#1

Atrisia


Modular-Kreuzer Feuerschwinge

Nein... Donnovan nickte langsam und scheinbar verstehend. Nein, natürlich war nichts klar - wie sollte es auch? Diese Sephi hatte soeben die hässlichste Seite des Imperiums gesehen, die Seite, die dazu führte, dass sich Splittermilizen und Aufständische, jene, die die Worte von Freiheit und Demokratie verkündeten, zu einer organisierten Allianz zusammenschlossen, die nunmehr in der Neuen Republik gipfelte. Wer sich dieser Tage im Imperium umsah, der wusste, dass schwere Zeiten bevorstanden. Donnovan war, vielleicht aufgrund seines Alters, weitaus weniger verblendet als man annehmen mochte, er besaß einen gewissen Durchblick und erkannte die wahre Konstellation der Mächte - egal auf welch verschrobene Art und Weise die Propaganda es zu vertuschen versuchte, so war er doch nicht blind. Der Kommandant erkannte wessen Geistes Kind Personen wie Nigidus, ja selbst Vesperum waren - nach über zwanzig Jahren Darth Vader fiel es ihm schwer zu vergessen und noch weniger vergaß er, wer Vader mit dieser Macht ausgestattet hatte, wer die mörderische Willkür duldete, gar genehmigte. Palpatine selbst war der Ursprung, der Katalysator der Kriegsverbrechen, die schon im letzten Krieg begannen. Die Menschen hatten sich Führung, hatten sich Stabilität erhofft und bekamen sie stattdessen unter einem Schleier von Furcht und Angst gereicht. Palpatine schuf die Illusion einer permanenten Bedrohung um sein Volk an sich zu binden und sich selbst über alles zu erheben. Aber Donnovan, Männer wie Donnovan waren nicht unschuldig. Denn sie zogen mit und unterstützten die radikale Umformung. Zweifellos aus Angst und Schwäche und nun suchten sie nach Vergebung und Erlösung, nun wo sie alt waren und ihre Fehler begriffen. Doch anders als viele seiner Kollegen brannte in dem alten Offizier noch ein Feuer, das versprach sich nicht einfach zu beugen, nicht einzuknicken, sondern noch einen letzten Teil zum Allgemeinwohl beizutragen. Er mochte die Bedrohung durch offenkundige Machtnutzer wie Nigidus nicht direkt beseitigen können, aber, und das war wichtig, er konnte Misstrauen säen, dass sich die staatlichen Strukturen nun endlich von der religiösen und philosophischen Strukturen lossagten. Pestage mochte auf dem Thron ein lausiger Herrscher sein, doch Donnovans Gefühl sagte ihm, dass er die bessere und vernünftigere Wahl war - wenn das Imperium langfristig überleben sollte. Träumte er hier von einer Koexistenz mit der Republik? Warum nicht. Krieg hatte es genug gegeben und Welten, die sich dem Imperium freiwillig anschlossen, wäre auch ihre Lebensweise in nirgends bedroht. Doch was hier geführt wurde war Krieg um des Krieges willen. Man wollte gar nicht erobern, nein, man wollte vernichten. Firrerre hatte das gezeigt. Ein unnötiger Schlag, eine unverantwortliche Aktion, die nur noch größeres Leid heraufbeschwor. Doch über die Motive konnte der Offizier nur spekulieren. So wie er es beurteilen konnte, handelte Nigidus kaum nach Plan, sondern aus spontanen Launen und Gefühlen heraus - willkürlich und unberechenbar.

War es im Imperium denn wirklich weniger schlimm, als auf einem sterbenden Planeten? Der Captain runzelte die Stirn und fragte sich, ob die nach außen hin jung erscheinende Sephi nicht ein wenig arg idealistisch und naiv an diese Sache heranging. Gut, auf Firrerre wäre sie nun tot und dass es sich dabei um keinen wünschenswerten Zustand handeln konnte, war ihm vollkommen bewusst. Aber war imperiale Gefangenschaft wirklich besser als der Tod? Nicht zwingend, wie er wusste. Schon oft hatte er gesehen, wie die Agenten des Sicherheitsbüros durch die Zellenblöcke schlichen, eine Kolonne Vehördroiden im Schlepptau. Eine nette Umschreibung für ein perfides Folterwerkzeug, dass ein fühlendes Wesen auf unzählige Weisen quälen konnte. Und dann kam der Arzt um den sterbenden Gefangenen zurück ins Leben zu holen, nur, damit die Prozedur auf ein Neues begann. Der Tod brachte wenigstens die Gnade der Endgültigkeit und sofern es Donnovan beurteilen konnte, spürte man bei einem Orbitalschlag wohl nicht mehr viel. Es war ein sauberer, schneller Tod, auf seine Art gnädig. "Hoffen Sie's... um ihretwillen.", murmelte der Kapitän undeutlich zurück. Verblendung würde am Ende nicht helfen, und doch schlich sich das vage Gefühl ein, dass es am Ende gleichgültig sein würde, was er sagte. Diese Sephi war weder dreist noch unfreundlich, aber dennoch glaubte der Kapitän einen gewissen Trotz erkennen zu können. Vielleicht versah er sich, doch schien, als würde sie ihre Worte, ihre Meinung, wie einen Fakt darstellen. Etwas, dass unumstößlich schien und Donnovan an etwas aus alter Zeit erinnerte, das er lieber vergessen wollte. Manche Sachen begrub man besser auf ewig und fing nicht aus Mitleid, aus falscher Sympathie an, diese wieder ans Tageslicht zu befördern, obgleich der Captain zugeben musste, dass es ihn interessierte wie diese Sephi sich wohl selbst erklärte, dass ausgerechnet sie überleben durfte.

Er schüttelte resigniert den Kopf - dort war es schon wieder. Dieses Besserwisserische. Vielleicht war sie gesund, vielleicht auch nicht. Widerspruch und Beschwichtigung halfen nichts - auf seinem Schiff gingen die Leute zum Arzt, erst recht wenn sie von irgendwelchen nahezu unbekannten Planeten am Rande der Galaxis kamen auf denen sich eine unheilbare Seuche ausbreitete. Obgleich die Seuche nicht einmal das entscheidende Kriterium war, im Prinzip konnte die Sephi alles Mögliche einschleppen. Ob das nun eine einfache Ausrede vor sich selbst war oder nicht, war gänzlich uninteressant, möglicherweise hatte es auch nur Symbolcharakter. Sie musste begreifen, dass es Regeln gab, Regeln die befolgt werden sollten um unnötige Konflikte zu vermeiden. Es kam einer Art kleinen Lehrstunde gleich, ein Exkurs, wie sie sich Imperialen gegenüber verhalten sollte, Imperialen gegenüber, die weitaus weniger gnädig waren als er. Männern wie Stratis. Wobei. War Stratis ein gutes Gegenbeispiel? Vermutlich nicht. Wenn Nidigus ihren Köter nicht an der Leine hielt, würde er wohl die erste Gelegenheit nutzen um sie zu erschießen. Stratis der verblendete Idiot. Der dachte er wäre wichtig. Von Bedeutung. Donnovan konnte über diese Einfalt nur müde lächeln. Nigidus brauchte jemanden um diesen Riesenkreuzer zu navigieren - mehr nicht. Und irgendwann würde Stratis am eigenen Leib erfahren, wie überflüssig und austauschbar er war. Donnovans Lippe zuckte kurz, als hätte sie sich daran erinnert, wie Lächeln überhaupt funktionierte. "Hören Sie Lady...", meinte der Offizier in einem versöhnlichen Ton, den er im Prinzip gar nicht nötig hatte, "... Sie müssen nicht jede Anweisung kommentieren, die man Ihnen gibt. Sie leben meist gesünder, wenn sie einfach mit dem Kopf schütteln oder nicken." Er seufzte. "Wie Sie sicher bemerkt haben sind... xeno-Lebensformen in dieser Gesellschaft nicht allzu beliebt."

Damit drehte sich der Offizier allmählich um und begann, sie zur Krankenstation zu führen. Vorausgehen... Etwas nagte an Donnovans Geist, es waren weniger die einfachen Worte selbst gewesen, als viel mehr wie die Sephi es gesagt hatte, dass ihn beschäftigte, während sie Meter um Meter das öde Innenleben des Kreuzers durchschritten. Vereinzelt liefen Mitglieder der Besatzung durch die Gänge, doch seit dem Eintritt in den Hyperraum schien der Großteil der Mannschaft sich in die Cantina oder in ihre Räume verkrochen zu haben. Es waren nicht so wenige, wie man glaubte, die Zerstörung solchen Ausmaßes verabscheuten. Doch letztlich fehlten ihnen die Mittel. Die Mittel dagegen aufzubegehren, ohne gleich das Imperium verlassen zu müssen. Schlussendlich war das auch Donnovans eigentliches Problem. Es war immer schon leicht gewesen noble Phrasen zu dreschen, doch die Forderungen konsequent umzusetzen, war etwas völlig anderes. Es war komplizierter. Und da halfen ihm weder Optimismus noch Idealismus. Er wusste, dass der gegenwärtige Zustand alles andere als optimal war, doch seine Optionen waren am Ende bescheiden und streng limitiert. Vor einem sauberen, strahlend-sterilen Schild, das auf den Medi-Bereich hinwies, blieb der Captain plötzlich stehen und wandte sich ernst zur Sephi um. Er hatte beschlossen das Wagnis einzugehen und die Frage zu stellen. Ja ihre Wunde war noch frisch und es mochte herzlos erscheinen. Doch besser er fragte jetzt, als wenn es später keine Gelegenheit mehr geben würde. "Eines müssen Sie mir noch erklären, bevor ich Sie zum Doc lasse: ein ganzer Planet wird vernichtet und ausgerechnet Sie wurden verschont - von einer Person die weniger Gefangene macht als sie glauben mögen und noch weniger Ambitionen besitzt Gnade zu zeigen. Warum?"[/block]
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#2
„Ich verstehe“, sagte sie halblaut, als Donnovan ihr die Umstände klar zu verstehen gab, und neigte ihren Kopf ein Stück hinab, beinahe schon demütig. Schließlich öffnete sie ihren Mund erneut für einen kurzen Augenblick, holte bereits Luft, um anzusetzen, etwas zu sagen, doch brach sie ihre erdachten Worte ab, ehe diese ihren Mund verlassen konnte. Der Mann hatte Recht. Es war ein Ratschlag gewesen, vielleicht der erste gut gemeinte, den sie seit langer Zeit erhalten hatte. Letztlich bestätigten seine Aussagen nur das, was sie von dieser Gesellschaft sehen konnte. Bislang hatte sie nicht sicher sein können, ob sich der Umgang mit ihr auf ihren derzeitigen schlechten Status als räumlich Gefangene oder auf etwas anderes bezog. Langsam setzten sich einzelne Puzzlestücke aber zu einem klareren Gesamtbild zusammen, zumindest in manchen Dingen. Diese Gesellschaft schien – aus welchen Gründen auch immer – ein gewisses Problem mit Nichtmenschen zu haben. Erst jetzt wurde Sedrael auch bewusst, dass alle Personen, die sie bislang sehen konnte, in der Tat auch Menschen gewesen waren. Wo das zunächst Zufall hätte sein können, schien diese Gleichförmigkeit innerhalb des militärischen Apparats nun aber nicht nur auf den geistigen Aspekt zu beziehen, sondern offensichtlich auch auf einen rein physischen. Selbst eine möglicherweise weniger gleichgeformte Person wie Rupert Donnovan schien sich dem nicht vollständig entziehen zu können. Xenos – also Fremde – implizierte schließlich, dass man also in bestimmter Form dem Menschen fremd sein musste, dass man in etwas eingedrungen war, das einem nicht selber, sondern jemand anderem von Rechts wegen zustand. Doch worin sollte ihre Fremdheit liegen? Sedrael war auf Firrerre geboren, aufgewachsen, zumindest einige Jahre und schlussendlich wiedergekehrt. Dort war sie herausgestochen, die Weiße, ihre Erscheinung, der sie letztlich auch ihren Rufnamen verdankte, nachdem Firrerre ihren echten Namen aus kulturellen Gründen an fast niemanden weitergaben. Und trotz ihrer Sonderrolle als Mischkind in der firrerrischen Gesellschaft hatte man sie akzeptiert. Es hatte kein fremd gegeben. Fremd war, wer von außen kam und wen man nicht kannte. Jeder der Soldaten war an jenem Ort fremder gewesen, war mehr Xeno als sie es hätte sein können.

Fremd? In einer Galaxis mit tausenden verschiedenen intelligenten Spezies, manche zu kulturellen Leistungen imstande, von denen Menschen nicht einmal träumen konnte, andere von körperlicher Robustheit, dass sie Dutzende von Menschengenerationen überdauerten, war Fremdheit aber ohnehin ein leeres Wort. Mit welcher Berechtigung mochte man eine Fremdheit erklären, andeutend, dass eigentlich nur Menschen die Galaxis zustand und alle anderen in diese eingedrungen waren? Nun war Sedrael Nichtmenschenfeindlichkeit durchaus nicht unbekannt. Diese musste weder logisch noch durchdacht sein, konnte sie auch gar nicht. Sie existierte schlichtweg. Ideologisch, unreflektiert, sündenbockartig. In Sedraels Zeit in der Republik hatte es schon derartige Strömungen bestimmter unzufriedener Irrlichter in der Menschenspezies gegeben und es würde sie letztlich immer geben, wie auch in nahezu jeder anderen Spezies. Eigenes Scheitern und Versagen führte häufig dazu, dass man Schuldige suchte, idealerweise solche, die man nicht kannte und die man als merkwürdig empfand. Bereits der geläufigere Begriff des „Alien“, den Menschen so häufig für Nichtmenschen benutzten, trug schließlich die Begrifflichkeit des Andersseins in sich und mochte für manche daher schon der erste gedankliche Schritt zum wertenden, ausgrenzenden Fremdsein, also zu einer Trennung zwischen seiner selbst und anderen Spezies, sein. So als gäbe es nur die Unterscheidung zwischen Menschen und Nichtmenschen, wobei Letztere – obwohl eine extrem heterogene Masse aus Tausenden anderer Spezies – zu einem undefinierbaren Haufen zusammengeworfen wurden. Doch im Vergleich zu ihrer Zeit in der Republik schien das hier nun anders zu sein, sehr anders. Sie hatte irgendetwas in dieser Richtung bereits im ersten Moment registriert, als sie die Rampe der Raumfähre auf dem anderen Schiff langsam und vorsichtig heruntergeschritten war und ihr die weißen Fratzen die Aufmerksamkeit gewidmet hatten. Die Macht hatte sich um sie herum zerrissen und Sedrael hatte die Feindseligkeit nicht verstehen können, die ihr so plötzlich und unerwartet als Welle der Empörung und des Hasses entgegengeschwappt war. Nun schien die Sephi erst durch Rupert Donnovans Worte zu verstehen und die allgemeinen Rahmenbedingungen, in denen sie sich befand, überhaupt erst einordnen zu können.
„Verzeihen Sie mir meine Forschheit“, antworte sie dem Mann schließlich entschuldigend und widmete ihm ein paar musternde Wimpernschläge. „Mir ist einiges hier sehr fremd. Ich muss mich und meine Rolle hierin erst noch finden.“
Ihr war durchaus bewusst, dass sie dem Mann einerseits ehrlich dankte, andererseits mit der Wortwahl ihrer Entschuldigung die Begrifflichkeit des Fremdseins umkehrte und implizierte, dass derjenige, der andere als fremd bezeichnete, von diesen seinerseits als fremd empfunden werden würde und er damit also letztlich selbst zu einem Xeno wurde. Ob Donnovan die Ironie dahinter direkt bewusst verstand oder nicht, spielte jedoch für Sedrael keine Rolle. Primär hatte sie lediglich für ihre Unwissenheit über die hier vorherrschenden Konventionen um Verzeihung gebeten.

Das schien dem Mann zu genügen, der schließlich ihren Vorschlag, sie zur Medi-Station zu geleiten, tatsächlich wahrnahm, vielleicht etwas unerwartet. An anderer Stelle hätte sie es vielleicht freuen können, dass es ihr gelungen war, diesen Mann dazu zu bringen, ihr seine Zeit freiwillig weiter und länger als unbedingt notwendig zu widmen. Freude war jedoch ein Gemütszustand, den sie in dieser Situation gerade nur schwer empfinden konnte. Schweigend trottete sie dem Mann hinterher und hielt sich an seinen Ratschlag, musste sich jedoch anstrengen, Schritt mit ihm halten zu können, da das Universum in ihrem Schädel immer weiter expandierte und ihren Geist zunehmend in Unordnung brachte. Tausende klagender Geister flehten um Vergebung und erbaten die Antwort nach dem Grund ihres Sterbens, beschworen durch die feuerspeiende Apokalypse aus dem Orbit. Die Anwesenheit oder Abwesenheit anderer Leute auf dem Schiff, Leute, die sie betrachteten, hassten oder auch nicht, nahm sie im endlosen Chaos innerhalb ihrer Gedanken gar nicht mehr wahr. Sedrael unterdrückte ein Stöhnen, bevor Donnovan nach einiger Zeit vor einer der vielen Türen stehen blieb und sich zu ihr umdrehte. Die Sephi schüttelte ihren Kopf kurz, um derweil ihre Konzentration wieder auf die physische Welt fixieren zu können und die gedankliche Ebene auszutreiben und sie von sich fortzustoßen. Donnovan schien neugierig zu sein, was prinzipiell eine gute Sache war, außerdem legte er den Finger genau dort hinein, wo es wehtat. Körperlich, als sie bei dieser durchaus unterwarteten Frage ein Stechen in ihrer Brust bemerkte, und geistig. Wie sollte sie dem Mann es erklären? Wie konnte man einem Menschen, der die Macht nicht verstehen konnte, so etwas plausibel erklären, etwas, das man nicht fühlen, nicht hören, nicht sehen, nicht riechen, nicht schmecken konnte? Es war kaum möglich. Sie verstand es schließlich selbst nicht. Man konnte die Macht und ihre Umwege anderen nicht beschreiben. Man konnte sie in seinem Inneren, man konnte sie überall spüren – oder man konnte es eben nicht. Auch ein Machtbegabter, der der Macht sein gesamtes Leben unterwarf und komplett widmete, konnte sie nicht vollständig verstehen. Sedrael konnte nicht verlangen, dass jemand ohne diese Sichtweise ansatzweise begriff, was dort unten geschehen war. Das hatte nichts mit mangelnder Intelligenz anderer Leute zu tun. Rupert Donnovan war zweifelsohne nicht dumm. Er war deswegen auch nicht weniger wert. Er hatte nur keinen Zugang zur Macht. Oder besser gesagt, er konnte den Zugang nur nicht finden, weil die Macht entschieden hatte, ihn ihm zu verwehren.

Warum das so war und bei anderen nicht, war eines der bedeutsamsten und für Sedrael interessantesten Rätsel, das sie zu ergründen suchte. Warum räkelte sich die Macht wie die Schlange um manche Personen und verführte sie, während andere ausgeschlossen blieben? Sie bot manchen die Gelegenheit der Weitsicht und die Chance, Dinge zu erreichen, die andere nie konnten – selbst wenn sie sich anstrengten. Doch genauso gab es Machtbegabte, die an dieser Aufgabe scheiterten, die sich nicht der Ergründung erschlossen, sondern diese Begabtheit anderen, egoistischeren Zwecken widmeten. In gewisser Weise mochten diese Personen ein Fehler in der Macht sein. Ein Fehler, den die Macht – wie die Geschichte lehrte – stets früher oder später korrigierte. Aber ein Fehler bedeutete auch, dass die Macht nicht vollkommen oder allumfassend war. Das wiederum widersprach aber der allgemeinen Tatsache, dass die Macht überall strömte, nur in verschiedentlicher Intensität. Möglicherweise waren dunkle Machtbegabte ein Begleitprodukt, ja vielleicht eine Art Nebeneffekt der generellen Synergie. Wie es in gesunden Körpern auch vereinzelt kranke Zellen gab, so mochte es in der Macht auch kranke Geschöpfe geben, die eben existierten und die früher oder später von den gesunden verdrängt wurden. Diese Geister mochten also ein Geschwür sein, von dem die Macht die Galaxis irgendwann reinigte und dabei möglicherweise auch die eine oder andere gesunde Zelle abstoßen musste. Firrerre? Oder war Firrerre vom Geschwür infiziert worden? War Sedrael vom Geschwür infiziert worden? Fragen. Immer nur Fragen. Die Macht war stets voller Fragen, stieß einen hinab in das endlose Labyrinth voller Dunkelheit, in dem Sonnen und Schatten geisterhaft spukten und den Gefangenen ihren eigenen Weg zum Ausgang aufzeigten. Welcher Ausgang war der richtige? Einige führten in die Abyss, andere in eine völlig unbekannte und unergründete Sphäre. Antworten. Niemand konnte sie anbieten. Sedrael glaubte nicht, dass Nigidus wirklich Antworten auf wichtige Fragen liefern konnte. Selbst wenn, waren Antworten nicht automatisch wahr. Und selbst wenn sie wahr waren, aus Sicht der jeweiligen Person, so bedeutete das wiederum auch nicht, dass sie faktisch richtig waren, also mit dem übereinstimmten, was die Macht tatsächlich auszeichnete. Die Antworten der Inquisitoren wären keine Wahrheiten, sondern Schlussfolgerungen, Meinungen. Prinzipiell also viel oder so wenig wert wie die von Sedrael selbst. Was die Frau jedoch tun konnte, war Sedraels Blickwinkel zu erweitern. Das war der Grund, warum sie hier war. Zumindest war das Sedraels Wahrheit. Oder das, was die Sephi dafür hielt. Vielleicht war es unterbewusst nur ein Vorwand gewesen und eigentlich ging es um etwas anderes. Vielleicht war das All auch gar nicht schwarz, sondern wurde von der Macht nur so abgebildet, weil die lebenden Wesen in ihren begrenzten Körpern es anders überhaupt nicht zu fassen vermochten.

Sedraels Kopf brummte, allerdings gelang es ihr nicht, sich zu erinnern, ob das seit den beiden für sie unangenehmen Flügen durchgehend der Fall gewesen oder nun eine Reaktion ihrer immer weiter ausschweifenden Gedanken war. Einen Augenblick lang strich sie sich mit einer Hand für mehrere Sekunden über das Gesicht als wolle sie den Schleier um sie herum abstreifen. Doch der Mann erwartete eine Antwort. Nun, es gab nur eine. Sedrael hatte zwar soeben vordergründig ihre eigene Antwort auf diese Frage gedanklich erörtert, nicht aber die der Inquisitorin, die für sie im Verborgenen lag. Erneut ein Kopfschütteln, um zur Besinnung zu kommen.
„Ich nehme an, ich hatte etwas anzubieten, das ihr andere nicht anbieten konnten. Allerdings kann ich Ihnen nicht sagen, was es ist. Ich… weiß es selbst nicht genau.“
Letztlich wurde ihr durch die Frage des Offiziers und ihre unbefriedigende Antwort darauf erst wirklich bewusst, was für ein unkalkulierbares Wagnis sie hier vielleicht eingegangen war. Sie war einem vagen Stoß der Macht gefolgt, einem Gefühl. Oder einem Gefühl, das sie als Stoß der Macht interpretiert hatte. Aber vielleicht war es auch eine Fehldeutung gewesen. Oder war es lediglich der Wink gewesen, den Planeten zu verlassen und fortan getrennte Wege zu gehen? Was mochte ihr wirklicher Wert für die Hexe sein? Wer war sie denn schon? Mehr Fragen. Zumindest konnte ihr Wert für Nigidus nicht materieller Natur sein. Sedrael besaß offensichtlich nichts von solchem Wert, außer vielleicht ihr Schwert, an dem die Inquisitorin aber schließlich beinahe so wenig Interesse gezeigt hatte wie Sedrael selbst. Nigidus hätte sie jederzeit entwaffnen können, wenn sie es gewollt hätte, hatte sich aber entschieden, ihr diese Waffe trotz ihrer Gefangenschaft zu überlassen. Tendenziell würde die Sephi vermuten, dass die Inquisitorin ohnehin über den materiellen Werten stand und nach einer ganz anderen Antwort auf gewisse Fragen suchte als über Reichtum und Überfluss. Wer in der Macht verankert war, für den war das Geld nur ein Bezahlwert für den Tauschhandel, ohne weitergehenden Nutzen. Es würde die wichtigen Punkte der Existenz und des Strebens nach Erkenntnis weder kultivieren noch zähmen können. Dennoch war fraglich, ob das überhaupt das Interesse von Nigidus war oder etwas ganz anderes. So viele Gedanken, so viele Unwägbarkeiten.

Es war nur logisch, dass ihr Geist nach diesem fürchterlichen Tag alles zu hinterfragen begann. Schließlich lag Hinterfragen und Überdenken in ihrer Natur, immer schon. Ein tiefer Einschnitt war nun aber vollzogen, der nicht mehr ohne Weiteres rückgängig gemacht werden konnte. In all diesem heutigen Wahnsinn und nach den Schreien der Todesfee, die im Glockenspiel der Macht plärrendes Zeugnis in Sedraels Kopf darüber ablegten, dass jene tausendfach Seelen von dem Planeten eingefordert hatte, war nur gewiss, dass sich das Vakuum nicht nur um das Schiff herum ausgebreitet hatte, sondern auch mehr und mehr im Kopf der Sephi. Gewiss war nur, dass ihre Augen wie im versiegenden Feuer brannten, derzeit noch befeuert von Müdigkeit und Trauer, aber sie spürte bereits, wie der glimmende Funken darin allmählich erlosch und ihre Konzentration immer schwerer machte. Nicht nur geistig, sondern auch zunehmend körperlich. Die zunächst unauffälligen Zeichen ihres Körpers wurden mehr und mehr, insbesondere ihre deutlich erhöhte Blinzelfrequenz, die versuchte, gegen die unklarer werdenden Bilder vor ihren Augen anzukämpfen. Es war wohl nötig, die Untersuchung hinter sich zu bekommen, anschließend aber konnte sie nur noch eine Unterkunft erbeten, in der Hoffnung, dass der Schlaf einige Gedanken beantwortete, sie austrieb oder aber zumindest so weit zu ordnen vermochte, dass Sedrael in einem Zustand aufwachte, der kontrollierter war als das verwundete, chaotisierte Wrack, das sie im Moment war. Oder dass sich der Albtraum, in dem sie sich befand, als das herausstellte, was er war: Ein Traum.
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#3
Der Captain verdrehte genervt die Augen. Man konnte auf Wörtern herumreiten, sie sich zurechtbiegen, gerade eben so, um vermeintlich zu zeigen wie gut man doch verstand, noch ein letztes bisschen Missbilligung hindurchblicken lassen. Aber wurde es dadurch besser? Oder stellte diese trotzige Provokation, als die es Donnovan ansah nur die Ausgeburt der Verzweiflung dar? Manche Wesen starben im Blasterfeuer, andere daran, weil sie dem Schrecken dabei zusehen mussten, wie eine seine Arbeit verrichtete und dann mussten sie weiterwandeln. Zurückgelassen und allein, vielleicht vom Wunsch beseelt auch endlich Erlösung zu finden. Aber er war weder Richter noch Henker und würde sich an dieser Stelle nicht die Blöße geben sich zu einer emotionalen Überreaktion hinreißen zu lassen. Zwar konnte der Captain all die Gefühle gut nachvollziehen, doch sein rationaler Verstand erkannte auch wie unnötig viele ihrer Äußerungen waren. Woanders hätte sie längst eine Tracht Prügel bezogen. In seinen Gedanken lachte es trocken... woanders... Dieses woanders war gar nicht so weit weg. Genau gekommen standen sie sogar mitten drin. Es war das Imperium selbst. Selbst hier, auf diesem Schiff. Ein anderes Mitglied der Mannschaft hätte gereicht, irgendein junger Leutnant, der sich gegenüber der geschundenen Seele aufspielen konnte, der sie vermochte weiterhin zu quälen und mehr hätte es nicht gebraucht und das Ding hätte um den Tod gebettelt. Zu seiner Verwunderung aber, schien es dieser Frau in keinster Weise tatsächlich bewusst zu sein, in welch heikle und tödliche Lage sie geraten war, doch konnte sich der alte Mann keinen Reim darauf machen. Mochte manche ihrer Worte nur um des Widerspruchs wegen gefallen sein, doch Donnovan glaubte nicht, dass ihre Naivität, die sie dem Imperium gegenüber an den Tag gelegt hatte, gespielt gewesen war. Konnte jemand tatsächlich derart unwissend sein? Selbst auf anderen Randplaneten, die noch abschüssiger Lagen als Firrerre, war das Reich bekannt und gefürchtet. Dafür hatten Männer wie Tarkin wohl gesorgt. Die einzig plausible Erklärung war wohl, dass die Sephi sich nicht sonderlich für die weltlichen Belange interessierte, die die Galaxis in Atem hielt.

Ihre Unkenntnis über das Interesse Nigidus' an ihr, untermauerte seine Vermutung. Sicherlich war Nigidus alles andere als eine weltliche Persönlichkeit und schien sich nur marginal für materielle Dinge zu interessieren... nun... überhaupt schien sie Dingen nur wenig bis keine Bedeutung beizumessen, die nicht in direktem Zusammenhang mit ihr standen oder der Institution, die sie augenscheinlich verkörperte. und an dieser Stelle tat sich ein erneutes Unverständnis in Donnovans Gedanken auf. Er hatte vorher nie darüber nachgedacht, zweifellos, weil es dazu gar keinen Grund gab, doch nun, urplötzlich mit dieser Sephi vor seinen Augen, schienen sich die Perspektiven ein wenig zu verschieben. Er dachte an Isard und Nigidus, ihren Zusammenhang und wie so etwas überhaupt zusammenpassen konnte. Die Direktorin des Geheimdienstes war gewiss nicht zimperlich und konnte allemal so grausam sein wie Palpatine selbst, aber in ihren Bahnen war sie vernünftig. Sie agierte nach Plan, wägte Kosten und Nutzen kühl ab und machte ihren Zug. Die Inquisitorin selbst schien das genaue Gegenteil darzustellen und schien, anders als die Direktorin, die Grenzen ihrer Befugnisse nicht wahrzunehmen - oder sie betrachtete derartiges schlichtweg als entbehrlich. Am beunruhigendsten war gewissermaßen diese Macht selbst. Denn Nigidus besaß sie und es war keineswegs die Rede von militärischer Autorität, die Flotten dazu zwang verzweifelte Schlachten zu schlagen. Nein, die Macht dieses Weibs war echt, wenn auch nicht fassbar. Sie besaß etwas, das im Imperium offiziell gar nicht da war. Das nicht existierte, weil Palpatine es vor über zwanzig Jahren ausgelöscht hat, mitsamt den Jedi. Aber einige hatten scheinbar überlebt und Nigidus war eine von ihnen. angepasst und umgekrempelt um dem Imperium zu dienen. Scheinbar. Zweifellos wusste Isard, dass ihre Inquisitorin zu den offiziell geächteten Personen gehörte, der interessante Gedanke war lediglich, ob Isard merkte, wie ihr die Kontrolle über diese Monster entglitt und sie sich verselbstständigten. Selbst wenn Vesperum nicht auf den Thron zurückkehren sollte. Selbst wenn Pestage sich würde durchsetzen können - Personen wie Nigidus blieben, für sie war es ein leichtes den unerwünschten Herrscher zu beseitigen und durch etwas... annehmbares auszutauschen. Die Stirnfalten wurden tiefer, als ihn neue, teils krude Gedanken einholten. Mochte das am Ende sogar Isards Plan sein? Konnte all dies beabsichtigt sein?

Donnovan blinzelte vorsichtig. Nein, hier ging es nicht um Verschwörungen. Es ging nur darum, was Nigidus von der Sephi will, was ihr dieses unschuldige Wesen geben könnte. Und bei aller Perversion, bei aller Begeisterung für Sadismus, schätzte der Captain die Inquisitorin nicht so ein, dass sie Bedarf an Sklaven hatte. Es musste etwas anderes sein, vermutlich aber, würde er mit seiner rein weltlichen Sicht nie erkennen können, was es war. Er hätte nicht Fragen sollen, hätte seine Neugier zügeln müssen, denn plötzlich schienen sich die Fragen nur vervielfältigt zu haben und doch erkannte er auch das Leid, die Müdigkeit in den Augen der jungen Dame. Selbst wenn er darauf bestand, selbst wenn er weiter in diesem Nest herumstocherte, würde an diesem Tag kaum noch etwas dabei herauskommen. Er würde sich gedulden müssen und so nickte er nur einen Moment nachdenklich, ehe er den Weg zur Tür freigab. "In Ordnung, dann lassen Sie sich von Reisz durchchecken, er wird Sie anschießend zu Ihrer Zelle begleiten." Zelle. Donnovan wusste wie lächerlich das klang. Die Frau schien mehr Verschleppte als Gefangene zu sein. Ein Gefängnis setzte irgendwo ein Vergehen voraus, damit es gerechtfertigt war. So wie er die Lage bis dato beurteilen konnte aber, war das einzige Vergehen dieser Frau Nigidus in die Hände zu fallen, die ihr jegliche Würde aberkannte - im Gegenzug dafür, dass sie von Firrerre gerettet wurde? Nachdem er bereits einige Schritte getan hatte, hielt der Captain noch einmal inne. Eine Kleinigkeit konnte er noch tun, es würde ihr nicht unbedingt helfen, doch er hatte es ohnehin vor. "Ich werde das Oberkommando von der Zerstörung Firrerres informieren. Es gab keinen militärischen Befehl, es war allein die Entscheidung der Inquisitorin. Das bringt Ihnen den Planeten zwar nicht zurück... aber vielleicht gibt es wenigstens ein klein wenig Gerechtigkeit. Es war nicht immer so..." Nein. Erst seit dem Todesstern. Aber es brachte nichts die Verantwortung auf einen wahnsinnigen Imperator allein zu reduzieren. Sie alle trugen Schuld daran und früher oder später würden sie dafür Buße tun müssen. Donnovan war weder besonders spirituell noch philosophisch geprägt, aber er wusste, dass sie früher oder später alle den Preis für ihre Unterstützung der Unmenschlichkeit würden zahlen müssen und wenn es die Monster selbst waren, die ihre Herzen fraßen.

Hinter dem Namen Reisz verbarg sich ein schmächtiger Mann mit einem stoppeligen Dreitagebart in einem strahlend weißen Arztkittel, der nicht so recht zu seiner übrigen Erscheinung passen mochte. Reisz wirkte alt, nicht so alt wie Donnovan, aber nicht minder gezeichnet. Sein Haar ergraute mehr und mehr und ein gut sichtbarer Augenring verriet, dass der Doktor weniger schlief, als eigentlich gesund war. Das andere Auge wurde von einem schwarzen Pflaster verdeckt, unter dem noch einige alte, schlechtverheilte Narben zu sehen waren - die Wunden aus einem Krieg, der älter war als dieser, vielleicht sogar schrecklicher. Der Bürgerkrieg beschränkte sich zum Großteil auf Raumkämpfe und aus Reisz sich, war das immerhin eine saubere Art der Galaxis Lebewohl zu sagen. Damals gab es diese Gnade nicht. Damals musste er Leben retten, kaum mehr erkennbare Soldaten wieder zusammenflicken, während Artilleriegranaten und Blasterstrahlen um ihn herum einschlugen. Und als der Schrecken vorbei war hatte Reisz gehofft er könnte einfach aufhören und gehen... bis... nun bis das Imperium kam. Nun saß er hier, halb versteckt hinter einem Berg Flimsi, das Auge starr auf einen Monitor gerichtet. Reisz gehörte zu jenen Pechvögeln, deren Zwangsdienst aus den Klonkriegen, einfach in das Imperium importiert wurde. Sie waren nun nicht mehr temporäres Mitglied der Armee, als sie noch alle dachten, nach dem Klonkrieg wäre Schluss, nein, nun waren sie verpflichtet so lange zu dienen, bis man sie entließ - was spätestens mit dem eigenen Ableben geschehen dürfte. Reisz schien seinen Besuch indes kaum registriert zu haben, oder es interessierte ihn nicht. Kurz reckte er sein Kinn in die Höhe und kratzte sich ausgiebig daran. "Willkommen auf der imperialen Medistation B-21. Bitte wenden Sie sich bei Beschwerden an den diensthabenden Arzt Garl Reisz.", begrüßte eine freundlich bis penetrant klingende Droidenstimme die eingetretene Sephi, als es hinter dem Schreibtisch auch schon laut "Hmm?" machte. Der Arzt drehte sich auf seinem Stuhl herum und schien nun endlich zu realisieren, dass er tatsächlich Besuch hatte. "Ah, Sie.", war seine sehr... ernüchternde Begrüßung. "Routinecheck, ja? Nehmen Sie auf der Liege platz...". der Arm steckte sich nach vorn und deutete auf das recht große Gerät in der Mitte des Raumes, das von zahlreichen Konsolen umgeben war und ein wenig altmodisch wirkte, "...wir werden Ihnen ein wenig Blut abnehmen und Sie einmal durchleuchten."
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#4
Auf Anweisung von Rupert Donnovan trat Sedrael an diesem vorbei, bis auf ein paar Schritte in Richtung der Tür zu. Natürlich hatte sie nicht damit gerechnet, in etwas anderem als in einer Zelle zu landen; jedenfalls in der Zeit, in der die Inquisitorin abwesend war. Inwieweit sich das ändern würde, sobald diese zurückkehrte – also in einer Zeit, die aus Sicht von Nigidus fruchtbar werden sollte, da es im Prinzip nur in diesem Fall Sinn zu ergeben schien, dass Sedrael überhaupt hier war und somit offenkundig ein Zusammentreffen ihrerseits mit der finsteren Hologrammgestalt aus Sicht der Inquisitorin nicht wünschenswert gewesen war –, blieb abzuwarten. Alles in allem war Vieles schlichte Mutmaßung. Aber das war weder ungewöhnlich noch tragisch. Das Leben des Machtbegabten war ein Puzzlespiel aus Emotionen, Eindrücken und Gefühlen, die richtig zusammengesetzt werden mussten, um ein Bild zu ergeben. Fraglich war hier nur, ob Sedrael nicht gerade versuchte, zwei eigentlich miteinander inkompatible Teile mit Gewalt irgendwie ineinander zu verkeilen, damit es voranging, oder ob sie nur nicht in der Lage war, die beiden Teile richtig zusammenzusetzen. Es würde sich zeigen, früher oder später. Offen musste bleiben, ob im ersteren Falle eins der Teile, oder vielleicht sogar beide Teile so beschädigt waren, dass das Puzzlespiel nicht mehr zu lösen war. Doch wer konnte es wissen, ehe es nicht ausprobiert wurde? Und was konnte sie schon verlieren? Wenn ihr die Inquisitorin mit dem Tod drohte, so war dies nach all dem Elend ein Schicksal, das nicht einmal allzu grausam erschien. Die Sephi hatte diesen Umstand schon in dem Moment akzeptiert, als sie sich der Frau auf dem Planeten gestellt und sich selbst entwaffnet hatte. Der Tod war alles in allem keine Drohung. Ein Jedi würde in der Macht aufgehen, ihre Essenz im Fluss der Überintelligenz eintauchen und so vielleicht irgendwann zur inneren Reinigung der stürmischen Wogen beitragen können. Es fürchteten nur solche den Tod, die am Materiellen hingen. Welche materiellen Dinge hatte die Sephi schon? Ein Schwert, das ihr mehr Last als Segen und einerseits Bürde, andererseits Mahnung war. Die Kleidung, die sie an ihrem zittrigen Körper trug. Mehr nicht. Es war alles, was sie benötigte, alles, was sie je benötigt hatte. In Bezug auf das Schwert vielleicht sogar ein Stück weit mehr als das. In der materiellen Welt gab es keinen Wert, den sie anstrebte. Reichtum? Ein endloses Streben ohne Sättigung, die Gier, immer mehr zu wollen, aber nie das wertschätzen zu können, was man besaß, sondern nur das, was man als nächstes haben wollte. Materielle Macht? Sie war belanglos, verdarb den Charakter, schaffte Feinde und zerplatzte spätestens im Moment des unausweichlichen Todes. Beides waren keine Werte, sondern Illusionen, die charakterschwache als Götzen anbeteten in der vagen Hoffnung, damit ihrem Leben irgendeine Bedeutung beizumessen und sie aus ihrer schicksallosen Existenz zu erretten. Doch die begrenzte Zeit eines Individuums war so knapp, so belanglos im Strudel von Geschichte und in der lebendigen Macht, dass sie niemals das Bild selbst zu verändern mochten, sondern allenfalls etwas Staub oder Dreck auf einem der endlosen Zahl an Puzzleteilen darstellten.

Sedrael atmete tief durch, trat einen Schritt auf die Tür zu, ehe sie aber im Augenwinkel erkannte, dass Rupert Donnovan noch einmal innehielt und sich an sie wandte. War das als eine Form der Entschuldigung zu verstehen? In gewisser Weise mochte das zutreffen, aber es war nicht schwer zu erraten, dass der Mann damit haderte, dass man hier womöglich einen Schritt zu weit gegangen war. Das war eine sehr menschliche, unkorrumpierte Emotion, die voraussichtlich noch viele andere von Donnovans Kaliber teilen würden. Und es war die Emotion, die aufzeigte, dass der Reinigungsprozess stattfand. Vielleicht war er noch nicht stark genug, aber solche und ähnliche Handlungen würden nur dazu führen, dass sich das Gewissen von mehr und mehr Personen regte. Und irgendwann setzte dadurch der Mechanismus ein, auf den Sedrael nun seit Jahren wartete. Auch wenn es ein perverser Gedankengang war, so konnte die Sephi nicht abstreiten, dass das verachtende Vorgehen der Inquisitorin diesem Ziel helfen würde. Je brutaler die Finsternis vorging, desto stärker wurde das Licht in ihrem Rücken. Die frustrierende Feststellung daran war, dass es wohl noch einige ähnliche barbarische Akte benötigen würde, um die Schimäre wirklich zum Wanken zu bringen und dieses Zeitalter der Dunkelheit endlich in den Abgrund zu stoßen. Aber die Feststellung Donnovans, seine innere Not, Sedrael über sein Problem mit dem Sachverhalt aufmerksam zu machen, war wieder ein Schritt. Die Ohren der Sephi stellten sich ein kleines Stück auf, als sie sich mühsam ein Lächeln auf die spröden Lippen abrang. Sie spielte mit dem Gedanken, ihm zu erwidern, dass sie der Überzeugung war, dass es bald schon enden würde, entschied sich jedoch dagegen. „Bald“ war sehr relativ, insbesondere in Anbetracht verschiedener Lebenserwartungen. Insofern war es sinnlos und fahrlässig, irgendetwas in Aussicht zu stellen, was in kurzer Zeit, aber auch erst in Jahren passieren konnte. Also hielt sie ihr Lächeln schlichtweg ein paar Augenblicke lang entgegen dem Protest ihres Körpers, dem sämtliche Spannung fehlte, aufrecht, ehe sie die Augen kurz schloss, den Kopf neigte und sich dann von dem Mann abwandte.

Es benötigte nur ein paar unsichere Schritte, ehe Sedrael in den Sensorbereich der Tür gelangte und diese sich nahezu geräuschlos zur Seite schob, um den Weg in den Raum freizugeben. Vorsichtig blieb die Sephi zunächst noch stehen, spähte in das von ihrer Position spärlich einsehbare Innere, fast als erwarte sie ausgerechnet hier und jetzt einen Hinterhalt. Vielleicht auch, weil ihr mehr und mehr bewusst wurde, dass ihre äußeren Sinne mehr und mehr unzuverlässig arbeiteten. Also versuchte sie, sich auf ihren anderen Sinn zu fixieren, tauchte in den Fluss der Macht ein und studierte die Wellen, die sich ihrem Körper entgegenwarfen. Sie erspürte die immer geringer werdende Resonanz Rupert Donnovans, als dieser sich fortbewegte, aber auch eine weitere schwache Verwirbelung im Raum vor ihr. Es schien von ihr jedoch keine Gefahr auszugehen, jedenfalls pulsierte sie schwach und ruhig, eher abgelenkt und nicht allzu aufmerksam. Behutsam schob sie sich einige weitere Schritte nach vorne, bis sie die Tür passiert hatte und ein Schreibtisch in Sicht kam; mit einem Menschen, der sich in etwaiger Nähe der erspürten Verwirbelung befand. Er schien zunächst keine Notiz von ihr zu nehmen, eingerahmt von einem enormen Aktenberg auf der einen und einem Computerbildschirm auf der anderen Seite, der seine Aufmerksamkeit einnahm. Sedrael blinzelte zwei Mal, um ihren trüben Blick etwas zu schärfen und die Feinheiten des Mannes genauer zu erkennen. Doch plötzlich begann irgendetwas neben ihr zu sprechen. Die nervöse, abgelenkte Jedi erschrak und zuckte überrascht zur Seite. Nur ein Droide. Ein Medi-Droide. Erleichtert und sich von der Überraschung erholend atmete Sedrael gepresst aus. Den hatte sie natürlich nicht erspüren können und offenbar war er ihren müden Augen entgangen, nachdem sie sich auf den Mann konzentriert und nicht damit gerechnet hatte, dass noch irgendetwas anderes hier im Raum war. Sie konnte von Glück sagen, dass sie nicht leichtfertig Hand an ihre Waffe legte, sonst hätte sie in ihrem unaufmerksamen Schock vielleicht gar danach gegriffen, was mindestens Erklärungsbedarf bedeutet hätte. Ihre Waffe. Ja, sie hatte sie noch. In diesem Moment kam es Sedrael direkt überraschend vor, dass sie bislang noch gar nicht durchsucht worden war. Offensichtlich hatten sich die Soldaten auf dem anderen Schiff vollkommen auf das Urteil der Inquisitorin verlassen – dennoch schien es ihr nicht direkt klug, ihr Glück dahingehend herauszufordern und dem Arzt Kenntnis davon zu verschaffen, dass sie eine Waffe besaß. Insbesondere ein Lichtschwert.

Noch während die Sephi sich sammelte, ergriff der Mann das Wort, bei dem es sich nach Aussage des Droiden auch um den Arzt handelte, den sie laut Donnovan aufzusuchen hatte. Jener wirkte etwas zerstreut, aber im ersten Moment war es weniger die inzwischen nicht mehr überraschend kurz angebundene Begrüßung als mehr das Dekor des Mannes über dem einen Auge, von dem sie nur spekulieren konnte, woher es stammte und wie es den Mann anschließend im Inneren gezeichnet hatte. Die Narben pulsierten jedoch in der Macht und schienen Geschichten erzählen zu wollen, Geschichten von Leid und Heldentum, von Größe und Schande. Die Geschichte eines Sanitäters im Krieg. Vom roboterhaften, aggressiven Kollektiv der weißen Fratzen war auch er weit entfernt – wobei dieser Umstand als solcher für sie als sowohl besser als aber auch als schlechter herausstellen konnte. Der Mann deutete auf die hellgraue, kalte Liege in der Mitte des Raums, funktionsorientiert, ohne Ästhetik, pragmatisch. Das weiße, sterile Licht brannte in Sedraels geröteten Augen und ließ sie diese zusammenkneifen. Dennoch folgte sie mit ihrem Kopf der Geste des Mannes mit leichter Verzögerung, erinnerte sich an Donnovans Ratschlag und schwieg, nickte lediglich knapp. Sie entledigte sich in einer wenig eleganten Bewegung ihrer Robe, wobei sie Sorge trug, dass sie in dieser Bewegung ihr Schwert von der Hüfte löste und es unter der Ausziehbewegung im Inneren in den Stoff einwickelte, so dass es nicht zu sehen war. Als sie sich der Robe entledigt hatte, schlug sie sie in der Hand einmal übereinander, um sie zu falten, womit das Schwert sicher innerhalb der Robe verstaut war und nicht mehr herausfallen konnte. Anschließend legte sie die gefaltete Robe etwas zerknüllt auf eine freie Ablage neben der Liege. Ob ihre Jedi-Tunika sie als solche identifizieren würde, wusste sie nicht, aber sie erinnerte sich gut daran, dass sie bei ihren früheren Reisen mit ihrem Meister durch den Äußeren Rand Farmer gesehen hatte, die sich ganz ähnlich kleideten. Es war im Prinzip nur eine klassische, vielleicht zeitlose Kleidung, die die Jedi nicht genutzt hatten, um sich als solche interpretieren zu lassen, sondern aus der Pragmatik heraus. Dennoch war es nun einmal eben auch deren Kleidung. So konnte sie aber nur abwarten, ob das Erscheinen in heutiger Zeit als merkwürdig empfunden wurde oder nicht. Nichtsdestotrotz ließ sie sich schließlich müde auf der Liege nieder, verzichtete auf eine sitzende, sondern entließ sich ganz in die vorgesehene liegende Position, mit einem durch die Lehne leicht nach vorne gebeugten Oberkörper. Für einen Moment fuhr sie sich mit beiden Händen über das Gesicht, um zu verhindern, dass ihr Körper direkt auf dieser kargen, im Vergleich aber immer noch recht entspannenden Position einschlief. Zur Ablenkung begann sie dann, ihren Ärmel bis zu ihrem weißen Oberarm hochzukrempeln, nicht zuletzt, weil es Zeit ersparte und sie so nicht nach oben in das grelle Licht blicken musste, das sie brutal von der Decke bestrahlte. Es gelang nur mit mehr Anstrengung als nötig, weil das Gefühl in ihrem Fingern ein wenig taub schien und sie daher für kleinteilige Arbeiten gerade nicht gut taugten. Hoffentlich dauerte das hier nicht zu lange, damit sie sich endlich ausruhen konnte. Blut abnehmen war letztlich nur lästig, aber sie konnte nur hoffen, dass ihr Kreislauf noch gut genug funktionierte, dass es nicht zu länger dauernden Qual wurde. Und obwohl sie immer noch neugierig genug war, um Fragen zu stellen, so beherzigte sie weiter Donnovans Rat, tat brav, wie ihr geheißen, und hielt den Mund. Zumindest für den Augenblick.
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#5
Es war nur ein kleiner Stich. Und doch barg er das Gefühl des Ausgeliefertseins, ein Gefühl, das in diesem Moment merkwürdig stark in Sedrael aufkam. Nun war das bei Ärzten fraglos immer der Fall und möglicherweise lag es auch nur daran, dass es ihr gerade besonders klar wurde. Sie war einem Arzt ausgeliefert, der hier in diesem System diente, das ihr bislang nicht gerade freundlich begegnet war und darauf offensichtlich auch keinen Wert legte. An sich gab es also wenig Grund zur Annahme, dass es bei diesem Arzt nun anders sein würde – auch wenn dieser eigentlich einen Eid darauf abgelegt hatte, allen intelligenten Lebewesen zu helfen. Oder zumindest war es vor scheinbar langer Zeit so gewesen, inzwischen konnte sich auch viel wieder geändert haben.

Sedraels Blut geriet in Wallung, als es zu pumpen anfing, und in ihrem Kopf begannen Trommeln dumpf zu schlagen. Der regelmäßige Doppelrhythmus pochte monoton und ließ sie sanft in das Reich des Ungewissen hinabgleiten, das sich müde und schwerelos vor ihrem geistigen Auge aufbaute. Sedrael war danach, es anzunehmen und sich im rostbraunen Gras vor ihr niederzulegen, in dem einige Ähren im Wind wogen. Vereinzelte Staubkörner funkelten im Himmel. Dann zwickte es erneut und Sedrael stieß ihre Augen reflexartig wieder auf, als Reisz gerade ein kleines Pflaster an ihre Armbeuge klebte. Ohne große Vorsicht wandte er ihr den Rücken zu, tropfte etwas von dem entnommenen Blut auf einen Probestreifen und schob diesen in eine Öffnung seines Computers. Während das Gerät kurz arbeitete, nahm der Mann einige koordinatorische Tests bei ihr vor. Bemerkenswert daran war aus ihrer Sicht eigentlich nur, dass es keinerlei Quarantänemaßnahmen ihr gegenüber gegeben hatte – was schlussendlich nur bedeuten konnte, dass man ohnehin nicht davon ausging, dass sie das besagte Virus von Firrerre in sich tragen würde, sondern sie allenfalls auf andere Dispositionen prüfte. Andernfalls wäre dieses Vorgehen mehr als fahrlässig gewesen.

Auf dem für die Sephi nur halb einsehbaren Bildschirm ratterten mit der Zeit immer mehr unverständliche Zahlen und Informationen herunter, bis der Computer irgendwann ein leises Piepen von sich gab und an einer Zeile haften blieb. Reisz fuhr nur kurz mit der Pupillenreaktion auf Sedraels rechtem Auge fort, die aber erwartungsgemäß erfolgte, auch wenn der Sephi die direkte Bestrahlung ihrer empfindlichen Augen merklich unangenehm war und es ihr mehrfach schwerfiel, dem Reflex, das Auge daher sofort zu schließen, zu widerstehen. Zu ihrem Glück dauerte die Prozedur jedoch nur ein paar Sekunden, ehe der Arzt die Lampe ausknipste, neben seiner Patientin ablegte und sich wieder routiniert – manche andere mochten es gelangweilt nennen – hinter den Schreibtisch klemmte, um das aus Computersicht besondere Ergebnis einzusehen. Einen Augenblick lang fuhren Reisz’ Augen über die Aurebeshzeilen und anhand angedeuteter Lippenbewegungen konnte Sedrael beobachten, wie er sich die Daten innerlich selbst vorlas. Irgendwann stockte die Bewegung dann aber und der Blick des Arztes wurde fixierter. Etwas schien in seinen Augen zu blitzen. Kurz wechselte seine Aufmerksamkeit vom Bildschirm zu Sedrael und wieder zurück. Übersprungshaft kratzte sich Reisz hinter seinem rechten Ohr.
„Wir sind fertig“, sagte er dabei nachdenklich, nuschelte beinahe, ehe er die Sprechanlage an seinem Computerterminal betätigte. „Schicken Sie einen Wachtrupp für die Unterbringung in die Zelle.“
Skeptisch verengte Sedrael ihre Augen. Auch wenn die Schemen ihre Wahrnehmung trübten, war dennoch auch für sie erkennbar, dass irgendetwas auf dem Bildschirm die Aufmerksamkeit des Mannes geweckt hatte. Hatte sie sich geirrt? War da doch irgendetwas, das ihr entgangen war? Nein, ihr Körper war in Ordnung. Sie war lediglich kaputt und müde, aber das sollte einige Werte allenfalls leicht beeinflussen, aber kaum für eine besondere Notiz des Arztes sorgen. Einen Moment lang überlegte sie sich, ihn zu fragen, erinnerte sich aber erneut an Donnovans Worte. Und dann war der Moment vorbei, als schon einige Augenblicke später die Stationstüre wieder zur Seite glitt und zwei schwarz uniformierte Männer eintraten. Sedrael fiel auf, dass beide mit ebenso schwarzen Helmen ausgestattet waren, die mit ihrem weiten Nackenschutz vage an altrepublikanisches Militär erinnerten. Ähnlich wie bei den Weißgepanzerten schien hier eine symbolische Fortsetzung stattfinden zu wollen. Beide Soldaten trugen ein einfaches Blastergewehr einsatzbereit in ihren Händen, jedoch in Richtung Boden gerichtet.
„Überführen Sie sie in Zellenblock 5-12“, brummte Reisz die beiden jungen Männer an, ohne sich von seinem Bildschirm abzuwenden. Fast als versuche er besondere Aufmerksamkeit zu vermeiden und dafür Sorge tragen zu wollen, dass alles ganz normal war. Doch irgendetwas stimmte nicht. Sedrael konnte das spüren, in der Art, wie sich die Macht um den Mann dehnte und streckte, seinen unterdrückten Stresspegel preisgab.

Allerdings spielte das keine große Rolle, als einer der beiden Wachsoldaten sich vor ihr aufbaute und ihr somit zu verstehen gab, dass sie sich aufsetzen sollte. Etwas widerwillig wandte sie ihren Blick von dem beschäftigten Reisz ab, der jedoch bereits völlig in das Abtippen einer Nachricht versunken war, und gehorchte schließlich dem unausgesprochenen Befehl des Soldaten. Das änderte indes nichts daran, dass er ihr daraufhin Handschellen anlegte. Es war überflüssig, ihn darauf hinzuweisen, wie unnötig das war, denn selbst eine solche Glaubhaftmachung ihrerseits vermochte an diesem Umstand kaum etwas zu ändern. Also ließ sie es regungslos geschehen. Erst als ihre Hände aneinander fixiert waren, deutete sie stumm mit einem ihrer Finger auf die abgelegte Robe zu ihrer Rechten und hob dabei erstmals ihren Blick von ihrer sitzenden Position an, um dem Mann in das Gesicht zu blicken. Auf diese Nähe konnte sie nahezu jede einzelne Pore in dem Gesicht erkennen, die leichten, ersten Falten, die sich allmählich in dem Gesicht bildeten, das den ersten zwanzig Jahren vielleicht gerade erst entwachsen und frisch rasiert war. Die Halterung des etwas zu großen Helms saß leicht schief auf dem Kinn und straffte so die Stelle etwas mehr als üblich. Aufmerksame blaue Augen, die offenkundig nicht viel mehr als den Dienst gesehen hatten, sondierten einen kurzen Moment das harmlose Kleidungsstück, dann nickte der Soldat knapp und gab zu verstehen, dass er verstand, worauf sie hinauswollte. Sedrael wartete kurz, bis der Mann ein paar Schritte zur Seite zu machen, um ihr das Aufstehen zu ermöglichen, schob sich dann etwas mühsam von der Liege nach vorne, bis ihre Stiefel den Boden berührten und sie sich erheben konnte. Es war äußerst ungewohnt, mit den Händen in Handschellen nach einem Objekt zu greifen und Sedrael musste das Gewicht der Robe ein paar Mal umverteilen, um den Stoff ausbalancieren und so auch wirklich sicherstellen zu können, dass das dort verstaute Schwert nicht doch noch durch einen unglücklichen Umstand hinausfallen konnte. Erst dann trat sie müde und mit halb geschlossenen Augen in Richtung der Tür, wo der zweite schwarze Soldat das Ganze überwacht hatte. Schließlich ging dieser vor, gefolgt von Sedrael und sie wiederum von dem anderen Soldaten. Nun, was es auch war, das der Doktor erkannt zu glauben hatte – offensichtlich war es vorüber. Jedenfalls für den Moment.


Wie eine rissige Tapete hing der Himmel blutrot herab. Sedrael öffnete die Augen und stand mitten im Nichts. Disharmonische Töne plärrten aus sternförmigen Schusslöchern des zerstörten Himmels. Erst als sie genauer hinsah, erkannte sie, dass die blinkenden Lichter der Sterne aus einem großen Fegefeuer hinter der löchrigen Himmelstapete stammten, gierig, auch den Rest des Firmaments einzunehmen und zu verbrennen. Sedrael blinzelte unwillkürlich und sah sich um. Der Boden war staubig, trocken. Einzelne Risse zerfurchten die graubraune Erde. All das war sehr bekannt. Es war nur ein toter Acker, ein vielleicht ehemals fruchtbares Feld voller Leben und Träume. Und dennoch herrschte das Gefühl der Vertrautheit. Ja, kein Zweifel. Sie war wieder auf Firrerre. Sedrael streckte die Hand aus, bis aus den Furchen des Bodens neues Saatgut hervorschoss, doch die ehemals stolzen Ähren waren nur rostfarben und wertlos. Ein verzehrender Weltenbrand loderte knackend im Hintergrund und flüsterte sinnlich in ihr Ohr. Wind kündigte den aufziehenden Feuersturm in der Ferne an. Die Sephi ging einige Schritte voraus, ihre linke Hand durchpflügte sanft die farblosen Grashalme, während sie ihre Suche fortsetzte. Was war es, das sie suchte? Eine Antwort? Eine Frage? Weit und breit nur der Acker und das brennende Firmament am Horizont. Plötzlich stand jemand mitten im Feld, zehn, zwanzig Meter vor ihr. Die schwarze, neblige Silhouette formte sich bald zu einer Person. Im Feuerschein funkelte die goldene Haut eines älteren Mannes, weiße Haare tobten im Wind. Sedrael blinzelte. Sie kannte den Mann.
„Haron?“, fragte sie halblaut, während sie weiter auf ihn zuging.
„Die Todesfee“, entgegnete der Anführer des provisorischen Hilfslagers, in dem sie lange Zeit versucht hatte zu helfen, ehe sie frustriert erkannt hatte, dass sie nicht mehr als Sterbehilfe zu leisten vermochte. Er lächelte großväterlich und breitete seine Arme aus, die halb skelettiert nur noch teilweise von verbranntem und faulem Fleisch bedeckt waren. Sofort blieb Sedrael stehen und starrte den Rest der Person an, die sie kannte. Todesfee? Verwirrt runzelte sie die Stirn, blieb auf Abstand zu dem untoten Wesen vor ihr.
„Ja“, fuhr er fort. „Es ist das Wesen der Todesfee, den Tod anzukündigen. Wo du auftauchtest, stand der Tod. Wann immer du kamst, stand das Ende.“
Vor Überraschung weiteten sich Sedraels Augen. Was sagte er da? Als die Leiche einige Schritte nach vorne machte, ging die Sephi in gleichem Maß wieder auf Abstand. „Haron, du weißt, dass das nicht stimmt.“
Der Mann lächelte erneut. „Vielleicht. Aber ich bin nur ein Instrument im Orchester einer Frage. Und nicht ich bestimme die Frage.“
„Ich bestimme sie. Ob bewusst oder nicht“, stellte Sedrael fest.
„So ist es.“
„Aber ich kam nie, um Tod zu bringen. Ich war da, um euch zu helfen.“
„Und doch war es stets so. Der Tod folgt dir, wohin du auch gehst.“
„Nein!“, protestierte sie. „Nicht der Tod folgte mir. Ich bin ihm gefolgt.“
„Ist das so?“ Die Stimme des Mannes grollte, peinigendes, schrilles Gelächter stob von allen Seiten durch den Acker und durchzuckte jeden Winkel von Sedraels Körper. Der tote Mann hob beide Arme an und schien damit das gesamte Firmament umfassen zu wollen, während sich von seinem Körper mehr verbranntes Fleisch abschälte. „Der Weltenbrand, trägst du nicht Verantwortung dafür? Hättest du ihn nicht verhindern können?“
„Ich…“, setzte Sedrael wenig überzeugt zu einer Antwort an, ehe sie über die Aussage nachdachte. Ihr Schluss daraus war nicht so klar. „Vielleicht. Es war nicht meine Schuld. Ich kann mich nicht gegen den Willen der Macht stellen.“
„Ah, die Macht. Eine bequeme Auslegung, nicht wahr? Wann immer etwas Schlimmes in deiner Umgebung geschieht, so ist es der Wille der Macht. Aber war es das überhaupt? War es etwa nicht auch dein Handeln, das über all das entschied?“

Vor Sedraels Auge zerlief das Bild kurzerhand als schmelze es im Glutofen der Vergangenheit. Sedrael hatte ihre Hand am Griff ihres Schwertes, das ihr entgegengestreckt wurde. Vor ihr stand die Karikatur einer weniger vertrauten Gestalt. Nigidus. Wenn Ihr den Schatten im Imperium aufhalten wollt, müsst Ihr mit mir kommen. Und wenn Ihr das tut, dürft Ihr Euch nicht verändern. Die Stimme der Frau hallte durch Sedraels spitze Ohren. Sorglos bot ihr die Inquisitorin den Griff des Schwertes an, lockerte die Umklammerung um das Schwert. Ein einfacher Druck auf den Auslöser seitens Sedrael hätte damals das Intermezzo beendet und die fahle Gestalt zurück hinter das Höllentor verbannt. Eine einfache, kleine Willensentscheidung. Die Sephi blickte sich um. Unter dem Krächzen des Federhaufens standen die reglosen, namenlosen Opfer Firrerres entlang der Stadtmauer, hielten Mahnwache, waren aber auch monumentale Grabsteine bis hinter den brennenden Horizont. Wessen Entscheidung war es gewesen? War es wirklich nur die Macht gewesen, die sie davon abgehalten hatte? Es wäre so leicht gewesen, nur eine kleine Bewegung mit dem Finger. Und vielleicht hätte es nur dadurch verhindert werden können. Vielleicht. Die Unsicherheit würde sich nie ganz beseitigen lassen. Doch Sedrael konnte nicht. Irgendetwas hatte sie daran gehindert. Wie konnte sie sich etwas vorwerfen, wenn sie gar nicht die Wahl hatte, wenn doch die Macht alle Handlungen vorgab? Schuldhaft zu sein bedeutete doch die Möglichkeit, sich entscheiden zu können. Aber ob Macht oder Moral, ob Wille oder Unwille, ob Bestimmung oder freie Entscheidung. Sie konnte es nicht mehr ungeschehen machen. Und sie würde nie erfahren, ob jemand anderes an ihrer Stelle nicht anders gehandelt hätte.
„Diese Zweifel werden bleiben.“ Harons Worte kamen inzwischen nur noch aus seinem Totenschädel und schnitten als Tatsache durch die Luft, blieben jedoch nicht lange unwidersprochen.
„Nur für den, der Zweifel empfindet“, sprach die Mörderin der Welt vor Sedrael. Nigidus, die ohne Zaudern, ohne Fragen, ohne Reue in ihrem eigenen Mikrokosmos lebte. Ihre Taten berührten sie nicht. Sollte das am Ende das Ziel sein? Gleichgültigkeit vor allem, Einswerden mit dem Wahnsinn? Schwer vorstellbar. Das würde Sedrael nicht können, ohne sich zu verändern. Und genau das sollte sie ja nicht tun. Die Widersprüchlichkeit ließ Sedraels Welt rotieren, riss sie hinab in den finsteren Strudel des absoluten Nichts, der die gesamte Welt binnen Sekunden erfasste, aufsog und hinabspülte ins tiefste Unterbewusstsein, als der Traum zusammenbrach.

Sedrael schreckte auf. Ja, ein Traum. Schweißgebadet ließ sie ihren Kopf zurück auf das Kissen fallen, das lediglich aus ihrer zusammengeknüllten Robe bestand, und betrachtete kurz die Decke. Nur ein Traum. Sie war in der Zelle, ein paar matte Lichter ließen sie das Innere erahnen. Erneut schloss sie die Augen und atmete ein Mal tief durch. Nur ein Traum?
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#6
Supersternenzerstörer Abaddon, Allegiance-Klasse[/b]

Die Rückkehr nach Byss erwies sich als ernüchtender als ursprünglich angenommen. Hatte sie gedacht, etwas würde sich verändern? Nicht ernsthaft. Dennoch kam es bitterer Ironie gleich dort unten zu wandeln, als Darth Maledice das Heiligtum zu betreten. Sie gehörte nun zu jenen, die sie einst wie eine allmächtige Majestät vom Orbit aus beherrschte. Entfaltete sich das Geschenk des Imperators also letztendlich als Herabsetzung ihrer Person? Wieder musste der Schatten verneinen. Sie hatte gewusst was sie tat, kannte die Risiken. Ihre Worte über Fondor waren wohlüberlegt, es war Absicht das Gespräch in diese Richtung zu lenken, es war Absicht, dass er sie Aufnahm, dass auch er das Potential, man könnte sagen die Macht, die in ihr schlummerte begriff... und vielleicht begann zu fürchten. Maledice mochte im Vergleich zu Vesperum schwächlich wirken, lange nicht waren ihre Fähigkeiten so mannigfaltig, wie die des dunklen Lords, aber sie fand Mittel und Wege sich zu behelfen, der Schatten war anders, als der, der sich wähnte ihr Meister zu sein, ausgesprochen flexibel. Es bedurfte keines besonderen philosophischen Leitfadens um Feinde zu vernichten, der Wille der Macht als solcher war ebenso entbehrlich, wie das Lichtschwert. Es waren Dinge, Gegenstände die ein gewisses Bild vermitteln sollten, auf das die Sith Wert legte. Man mochte sagen, dass sie Scheinwelten konstruierte, Seifenblasen, die sie in einem unerwarteten Moment platzen ließ. Darth Maledice war nicht nur Sith, sie war ebenso Agentin des imperialen Geheimdienstes, vertraut mit Methoden, die selbst übermächtige Widersacher niederstrecken konnte. Und diese Maledice-Persönlichkeit war in der Tat ein Geschenk, ein zweites Gesicht, ein Schlüssel, der dort Türen öffnete, wo Nigidus nicht weiterkam. Und ebenso verhielt es sich mit Nigidus. Wie ein dunkler Schleier der sie umgab. Diese Hexe würde stets die Person sein, die als notwendig betrachtet wurde, stets die Worte sprechen, die sie nach vorn brachten. Bis der Thron, bis die Königreiche und Vasallen niedergestreckt waren. Altes musste weichen. Neues musste entstehen. Wenn darin Wahnsinn lag, wie verrückt waren dann erst jene, die diese moralisch verfallende Galaxis schützten? Das Feuer des Krieges ließ sich löschen, die Kohlen mochten kalt werden und doch war es nur eine Frage der Zeit, bis jemand neues kam, die Flamme erneut zu entzünden. Und war es dann nicht die gnädigere Entscheidung das Inferno solange wüten zu lassen, bis dass ihm der Nährboden ausging? Das Haupt senkte sich den funkelnden Sternen entgegen. In der tiefen Ferne des Kerns löschte eine weitere Sonne ihr Leben aus. Immerhin... schien dies der natürliche Lauf der Dinge zu sein. Und wie vernebelt konnten die Wesen dieser Galaxis sein, sich dem entgegen zu stellen?

Für den Moment schienen diese Überlegungen weit weg und es brachte nichts, sich weiter mit ihnen zu befassen. Es war an der Zeit, wieder in die gewohnte Rolle zu schlüpfen und sich um die banalen Belange des Imperators zu kümmern, die ihm so wichtig schienen. Mit einem leisen Surren öffnete sich die Tür und entließ sie wieder hinaus auf ihr Schiff, in die Menge ihrer Untertanen. Ein weiterer Vorteil beim Besuch des Imperators, man schien ihre allgemeine Gewalt hier nun akzeptiert zu haben - immerhin gab es keine Bestrebungen ihr das Kriegsgerät wieder abzunehmen, was ihre Handlungen gewissermaßen legitimiert - zum Leidwesen der Besatzung.
Ihr Weg führte sie wie so oft durch die bedrückenden Gänge des Sternenschiffes, wo es kaum genug Platz gab, einander auszuweichen, während winzige Mausdroiden versuchten an den menschlichen Riesen vorbeizumanövrieren. Für eine Person wie Nigidus waren Momente wie diese, der ruhige Frieden der das Schiff im griff hielt, während es durch den Hyperraum reiste, surreal. Sie hörte das Schwatzen aus Mannschaftssälen, das Gelächter in den Offizierscasinos und dennoch schien es stets ohne Regung an ihrem Bewusstsein vorbeizuziehen, ganz so, als könnte sie auf diese Ebene des Menschseins nicht mehr zugreifen, nicht mehr durchdringen, Sie stoppte vor einem der Transparisstahlfenster und fixierte ihren Blick auf die Spiegelung. War das Vaders Fluch? Wohl kaum. Ein verhülltes Antlitz sprach nicht für ein verhülltes Selbst. Doch wie viel Boshaftigkeit war nötig? Wie viel Leid musste gestreut werden, bis der schrille Schrei ewiger Einsamkeit zu ihr durchdrang, bis sie Begriff, was es bedeutete allein zu sein? Und wichtiger noch: was würde geschehen, wenn sie erkannte, kein Teil der Gesellschaft mehr zu sein? Vielleicht mochten diese Fragen hinfällig sein, vielleicht mochte man meinen, dass dieser Schatten ohnehin weniger als Individuum voranschritt und dieses Wesen ohnehin bereits ausgelöscht war, sondern eher die Verkörperung eines eisernen und absoluten Willens darstellte, der sich mühelos aus dem sozialen Gefüge lösen konnte. Ungesehen unter weißem Elfenbein zuckte aschgraue Haut. Zweifelte sie? Nicht im geringsten. Der soziale Prozess schien zwar fremd, doch kam kein Bedürfnis auf ihm erneut beizutreten und daran teilzuhaben, was so oft als Leben angepriesen wurde. Der Blick wandte sich ab und sie Schritt weiter voran, einsam und erkaltet, wie tote Sterne, die ziel- und hilflos im All umhertrieben.

Begierig kroch der Turbolift nach oben zur Spitze des Kreuzers, an jene Stelle, wo der jüngste Wunsch des Imperators auch in die weltlichen Ohren dringen sollte, wo der feige Captain sein Schicksal bereitwillig akzeptiert hatte. Sklave. Unfrei und gebunden, wie ein niederer Dämon, ein Hund aus der Quelle des Abgrunds. Die Tür öffnete sich und der Schatten trat behäbig heraus und betrachtete das Bild. Die Brückengräben in denen die geringeren Sklaven ihr Dasein fristeten - wahrlich ein vortrefflicher Käfig. Vorn an der Spitze stand der Aufseher, doch selbst so unfrei wie ein jeder von ihnen. Sie trat hervor, Schritt den Pfad vor ihr voller Genüsslichkeit entlang, als bereitete ihr nichts ein größeres Vergnügen als diese Männer wissen zu lassen, dass sie sich nun in ihrer Gewalt befanden. Auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, im Stich gelassen von ihrem Captain. Schließlich erreichte die Hexe das andere Ende der Brückenluft, an dem der kommandierende Offizier bereits begierig lauerte, seine neuen Befehle zu empfangen. Doch ihr Antlitz senkte sich ab und das Feuer der Verdammnis, das in den Augen schwelte legte sich bohrend in den Nackes des Navigationsoffiziers. "Wie lange bis wir Atrisia erreichen, Leutnant?" Seltsam wirkte das Bild der Frau die sprach, wo sich ihre Lippen doch nicht sichtbar bewegten. Der Captain kam angekrochen, spürbar schob sich die feige Präsenz näher, als glaubte er, mehr Macht und Nachdruck auf den Offizier ausüben zu können, als glaubte er, sich an ihre Seite zu stellen, würde seine Position stärken. "Wir werden das System innerhalb der nächsten zwei Stunden erreichen.", entgegnete der Mann in einem unterwürfigen Ton, vermied jedoch, die Frau - oder was auch immer diese Person nun sein mochte, direkt anzusehen. Ihr Kopf senkte sich langsam herab - ein verstehendes Nicken. "Nun gut." Mit einer zügigen Drehung ließ sie von dem Mann ab und wandte sich an Stratis, der perplex und überrumpelt in das nur wenige Zentimeter entferne Elfenbein starrte. Die Angst gewann und der Captain stolperte einen kurzen Schritt zurück. "Sie werden eine Nachricht an Admiral Vaash, senden, Stratis. Sagen Sie ihm, dass der imperiale Geheimdienst... seine Kooperation in einer delikaten Angelegenheit erwartet. Er soll sich unverzüglich auf meinem Schiff einfinden." Stratis nickte, auch wenn er den Hintergrund noch nicht begriff. "Sehr wohl, Milady. Aber warum Vaash? Wofür den Flottenadmiral? Der Mann ist gemeinhin nicht bekannt dafür sich mit Euren... Methoden identifizieren zu können." Einige Sekunden lag der Blick auf Stratis, als sondierte sie sein Herz, suchte nach Angst und Furcht darin, ehe sie sich entschied, das große Geheimnis zu lüften. Nigidus zückte eine kleine Datendisk und führte diese in den Holoprojektor, der die Brücke in hellblaues Licht tauchte. Das Licht formte sich, nahm klarere Züge an und zeigte ihnen nach wenigen Sekunden das Gesicht eines Mannes. "Jerec.", enthüllte der Schatten die Identität des männlichen Miraluka. "Ehemaliger Großinquisitor, nunmehr ein führendes Mitglied der Pentastar-Bewegung." Einen Moment lang stiegen Zweifel in Stratis Gesicht - oder war es Erstaunen? Die klaren Worte, so untypisch für die Inquisitorin schienen ihn ein weiteres Mal aus dem Konzept gebracht zu haben. Plötzlich schien sie tatsächlich weniger eine Anhängerin dubioser, längst ausgestorbener Philosophien zu sein, als vielmehr die imperiale Agentin, als die sie gelten sollte. Und doch wusste er, dass es am Ende nicht mehr war als das, was sie im Gesicht trug - eine Maske. Sie schien die Ablenkung bemerkt zu haben, als sich ihr Blickwinkel nach außen verlagert hatte, doch mit diesem immergleichen, starrem Gesicht, vermochte er ihre Gemütslage nicht mehr zu bestimmen. "Zweifelsohne der Mann, der Pentastar gefährlich macht.". Stratis holte Luft und wollte widersprechen, doch wie so oft, schien sie den Gedanken bereits im Voraus zu kennen. Natürlich, Jerec war eine eher... nebulöse Gestalt und als öffentliches Gesicht schien Kaine der Mann zu sein, mit dem man rechnen musste. "Kaine ist lediglich eine Schachfigur.", fuhr sie unbeirrt fort, "Geschickt von Jerec dirigiert, doch ich fürchte in einem Kampf um die absolute Macht hoffnungslos unterlegen. Der Mann muss wahnsinnig verzweifelt gewesen sein um jemanden wie Jerec aufzunehmen." Sie schaltete ein weiteres Bild dazu, dass ein voluminöses Sternenschlachtschiff zeigte. Missmutig betrachtete der Captain das Holo des riesigen Zerstörers. "Ein Supersternenzerstörer der Vengeance-Klasse.", brummte Stratis, ehe er einen Schritt in Richtung des Holos machte um einen genaueren Blick zu riskieren. "In der Tat. Die Vengeance. Das Flaggschiff des abtrünnigen Inquisitors." Stratis hob den Kopf, nun hatte er Informationen, kannte aber nicht das Ziel - wenn sie dagegen kämpfen sollten, war es einleuchtend, dass sie eine größere militärische Einheit benötigten. "Der Imperator möchte, dass wir ihn aufhalten?" Der Blick des Schattens fiel vom Holo ab und suchte abermals den Captains - eine amüsante Annahme und schlussendlich wird es darauf hinauslaufen, aber dennoch nicht das eigentliche Ziel. "Nein, keineswegs. Dies ist nur die Schlüsselfigur unserer Unternehmung. Sagen Sie Captain... kennen Sie das Tal der Jedi?" Stratis zog fragend eine Braue hoch. "Nein, ich..." - "Das dachte ich mir. Ein Mythos, ein Märchen, wenn Sie so wollen. Aber Jerec glaubt daran, unseren Geheimdienstinformationen nach, hat er den unmittelbaren Einflussbereich Kaines verlassen und sucht das Tal - der Imperator hat entschieden der Sache nachzugehen und diesen Mythos entweder zu erobern...", die verdeckte Fratze zog sich in die Breite, so, als koste sie schon ihren Sieg aus. Es gab kein entweder oder. Nicht nach Vesperum, Doch sollte sich dieses Märchen als wahr erweisen, so war er ein Dummkopf zu glauben, sie würde ihm diese Macht überlassen. "...oder zu vernichten."
"Verstehe. Ihr wollt, dass Vaash und die Flotte nach diesem Jerec suchen." Stratis nahm eine nachdenkliche Position ein, die für einen Mann wie ihn äußerst untypisch wirkte. "Aber nach der jüngsten Kriegsentwicklung wird es nicht einfach sein eine Flotte und ihren Kommandanten dazu zu überreden, einem Märchen hinterherzujagen. Nicht einmal im Namen des Imperators. Besonders nicht Vaash." Der Schatten nickte. Natürlich. Sie begriff. Sie war sich der Lage vollkommen bewusst, so wenig es sie auch tatsächlich interessierte oder gar berührte, nein, ganz und gar nicht. Doch wo Stratis bei Vaash Stärke erkennen mochte, fand sie Schwäche. Tiberius Vaash war das schwächste Glied in der Kette. Ein Mann der ein Mensch war. Und Menschen zu zerstören, zu versklaven und an ihre Welt und ihre Vorstellungen zu binden war ein leichtes. Am Ende würde der Admiral lediglich die Wahl haben ihrer Grausamkeit zu dienen oder sie zu spüren. "Vaash ist nicht einwandfrei. Er hat bei Eriadu versagt. Er hat an Ansehen verloren als er sich in die Politik einmischte um Imperator Vesperum auf den Thron zu bringen. Vaash ist perfekt, Stratis. Er ist so...", wieder zog sich das unsichtbare Lächeln in die Breite, bis gerissene Lippen den Schmerzimpuls in ihr sandten. "...menschlich."[/block]


Modular-Kreuzer Feuerschwinge

[block]Mit sorgenvollem Blick verfolgte Donnovan von der Brücke seines Kreuzers aus das Andockmanöver an den Supersternenzerstörer. Misstrauisch wanderte sein Blick die Superstruktur entlang, bis hin zu den großen Backbordbatterien, die nun bedrohlich wirkend auf sein Schiff zielten. Früher hätte er solche Gedanken nicht gehabt, damals hätte er nicht gefürchtet man könnte ihn als unbequemes Anhängsel, das zu viel wusste einfach entfernen. Jetzt war er sich nicht mehr so sicher. Er hatte mit Reisz gesprochen, er wusste um das Mysterium ihrer Gefangenen - zumindest hatte er eine sehr direkte Ahnung. Donnovan war alt genug um sich noch daran erinnern zu können, dass einstmals auch Jedi auf Schlachtschiffen dienten und obgleich der mysteriöse nie ein Thema war, mit dem er sich genauer befasst hatte, erinnerte er sich an die seltsame Ausdrucksweise. Der medizinische Bericht und seine eigene, wenn auch kurze, Erfahrung mit der Sephi hatten seinen Verdacht schließlich erhärtet. Es viel ihm schwer zu sagen ob es nun gut oder schlecht war, dass die Inquisitorin nun zurückkehrte. Hätte er sie beschützt? Nein, entschied der alte Captain, am Ende hätte er sie ausgeliefert, wie es seine Pflicht war. Denn er wusste, dass diese Kanonen sonst eines Tages das Feuer auf ihn eröffnen würden, eines Tages würde es ihnen nicht mehr genügen ihn nur einzuschüchtern.

Die Schleusentür öffnete sich und flankiert von zwei Sturmsoldaten trat die Inquisitorin ein, das Gesicht so steif wie jenes der Männer, die sich ein Stück weit hinter ihr positionierten. Mit fahlem Gesicht trat Donnovan schließlich hervor. Eine bedauerliche Gestalt, selbst wenn er nicht so unterwürfig, so kriecherisch war, wie der gute Stratis. Er auch er war gebrochen, seine Seele verschlungen vom finsteren Imperium, ohne Hoffnung auf Wiederkehr. Auch er diente nun der Sache, ohne selbst, ohne Gesicht. Ganz wie die Soldaten. Aber nicht wie jene, die nur den Traum Lügen strafte. Wahrheit war das, was das Auge der Macht erblicken konnte, nicht, was diese blinden Narren glaubten zu sehen. "Willkommen zurück, Inquisitorin... ich nehme an, Ihr wollt zu der Gefangenen?" Sie nickte kurz. "Selbstverständlich." Donnovan lockerte seine Haltung und wies an, dass sie ihm folgen sollte. "Zellenblock 5-12", brach der Captain schließlich das Schweigen, als sie tiefer in das Schiff vorstießen. "Ihr habt sie eingesperrt? Wie interessant...", ertönte spöttisch und zugleich amüsiert die Stimme der Inquisitorin. Donnovan stoppte und senkte seine Stimme. "Natürlich! Nach dem medizinischen Bericht erscheint es nicht abwegig, dass es sich um eine Jedi handelt!" Starr blickte das Elfenbein in das aufgeregte Gesicht des alten Offiziers. Ehe scheinheilig, marginal überrascht, ihre Stimme erklang. "Tatsächlich? Faszinierend..." Der Captain blieb stehen und ballte seine Fäuste, offenbar angespannt vor höhnischer Verspottung, aber vor allem darüber verärgert im Dunkeln gelassen worden zu sein. "Warum habt Ihr sie nicht gleich zum Imperator gebracht? Ihr habt ihm doch einen Besuch abgestattet - oder nicht?" Stille. Ein langsames Blinzeln verriet dass ein Mensch hinter dem starren Gesicht steckte, oder etwas, das einmal ein Mensch war. "Zweifelsohne seid ihr mit den Methoden des Geheimdienstes nicht vertraut, Captain. Vertrauen Sie meinem Urteil?" - "Ich.." - "Ich hoffe es, Donnovan." Mahnend bohrte sich ein Finger in die Brust des alten Mannes, wie ein eisiger Speer, der ihn an Ort und Stelle zu binden schien. "Um ihretwillen. Mischen Sie sich nicht in die Arbeit des Geheimdienstes ein... Sie können wegtreten..."

Seine Führung war überflüssig geworden, auf diesen plumpen Schiffen, gefüllt mit Zinnsoldaten, identitätslosen Marionetten, war es leicht eine einzige Person zu bestimmen, die ihr stummes Lied in der Macht sang. Allein im Zellentrakt. Welch kümmerliches Ende für ein Wesen, das vor so kurzer Zeit erst, seine Heimat verlor und doch ebenso erstaunlich die Gleichgültigkeit über den Verlust. Oder sollte sie sagen, das erstaunliche Maß an Selbstkontrolle? Diese Sephi hatte ihre Chance bekommen sie niederzustrecken. Selbst hier, ihr Lichtschwert wurde ihr bewusst nicht genommen, nein, der Schatten ließ ihr Freiheiten und Wahl. Möglichkeiten, eine Vielzahl von Pfaden, die beschritten werden konnten, die sie wieder von hier weg führten. Und doch schien sie sich dagegen entschieden zu haben, das Licht sehnte sich zurück nach der Dunkelheit.
Sie Schritt den Gang weiter entlang, bis hin zu einer der schweren Panzertüren, hinter der das Echo beinahe greifbar wurde. Und zweifellos wusste die kleine Jedi, wer zurück war. Nigidus war zurückgekehrt, ganz wie versprochen. Und nun würde sie sich die Zeit nehmen, all jene unbedeutenden Fragen zu klären, die so schwer auf ihrem Herzen lagen, doch im Grund so unwichtig waren. Dennoch, als sie den Türcode eingab, musste sich der Schatten eingestehen, dass er sich insgeheim freute. Nicht wegen emotionaler Nähe, keineswegs. Es war die verspielte Neugier, auf welchen Pfad es diese Jedi verschlug, es war das Experiment ob ein Jedi fallen konnte, der Tatsache zum Trotze, dass die Dunkelheit sich mit all ihrer kalten Grausamkeit präsentierte. Offen zu ihren Gräueltaten stand, ohne Lügen, ohne Manipulation. und interessanter war noch jene Frage, was ein solches Ergebnis über die Jedi aussagte.

Die Tür öffnete sich und gab den Blick für das irdische Auge frei. Ein spärliches Lager, ein Verlies, eine Welt für sich. So erschien es auf den ersten Blick und so fühlte es sich an, als sich die Türe hinter ihr herabsenkte. Das fahle Licht der Gänge verschwand und die Nacht kehrte in die Kammer zurück, verschlang den Schatten, der seine Beute begierig betrachtete. "Wie amüsant Ihr doch seid, meine Liebe..."sprach die Hexe und legte nachdenklich die Hand an das Elfenbeinkinn. "Ich lasse Euch euer Leuchtfeuer und doch zieht Ihr die Schatten vor. Ich lasse Euch euren Schlüssel und dennoch habt Ihr die Tür nicht geöffnet."
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#7
Da war es wieder. Das Echo der Macht. Bekannt und doch unbekannt. Vertraut und doch fremd. Irgendetwas war anders. Irgendetwas unterschied das pulsierende Glühen vom letzten Mal. Nichts, das Sedrael an irgendetwas festmachen konnte. Es war nur das Gefühl, ja, es war immer das Gefühl, das dem Jedi seine Einschätzung beibrachte und ihn urteilen ließ. Und Sedraels Gefühl sagte ihr, dass sich diese Aura anders bemaß als noch vor kurzem. Nicht viel. Aber dennoch. Wie wenn sie seit Jahren Tag für Tag durch die gleiche Landschaft gestreift hatte, ein Bild von der Umgebung im Kopf hatte. Und dann, eines Tages war irgendein Detail verändert. Irgendein kleiner Fleck, der einem nicht auffiel und den man nicht fand, selbst wenn man begann, aktiv danach zu suchen. Es war einfach nur dieser eine Moment der Erkenntnis, dass sich etwas geändert hatte. War es entscheidend? Das war nicht zu beantworten, die Landschaft war noch da. Die Frage war lediglich, wie entscheidend das Detail für das Gesamtbild sein würde, ob sich der persönliche, subjektive Genuss des Panoramas nun auf Grund dieses Details ändern würde, ob es eine Verbesserung oder Verschlechterung darstellte, wenn man erst realisiert hatte, was sich geändert hatte. Das Ganze konnte aber auch irrelevant sein und keinen Einfluss auf das Erlebnis haben. Für Sedrael würde sich erst noch zeigen müssen, ob diese merkwürdige, schwer greifbare Form der Änderung eine Bedeutung haben würde, oder nicht.

So wusste sie bereits, wer eintrat, ehe die Zellentüre nach oben schoss. Ein paar Schritte. Die Sephi saß im Schneidersitz auf ihrem kargen Bett, die Hände auf den Knien abgelegt und die Augen geschlossen. Ruhig und friedlich verfolgte sie die Strömungen der Macht, die sich auch in allen Ritzen dieses Schiffes ihren Weg bahnte. Und doch brandete auch etwas anderes in Sedrael auf, als sich Nigidus in der Macht vor ihr manifestierte. Hass? Nein. Wut? Nein. Es war Ärger, ein Ärger über die Macht, die ihr diesen Schmerz zugefügt hatte, der jetzt wieder aufkam, als die Mörderin ihrer Welt wieder vor ihr stand. Die Macht hatte wieder eine hässlichere Seite gezeigt. Nigidus war dagegen nur die Inkarnation, sie war das Werkzeug. Wie der Chirurg sein Skalpell nutzte, um einen bösartigen Tumor herauszuschneiden, so hatte die Macht Nigidus genutzt, um etwas aus der Galaxis zu schneiden. Das Skalpell war nicht haftbar zu machen. Es war allenfalls fehlerhaft und besaß somit einen Mangel, den man reparieren konnte. Auf den Mangel selbst konnte man aber nicht wütend sein, man konnte ihn nicht hassen. Ein Teil von Sedrael wünschte sich zwar, es wäre so und ein anderer Teil mochte sich vielleicht sogar einreden, dass es so war. Es wäre so viel einfacher gewesen. Doch es war nur natürlich, dass sie dieser Fall etwas mehr einnahm und vor die Probe stellte als die vorherigen. Das Schicksal ihrer Heimat war ihr nicht gleichgültig, nur weil sie nicht mit fletschenden Zähnen auf die so verloren scheinende Gestalt losging. Wer das dachte, war dumm. Sie war traurig, sehr sogar. Traurig darüber, dass es so weit gekommen war, frustriert, dass sie es nicht hatte verhindern können. Nicht zuletzt deshalb war ihre Aura unausgeglichen und sie lauschte jetzt den sanfteren, gemäßigten Wogen der Macht, um wieder ein Gleichgewicht finden zu können, das ihr Urteilsvermögen nicht beeinträchtigte. Es war schwierig genug, auch ohne die beißende Aggressivität in der Macht, die wie ein angeketteter Hund aus der Richtung der Inquisitorin kam. Und doch war es auch gut, dass sie wiedergekommen war. Ganz gleich in welcher Form.

Einen Augenblick lang öffnete Sedrael ihr rechtes Auge zu einem knappen Schlitz, legte ihren Blick auf die Gestalt vor ihr. Einiges war gleich, anderes nicht. Am offenkundigsten war, dass auch ihr Gesicht nun hinter eine weißen, toten Fratze verborgen war, als wolle sie verhindern, dass man in ihr Gesicht sehen und möglicherweise darin lesen konnte. Sedrael hatte keine Erklärung für diese eher grotesk wirkende Umgestaltung, doch letztlich war es nicht entscheidend. Dennoch schloss sie nach kurzem Studium der Fratze das Auge wieder und ihre Haut wechselte in einen kühlen Blauschimmer. Vielleicht weil sie es schätzte, einen Gegenüber ähnlich unverfälscht betrachten zu können, wie er sie betrachten konnte. Es dauerte nicht lange, bis die Stimme der Inquisitorin die Stille zerschnitt, einerseits so präzise wie ein Rapier – und gleichzeitig dann doch so grobschlächtig wie eine Keule. Die Situation war also amüsant? Unerwartet, ja. Aber amüsant? In gewisser Weise vielleicht. Und dennoch nicht so, wie es die Inquisitorin darstellte. Tatsächlich war die Aussage sogar ein Stück weit zynisch. Aus einer isolierten, rein theoretischen Betrachtung heraus mochte Nigidus‘ Feststellung stimmen, aber die praktische Situation stellte Sedraels Anwesenheit in der Zelle doch weit weniger fragwürdig oder überraschend dar.
„Ich hatte nicht erwartet, Euch leicht erheitern zu können“, begann sie leise mit geschlossenen Augen. „Amüsanter ist jedoch, dass Ihr mir einen Schlüssel anbotet, der mich anschließend vor die Mündung der Gewehre Eurer Soldaten geführt hätte.“
War das die Absicht dahinter gewesen? Sedrael zu einer Reaktion zu veranlassen, die zwangsläufig in ihrem Scheitern, ja wahrscheinlich in ihrem Tod geendet hätte? Die Herausforderung und der Test, ob Firrerre sie geändert hatte oder ob sie so viel Vertrauen in das, für das sie stand, besaß, dass sie die Situation – erneut – ertrug, obwohl sie sie auch hätte beenden können? Nun, hätte sie das wahrgenommen und sich befreit, wäre das – selbst im Falle eines Erfolgs – letztlich nur das Eingeständnis gewesen, dass sie nicht mehr die war, die die Hexe auf Firrerre kennengelernt hatte. Und wäre, weil sie laut Aussage der Hexe nicht tun sollte, vermutlich überflüssig geworden. Insoweit… mochte sie eine krude Art von Test bestanden haben. Oder die Inquisitorin mochte es schlichtweg, Personen zu locken und ihnen eine bestimmte, von ihr definierte Reaktion abzutrotzen. Vielleicht war Sedrael aus Nigidus‘ Sicht gerade deswegen amüsant, weil sie nicht damit gerechnet hatte, dass die Sephi sich nicht darauf einlassen würde. Nun, es wäre nicht das erste Mal, dass jemand Sedraels Reaktionen falsch einschätzte. Denn Sedraels Schwert hatte noch nie ein Problem gelöst und es schien unwahrscheinlich, dass sich dies bald ändern würde.

„Und Ihr?“, fragte sie und nickte der Maske, die bar jeder menschlichen Emotion war, zu, ohne dabei die Augen zu öffnen. „Seid Ihr neuerdings der Ansicht, dass Euer Erscheinen der Verschleierung bedarf? Ihr verbergt dahinter nichts Sichtbares, das ich nicht bereits kenne.“
Das Verstecken hinter einer Maske bedeutete letztlich immer nur eines. Scham. Es war das Eingeständnis, nicht als Individuum mit dem identifiziert werden zu wollen, was man früher gewesen war, jetzt gerade in diesem Moment darstellte oder vielleicht einmal werden würde. Die innere und äußere Verantwortlichkeit des Handelns wurde auf die Maske projiziert, sie wurde zum Anlass, zum Nutzen und zur Rechtfertigung. Wer selbstbewusst war und mit sich im Reinen stand, benötigte keine Maske. Er präsentierte sich der Welt feierlich, er stand zu sich und dem, was einen auszeichnete. Zum Guten wie zum Schlechten, zum Vorteil wie zum Nachteil. Jedes Erlebnis zeichnete das Gesicht mit neuen Narben, prägte die Züge aus und stand für die Identifikation mit sich selbst. Wer trug Masken?

Die weißen Fratzen. Uniforme Soldaten, bar des Charakters als Einzelperson, wo auf Gefühle und Gedanken im Militär keine Rücksicht genommen werden konnte und sollte, sondern nur die unmittelbare Gleichförmigkeit gewünscht war, um Anordnungen umzusetzen und effizient zu sein. Die Maske funktionierte aber auch umgekehrt, sie machte den Einzelnen gesichtslos, rechenschaftslos. Wer nicht als Individuum zugeordnet werden konnte, der konnte tun und lassen, was er wollte. Er würde nur schwerlich zur Verantwortung gezogen werden können. War Nigidus nur die Soldatin ihres Herrn, unterwerfend, ohne Dynamik? Es mochte sein, wenn Sedrael sich zurückerinnerte, wie die Hexe vor dem Hologramm pariert, ihm unterwürfig die Kehle gezeigt hatte und offenbar unverzüglich gehorchte, wenn er sie zu sich rief.

Gaukler und Darsteller. Wer seine Rolle im Theater spielte, dessen Maske war vielleicht individueller, und doch blieb sie eine Maske. Ein Spiel, ja, dass man etwas zeigte, was man nicht war und auch nicht werden wollte. Man täuschte vor und der Darsteller wollte niemals verwechselt werden mit der Rolle, die er verkörperte. Sobald das Stück vorüber war, streifte man die Maske ab und fort war die Verkörperung der Illusion. War Nigidus eine Darstellerin, vorspielend und nur auf den Moment bedacht, die Maske wieder ablegen zu können?

Die Zeit würde zeigen, was davon zutraf und was nicht. Früher oder später zeigte sie ihr Gesicht, welches es auch war. Und am Ende mochte es vielleicht auch eins sein, dass sich hinter der Scharade dann etwas verborgen hatte, mit dem zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand rechnete. Im einen wie im anderen Extrem.
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#8
Gedankenflüsse tropften herab wie schwarzer Teer, zähflüssige Tropfen, die sich an Kanten verfingen und hängen blieben. Gedanken die ablenkten, weg vom wesentlichen und hin zu Dingen, die man lieber ausblenden wollte. Ausblenden sollte. Donnovan war so ein Gedanke, nein, weniger der Mann als vielmehr seine Worte. Die Inquisitorin ließ sich nicht einschüchtern, erst recht nicht verschrecken, wohl aber Bremsen. Man konnte sie ins straucheln bringen, denn ihre Pläne waren nicht perfekt. Vielmehr ein einziges Wagnis. Sie hatte ihr perfides Spiel auf Firrerre mit einem hohen Einsatz begonnen und doch schwankte es Stunde um Stunde, ob sich dieser Einsatz letztendlich auszahlen würde. Ihre Chancen stiegen und sanken gleichermaßen, ganz davon abhängig, wie andere Variablen reagieren würden. Dies begründete sich vor allem in der Tatsache, dass Reah Nigidus keine große Planerin war, es war ihrem Wesen gänzlich fremd Pläne über Dekaden zu schmieden, auf einen einzigen Moment hinzuarbeiten und dann mit einem grandiosen letzten Streich zu siegen. Nein, ihr Wesen war intuitiver Natur, ein natürlicher Fluss, den man zwar durch künstliche Dämme bremsen konnte, der sich schlussendlich aber Alternativen suchte - und wenn er über die Ufer treten musste um sein Ziel zu erreichen. Unter diesem Aspekt ließen sich ihre Aktionen betrachten: sie übertrat die Grenzen ihrer Befugnisse und aus den Augen unbelehrbarer Kleingeister überschätzte sie ihre Macht. Die Sephi war ein Risiko, eines, von dem ihr Leben irgendwo abhängen mochte - je nachdem wer wo welche Information wie einsetzte. Informationen waren der Schlüssel zum Sieg und gleichzeitig das Tor zur Verdammnis - glücklicherweise hatte Donnovan sie an etwas erinnert. Etwas, dass ihr fatalerweise entfallen war und dass sich eher früher als später rächen konnte. Der Captain hatte ihr damit indirekt in diesem kurzen Gespräch ein wichtiges Detail offenbar: er vermutete in der Sephi eine Jedi und diese Vermutung ließ am Ende ihrer Überlegung nur einen Schluss zu: Donnovan kannte den medizinischen Bericht. Er hatte offenbar, dass zu einer solchen Untersuchung kam und Reah wusste, was das bedeutete. Das imperiale Protokoll ließ keine Ausnahmen zu. Mit ziemlicher Sicherheit wusste nun irgendjemand, zweifellos jemand wichtiges, im Imperialen Zentrum darüber Bescheid wo sie sich befanden und noch wichtiger, was für einen interessanten Gast sie in ihrer Gewalt hatten. Diese ziemliche Sicherheit würde sich in absehbarer Zeit in Gewissheit wandeln. Aber noch würde die Inquisitorin nichts tun, nicht, solange sich nicht abzeichnete auf welche Art und Weise diese Information genutzt werden würde. Im schlimmsten Falle würde sie Vesperum erreichen - einen dann sehr erzürnten Vesperum, der sie umgehend zu sich beordern würde. Ein Szenario, dass vermutlich mit ihrem Ableben endete - so sie dem Aufruf folge leistete. Eine weitere Möglichkeit wäre das Imperium zu verlassen und sich in eine andere Struktur einzugliedern. Reah war nicht so naiv zu glauben, dass es einen Sinn hatte, sich auf abgelegenen Planeten zu verstecken, nein, man würde sie eher früher als später finden. Unter diesen Umständen wäre es weiser, sich an einen der größeren Abspalter zu binden, jenen verblendeten Tölpeln, die alle nur nach weltlicher Macht geiferten und bis zu einem gewissen Grad beeinflussbar waren. Zumindest, wenn man den Erfolg ihrer Kollegen im Auge behielt, allen voran Jerec und Lanu Pasiq. Jerec, den sie jetzt jagen und niederstrecken würde. Doch noch trat dieser Fall nicht ein und deshalb gab es auch noch keinen Anlass dazu einer... Überreaktion zu verfallen. Die Inquisitorin würde abwarten und die Zeichen deuten, sobald sie sich zeigten und ihre Position so lange ausnutzen, wie es ihr möglich war. Denn im Gegensatz zu langfristigen, verschrobenen Planern, war die Hexe sehr flexibel und anpassungsfähig, etwas, das vor allem daran liegen mochte, dass sie sich keiner bestimmten politischen Idee oder philosophischen Glaubensbekenntnis zugehörig oder verpflichtet fühlte. Für sie zählte allein Mithilfe welcher Werkzeuge, sie ihre Vorstellungen umsetzen konnte.

Ruhig, auf groteske Art sogar sanft, ruhten ihre Augen noch immer auf der Sephi. Ihre Haltung war noch unverändert. Nur langsam kroch nach der Überlegung das Leben zurück in den Körper und setzte die Gliedmaßen in Bewegung. Der Schatten trat einen Schritt hervor und schlich durch die Dunkelheit, bis er dem Licht, dass sich dreisterweise ins Zentrum dieser Kammer gesetzt hatte, ganz Nahe war. Erst dann legte der Todesengel von Firrerre seine Arroganz ab und begab sich hinunter auf die gleiche Ebene, wie jene Jedi, die dieses grausame Schicksal erdulden musste. Nun saßen sie sich Gegenüber, Licht und Schatten, von Angesicht zu Angesicht. Wie eine verzerrte heilige mochte die dunkle Gestalt dabei anmuten, wie sie auf den Knien saß, die Hände wie eine Bittstellerin auf die Oberschenkel gelegt. Und doch versprach die Aura nichts heiliges. Dunkelheit fiel ab udn verteilte sich im Raum. Eine gelassene Dunkelheit. Ein Schatten, der seinen Frieden damit geschlossen hatte, nicht Teil des Lichts sein zu können, es seines Wesens wegen aber weder verachtete, noch verabscheute. Nicht allgemein, einige Aspekte vielleicht, ja, einige Jedi, aber nicht generell. Es gehörte dazu. Es war notwendig, wenn Schatten überleben wollte. Sollte das Licht entschwinden, so würde auch sie sich auflösen und nur noch ein undeutlicher Schemen in der Finsternis sein. "Mag sein.", bestätigte sie ruhig die Worte der Sephi. Ihr kleiner Engel hatte die Lage erkannt und schlug nicht in wilder Panik um sich. Sie erkannte die Situation und hatte die Sträke, das Durchhaltevermögen um damit umzugehen. Aber was wichtiger war: sie hatte eine Wahl gehabt. Dies war der Inquisitorin wichtig, ihr die freie Wahl zu lassen ihren Weg zu beschreiten. Sie mochte das Ziel vorgeben, den Rahmen definieren, überließ es allerdings zur Gänze der Jedi sich darin frei zu bewegen und nach Möglichkeiten zu agieren. "Aber Ihr konntet entscheiden. Ihr könnt Euren Weg selbst gestalten - vergesst das nicht." Sicherlich steckte in diesen Worten eine größere Lektion, als sich auf den ersten Blick erkennen ließ. Die Wahl haben - im imperialen Kontext war dies ein immenes Geschenk, ein Geschenk zweifelsohne, dass die Jedi als solches nicht erkennen würde. Weil sie die Abgründe im Imperium nicht kannte. Weil sie nicht wusste, wie es war keine Wahl zu haben, nur eine Maschine zu sein, ein kleines Rädchen im großen Getriebe. Aber in Freiheit lag auch Verantwortung. Denn auch Firrerre war eine Wahl.

Die Augen hinter dem weißen Totenschädel schlugen sich nieder und sondierten die kühle baue Haut. Ja, sie erinnerte sich, der Makel der Sephi, Emotionen nicht verbergen zu können, zumindest nicht für jene, die mit ihrer Spezies vertraut waren. Der Schatten war es nicht, sie konnte mutmaßen was es bedeuten mochte, doch letztlich würde es ein Buch mit sieben Siegeln bleiben, ihre Überlegungen würden nie zu Sicherheiten führen. Und doch gab es Wege, Wege der Macht, diese Siegel zu lockern und zu brechen und das Buch zu öffnen, es zu lesen, gar zu verschlingen. Aber die Inquisitorin ließ davon ab, sie würde nicht in diese Gefühlswelt einbrechen. Derartiges konnte gefährlich sein, auf mehrere Arten und Weisen. Zum einen hatte sie kein Interesse daran die Sephi zu verschrecken, nicht mehr, als sie es durch ihre Handlungen ohnehin schon war, zum anderen bargen Gefühle oft Erinnerungen. Sie konnten wie ein Spiegel sein, so schön und doch so unbarmherzig. Sie konnten zeigen, was man vergessen hatte, woran man sich nicht erinnern wollte. "Ich wäre enttäuscht, wenn es Euch nicht gelänge hinter diese Scharade zu blicken.", gab die Hexe ohne Umwege zu. "Und doch muss ich Euch enttäuschen, wenn ich sage, dass diese... Umgestaltung weniger mit Euch zu tun hat, als Ihr vielleicht glaubt." Reah hatte gewiss keine Angst davor ihr Gesicht zu zeigen, es war hinfällig, wer sie in der Macht erkannte, der wusste, was einem hinter dem starren Abbild erwartete. Und dennoch tat sie nichts dagegen. Keine ihrer Hände bewegte sich, das Götzenbild verschwinden zu lassen. Dies war die Wahl der Jedi. Es lag in ihrer Verantwortung, ihrem Handeln die Dinge zu ändern, die störten. Wer in Freiheit lebte musste handeln. Denn wer die Hände in den Schoß legte, der lieferte die Freiheit letztlich ans Messer, der zeigte, dass er sie nicht brauchte, dass sie nicht länger benötigt wurde. "Und doch vermute ich, dass Ihr weitaus... gewichtigere Fragen habt. Oder täusche ich mich?"
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#9
Entscheidungen. Sedrael seufzte innerlich. Ja, jedes Wesen traf sie, ob nun bewusst oder nicht. Jede Handlung war eine Entscheidung, jede Nichthandlung ebenfalls. Selbst ein willentlich nicht zu kontrollierender Reflex war eine Form der Entscheidung, nicht? Nur eben eine Entscheidung innerhalb des vorgegebenen Instinkts, nicht die eines Willensprozesses, durch den allein man zu einer bewussten Entscheidung gelangte. Dennoch stand eine reflexartige oder instinktive Entscheidung genauso im Raum wie eine durchdachte Handlung. Es änderte also an der Qualität einer Entscheidung zunächst nichts, egal ob sie nun willentlich war oder nicht. Die Frage einer freien Gestaltbarkeit durch den Handelnden war mehr die Frage einer moralischen Bewertung. Ein reiner Reflex war in den Augen der meisten Personen nicht verwerflich, weil man nun einmal gar nicht die Möglichkeit besessen hatte, ein Alternativverhalten an den Tag zu legen. Man konnte einen Reflex nicht unterdrücken, er war naturgegeben. Vorwerfbar waren also nur solche Handlungen, die darauf beruhten, dass man sich bewusst und frei für sie entschieden hatte. Und wie entschied man sich für etwas? Man dachte nach, man ging in sich. Das Gehirn verarbeitete Informationen. Der Körper war zunächst einmal nur reine Biologie. Er arbeitete wie eine sorgfältig programmierte Maschine, nur eben eine durch Genetik bestimmte Maschine, in der jede Zelle, jede Synapse ihre zugewiesene Aufgabe erfüllte und sich wie eine künstliche Intelligenz beständig weiterentwickelte. Doch alles basierte auf diesem einen Ursprung. Niemand in diesem Universum hatte sich sein Genom ausgesucht, hatte diesen massiven Computer in seinem Kopf selbst zusammengestellt, sondern jeder war damit geboren worden. War es also nicht logisch, wenn man behauptete, dass dort schon alles, was man später tun würde, in dieser kleinen Veranlagung gegeben war, dass alle Handlungen nur die konsequente Fortsetzung dieses Ursprungs waren? Jede Erfahrung und jede Handlung, die man anschließend machte, waren schließlich von diesem Ursprungszustand abhängig gewesen, auf Grund dessen man sich anschließend weiterentwickelt hatte. Doch wäre der Ursprungszustand nur ein wenig anders gewesen, hätte man sich vielleicht ganz anders entwickelt, mit ganz anderen Erfahrungen, ganz anderen Ansichten, ganz anderer Moral. Und wenn dieser Ursprungszustand nun einmal gerade keine Willensentscheidung war, sondern etwas, das einem von der Natur mitgegeben war, war dann jedes Verhalten, jede Entscheidung, durch die man sich und seine Persönlichkeit entwickelte, nicht logischerweise nur eine Art des Reflexes? Faktisch spielte es keine Rolle, die Entscheidung stand im Raum, gleichgültig aus welcher Veranlassung sie nun vorgenommen worden war. Doch es mochte einen moralischen Unterschied machen.

Ja, Sedrael hatte sich entschieden. Es war ihre Entscheidung gewesen, mit Nigidus fortzugehen, nicht einzuschreiten und nun hier zu bleiben. Doch wie frei und unverfälscht waren diese Entscheidungen letztlich, von der die Frau vor ihr sagte, sie habe sie frei gestaltet? Freiheit war nicht messbar, sie war nur ein Gefühl, das sich rein relativ bemaß. Der gleiche Umstand konnte von einer Person als freiheitsbeschränkend empfunden werden, von der anderen dagegen nicht. Somit war Freiheit an sich rein subjektiv – und Sedrael selbst hatte ihre Entscheidungen gerade nicht als wirklich freien Willensprozess empfunden.
„Hm“, machte die Jedi nachdenklich, nur ein kurzes, halblautes Geräusch, das verkündete, dass sie die Äußerung der Inquisitorin zur Kenntnis genommen hatte, ihr jedoch vielleicht nicht vollständig zustimmte. Für den Augenblick würde das genügen müssen. Sie würde ihre Gegenüber an dieser Stelle noch nicht in ihre Erklärung, in ihre Philosophie einblicken lassen, solange sie diese nicht genauer einzuschätzen wusste. Einschätzen verlief über vielerlei Wege. Die Wege der Macht, wo sich die Gegenpole auf so merkwürdige Art und Weise in diesem kleinen Raum gegenüber standen und dabei dennoch koexistieren konnten, waren aber nur eine Möglichkeit. Das körperliche Wesen, das trotz aller Bescheidenheit nicht vernachlässigt werden sollte, war eine weitere.
„Wenn die Scharade wenig mit mir zu tun hat, ist sie im hiesigen Kreis nicht notwendig“, stellte Sedrael fest, während sie in einer langsamen Bewegung die linke Hand von ihrem Knie erhob, bis sie etwa auf der Höhe des Gesichts ihrer Gegenüber war. Doch sie berührte ihre Gegenüber nicht, nein. Jedenfalls nicht körperlich. Das wäre eine allzu intime Geste geworden, die sie damit nicht anstrebte. Nicht zuletzt, weil ihr die letzte körperliche Berührung unheimlich gewesen war. Stattdessen blieb ihre geöffnete Handfläche auf Abstand zu der toten Fratze und entsandte dann mit der Macht einen Lockruf nach dem begehrten Objekt. Dieses schien anfangs widerwillig zu sein, ehe es sich langsam und vorsichtig löste, um daraufhin jedoch wenig elegant über Sedraels Hand zu schweben. Die Sephi drehte ihre Handfläche nach oben und ließ die Fratze in ihre Hand gleiten, wo sie dann aber etwas ruckartig landete. All das sprach dafür, dass sie in der praktischen Anwendung der Macht offenkundig seit längerem keine Übung mehr besaß – ein Umstand, der sich nur schwerlich verbergen ließ. Jedoch schien Sedrael keine Scham darüber zu empfinden, dass der Hexe diese Tatsache auffallen mochte. In dieser Anwendung war die Macht lediglich eine Form der Spielerei, die manche jedoch viel zu ernst nahmen und dabei vergaßen, worauf es in der Macht eigentlich ankam. Nicht auf Telekinese, nicht auf Machtsprünge, nicht auf merkwürdig choreographierte Kampfstile. Die Macht war so viel mehr. Und wer sich nur darauf beschränkte, war letztlich bloß ein Kind im Körper eines Erwachsenen, der gerne spielte, aber die Ernsthaftigkeit seines Daseins am liebsten ausblendete.

Sedrael befühlte das feine Material der Maske kurz mit ihren Fingern, vermutlich mehr aus Neugier denn aus tatsächlichem Interesse. Die Beschaffenheit erschien ihr ähnlich ungewöhnlich, offenkundig kein Vergleich mit den aus Plastoid bestehenden Masken der weißen Soldaten. Nach ein paar Sekunden senkte sich ihre Hand allmählich und platzierte Gegenstand auf dem freien Boden zwischen den beiden. Erst jetzt öffnete Sedrael ihre Augen wieder. Denn nun waren sie auch tatsächlich auf Augenhöhe. Die kühle Färbung ihrer Haut schien unwillkürlich abzunehmen.
„Ein Gesicht weiß Vieles zu erzählen“, gab sie als uneingeforderte Erklärung für ihr Handeln an, sofern man Worte in dieser Vagheit als Erklärung bezeichnen konnte. Sie sah die Hexe, die Hexe sah sie. Quid pro quo. Vielleicht war es nicht nötig gewesen, um hinter die Scharade zu blicken, doch waren und blieben sie trotz aller spiritueller Fixierung noch immer körperliche Wesen, mit Wünschen und Ängsten, mit Vorlieben, mit Abneigungen. Und das körperliche Wesen war nicht weniger real und nicht weniger wichtig als das, das man in der Macht ausstrahlte. Das Entsagen der körperlichen Existenz durch Verneinung natürlicher, Körper und Geist zwangsläufig in der einen oder anderen Form mitgegebener Dispositionen durch den früheren Orden hatte Sedrael immer schon für etwas verquer gehalten. Ein Dogma, das widernatürlich war, indem es die Existenz bestimmter Faktoren zu unterdrücken versuchte, konnte langfristig keinen Erfolg bringen. Der Punkt musste es sein, bestehende Dispositionen zu akzeptieren und dann mit ihnen umzugehen. Sedrael war aber durchaus klar, dass sie mit ihrer Reaktion – gewollt oder nicht – auf ein erneutes Spiel der Inquisitorin eingegangen war. Das Handeln oder Nichthandeln von Nigidus war zum wiederholen Male darauf gerichtet, Sedrael auszutesten und eine Reaktion zu erproben. Es hatte bereits auf Firrerre begonnen, indem diese ihr das Schwert angeboten hatte. Es war weitergegangen damit, dass sie das Schwert trotz Gefangenschaft behalten durfte. Und nun ein ähnlicher Fall. Dieses Mal hatte sie in der Tat gehandelt, jedoch ausgerechnet dann, als es am wenigsten notwendig schien. Aus Sedraels Sicht wirkte es so, als wolle ihre Gegenüber sie abschätzen. Das störte sie allerdings weniger als es vielleicht sollte. Nachdem die Inquisitorin ihre Anwesenheit jedenfalls im Moment tolerierte und sie nicht direkt umbrachte, gab es auch keinen Grund, ihr Wesen zu verbergen.

Die Frage, die sich stellte – beziehungsweise eine der Fragen, von der Nigidus richtigerweise ausging, dass sie der Sephi auf dem Herzen lagen –, war demnach, warum ihre Gegenüber das tat. War sie eben neugierig, aufgeschlossen? Vielleicht, vielleicht nicht. Solange Sedrael das nicht klarer einschätzen konnte, ob also nicht irgendein merkwürdiger Plan hinter all dem steckte, würde sie die Worte der Frau weiterhin mit Vorsicht genießen, skeptisch bleiben. Daher beschloss sie, diesen Punkt auch als Einstieg ihrer Frage zu nutzen – und nicht den naheliegendsten, nicht den vielleicht quälendsten, nämlich den nach der schaurigen Hologrammgestalt.
„Ihr täuscht Euch nicht“, begann sie nach kurzem Nachdenken. „Es mag für Euch weniger bedeutsam sein, wer ich bin. Für mich ist es aber bedeutend zu wissen, wer Ihr seid. Es ist so lange her, dass ich meinesgleichen traf.“
Ja, sie mochten so verschieden sein und doch änderte das nichts daran, dass sie sich darin ähnelten, Teil des großen Rätsels der Galaxis zu sein, das jeder auf seine Art zu entschlüsseln versuchte. Einerseits machte sie das zu Vertrauten, andererseits zu Gegnern. So oder so waren es aber viele Jahre gewesen, die Sedrael ohne eine derartige Begleitung verbracht hatte. Und eigenartigerweise waren es sodann an einem Tag gleich zwei gewesen – ein Fremder, der mit einem Problem zu ihr gekommen war, das sie nicht hatte lösen können, und schließlich sie, Nigidius. Beide hatte sie nur kurz treffen können und dem einen vielleicht noch dabei geholfen, sein Leben zu retten. Vielleicht auch nicht. Aber nur einen von beiden konnte sie nun, in diesem Moment, konkreter befragen. Wie die Jedi sagten, Konzentration auf den aktuellen Moment, auf das Hier und Jetzt. Niemals ein Blick in Zukunft oder Vergangenheit auf Kosten des Moments.
„Erzählt mir von Euch. Erzählt mir, wer Ihr seid. Und was Ihr seid.“
Bislang wusste Sedrael lediglich, dass die Frau eine Inquisitorin war. Nun war dieser Begriff für Interpretationen offen und konnte Vieles bedeuten. Es sagte nichts darüber aus, wem sie diente, ob sie überhaupt jemandem diente. Es sagte nichts darüber aus, was es mit dem mysteriösen Hologramm auf sich hatte, warum sie aufgrund dessen schleunigst fortmusste. Sie war nicht als das bezeichnet worden, was Sedrael als am naheliegendsten erwartet hätte: Als Dunkle Jedi. Oder als Sith? Beides war aber jedenfalls nicht geschehen. Es gab hunderte verschiedene Machtgruppierungen in der Galaxis und nur wenige würden sie alle in einer Lebensspanne kennenlernen, geschweige denn studieren können. Vielleicht war diese Gruppierung von der Finsternis schlichtweg ähnlich geknechtet worden wie andere, schwamm nun als verlorener Fisch mit im Strom, getrieben vom Schwarm, der die Richtung vorgab. Oder aber sie war tatsächlich gern Teil des Schwarms und Sedrael projizierte hier nur eigene Wunschvorstellungen und Hoffnungen hinein, die sich am Ende als falsch erweisen sollten. Es ging bei ihrer Frage aber nicht darum zu werten oder zu urteilen. Nichtsdestotrotz war nicht zu leugnen, dass sich die Präsenz des Hologramms und die ihrer Gegenüber massiv unterschieden. Das Gefühl, vor der Hexe zu sitzen, war… nun, nicht angenehm, aber bei weitem nicht so massiv unangenehm für Sedrael wie der Frostbrand, der die Brücke des anderen Schiffes erfasst hatte, als das fremde Hologramm erschienen war. Es war so gewesen, wie sie sich die pure dunkle Seite ausgemalt hatte, wie man es ihr nun einmal beigebracht: zügellos, völlig enthemmt, ruhelos, wirr. Dies hier, hier in dieser Zelle, war anders, spürbar anders. Und so war die Frage, warum das so war. Warum war die eine Person als Wesen kaum mehr zu erkennen, vernebelt durch die pure Abart ihrer teuflischen Existenz, die ruhelos durch die Macht geisterte, während die andere hier geradezu diszipliniert, ruhig, im Reinen mit sich vor ihr saß?
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#10
Was als notwendig erachtet wurde und was nicht, war allen voran eine Frage des Standpunktes. Der persönliche Blickwinkel - man mochte es auch Geschmack nennen - entschied darüber unter welchen Umständen Konfrontationen wie diese stattfanden. Anders formuliert war Notwendigkeit die Abstinenz von essentiellen, wie auch immer gearteten Dingen, die gewissermaßen das eigene Wohlbefinden ausmachten. Das dadurch der Seelenfrieden anderer gestört werden mochte, stand derzeit noch nicht zur Diskussion, denn die Hexe hatte entschieden sich nicht zu wehren, sondern sich vorerst mit ihrer Rolle als beobachtendes, in mancherlei Hinsicht, wie eben jetzt, fühlendes Wesen abgefunden. Für eine Gestalt, die den Exodus aus dem sozialen Gefüge angetreten hatte, war diese Erfahrung gleichsam erholsam und erfrischend und obgleich sie nicht sagen konnte, dass ihr dieser Umstand generell zusagte, so war es doch seltsam, dass ein Wesen, dass nach gängigen philosophischen Interpretationen ihr natürlicher Todfeind war, sich abseits von Kampf für ihre Person interessierte. Der Unterschied mochte darin liegen, dass diese kleine Sephi es verstand zwischen Glaubenden und Glauben zu differenzieren - selbst wenn Reah in diesem Punkt heftigst widersprechen würde, denn einer philosophischen Struktur ließ sie sich ganz sicher nicht zuordnen. Und doch würden die vage gehaltenen heiligen Schriften einiger Orden sie anhand einiger Eigenarten einem genauen Feindbild zuweisen können. Und hier nun tat sich die Kluft zwischen gewöhnlichen Jedi und der Sephi auf. Sie urteilte dieses Wesen vor ihr, dass eindeutig eine Kreatur der Dunkelheit darstellte, nicht ab. Ihr Licht brannte weniger mit der fanatischen Flamme wütender Glaubensritter, als vielmehr mit einer gewissen Neugier. Und Flammen steckten sich an, ob sie nun mit Licht oder Dunkelheit brannten war kaum von Bedeutung. Denn auch das Interesse der Inquisitorin war geweckt, erst auf Firrerre und nun hier. Diese unscheinbare Jedi mochte schwerer zu durchschauen sein als so mancher Meister - obgleich sie sich natürlich steuern ließ, die Aktionen der Hexe verdeutlichten dies. Aber ihre Motivation blieb verborgen und noch wichtiger, wenn nicht faszinierender befand sie die Tatsache, dass es keinen Ausbruch der Verzweiflung gab. Zweifellos ein Individuum, dass seine Zeit wer war, mehr noch, wenn man sie einfach gewähren ließ, sie nicht in den Schlund des Dunklen hinab ziehen würde. Reah hatte weder ein Interesse an einem eigenen Ebenbild, noch an weiteren Sith oder niederen Kriechern.

Die Hexe wartete regungslos. Hilflos. Sie saß in ihrem eigenen Bannkreis, unwillens sich zu wehren und die zarten Wogen der Macht, die auf sie zukamen abzuschmettern. Ihre Lider schlugen herab und verschlangen die feurigen Pupillen - nur schwärze blieb in den Augenhöhlen des Elfenbeins zurück. Ein Totenschädel. Langsam setzen die Fesseln der macht mit ihren Widerhaken an und begannen daran zu ziehen. Vielleicht erkannte die Sephi nicht, dass auch das, was sie versuchte mit aller Gewalt herunterzureißen ein Gesicht war. Es mochte sein, dass sie vom Irrglauben getrieben wurde, einem unwahrscheinlichen Wunsch, unter der starren Totenfratze ein normales Menschengesicht zu finden - obwohl sie es besser wusste. Oder gab es tatsächlich Personen, die sich die zersetzten Abgründe der dunklen Seite freiwillig ansahen, obwohl sie bereits so deutlich zu spüren waren? Wie dem auch sein mochte, all dies spielte nur eine untergeordnete Rolle, denn letztlich gelang es diesem unbeholfenen Ziehen sich durchzusetzen. Die Hexe verfolgte den Strom der Macht im Geiste und selbst wenn es nur Vermutungen waren,so gab er doch einen Rückschluss über diese Jedi. Die praktische Beherrschung dieses Flusses stellte sich bestenfalls als... instabil heraus. Ein klein wenig Druck würde bereits genügen, das Band zu trennen und sie scheitern zu lassen. Aber dies war nicht irgendeine Akademie, in der Heranwachsende im ständigen Wettstreit mit ihren Fähigkeiten standen, nein, dies hier war ernst und die Hexe neigte nicht dazu ihre Fähigkeiten zur Schau zu stellen, nur um ihre überlegene Beherrschung der Macht deutlich zu machen. Der Storm riss ruckartig ab und die Lider schlugen wieder auf. Zumindest war sie nicht an ihrem Versuch gescheitert, obwohl es ihr offensichtlich erheblich an Übung mangelte. "Ihr habt Eure Ausbildung nicht beendet.", stellte der Schatten nüchtern fest, ohne zu tadeln, machte aber gleichsam kein Angebot etwas an diesem Zustand zu ändern. Das Studium der Macht war vom eigenen Fokus abhängig und trotz der Tatsache dass der kämpferische Aspekt in diesen unruhigen Zeiten nicht zu Gänze vernachlässigt werden sollte, so war er nicht die einzige Möglichkeit zu überleben. Schlussendlich folgte der Schatten nur weiter diesem Weg: Freiheiten lassen.

Reah wog die folgenden Worte der Sephi in ihrem Geist, nach Wahrheit und nach Wunschvorstellung. Ja, Gesichter konnten wie Bücher, wie Gemälde sein, Kunstwerke, in denen man zu lesen vermochte. Eine hohe Kunst, doch vorwiegend von jenen angestrebt, denen es nicht vergönnt war mit den Augen der Macht zu sehen. Der Körper war... unwichtig. Eine Schale, ein Kokon für die Auswüchse, die im Geiste reiften und die sich durch die Hülle nicht erkennen ließen. Das äußere Antlitz konnte täuschen, denn bestenfalls war es ein Indiz dafür, welcher Preis für übernatürliche Mächte bereits gezahlt wurde und doch lieferte dieser Ansatz nur ungenügende Informationen um eine Person tatsächlich einschätzen zu können. "Die Miraluka würden Euch widersprechen.", erhob die Demaskierte das Wort und brachte ihren Einwand vor. Diese kleine Kritik, dieser kurze Anstoß, mochte ziellos im Raum stehen, es waren keine Worte, die treffen sollte, nur ein kleiner Ansatz - vielleicht das undeutliche Aufzeigen, dass die als allgemeine Weisheiten angedeuteten Worte der Sephi, letztlich doch nicht mehr waren als ein egoistischer Wunsch, der sich zufällig damit deckte.

Ihre Augen senkten sich wieder, hinunter zum Elfenbein, während eigenartige Worte in ihr Ohr drangen. Diese Jedi war definitiv einzigartig unter ihresgleichen. Es waren die Details, die diesen Unterschied verdeutlichten, die Feinheiten, die wie in der Musik eine schöne Melodie erst zu einem Meisterwerk erhoben. "Euresgleichen?" Der Schatten wankte, das Kerzenlicht ließ ihn wild an der Wand flackern, als eine sanfte Brise die Flamme erfasste. Die Worte fielen in das innere Mausoleum, wo sie von den nackten Wänden widerhallten. Galt diese Bezeichnung nicht Wesen, die sich in einer Gemeinschaft gegenüberstanden? Nur war dies hier nicht der Fall, nein, gemein allein war ihnen beiden, dass sie auf jenes seltsame Energiefeld zugreifen konnten, dass als "Macht" bezeichnet wurde und selbst in diesem Punkt unterschieden sie sich in der Kunst der Beherrschung. Zwar empfand die Hexe diese Worte keineswegs als Herabwürdigung, musste sich aber vor sich selbst eingestehen, dass sie eine solche Einschätzung, eine solche Art der Betrachtung überraschte - deutlich überraschte. Ihre Mundwinkel zuckten kurz, als hätte sich ein dunkler Blitz darin verirrt und zu neuer Funktion angeregt. Aber die Energie reichte nicht aus. So leicht machte man aus Reah Nigidus keinen Menschen und sei es nur deshalb, weil sie gar kein Mensch sein wollte, kein gewöhnliches Wesen. Auch die Schatten besaßen ihre eigenen Reiz, ihre eigene Schönheit - solange man den größeren Monstern und Dämonen aus dem Weg gehen oder sie im Hinterhalt zermalmen konnte. "Eine seltsame Wortwahl... danke."

Die eigentliche Frage aber, traf wie das Malleus Maleficarum, der Hexenhammer und weniger weil es ihr persönlich Schwierigkeiten bereitete aus ihrer Vergangenheit zu erzählen, als vielmehr aus dem einfachen Grund, darauf ein Individuum zu formen, etwas, dass diese gewichtige Frage in der angemessenen Art und Weise beantworten würde. Vielleicht gab es auch keine Antwort, sondern nur individuell unterschiedliche Sichtweisen, die es zu erkennen galt. Mit anderen Worten: es hing vom Blickwinkel der Sephi ab, wen sie am Ende sah. "Ihr werdet feststellen, dass Euch die Entscheidung obliegt, als wen oder was Ihr mich seht." Manchmal war es leichter Geschichten in leere Gesichter wie dem Elfenbein zwischen ihnen zu schreiben, Geschichten, die sich sauber trennen ließen, weil ihnen verschiedene Gesichter zugrunde lagen. Doch jetzt ging das nicht, jetzt musste sie eine Erklärung anbieten, einen Einblick in die wirren und komplexen Strukturen ermöglichen, in denen sie sich bewegte. In die eingesetzt wurde, als ein weiteres Ersatzteil für den Notfall. "Reah Nigidus, imperiale Agentin der Inquisition, verantwortlich für das Aufspüren und anschließende Ausschalten oder Brechen nicht gemeldeter McH-Fälle... Machtnutzer." Dies klang offiziell, zackig und ohne Ausschmückungen, so typisch imperial, so karg wie das Innenleben dieser Zelle. Und tatsächlich steckte nicht mehr dahinter, das war es, was sie tat, was ihre offizielle Beschäftigung anging. "Die Inquisition untersteht als Sonderabteilung zwar dem Geheimdienst, erstattet für gewöhnlich jedoch nur dem Imperator persönlich, derzeit Darth Vesperum, Bericht." Dies war ihr Arbeitgeber, wenn man so wollte, die Gestalt, nein, weniger die Gestalt, eher das Amt, dass ihr ihre Aufgaben zu wies und dem sie wiederum rechenschaftspflichtig war. Eine Pflicht, die sie vernachlässigte, stark vernachlässigte, um ein Wesen zu schützen, dass kaum mehr die einfachsten Techniken der Macht beherrschte. "Seit kurzem nun auch Lady der Sith, genannt Darth Maledice.", beinahe geflüstert kamen die letzten Worte, ihre Pupillen weiteten sich ob aus Furcht oder Faszination schien unklar zu sein. "Davor... war ich ein Kind, ein Jedi, dunkler Jedi des alten Imperators, Mörderin." Dies war die Lage, einfach und sachlich, ohne einem Teil der Vergangenheit nachzutrauern, ohne sich zu betrauern. Sie konnte mit dem Leben was sie war, selbst wenn es nie gänzlich ihre freie Entscheidung war zu dem zu werden, das sie darstellen mochte. Die Lider schlossen sich wieder. Die Hexe schwieg und wartete. Auf weitere Fragen, auf einen Abschluss durch die Sephi. Sie hatte Geduld und würde die Fragen beantworten. Dies war das Versprechen.
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