. Immerhin, so dachte sich Iphris, schienen sie nicht in Gefechtsformation zu sein und auch sonst nur wenige Anstalten zu machen, sie atomisieren zu wollen. "Captain, wir haben die Schiffsignaturen gescannt und sie weisen die typische imperiale Kennung auf - keine Anomalien. Höchstens eine gelungene Überraschung: die Flotte wird offenbar von der Veneratio II geführt." Iphris drehte sich um und atmete ruhig aus. "Admiral Vaash?", fragte sie schließlich. Der Sensoroffizier zuckte entwaffnend mit den Schultern. "Wahrscheinlich." Ihre Augen wanderten die Runde herüber, bis sie den Kommunikationoffizier trafen. "Verbindung herstellen, Ma'am?" Die Kuati nickte entschlossen. "Unbedingt!"
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#24
Irgendetwas musste es geben, dass ihn am Leben hielt. Etwas, tief in ihm schlummerte. Nicht, dass er es benennen konnte. Etwas verschaffte Heilung, auch in der tiefsten Pein. Die Kopfschmerzen zogen sich ins Dumpfe zurück, waren nicht mehr präsent. Wie lange konnte man weiter machen? Etwas kollidierte in Vaash, oder um ihn herum. Die Galaxis war ein Strudel, die Partikel zusammenstoßen ließ, um sie weiter zu zerschmettern. Die Gravitation war eine furchtbare Kraft. Eine Kraft, die ihn nicht losließ. Dieser Krieg war sein Sog. Sein schwarzes Loch. Immer weiter. Egal, ob Sinn oder Unsinn sich fanden. Wohin ging er ab hier? Die Brücke war belebt, Mannschaften und Offizieren gingen ihrer Arbeit nach. Machten sie gut. Disziplin und Vertrauen waren seine Stärken gewesen. Tiberius Vaash, Kriegsheld. Kriegshelden gebaren im Kriege und nicht im Frieden. Alles, was er war und sein konnte, war im Krieg. Dabei lag der Krieg wohl in ihm. Dies kollidierte. Vaash heilte nur behutsam, dezent aber die Narben bildeten sich. Ein Offizier stand auf. Erst, wenn man nicht mehr weiter machte, war alles verloren. Was vermisste man? Alles. Den Duft von Blüten, der hier durch altes Maschinenöl verdrängt wurde. Den Geschmack von natürlicher Luft, die hier nur künstlich war. Die Wärme von der Zuversicht, sich nicht in Gewalt zu befinden. Der Alte schmeckte die gefilterte Luft, die zwar brauchbar war aber nur künstlich blieb. Eben jene stehende Luft, die entgegengesetzt zu dem war, was er sich gerade wünschte.

"Admiral," meldete ein Lieutenant aus dem Graben, mit einem eifrigen Blick hinauf. "Wir werden gerufen," wurde die Meldung militärisch fortgesetzt, obwohl die Stimme brüchig war. Scheinbar war die junge Mann nicht mal vollens erwachsen und eher noch Jüngling, um die 19 Jahre. "Die Celsius, imperiale Kennnung, Modular-Klasse." Vaash ging einen Schritt auf den Offizier zu, zog dabei seine Handschuhe an, die aus schwerem Leder, wie es unter Offizieren üblich war. Man rief ihn. Nein, nicht seine Flotte. Die Celsius war zu klein, zu unbedeutend, um die Flotte zu fordern. Es konnte nur ein persönliches Interesse sein. Ansonsten hätte das Flaggschiff einen Kontakt erbeten. Der Alte kannte die Gepflogenheiten des Militärs und konnte viel aus kleinen abweichenden Details lesen. In einem geordneten System, wie der Bürokratie und dem Militarismus des Imperiums, war jedwede Abweichung eine Überraschung. Und Überraschungen waren interessant. Der gut gediente Mann sagte mit noch leicht verrauter Stimme: "Gut, stellen sie eine Holo-Verbindung her." Mit einem großen Schritt trat er vor den Projektor, während der junge Offizier seine Untergebenen mit zwei Handbewegungen anwies, die Anlage zu aktivieren. "Verschlüsselung?" Vaash winkte mit der Hand ab und sagte: "Standard." Der Junior-Offizier nickte und die Verbindung baute sich auf, nachdem Vaash als Figur durch den hellblauen Scanner abgetastet worden war. Helles Licht hatte ihn erfasst, umschloss ihn in seinem seltsamen Kontrast zum Grau der Umgebung. "Admiral Tiberius Vaash meldet," begann er seine Übertragung, verschränkte die Arme vor sich und sein Gesicht war klar zu erkennen. Auch der gediegene, gepflegte Bart eines Seebären.

Was erwartete ihn? Persönliche Kommunikation war ihm fremd, der ansonsten ganze Flotten befehligte. Die Celsius. Ein Modular-Kreuzer. Eine gute Klasse. Er kannte ihre Spezifikationen, wie fast aller Modelle der einst großen imperialen Flotte. Bildung war die wahre Waffe eines Flaggoffizieres. Man musste sich und seinen Feind kennen. Vielleicht kollidierte gerade diese alte Schule mit dem modernen Fanatismus. Vaash war nie Fanatiker, immer nur Funktionsmensch, der sich und seine Flotte schätzte. Niemals die Politik, dennoch hatte er Politik gemacht. Wieder prallten Partikel aufeinander. Systeme neigten dazu, chaotisch zu werden. Chaos war vielleicht die einzige Antwort. Und auch der einzige Ort, an dem wahrlich Wahrheit vorfindbar war. Chaos war grausam aber ehrlich. Der Flottenadmiral blickte zum Projektor. "Celsius, wir hören." Knapp, militärisch aber mit Wärme sprach er diese Worte, lächelte väterlich und kniff kurz die Augen zusammen. Mal sehen, was es zu gewinnen oder zu verlieren gab. Der Alte hoffte auf ein wenig Ehrlichkeit, ein wenig Andersartigkeit in diesem Kampf mit sich, der Galaxis und dieser neuen Aufgabe: Beistand für eine Inquisitorin.
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#25
Nun war es also die Parabel, die bereits zu erwarten stand. Natürlich war auch die schönste Dekoration von Worten nichts weiter als das, etwas, das vielleicht hübsch anzusehen war, etwas, das man in seiner wohlgeformten und durchdachten Pracht zu genießen vermochte, um sich von den grauen Worten der vielleicht weit unspektakuläreren Realität des Alltags abzulenken. Die Dekoration war der Schein, der die bare Realität vernebeln sollte, um etwas schöner zu machen, das ansonsten möglicherweise gar nichts an Schönheit vorzuweisen gehabt hätte. Nun änderte dies allerdings nichts daran, dass das Dekor diesen Auftrag auch wirklich erfüllte und Sedrael sich daher insoweit wiederfand, als sie sich dem Bildnis nicht entziehen konnte. Die Frage mochte stets bleiben, welche Kraft nun tatsächlich den nicht zu stoppenden Strom bildete, der sich aller Widerstände zum Trotz durch seine Umgebung schlängelte. Der Strom offenbarte kein alternatives Ende, er endete stets im gleichen Fluss wie vor den Hindernissen. Die Hindernisse änderten langfristig überhaupt nichts. Sie stellten sich in den Weg, doch ihr Ersuchen war ohne Belang, denn nur der Weg mochte sich ändern, nicht dagegen das Ziel. Wenn sich der Fluss spaltete und weitere Möglichkeiten auftat, so tat er dies nie an einzelnen Hindernissen, sondern stets dort, wo das Gewässer selbst frei fließen konnte. Das Ergebnis stand daher fest, selbst wenn der Fluss sich um Hindernisse herum schlängeln musste, so würde er doch wieder dort hinfließen, wo er auch ohne den Widerstand hingeflossen wäre. Widerstand, der um des Widerstandes willen den Fluss zu beeinträchtigen suchte, war parasitär. Und manchmal wurde ein Strom so stark, dass er eines der Hindernisse in seinem Weg gerade nicht tolerierte, sondern es wegschwemmte, wenn es für den Fluss so widernatürlich war, dass es durch die unbändige Kraft, die gegen ihn geschmettert wurde, fortgespült werden musste. Jede Existenz mochte den Fluss der Macht ein kleines Stück weit beeinflussen, Milliarden kleiner, unscheinbarer Hindernisse, die diesen nicht beeinträchtigten, sondern in friedvoller Ruhe zusammen koexistierten und nicht gegen diesen in Widerstand arbeiteten, im Gegenteil mit diesem den Verlauf des Flusses formten. Doch dann gab es solche Hindernisse, die sich bewusst und gezielt gegen den Strom stellten. Die den Fluss beeinträchtigten, ihn herausforderten. Die Hexe hatte völlig Recht. Nein, natürlich war es nicht der Fluss, der die Hindernisse verachtete – es waren vielmehr die fleischgewordenen Hindernisse, die den Fluss verachteten. Und wenn zu viele existierten, oder sich wenige zu viel anmaßen, so staute sich der Fluss, bis sein Pegel hoch genug war, die Hindernisse zu verschlingen, die ihren von vorneherein verlorenen Kampf zu gewinnen glaubten. Es war kein gerechter Kampf, es war niemals eine Frage des Ob, immer nur des Wann. Wann der eine Moment da war, wenn der Pegel überschritten war und die reinigende Welle die aufgestauten Hindernisse in ihr nasses Grab trug, wo sie am Grunde des Flusses ihr abseitiges Dasein fristen sollten. Es spielte keine Rolle, ob dieser Widerstand ein funkelnder, leuchtender Stein war oder ein finsteres Werk aus den Schatten. Der Fluss beseitigte den verhöhnenden Widerstand, woher er auch kam.

Ob das aber auch das war, was die Hexe damit sagen wollte? Oder war das eben vielmehr nicht nur wieder Sedraels eigene Interpretation, die sich aus ihrer ohnehin schon bestehenden Meinung zusammensetzte und dann wieder ein völlig anderes Bild aus den Wortfacetten der Frau zeichnete als diese damit eigentlich hatte sagen? Hatte sie überhaupt etwas damit sagen wollen? Niemand konnte es wissen. Die Hexe wusste nicht, wie Sedrael ihre Worte verstand und Sedrael wusste nicht, wie die Hexe die Worte meinte. Vielleicht würde sich die Kommunikation mit der neuen Bekanntschaft doch komplizierter gestalten als es bisher teilweise den Anschein hatte. Noch komplizierter. Insbesondere, wenn sie sich für Sedrael so widersprüchlich gab. Aber gab sie sich nur so oder war sie es auch wirklich? Vielleicht steckte hinter der mysteriösen, magischen Fassade auch etwas völlig Unspektakuläres, Einfaches, das – sobald entschlüsselt – des Rätsels Lösung sein würde. Bis dahin jedoch war es schwer, sich im Dunkeln voranzutasten, mit den Fingernägeln gegen die raue, schnappende Oberfläche zu kratzen, bis die oberste, vom Alter gegerbte Schicht sich ablöste und den Blick auf das wesenseigene Innere preisgab. Die Frau wollte ein Mysterium sein, sie wollte nicht erkannt werden. Auch wenn sie davon sprach, dass Sedrael sie zur Erschließung dessen kennenlernen musste. Fraglos hatte die Hexe Recht damit, dass nur die Zeit des Kennenlernens diese Fragen beantworten irgendwann konnte, aber eine dieser Fragen mochte auch sein, ob die Sephi Reah überhaupt kennenlernen wollte. Nun, ja. Und nein. Nicht nur die Hexe war widersprüchlich, gestand die überfragte Sedrael ein. Zeit war notwendig, um dieses verwirrende Geflecht auflösen zu können. Zeit, die sie in der Tat hatte, oder vielleicht auch nur einfach haben musste. Das machte es wohl nicht befriedigend, gleichzeitig war die Einschätzung letztlich vor allem aber realistisch. Es ließ sich indes nur spekulieren, ob die Zeit eines einfachen Menschenlebens dafür überhaupt genug sein konnte.

Die Hexe sprach Sedrael das Bemühen ab, sie zu erkennen? Das empfand die exilierte Jedi als Überraschung, in Anbetracht ihrer Fragen, die Reah gezielt kryptisch beantwortete, sogar als ein Stück weit anmaßend. Etwas missmutig verengte sie ihre Augen, umso mehr als die Frau dann erneut Kehr machte und trotzdem bescheinigte, dass sie ihrem weißen Spielzeug Vertrauen schenkte. Überraschung wandelte sich in Verwirrung. Das alles war so ungeordnet, irritierend, chaotisch. Reah Nigidus war die Anarchie der Gedanken. Niemand durfte das Gewirr ordnen, niemand war darüber erhaben, vielleicht nicht einmal die Hexe selbst. Nur wer selbst wirr genug dachte und das Gewirr als solches verstand, würde die Inquisitorin begreifen. Skeptisch verfolgte Sedrael, wie die Frau schließlich näher herantrat, ihre Spinnenhände ausstreckte, um neue Beute in das Gespinst zu führen, dessen Netz sich in der Macht auftat und mehr und mehr von Sedrael festzusetzen versuchte. Doch nicht nur das Netz durfte die Beute berühren, nein, auch der Webmeister selbst wollte seinen Bedarf stillen, streckte den Gliederarm aus und ergriff die weiße Beutehand sachte. Vor Sedraels Augen explodierte das Universum. Dumpf prallte das Datapad auf den Boden. Irrelevant. Belanglos. Wichtigeres geschah. Niemand beachtete den in diesem Moment so wertlosen Gegenstand. Feine Eiskristalle regneten aus dem Blitz herab und tanzten auf ihrer Haut, bevor sie dort schmolzen. Das kalte Feuer der Finsternis loderte in ihrer Gegenüber, wollte sich feuerspeiend auf die Sephi ausweiten, doch die Bestie konnte sich kontrollieren, sich beherrschen und die verzehrende Leidenschaft wurde durch den Willen der Hexe im Zaum gehalten. Doch es blieb dabei. Das Ganze war für Sedrael schwer erträglich. Die Berührung war widerwärtig, ja direkt abstoßend. Blutbefleckte Hände hatten die ihren berührt, führten diese zusammen. Das Blut ihrer Leute tropfte von dem geschwärzten Leichenarm auf Sedraels feine weiße Haut hinab, besudelte sie. Feine rote Lebenslinien bahnten sich ihren dickflüssigen Weg über die Haut. Sie betrachtete das Ganze mit einer ihr unheimlichen Ruhe, blinzelte, sah weiter die Todeshände an, beinahe als studiere sie den Vorgang wie ein interessierter Außenstehender. Vielleicht, ja vielleicht war es diese morbide Faszination des Todes. Die sie davon abhielt, sich loszureißen, das Weite zu suchen. Trotz allem ließ sie es über sich ergehen. Doch es war nicht genug. Anstelle sich dieses Mal nur mit der verstohlenen Kostprobe kindlicher Neugier zufrieden zu geben, forderte das Schattengespinst nun mehr ein, jetzt wo es die Beute im Netz festhielt. Es begnügte sich nicht damit, sie nur festzuhalten. Nein, das Gespinst trat mehr zu ihr heran. Sedraels Augen weiteten sich, als die Maskerade des Schattens immer näher kam. Wa-Was tat Reah da gerade? Jetzt gerade? So viel näher als sonst, die sorgsam gehütete, aber zerbrechliche Komfortzone zerschlagend. Die Greifer des vielbeinigen Webers trieben aus, befühlten das überforderte Geschöpf sorgsam, vielleicht prüfend, ob sich das Wesen als nahrhafte Speise eignete oder erst noch reifen musste. Reflexartig zog Sedrael den Kopf zurück in den Nacken, so als könne sie der Berührung durch das verzehrende Herz entfliehen, doch es gab kein Entrinnen. Das fingergewobene Netz verhieß Unmöglichkeit, hielt sie an Ort und Stelle. Sofern es überhaupt möglich war, schien sämtliche Farbe aus Sedraels Gesicht zu weichen. Viel zu nah. Panik blitzte in dem Moment in ihren Augen auf, als das kalte Material auf ihre nackte Stirn traf. Doch selbst so war es eine merkwürdige, fast schon freundschaftliche, intime Geste. Ging es vielleicht auch darum? Um das Betteln um Verständnis, ohne sich selbst zu erklären, sondern einfach nur um des Verstandenwerdens willen? Sedrael schloss kurz die Augen, versuchte in ihrem Geist die Stimme abzustellen, die ihr so unwiderlegbar einflüsterte, dass sie gerade Stirn an Stirn mit dem Monster stand, das ihr mehr Kummer bereitet hatte, als jedes andere Wesen dieses Universums. In ihrem Inneren rumorte es. Der Gedanke war nicht so einfach abzustellen und führte dazu, dass ihr übel von dieser urplötzlichen, bedrängenden Nähe durch Reah wurde. Und wieder wäre es nur dieser eine kurze Hieb, der das Spinnentier hätte erlegen und hilflos erschlagen in seinem Netz hätte zurücklassen können. Und wieder… tat sie nichts.

Als Sterne vorübergezogen und Planeten geschaffen und längst wieder verschlungen waren, löste sich das kühle Material wieder von Sedraels Stirn. Sie sagte nichts. Antwortete nichts. Ein Teil ihres Bewusstseins mochte realisiert haben, was die Hexe zu ihr gesprochen hatte, ein anderer Teil vielleicht nicht. Es war Zuckerbrot und Peitsche, immer wieder trat die Inquisitorin heran, um sich dann wieder fortzustoßen. Ein Zwiespalt? Und wenn ja, wollte sie diesen oder war er nur ein Produkt, das ihr lästig war? Zeit. Ja, viel Zeit. Und so stand sie da. Überrumpelt, vielleicht sogar ein wenig perplex, und blickte in die Augen hinter der Totenmaske, bis diese sich abwendete und mit großen Schritten die Pforte in den Hangar durchschritt.
„Oder vielleicht dafür, dass wir sie doch erlangen“, sagte sie hinterher, bevor die Hexe außer Hörweite war. Möglicherweise waren es alles in allem andere Antworten als die Frau aktuell dachte. Und wahrscheinlich auch als Sedrael dachte. Anders war aber variabel. Es musste nicht negativer sein. Ein paar Sekunden stand sie schließlich nur so dort und blickte ins Nichts, wo eben noch die Inquisitorin vor ihr gestanden war. Eigenartig. Sehr eigenartig. Irgendetwas strich über Sedraels Schuh, als sie den ersten Schritt voraus machte. Ah. Das Pad. Nun ja, es war wohl angebracht, es nicht einfach hier liegen zu lassen, wenn es ihr schon übergeben worden war. Sie nahm es vom Boden wieder an sich. Es schien den Sturz unbeschadet überstanden zu haben und ließ sich problemlos an- und wieder ausschalten.

Erst nach einer Weile folgte sie also der Hexe in den Hangarbereich, wo sie in Anbetracht der hellen Beleuchtung zunächst die Augen zusammenkniff. Was sich dort dann aber zeigte… war grotesk. Welch Irrsinn war dies nun wieder? Das eine Maschinenwesen, das seine menschliche Natur zumindest in seinem Äußeren nicht bestreiten konnte, war fortgeschickt worden und nun wurde es ersetzt durch ein neues Maschinenwesen, das nicht einmal dem mehr gerecht wurde. Sedrael empfand die Präsenz des Mannes als unheimlich, vielleicht tragisch, vielleicht selbstzufrieden. Aber alles in allem… unterschied sie sich nicht allzu sehr von denen einiger anderer Gestalten, vor allem derer, die ihr immer wieder einen verstohlenen, missbilligenden Blick an Bord zugeworfen hatten. Mit etwas Verspätung blieb sie etwas nach hinten versetzt neben der Inquisitorin stehen, ein Schatten, der die finstere Robe mit ihrer eigenen Robe lilafarben widerstrahlte. Gerade als sie zum Stehen kam, wandte Reah ihren Kopf zur Seite und stellte sie als „Agentin Maledice“ vor – was Sedrael alles in allem sogar als eigenartig amüsant empfand, auch wenn es ihr zunächst nur ein Stirnrunzeln abnötigte. Was auch immer sich die Inquisitorin davon versprach, für den Moment würde Sedrael ihr kleines Spielchen mitspielen. Als sie ihren Kopf in Darbietung der Vorstellung als Höflichkeit vor dem offenbar in irgendeiner Form wichtigen Mann absenkte, wechselte ihre Haut jedoch unwillkürlich in einen Rotschimmer, den manche in dieser Situation vielleicht als peinliche Berührtheit oder Nervosität auffassen mochten, auch wenn das nicht zu ihrer übrigen Mimik oder Gestik zu passen schien. Lügen hatte ihr nie gelegen und so hatte sie dies auch in dieser Situation nicht gemeistert, wohlwissend, dass sie nun aus irgendeinem Grund jemanden darzubieten hatte, der sie nicht war. Allerdings war der Inquisitorin vielleicht bislang auch gar nicht bewusst, dass genau das etwas war, worin sie – in vielerlei Hinsicht – nie gut gewesen war.
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#26
Orbit von Atrisia, Supersternenzerstörer Abaddon

Beobachtende, tuschelnde Phantome - standen sie nicht seit jeher hinter der dünnen Fassade aus Spiegelglas und linsten mit neugierigen, funkelnden Augen in das Geschehen der Welt dahinter? Hinter vorgehaltenen Händen flüsterten sie, diskutierten Aktionen und Reaktionen in einem Universum, das von der Mehrzahl der Individuen als Realität bezeichnet wurde. Es waren Stimmen aus einer Zwischenwelt, vielleicht lag ihr Ursprung im Wesen der Macht, vielleicht waren es auch nur einzelne Fragmente der Seele, so tief im Unterbewusstsein eingesperrt, in finstere Höhlen gedrängt, dass ihr Dasein sowohl beängstigend als auch befremdlich wirkte. Verstand und Missstand prallten mit unbändiger Kraft gegeneinander und doch komplettierten sie die Facette erst. Auf eine Aktion folgte ein Kommentar, auf eine Reaktion ein Urteil, auf ein Urteil die Einsicht - bis der Kreislauf sich zu wiederholen begann, ganz wie ein Drache, der sich selbst in den Schweif biss. Dies hier war ähnlich. Urteile konnten viele Formen annehmen und es lag im Ermessen des Angeklagten sie als solche zu erkennen und einzuordnen. Sie wirkten nicht immer sofort, so manches Mal verging eine erhebliche Zeitspanne vom Urteilsspruch bis hin zur Erkenntnis, von der eigentlichen Vollstreckung ganz zu schweigen. Die rätselhaften Spiegelwesen definierten sich klarer, als würden sie sich bereitmachen ein Schmierentheater, eine Parodie der Wirklichkeit in den absurden Untiefen der Gedanken aufzuführen. Wesen lernten durch Beobachtung, durch Imitation und manche Dinge, wurden ebenso wieder verlernt. Oder anders: sie wurden versteckt. Begraben im inneren Seelenfriedhof, verscharrt in dunkler, tiefer Erde, über der ein dichter Nebel lag. Undurchdringlich auf den ersten Blick, aber doch nicht unbezwingbar. Nun gestaltete es sich in der Realität so, dass doch ein jedes Wesen die Gabe der Erinnerung besaß, die Fähigkeit Geschehnisse zu rekapitulieren und Erkenntnisse daraus zu ziehen. Eine Gabe zweifellos, die Reah Nigidus nur zu selten einsetzte, sie häufig nicht einmal in Betracht zog um Probleme, um Konflikte zu lösen. In diesem Moment aber, schien es Gerechtfertigt. Weder hatte sich die Hexe Sedraels seltsame Gebaren erklären können, noch gelang es ihr ein Verständnis für selbige aufzubauen. Sie hatte Dankbarkeit erwartet, einen Hauch von Gegenverständnis , zumindest aber die Erkenntnis, dass diese Reah Nigidus, keineswegs eine so schreckliche Person war, wie man auf den ersten Blick glauben mochte.

Doch wenn es unmöglich war, ihr Verständnis entgegen zu bringen, so hatte sie dennoch gehofft, offenbar töricht mit dem Gedanken gespielt, das Sedrael ihr doch zumindest vertrauen schenken könne, wenn schon keine Sympathie. Dies war der Bruchpunkt, die Stelle, an der die Phantomwesen ihre absurde Parodie des jüngsten Ausdrucks von Zuversicht an Sedrael abbrachen, wo das Glas sprang und scharfe Scherben nun am Boden lagen. Einige mochten sich in die Haut schneiden, mochten Wunden reißen und das Blut zum Vorschein bringen. Erinnerungen. Blut war rot, nicht schwarz. Blut war rein, nicht mit Seuche und Pestilenz versetzt. Seuche. Dies war der Haken, der Haken der sie beide fest und gefangen hielt. Das Splitterglas zeigte das Zerrbild Firrerres, vor dem inneren Auge drehte es sich, wie ein Präparat, dass sie gezielt nach Anomalien absuchte. Firrerre war der Stein des Anstoßes gewesen, hier lag der Ursprung ihrer Beziehung und ebenso die Leichen, die der Beginn gefordert hatte. Das Mahlwerk des Geistes setzte sich mühselig in Bewegung und holte einige Bilder zurück. Eines blieb bestehen, jene Frage Sedraels, ob sie den Planeten verschonen würde und ebenso beständig wie einst lautete auch ihre Antwort darauf: Nein. Doch diese Antwort war älter als ihre Bekanntschaft mit Sedrael, sie hatte nie ernsthaft daran gedacht den Planeten zu verschonen, hatte nie mit dem Gedanken gespielt das Siechtum noch länger zu dulden. Entscheidend aber war, dass die Hexe angenommen hatte es würde Sedrael nur verhältnismäßig wenig ausmachen. Sie hatte nie einen übermäßig starken Gedanken daran verschwendet eine Jedi und dafür hatte Reah sie an dieser Stelle gehalten, würde zu einem Planeten und seiner Bevölkerung eine starke emotionale Bindung aufbauen, erst recht nicht, wenn sie selbst nicht einmal zur dominanten Spezies gehörte. Wenn dieser Planet überhaupt jemals ihre Heimat war, denn augenscheinlich war sie doch nur eine Sephi. Hier nun lag der Kern des Übels, vom schwarzen Blut der Hexe besudelt, das daran haftete wie finstertes Pech. Man konnte es nicht abspülen, sich ebensowenig davon befreien. Was die Pestilenz sich erst einverleibt hatte, das gab sie so schnell nicht wieder her. Vielleicht traf dies sogar auf Sedrael selbst zu.

Der Sith Vesperum hatte sie nicht bekommen und das würde er auch nicht, nicht ohne ihren erheblichen Widerstand. Andere Kreaturen konnten ähnlich wie Vesperum sein, so ihnen die Motivation vorausging ihr Dinge wegzunehmen, die ihr guttaten. Vielleicht hatte ihre Sephi es bemerkt, vielleicht blendete sie es auch bewusst aus, so, wie die Hexe eine Vielzahl an Eigenheiten ausblendete oder verschleierte, doch Reah mochte Sedrael, sie mochte dieses seltsame Geschöpf, selbst, wenn sie es nie zeigte. Selbst wenn diese Sympathie nur einseitig vorlag, es störte Reah nicht, nicht, solange sie nicht dazu gezwungen war sie zu teilen. Dies mochte die Angst in diesem Verhältnis sein, die unbekannte Variable. Was, wenn Sedrael begann sich von ihr wegzubewegen, was, wenn sie damit begann sich für andere Leute zu interessieren, wenn sie Reah zurückließ. Allein. Dies war er, der Anker, der die Seele an den Abgrund kettete. Sedrael war das, was keine Gesellschaft ihr bislang mehr bieten konnte - ungezwungene Unterhaltung. Reah hatte bislang nicht das Gefühl gehabt sich übermäßig verstellen zu müssen, selbst wenn sie ihre Aussagen mit nebulösen Ausflüchten kaschierte und selbst jene Gewohnheit war vielleicht mehr ihrem deformierten Charakter, als tatsächlicher Absicht zuzuschreiben. Es entstand nie das Gefühl sich für Ansichten und Haltungen rechtfertigen zu müssen. Solche Dinge kamen und gingen. Gewissermaßen, so ließe sich sagen, hatte die Hexe Sedrael nie ganz als lebendes Individuum begriffen, sondern eher als eine Art besonders gelungene Puppe, etwas, das selbst unter großem emotionalen Druck nicht bersten würde und das ihr Spiel, so wenig es der Puppe auch gefallen mochte, dennoch perfekt mitspielte. Puppen aber, hatten keine Angst vor ihr, Puppen zuckten nicht zurück aus Angst, der gierige Finstergeist könnte ihnen die Seele rauben. Das Mahlwerk klemmte, zwischen den zahlreichen Zahnrädern, die ineinandergriffen hatte sich nun ein Korn verfangen, dass die Maschine stottern ließ.

Wie zu erwarten. Der Flatterwicht war eben doch kein Froschkönig und konnte der zarten und doch faulig-süßen Hand nichts abgewinnen, welche die Dame ihm so willig entgegengestreckt hatte. Nun sei es drum, letztlich blieb ohnehin anzuzweifeln, ob eine derartige Erfahrung ein Genuss gewesen wäre und wichtiger noch, lenkten andere Dinge ab. Offenbar hatte sie Sedrael überfordert oder sie vor eine Aufgabe gestellt, zu deren Erfüllung es ihr erheblich an Übung mangelte. Schmierentheater, ein wenig Lug um Betrug um den straffen Behördenapparat zu verwirren und doch entweder zu kompliziert, oder aber die Sephi war schlichtweg Unwillens sich den Gegebenheiten anzupassen. So oder so - die Hexe hatte nicht vor sich übermäßig lange daran aufzuhalten und entschied kurzerhand die befremdliche Kreatur in jenen Käfig zu bannen, der ihm eher Zustand als der Hangarraum, dorthin wo er nicht störte, dorthin wo weder sie noch Sedrael waren. Mit knappen Worten und wedelnder Hand scheuchte sie das Flattervieh hinauf zur Brücke, sollte die Crew sich mit banalen Protokollfragen befassen, ihr eigener Geist lag ohnehin in weitaus undurchsichtigeren Gewässern versteckt, weitab von jenen Wesen und ihrem einfach leeren Leben. Die Hexe drehte sich nicht um, entschied sich dagegen Sedrael anzusehen und blickte stattdessen starr in den Weltraum, das Blickfeld nicht mehr vom seltsamen Veron Horington blockiert.
"Ich war vielleicht etwas vorschnell.", gab die Hexe der Sephi gegenüber unentwegt zu, selbst wenn sie nicht erklären konnte, für was zu schnell. Verzeihen? Akzeptanz? Dies schien zu versinken in diesem dunklen Morast, der ihr Blut war. Reah war nach wie vor vollkommen bewusst, dass sie kein Mitleid verdiente und dennoch, paradoxerweise musste sie zugeben, dass es sich ein Teil von ihr wünschte, ein Teil, der überdrüssig war die Schurkin zu spielen, ein feiger Teil, der sich nicht rechtfertigen wollte sondern als ein Opfer der Umstände sah. "Und dennoch...", begann die Stimme erneut, doch nun mahnend und mit kalter Schärfe, "...solltet Ihr Euch etwas mehr Mühe geben, Agentin. Ihr tut das nicht zu meiner Unterhaltung, sondern um euretwillen. Je länger es Euch gelingt unaufällig zu bleiben, je besser Ihr euch anpasst, desto länger wird es dauern, ehe man Euch, ehe man uns erkennt."


Orbit von Atrisia, Modular-Kreuzer Celsius

Ehrenvoll salutierte Iphris vor dem altgedienten Offizier und offenbar viel tatsächlich ein wenig Sorge von ihr ab, nun wo sie ihn sah. Es war tatsächlich Vaash. "Captain Iphris Haraam.", stellte sie sich knapp vor, "Ich grüße Sie, Flottenadmiral." Der Arm der Kuati senkte sich und sie nahm eine etwas entspanntere und lockere Haltung ein. Ein kurzer Fingerwink zu ihren Brückenoffizieren signalisierte, dass das Schiff wieder in den regulären Patroullienmodus versetzt werden konnte. "Verzeihen Sie die Störung Admiral, die Lage ist gerade ein wenig...", sie seufzte schwach und entbehrte ein kurzes schiefes Lächeln, "...chaotisch. Es gab einen Kommandowechsel im Flaggschiff Abaddon. Veron Horington hat den kommandierenden Offizier Roman Stratis abgelöst.", erklärte sie. Iphris war sich nicht sicher, ob Vaash der Name Horington etwas sagte und ohnehin bemerkte sie, wie ihre Gedanken wieder in eine Richtung gingen, die Stratis für diesen günstigen Auswechsel verdammen wollten. Sie fasste sich und blickte zurück in das Hologramm. "Der Captain kam kurz vor Ihnen an und befindet sich mit der Inquisitorin in Hangarbucht A-38. Wenn Sie erlauben Sir, schlage ich vor, dass Sie sich auch dorthin begeben. Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit Inquisitorn Nigidus würde ich meinen, dass auch Sie nicht wirklich wissen warum Sie hier sind und um was es geht?" Die Kuati lächelte mild , ein kleiner Einstand, man konnte sagen Vorgeschmack auf das, was ihn erwarten mochte. Vaash würde sich daran gewöhnen müssen mit spärlichen und eigentlich absolut nutzlosen Informationen operieren zu müssen, die die Inquisitorin nur häppchenweise verteilte, da sie offenbar annahm, dass ihre Gedankengänge für alle umstehenden logisch zu schlussfolgern wären. Aber es gab Hoffnung, vielleicht würde Vaash ein wenig ändern, frischen Wind in die Kommandostruktur bringen. Wenn schon nicht das, so war er immerhin ein Motivator für die Mannschaften, jemand, der sie ganz anders Stratis und Nigidus auch begeistern und mitreißen konnte - selbst wenn er dabei schlussendlich nur Nigidus fragwürdigen Pläne umsetzen würde. Für Iphris war oftmals nicht immer das Was entscheidend, sondern das Wie. "Ich gewähre Ihnen Hangarfreigabe. Schön Sie dabei zu haben, Sir."
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#27
Ein Salut dem Alten gegenüber. Vaash konterte militärisch und salutierte ebenso, dann lächelte er fürsorglich. Es war nicht sein Ding, die Form und das Protokoll über zu strapazieren. Zumal es jetzt andere Sorgen gab. Immerhin stand nun eine dubiose dunkle Jedi als neue Befehlsgeberin bereit, darüber hinaus war es ihm unangenehm für den Geheimdienst zu arbeiten. Alles in allem war dieser Tag gezeichnet von einer völlig neuen Situation. Wenigstens hatte er seine Mannschaft hinter sich, wie scheinbar Captain Haraam. "Freundliche Grüße zurück," sagte der Alte mit einem Gentleman-Charme, welcher vielleicht deplatziert war aber das Eis brechen sollte. Es gab jetzt wichtigere Fragen, wobei Distanz weniger hilfreich war. Erstens, ein Kommandowechsel bei einem dunklen Jedi konnte nichts Gutes bedeuten. Er kannte Vesperum und seine Kommandowechsel. Sie waren selten moralisch vertretbar oder unblutig. Zweitens, Haraam hatte richtig erfasst, dass er selbst nicht wusste, warum er hier war und welchen geheimen Auftrag er hatte. Wofür brauchte man eine Kampfflotte? Die Zwölfte war wieder aufgefrischt und dies sogar mit modernen Sternzerstörern, welche frisch von Kuat geliefert worden waren. Sie waren zwar noch nicht eingeflogen und die Systeme waren neu, aber Vaash glaubte, dass ein derartiger Wert für den Geheimdienst verschwendet war. "Ich kenne beide Offiziere nicht aber vermute die üblichen Probleme, die sich durch dunkle Jedi und Standardführung ergeben," kommentierte der Alte die Aussage von Haraam und seine Augen drängten ein wenig Skepsis aus. Vaash war kein Freund von Machtnutzern, Jedi oder Sith, alles war die selbe Seuche. Personen, die auf grund natürlicher Veranlagung, scheinbar übermenschlich waren, überzogen ihre Kompetenzen und stellten sich über die Galaxis sowie das Gesetz. Grausame Narren waren es, welche nur sich selbst sahen und ihre vermeindliche Allmacht. Vesperum war das beste Beispiel für diese diabolische Auslese. Er kannte dieses Monster nur zu gut, nur zu nah war er bei ihm gewesen. Die Bilder der Hinrichtung der Moffs jede Nacht präsent. Diese gierige Grinsen des Imperators, welcher sich selbst ein Gott war und mit unsichtbarer Macht richtete. Es war ablehnungswürdig. Und Vaash lehnte es ab aber sein Eid stand über den Dingen. Er würde sich selbst nicht über das Gesetz stellen und beurteilen, was richtig oder falsch war. Dienst und Pflicht waren Anker des Staates. Es musste weitergehen. Egal, wie eklatant die Lügen waren. Vaash war lange genug im Geschäft, um zu wissen, was wichtig war und unwichtig. Persönliche Dünkel waren im Krieg falsch. Sieg oder Untergang. Schwarz oder Weiß. Manchmal musste diese Reduktion reichen, um zu überleben. Auch wenn sie sichtbar falsch war, zumindest für den Offizier hinter den schweren Rangabzeichen eines Flottenadmirals. Er konnte nur hoffen, dass Roman Stratis noch lebte und nicht als Fleischfleck an der Decke klebte. Um seiner selbst wollte er nicht weiter nachfragen. Der Alte würde es früh genug erfahren, wenn seine Offiziere diese Nachricht geprüft hatten. Vaash war ungerne unvorbereitet, allen voran, wenn es um Machtnutzer ging. In seinem Herzen fürchtete er sogar diese neue Situation, weil sie unberechenbar war, wie Vesperum.

"Können Sie mir einen kurzen Überblick geben, was unserer Auftrag hier ist, Captain Haraam. Von Flottenoffizier zu Flottenoffizier. Zumindest, was Sie überhaupt wissen. Ich höre gerne die Meinung von Kameraden,"
erklärte der Alte und blickte die Frau ernstlich an, wobei seine Augen nicht starrten, sondern nur väterlich fixierten. "In der Tat bin ich - dank fragwürdiger Geheimhaltung - im Unklaren." Ein wenig Missgefallen musste er noch ausdrücken, da ein Offizier von Format niemals freiwillig sich dem Geheimdienst an den Hals warf. Krieg war eine Sache der Gewalt aber mitunter ehrenhaft. Geheimdienst war oft anders, dunkel und düster. Man sah sie nicht und das machte sie dubios. Dubiose Geschäfte standen einem Offizier nicht.

Ihre Wertschätzung, welche Haraam nachschob, deutlich zum Ausdruck brachte, schätzte Vaash sehr. Nach seiner Genesung, nach Eriadu, tat es gut, nicht gänzlich als Versager abgestempelt zu werden. Als Wrack einer alten Zeit. Sie wertschätze ihn und das war Balsam für seine geschundene Seele, welche sich selbst nicht verzeihen konnte. Nicht verzeihen, dass Leben sinnlos geopfert waren und man das gewünschte Ziel weit verfehlt hatte. Alles war schlimmer aber nicht hoffnungslos, solange man ihm glaubte. Eitelkeit - eine Sünde, die auch im Alter noch kam. Und Vaash war ihr in dieser Sekunde verfallen. "Danke." Er nickte ihr zu und lächelte. Wenigstens eine Person in diesem gott-verlassenen Quadranten, die sich als positiv entpuppte.
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#28
Anpassen? War es wirklich das, was die Frau von Sedrael erwartete und nun gar einforderte, ja warum sie ihr nun diese Rolle in einem Agentenspiel zugewiesen hatte? Damit sie nun also langsam in eine ihr zugewiesene Rolle schlüpfte, welche Reah ihr je nach Bedarf und Laune zuwies und die sie zu spielen hatte, vielleicht ja als ein Test für die Zukunft, wie weit sie geformt werden konnte? Wie es auch war, offensichtlich hatte sie diese Aufgabe aber nicht zu der Zufriedenheit erledigt, die von ihrer Gegenüber erwartet gewesen war. Sedrael wusste nichts von Militär, sie wusste nichts von Geheimdiensten. Es war nicht ihre Welt und es sollte nicht ihre Welt sein. Vermutlich würde es ihr schon schwerfallen, selbst wenn sie wirklich überzeugt davon gewesen wäre. Sie hatte sich bemüht, doch es war schwierig, etwas umzusetzen, zu dem sie sich schlichtweg nicht in der Lage sah. Anpassen. Anpassen. Ein unglückliches Wort. Sie kannte das – Erwartungen, die auf ihr lagen, Erwartungen und Zwänge, die sie hatten binden sollten, binden an etwas, hinter dem sie vielleicht nicht stand. Und nun vielleicht binden an jemanden, den sie kaum kannte. Anpassen war die Forderung gewesen, damals in dem großen Krieg der Seelenlosen, der die Republik heimgesucht hatte, der die Moral gefressen und ihre Kinder in ein verwahrlostes Zerrbild verwandelt hatte, die nun an den wenigen Überresten nagten in der Hoffnung, irgendwo noch etwas vom ehemaligen Glanz der Jahrtausende erhaschen zu können. Da war sie nun wieder, die unglückselige Erinnerung an die Vergangenheit, die sich in der großen Sanduhr verlaufen hatte und inzwischen nur noch ein scheinbar unbedeutendes Sandkorn von so vielen weiteren war. Eines dieser Sandkörner regte sich, zeigte sie als jüngeres Abbild ihrer Selbst, wie sie vor ihrem Meister stand, ungläubig und enttäuscht über ihren Orden und das, was aus ihm zu werden drohte.

Nein, sagte sie naiverweise und schüttelte den Kopf, als könne allein die Kraft ihres Widerstandes irgendetwas verändern.
Welche Wahl bleibt uns? Wir können nicht bleiben, was wir sind, wenn sich alles um uns herum verändert.
Ich kann mich doch nicht hinter etwas stellen, wenn ich es für falsch halte.
Der verschwommene Schatten lächelte. Doch. Manchmal schon. Wir sind begabte Wesen, tragen Verantwortung, die über unsere Moral und unser Leben hinausgeht. Die Macht ist unser Kompass, auch wenn wir die Richtung nicht immer verstehen können.
Es tut mir leid. Ich glaube einfach nicht, dass die Macht will, dass ich diesen Weg gehe.
Muss es nicht. Ganz gleich, was andere derzeit sagen, du bist keine Enttäuschung. Wir leben von der Vielfalt und sollten auch von der Vielfalt der Meinungen leben. Vielfalt trägt die Galaxis, daher sollten wir sie nicht verdammen. Ein Meister sollte dir nur Wege zeigen, aber er sollte nicht für dich denken und nicht für dich wählen. Für deine Wahl werde ich dich niemals tadeln, wenn du sie wirklich für richtig hältst.
Die warme Hand des Schattens strich über Sedraels linke Wange. Du wirst deinen Weg finden, irgendwann, übertönte die Stimme das Dröhnen der einsetztenden Motoren, ehe sich das Kanonenboot anhob und den Schemen für immer forttrug, bis es nur noch ein kleiner Punkt am Sternenhimmel war, auf den die Dolche der Hochhäuser Coruscants so eindeutig gerichtet waren. Das Sandkorn fiel hinab in die endlose Masse und wurde wieder zur Geschichte.


Irgendwann. Die Erinnerung biss in ihrem Inneren. Sedrael hatte sich damals nicht anpassen können, nicht anpassen wollen, nicht einmal ihrem Meister zuliebe. Auf eingeforderte Anpassung würde es nicht hinauslaufen. Konnte es gar nicht. Sollte es auch nicht. Wenn es der Hexe darum ging, dass die Sephi sich ihr anpasste, konnte sie nur enttäuscht werden.
„Ich bin nicht sehr gut darin, mich auf Anweisung anzupassen“, antwortete sie Reah nachdenklich, mit leichter Verzögerung, während sich ihre Gesichtsfarbe allmählich normalisierte und sie dem forttrabenden Maschinenwesen hinterhersah. Ihr Blick richtete sich kurz hinab auf den trostlosen Hangarboden und sie schien einen Moment lang nachzudenken, ehe sich die blauen Augen wieder aufrafften und hinüber zu Reahs Rücken sahen.
„Das letzte Mal, als dies von mir verlangt wurde, habe ich jenes Leben hinter mir gelassen.“
Einen Augenblick lang mochten die Worte als angetäuschter Dolchstoß mit stumpfer Klinge, als Drohgebärde einer Harmlosen im großen Hort des Drachens hallen, die Drohgebärde der flackernden Kerze, welche in ihrem staunenden Flackern des Windhauchs bewies, hier zu sein, aber keineswegs selbstverständlich, sofern sie sich selbst überlassen war. Die Flamme war zerbrechlich, wollte gehütet werden vor allerlei finsteren Einflüssen von außen, deren alleiniger Zweck es schien, kichernd nach dem entscheidenden Hauch zu trachten. Aber Hände konnten das Heiligtum beschützen, die Last der Witterung auf sich nehmen. Wer aber war nun das Flackern überhaupt und wer der Beschützer? Rollen tauschten, konnten wechseln, je nachdem aus welcher Richtung der Wind ihnen gerade entgegenblies. So überlegen die Hexe ihr im Hinblick auf ihre Größe in der Macht vielleicht sein mochte, so wenig eindeutig schienen ihre Gedanken Ausfluss finden zu können. Irgendetwas stimmte dort nicht, die Macht verbog sich, hämmerte gegeneinander. Was genau war es? Enttäuschung? Aufmerksamkeit? Menschliche Regungen paarten sich mit dem Geschwätz des allgegenwärtigen finsteren Streiters. Die Inquisitorin hatte Sedrael kürzlich nach ihrem Konflikt gefragt – einen Konflikt, den Sedrael eigentlich eher verneint hatte, weil sie kein Potential zum Konflikt gesehen hatte. Doch vielleicht war es weit weniger ein Konflikt gewesen, der von ihr ausgegangen war, sondern ein ungewohnter Konflikt, der Inquisitorin weit näher war als sie sich eingestehen wollte. Die sorgsame Mauer der unnahbaren Fassade war längst mit der Spitzhacke bearbeitet worden und zeigte gelegentliche Risse, durch die der Wind heulte. Selbst für Sedrael merklich, die darin weniger geübt war als vergleichbare Wesen ihres Alters, umgaben ihre Gegenüber die widersprüchlichen, ja widerstreitenden Emotionen doch klar genug, um einschätzen zu können, dass die aktuelle Situation nur wenig Klarheit mit sich brachte. Die Frau strahlte zwar keine Traurigkeit in der Macht aus, aber doch war da diese gähnende Leere, die gefüllt werden wollte, gefüllt mit… ja, womit? Sedrael beherrschte das Lesen von Gedanken bei weitem nicht gut genug, um gezielt nach etwas in jemand anderes Gedanken zu suchen, vielleicht hätte ihr das eine aufschlussreichere Innensicht offenbart. Zumindest schien sich die Frau nach irgendeiner Form von Gesellschaft zu sehnen, etwas, das offenbar nur Sedrael selbst in der Art befriedigen konnte, wie sie es ersuchte. Immer wieder hatte sie sich ihr angenähert, bis zuletzt, bis zu ihrer geradezu intimen Geste eben, vor der sich Sedrael so gesträubt hatte. Aus ihrer Sicht war das die natürlichste Reaktion darauf gewesen, nicht einmal durchdacht, sondern der pure Instinkt, der sie davor hatte zurückschrecken lassen, die Geste als das hinzunehmen, was sie war – als Annäherung, als ein, wenn auch ungeschickter, Versuch, eine Brücke zu überqueren, unwissend, ob sie der Bedeutungsschwere des Überschreitens tatsächlich standhalten würde.

„Und doch… scheinen mir die Dinge dieses Mal anders“, fuhr sie schließlich fort, während auch sie ein paar Schritte voranmachte, um sich neben Reah zu stellen und dort die wahrhaftig verkörperte schwarze Leere zu betrachten, in die die Frau scheinbar ratlos hinausblickte. Aber war es das denn auch, anders? Nun, was war es also das nun so anders war? Dieses Mal gab es keinen Zwang, keine Ideologie. Es gab nur sie und die Hexe. Der Orden war verschwunden, zumindest ihrer. Sie war niemandem Rechenschaft schuldig, musste sich nur vor ihrem eigenen gewissen rechtfertigen. Irgendeiner merkwürdigen Form von Hierarchie musste Reah ihrerseits unterworfen sein, gewollt oder auch nicht. Doch schien sie damit selbst zu hadern, in anderer Weise vielleicht, als Sedrael dies damals getan hatte. Das legten ihre zum Teil unerklärbaren Handlungen zumindest nahe. Vielleicht war die Situation, nun zumindest in gewisser Weise, der ihren von früher gar nicht so unähnlich, gar nicht so unverständlich. Auch wenn es immer noch schwer vorstellbar war, dass die Hexe in ähnlichen Maßstäben dachte wie sie selbst. Die Vernichtung eines Planeten deutete auf so verschiedentliche Moral hin, aber trotzdem waren sie beide Lebewesen, vielleicht unter gewissen anderen Voraussetzungen wären sie ähnliche Lebewesen geworden und wären ähnlichen Entscheidungen ausgesetzt gewesen. Das wäre bedrückend und beängstigend zugleich, wenn auch keine Rechtfertigung für das, was aus der Frau schlussendlich geworden sein mochte. Und möglicherweise hätte werden können, wenn nur ein paar Faktoren anders verlaufen wären.
„Es zeigt mir nur, dass wir uns nicht so vertraut sind, wie wir vielleicht sein müssten, um dies hier zu überstehen.“
Ihre Stimme war halblaut, nicht niedergeschlagen, sondern eher der Bedeutungsschwere bewusst, als sie vom gegenseitigen Brückenaufgang aus selbst einen kleinen Schritt entgegen machte, über den brüchigen Marmorboden, der dem mächtigen Strom Einhalt gebieten sollte. Ihre rechte Hand hob sich etwas an, bis ihr purpurfarbene Ärmel durch die künstliche Schwerkraft an ihrem Unterarm hinabglitt. Ihr Blick folgte ihrer Hand, bis diese schließlich zaghaft auf Reahs ihr zugewandter Schulter Platz fand. Daraufhin hob sich auf ihre andere Hand und die hellen Finger streckten sich aus in Richtung des freien, funkelnden Weltraums, der so verführerisch aus der sterilen Umgebung des metallenen Hangars hervortrat.
„Wenn es Euch unsicher erscheint, so steht uns am Ende jederzeit eine ganze Galaxis und noch mehr frei.“
Die Freiheit des Weiten und Unbekannten, der Bruch mit dem modrigen Filz des Althergebrachten war immer schon ein Lockruf für Sedrael selbst gewesen. Dort draußen war alles und nichts. Ort, Materie - es spielte keine Rolle. Ihr war bewusst, dass dieser Ruf unrealistisch war, es ging aber auch nicht um Realismus. Es ging nur darum, wie Sedrael Zwänge verstand – oder, besser gesagt, eben nicht verstand – und welche Angebote sie aus ihrer Sicht machen konnte. Angebote, die relevant sein mochten oder auch nicht. Ihre Anwesenheit hier würde davon nicht abhängen. Aber aus der etwas stoischen Hülle, die Sedrael bisher vielleicht gewesen zu sein schein, blitzte nun auch wieder die Person auf, die sie einmal gewesen war, vor der Seuche, vor der Vernichtung der Welt. Ja, es gab so viele Plätze, die nicht gefunden werden wollten. Abgelegene Orte, an denen sich nur alle paar tausend Jahre Leben regte. Es gab Möglichkeiten, sofern man sie nur wahrnehmen wollte. Wer Frieden wollte, der konnte ihn finden. Man musste ihn nur suchen. Aber es war nicht jedermanns Zielsetzung, viel früher schon hätte sich die Inquisitorin ansonsten wie Sedrael selbst dazu entschlossen, ihren eigenen Weg zu gehen, abseits von oktroyierten Normen, die mal mehr, mal weniger Sinn ergaben, abseits von Herrschern und Meistern. Entweder also wurde sie dazu genötigt oder arbeitete auf ein bestimmtes Ziel hin, das sie an die unfreien Fesseln band, denen sie jetzt unterworfen war. Gier? Macht? Was mochte es sein, das die Aufmerksamkeit ablenkte vom Entscheidenden? Denn – paradoxerweise – schien Sedrael im Hier und Jetzt gerade die freiere Person der beiden zu sein; diejenige, die eingesperrt war, sah den Grund nicht für das Versteckspiel, während die vermeintlich Freie ein solches für nötig ansah. Letztlich jedoch musste Reah entscheiden, in welchem Kontext Sedraels Anwesenheit hier Sinn ergab und in welchem nicht.
„Aber Euch scheint etwas hier zu halten“, sprach die Sephi schließlich weiter, während sich ihr Kopf zur emotionslosen, toten Maske hinaufneigte, fragend, aber vor allem neugierig. „Ist es nicht so?“
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#29
Orbit von Atrisia, Supersternenzerstörer Abaddon

Das Licht brannte, wie durch die Fokussierlinse eines Lichtschwerts gebündelt versengte es den Schatten mit seiner Lanze aus superheißem Plasma, die sich mühelos durch Mauerwerk, von finsterem Teer verklebt schnitt. Mauern waren verschieden, sie erinnerte sich. Mauern waren mehr als Hindernisse für andere, für jene, deren neugierige Blicke versuchten hindurchzulinsen. Doch schützten sie Strukturen auch vor dem eigenen Blick, der rückgewandte Reflektor auch der Netzhaut, der Tunnel, der zum persönlichen Sanktuarium führte. Jenes Heiligtum, das sorgfältig wie ein Archiv das Leben und die Essenz eines Individuums aufbewahrte. Doch nicht alle Wesen wollten zurückblicken, nicht alle Wesen wagten es sich, an der Pforte Einlass einzufordern. Manche von ihnen hatten Angst sich selbst zu sehen und doch nicht mehr zu erkennen. Ein Wesen konnte so zerschlagen, so deformiert und verunreinigt werden, das jegliche Ähnlichkeit kaum mehr als solche auszumachen war. Eine alte Münze ließ sich dem gleich zertrümmern, in Hälften schlagen und während eine Hälfte zur Schlacke geschmolzen werden mochte, so blieb die andere unversehrt, doch geblendet, entrissen. Zwei Teile, die nie wieder zusammenpassen würden, Teile, die niemand mehr miteinander in Verbindung bringen würde. Die Vergangenheit brach, trug das was war zu Grabe und ließ es in den heiligen Hallen verrotten, so lange, bis ein geschundener Geist sich nicht mehr wagte sich daran zu erinnern. Dies geschah mit Dingen, die zurückblieben. Mit Dingen, die zurückgelassen werden mussten. Weil sie sich angepasst hatte. Die Hexe verstand Sedrael, nun wo das Licht so grell schien, nun, wo es gerade jede kleine unbedeutende Jedi war, die sie an sich selbst erinnerte. Denn letztendlich, egal wie sie es sich drehte, wie sie es sich zurechtlegte, war diese Inquisitorin, war Darth Maledice doch letztlich nur entstanden, weil sie sich angepasst hatte. Sich vermeintlich eingeredet hatte, jenes System, dass sie aus dem Leben gerissen hat zu unterwandern, auf die Chance zu lauern, um dann zurückzuschlagen. Vergeblich. Dunkelheit korrumpierte und schlimmer noch, sie dämmte die Sicht ein und vernebelte den Verstand. Die dunkle Seite machte sie animalischer, nicht dumm oder wild, nicht zwingend von Zorn und Hass getrieben aber von Instinkten gedrängt.

Am Ende war Reah nicht immer eine Person, die sich ihr eigenes Handeln schlüssig erklären konnte, mitunter erschienen ihr Aktionen im Affekt richtig, die sich Stunden später als Irrsinn entpuppten. Verstand und Handlung befanden sich Widerstreit miteinander. Paradebeispiele hierfür waren sowohl Korriban als auch Firrerre. Denn war es nicht jene Hexe gewesen, die die Galaxis durch ihr dunkles Machwerk noch stärker verfinsterte? Erst rettete sie eine Kreatur die nun, nur wenige Wochen später am liebsten tot sehen würde, gefolgt von einem Völkermord an einer aussterbenden Spezies. Ein Mitleidsgedanke entstand zwar nicht, doch nun, da sie wusste, da sie annehmen konnte, dass das Echo der sterbenden Welt in seinen leidvollen Bann zog... sie hätte es sich überlegt. Oder nicht? Die Gedanken des Schattens zögerten und zogen es vor sich tiefer zurückzuziehen, weg von dem Licht des weißen Engels. Sie hatten Angst, vielleicht hatte sogar Reah selbst Angst, nun, da die Saat des Zweifels Wurzeln geschlagen hatte, wo der giftige Regen kam und die verderbten Früchte erblühten. Wankelmut brachte keine Antworten und was wenn, nun... was wenn Sedrael sie nun Fragen würde? Nun eine Antwort forderte, warum jener Planet sterben musste? Es gab keine Antwort, nicht mehr, keine, die Reah vor sich selbst als akzeptabel befand. Sie konnte Lügen, aber sie konnte nicht vor sich selbst Lügen - und wenn sie es nicht einmal fertig brachte sich selbst zu belügen, welches plumpe Wesen sollte ihr dann noch glauben? Am Ende konnte sie wie jeder Sith, wie jedes hilflose Wesen, das in der Nacht gefangen war, nur hilflos und blind im Dunkeln um sich schlagen in der Hoffnung das eigene Verderben niederzustrecken. Am Ende aber und sie wusste es, würde es nur jene Treffen, die es am allerwenigsten verdienten. Dies war der Fluch der dunklen Seite, die Ketten des Abgrunds und wie dieser Abgrund sich nun bewusst wurde, wie seine Lieblingshexe ein gefallen an jenem reinen weißen Engelswesen entwickelte, zeigte er erneut seine mahnende Fratze und offenbarte wo sie stand - wie tief sie stand. Letzten Endes war es nun sogar das Licht, das ihr einbrannte, etwas Unentschuldbares getan zu haben. Dies war die abschließende Phase der Anpassung: vom Systemgegner umgewandelt in das System selbst und es brauchte sie, jene kleine unscheinbare Sephi, die sich dem Schlund des Abgrunds offenbar mutig entgegenstellte und sich wagte in die Schatten zu leuchten und der Schatten wiederum war so erschrocken vom dem was er sah, dass er sich nicht wagte, nie wagen würde sie zu verschlingen. Vielleicht war es das, was sie auf Firrerre spürte und nie hatte benennen können.

Doch waren die Dinge deswegen anders? Änderte Erkenntnis irgendetwas? Letztlich stand sie nur allein in den Hallen des Geistes und zeigte Geschehnisse, Fehler womöglich, die ohnehin unumkehrbar waren. Reah hielt still, beinahe wie eine interessierte Beobachterin in einem Lichtschwertkampf, gewissermaßen war es dies sogar, wenn auch auf geistiger Ebene. Sie konnte sehen wie Sedrael die Klinge kunstvoll führte, so elegant und grazil, so effizient und präzise, wie es die Hexe tatsächlich konnte. Die Worte blätterten das poröse Gestein ab, jener Ballast der sie zu Boden drückte, der sie dort festhielt, wo sie feststand, der sie beschwerte und im modrigen Sumpfland versinken ließ. Es schien als hätte Sedrael sich angeschickt die maroden Türen zu öffnen, mehr noch, als hätte die Sephi ihren Mut zusammengenommen und sich in das Dornengestrüpp, jenes verwinkelte und widerspenstige Labyrinth das Reahs Geist darstellte voran gewagt und genau wusste welchen Pfad sie einschlagen musste, um zu ihrem Ziel zu gelangen. Tat sie es bewusst oder folgte sie einem Ruf der Macht? Und wenn ja, war es Reah selbst die hier rief? Es gab viele Arten nach Hilfe zu schreien und nicht immer, ganz besonders in ihrem Falle, war sie sich dieser Tatsache vielleicht nicht einmal bewusst. Stück für Stück musste sie mit ansehen, wie die Mechanismen ihres eigenen Versteckspiels ausgehebelt wurden. Das Räderwerk der Illusionistin zerfiel lockerte sich, es konnte nicht das tun, was Sedrael ansprach, es konnte nicht überstehen, nur blenden. Ein Scheinbild konnte geschaffen werden, eine falsche Wand ließ manchen Tölpel zögern doch je stärker sich die Realität darum manifestierte, desto leichter war sie zu durchschauen bis sie schließlich von selbst entschwand. Die Hexe musste erkennen, dass sie versucht hatte, was nicht funktionieren konnte: eine Realität in eine Illusion zu verwandeln. Das Individuum Sedrael zu einer Lüge umzuformen doch einer Lüge konnte niemand vertrauen und Lügen vertrauten niemanden. Die Paradoxe Scharade fiel in sich zusammen - von simplen Wahrheiten ins Wanken gebracht. Überstehen aber, mussten sie es dennoch und dies mochte jener Punkt sein den Sedrael übersah oder nicht ansprach. Möglicherweise hatte sie es bereits selbst erkannt: wer sich nicht anpasste, provozierte den Konflikt und ihr musste bewusst werden, musste unmissverständlich klar sein, was die Konsequenz dessen sein würde. Nicht jedes Problem ließ sich harmonisch und mit gewitzter Wortgewalt lösen für einige waren grobere Mittel erforderlich.

Der Schatten zuckte, als er erfahren musste, wie sich eine plötzliche, eine unerwartete Berührung anfühlte. Sie spürte wie sich ihre Hand anspannte, als das Blut in den Venen sich wie Feuer anfühlte. Das Licht ließ das klebrige Pech darin lodern und nur mit Mühe konnte der Blick der Hexe der Geste folgen, die in den Tiefenraum deutete. "Verlockend.", sprach sie schließlich, doch wagte sich nicht Sedrael anzusehen. Ein fürwahr reizvolles Angebot und Reah hätte zugesagt, hätte vor Tagen ohne jedwede bedenken zugestimmt, so lachhaft dieses Angebot aus den Blickwinkeln mancher auch anmuten mochte. Doch die Sephi hatte Recht. Es gab Ketten, die ließen sich nicht durch eine trostspendende Geste auflösen, jene Ketten, die sich Verantwortung nannten. Jedes fühlende Wesen hatte in einer Gemeinschaft Verpflichtungen, erst recht in einer so großen Galaxis und galten sie nicht Institutionen, so galten sie bestimmter Moral oder sich selbst. "Ihr habt Recht.", stimmte Reah der Sephi knapp zu und zwang ihren Körper sich zu entspannen, sich gefallen zu lassen, was Sedrael ihr dieses eine Mal anbot. "Und Ihr werdet in Kürze erfahren worum es sich dabei handelt. Eine letzte Sache wenn Ihr so wollt, eine Sache, die in einem solchen Desaster enden wird, dass ich das Imperium werde verlassen müssen." Ungesehen zuckten die Mundwinkel nach oben, als wollten sie ein müdes Lächeln andeuten. Die Worte galten weniger Sedrael, als vielmehr ihr selbst. Das mysteriöse Tal der Jedi, sie wusste zu wenig darüber um es beurteilen zu können, ja konnte nicht einmal sagen, um was es sich dabei handelte. Und doch wollte sie vermeiden, mit allen Mitteln verhindern, dass der Imperator seine gierigen Hände danach streckte. Dies war ihr klar, klar seit Byss wo die Speichellecker Vesperums die Wichtigkeit der Unversehrtheit dieser Legende betonten. War es ein Nexus der Macht? Ein Grabmal, ähnlich Korriban? Eine Waffe? Als was es sich auch entpuppte, im Falle Vesperum wusste ihr verstand, dass es ein mächtiges Instrument sein mochte, wenn es seine Aufmerksamkeit erregte und jene Macht war nicht für die Hände eines Monsters bestimmt, vielleicht für die Hände von niemanden. "Doch eine Sache noch, Sedrael.", sprach sie während sich der Kopf nach oben reckte und sich aus der Lethargie befreite. "Auch Ihr dürftet langsam erkennen, dass wir uns in einer Zeit befinden, in der erlangte Freiheit verteidigt werden muss. Ich will Euch nicht bekehren und doch... solltet Ihr je den Wunsch verspüren Euch den kämpferischen Aspekten des Jedi-Daseins zuwenden zu wollen, zögert nicht zu fragen." Zu sehr erinnerte sie sich daran, wie die Sephi ihr Schwert auf Firrerre einfach beiseite geworfen hatte und offenbar widerstandslos ihren möglichen Tod akzeptiert hatte. Doch darin lag keine Größe - nur Narren oder Feiglinge wählten den Märtyrertod und obgleich Reah bewusst war, dass es viele Arten gab einen Kampf zu führen, so musste doch deutlich zu sehen sein, dass das Imperium, selbst die Republik und die Mehrheit der Jedi, der Sith nur eine Art kannte und akzeptierte. Pazifismus war Nobel anzusehen, doch seit Alderaan wusste die Galaxis, dass es sich um ein närrisches Ideal handelte. "Denn wenn Ihr Euch auf Eurem Weg in die Freiheit nicht totrennen wollt, werdet Ihr eines Tages kehrt machen müssen und sie auch verteidigen."


Orbit von Atrisia, Modular-Kreuzer Celsius

Übliche Probleme? Iphris zögerte während sich ihre Haltung wieder etwas versteifte und sie sich entschuldigend räusperte. Sie musste zugeben nicht direkt zu wissen, was der Flottenadmiral meinte, noch spürte sie das Verlangen, sich in derartige Belange einzumischen. Für Menschen wie Iphris war das Wort "Jedi" mehr ein Mythos und nach über zwanzig Jahren imperialer Propaganda blieben selbst bei wachem Geist nur lose Fetzen zurück, ganz davon zu schweigen, dass mit imperialer Strafverfolgung zu rechnen war, sollte sich jemand wagen sich mit dieser Thematik zu beschäftigen. Das hieß nicht, dass sie Vaash solcher Umtriebe verdächtigte, denn letztlich kannte jeder die Geschichten um den imperialen Exekutor Darth Vader und die Kuati hatte eine recht konkrete Ahnung auf was der Flottenadmiral mit seiner Aussage anspielte. Selbst wenn nicht, erlaubte es allein sein Stand hinter die Fassaden der Propaganda zu blicken und einige Dinge klarer zu sehen und vielleicht sogar aussprechen zu dürfen. Andererseits, so unwahrscheinlich es vom ihrem Gefühl her auch schien, konnte es auch gut sein, dass der Mann sie nur testen wollte. Ein freundliches Gesicht war nicht immer ein vertrauensvolles und wie sich anhand seiner Anwesenheit ableiten ließ, konnte man sogar einen Tiberius Vaash für den Geheimdienst einspannen. Aber wie die Lage nun auch sein mochte, es dürfte den alten Mann überraschen, dass er falsch lag. "Verzeihen Sie mir, wenn ich mir nicht sicher bin, was sie damit meinen, Admiral.", begann Iphris entschuldigend, "Aber als problematisch hätte ich das Verhältnis zwischen Captain Stratis und Inquisitorin Nigidus nicht beschrieben. Ich kann Ihnen die genauen Hintergründe nicht nennen, aber er wurde nach Kuat versetzt." Problematisch war es eher gewesen, wie sich Stratis untergeordnet hatte und jeder offenen Konfrontation aus dem Weg gegangen war, als hatte er gehofft, die Inquisitorin könnte irgendetwas für ihn tun, solange er nur mitspielte. Nun, vielleicht war sein Plan mit ebenjener Versetzung letztlich sogar aufgegangen, hier konnte sie nur spekulieren. "Sie werden feststellen, dass sie ein wenig... eigen ist. Allerdings hat sie sich bei navalen Operationen bislang bedeckt gehalten und sich nicht eingemischt." Nun, zugegeben, das klang ein wenig harmloser als es tatsächlich der Fall war, allerdings würde Iphris keine Vorgesetzte, erst Recht keine Agentin des Geheimdienstes, über den Kom-Kanal diskreditieren.

Die Kuati seufzte. Natürlich wollte der Admiral etwas wissen, blöd und gewissermaßen auch peinlich, war es lediglich, wenn es kein Wissen gab, dass sie teilen konnte. Gewissermaßen war sie selbst ebenso ahnungslos was das weitere Vorgehen anging, wie er - nun, beinahe jedenfalls. Es gab Gerüchte, Spekulationen und sie hatte das Gefühl, dass die Worte, die bei ihr ankamen, bereits so verfälscht waren, dass der wahrhafte Informationsgehalt gegen Null ging. "Nicht wirklich Sir, tut mir Leid. Ich kann Ihnen höchstens einige Vermutungen anbieten, die unter den Crews kursieren. Offenbar hatte Inquisitorin Nigidus das grobe Vorgehen mit Captain Stratis besprochen bevor er aufbrechen musste." Iphris zuckte mit den Schultern und kramte ihre Gedanken zusammen um dem Admiral die Puzzleteile zu präsentieren, die sie zusammenkratzen konnte. "Es geht anscheinend um einen Komplott zwischen einem hochrangigen Mitglied der Pentastar-Bewegung und - so unwahrscheinlich das auch klingen mag - einer Jedi-Niederlassung." Keine Sache, die aus ihrer Sicht irgendwie Sinn machen konnte. Es gab keine großen Orte mehr, an denen sich Jedi versammeln konnten - Palpatine war gründlich gewesen, sehr gründlich und noch weniger Sinn schien die Involvierung von Pentastar zu machen - selbst mit Kaines Abspaltung blieb der Draht über Großadmiral Grant zum Imperium irgendwo bestehen. Oder reichte die Verschwörung vielleicht tiefer als sie annahm? Gewissermaßen würde es die Verstrickung des Geheimdienstes und das große Militäraufgebot erklären. Iphris strich sich eine Strähne hinters Ohr und atmete ruhig aus. Weniger Spekulationen, mehr Fakten. Es hieß abwarten. Immerhin schien Vaash die Art von Person zu sein, die bereit schien, Informationen weiterzugeben - mit etwas Glück also, wären sie in den nächsten Stunden alle ein wenig schlauer.
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#30
Konnte sich Vaash vorstellen, dass es keinen Staat mehr gab? Nichts mehr, für das man sterben konnte oder kämpfen musste? Keine Politik, der man diente? Konnte sich Vaash vorstellen, dass alle Völker zusammenfanden, um einen Frieden zu teilen? Konnte sich der alte Mann vorstellen, dass es keinen Tod gab, sondern nur die Macht? Keine Hölle, die sie verfolgte? Vielleicht konnte er dies. Vielleicht war da mehr in ihm als die alte Hülle eines Offiziers, welche immer marschierte, im Gleichschritt des Staates. Politik war Gift für ihn, wie für alle seiner Klasse, welche nach Ehre suchten. Explosion, wie Turbolaser-Einschläge, durchzogen seinen Geist. Gedanken sprangen von einem Punkt zum anderen. Dunkelheit zeichnete sich ab. Auch hier keine Antworten. Keine Träume oder Visionen, sondern wieder nur Handlungen. Einfache Befehle, ohne Inhalt. Die Vorstellung wollte nicht mehr besitzen, nicht mehr triumphieren, sondern nur noch Entkommen. "Ich verstehe," fiel locker aus seinem Mund, wie ein militärischer Flugkörper aus einem Bombenschacht. Dieser zerschellte am Boden, löste nichts weiter aus; ein Blindgänger, wie die hoffnungsvolle Sehnsucht, dieser Lage zu entkommen. Wie schön wäre der Gedanke, die Vorstellung, dass es keinen Staat und keinen Krieg mehr gab. Verlockend diese Sehnsucht, einfach nach Hause zu gehen. Ein Traum, welcher nicht geträumt werden durfte. Weiter kämpfen, weiter töten - für diese Illusion von Staat, welche im Grunde nur Grotte eines Dämons war. Vaash wusste, hatte gesehen, was Vesperum war. Grausam war die Erinnerung und diese vermischte sich mit dem Angesicht des Momentes. Reah Nigidus. Was war sie? Eventuell genau das gleiche Geschlecht von Dämonen, Abgöttern, aus dem tiefsten Kreis der Hölle? Warum teilten sie diese Galaxis mit solchen Geschöpfen? Der Alte, er hatte viel auf seinen Reisen zwischen den Sternen geschehen, aber nichts war derartig, wie diese Machtnutzer. Abartige Monster, Kreaturen ohne Seele, so schien es. Haraam konnte nicht ahnen, was wirklich in ihm vorging. Nicht wissen, was er wusste. Er war es, welcher die Pforte der Hölle aufgerissen hatte, um ein sterbendes Reich zu retten. Gerettet hatte er es, vorerst aber alle wussten, wenn man einen Vertrag mit dem Teufel schloss, dass die Seele als Preis gefordert wurde. Und hier war sie. Auf diesem Trip, auf dieser Reise verloren in makaberen Kreis von Ironie. Von einem Machtnutzer zum Nächsten. So einfach und so grausam. Folgsamkeit und Eide waren bessere Ketten als Durastahl-Fesseln. Tiberius versuchte an den nächsten Tag zu denken. Den nächsten Moment, um dieser einen Sekunde Furcht zu entfliehen. Er fürchtete sich. Sein ganzes Herz raste und pumpte Blut in seine Augen, welche den Captain, eigentlich eine schöne Frau, anstarrten. Ihre Bewegung, ihr Schulterzucken, ja, sie war ähnlich hilflos, wie der Alte. Die Trommelnd es Krieges schlugen wieder, langsam aber beständig. Der Rythmus ließ beide ohne großartige Bewegung tanzen. Hier und bald in dieser sinistren Mission. Beide taten nichts anderes als zu dienen. Wie Stratis nun bei Kuat, und er mit Haraam hier.

"Ein Komplott? Ich werde dies mit dem Leiter dieser Operation besprechen, Captain." Mut aus Furcht. Seine Stimme war klar, gefasst und militärisch. Immer auf ein Ziel fokussiert. "Ich danke Ihnen. Wir sprechen uns später." In der Tat gab es noch Dinge zu klären, wie Flottenaufstellungen und Umgliederungen in der Kommandostruktur. Doch nicht jetzt. "Ich werde zu dieser...," begann er einen Satz und schaute dabei abfällig zu Boden. "... Inquisitorin aufbrechen." Er blickte wieder auf und nickte Haraam zu, ehrlich. Beide waren sich gleicher oder waren sie gleich gemacht? Der Alte, der Schlachtenlenker, war haltlos geworden. Reah Nigidus war also eigen. Das waren diese Monstrositäten immer. Vesperum war es, also würde sie es auch sein. Also nichts neues für den alternden Kämpfer. "Admiral Vaash Ende." Weiteres war unnötig und man würde später dieses Gespräch vertiefen. Die Verbindung wurde gekappt. Es gab ein Ziel: Handlung. Vaash brach auf, um mit einem Shuttle zum Flaggschiff des neuen Dämons überzusetzen. Seine Hände und Angesicht waren bereits schwitzig, und so versuchte er mit einem Tuch Abhilfe zu schaffen. Dieser Tag würde sicherlich nicht mehr gut enden aber er wäre nicht Tiberius Vaash, wenn er nicht standhaft wäre. Standhaftigkeit war seine Tugend, auch im Angesicht der finsteren Mächte, welche er einst beschworen. Soldaten erfüllten ihren Eid. Auch hier.

Was erwartete ihn? Was kam auf ihn zu? Die wenigen Minuten des Fluges im Lambda-Shuttle verbrachte der Offizier damit, seine Gedanken zu versachlichen, um keine Angriffsfläche zu bieten. Immer wieder tief durchatmen. Nicht schon wieder versagen. Nicht schon wieder, seelisch brechen. Vesperum hatte gesiegt, Nigidus konnte es nicht mehr. Vaash war klar, wo er sich befand und bald befinden würde. In der Hölle.
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