#21
Nach einer unruhigen Nacht...

Mytria hatte furchtbar geschlafen. Nicht nur, weil ihre viele Gedanken durch den hübschen Schädel gingen, sondern auch weil sie einen Zustand erreicht hatte, der zwischen Erschöpfung und Stress lag. Die Erfahrung hatte ihre Reserven angegriffen und sie konnte sich schlicht nicht erholen. So hatte sie sich die Nacht, noch zwischen einigen Resten ihrer einst geplanten, im Bett gewälzt und mehrfach versucht, durch eine andere Liegeposition Schlaf zu finden. Doch mit wenigen Ausnahmen von ein oder zwei Stunden war ihr Schlaf grausam gewesen. Sie war mit zerzausten Haaren aufgewacht, konnte sich kaum im Spiegel betrachten, da ihre Augen mit Schlafsand verklebt waren und war auch sehr ungehalten über ihren außerordentlichen Zustand. Grummelnd versuchte sie mit einer Dusche, die mit viel Seife verbunden wurde, die Unruhe aus ihrem Körper zu waschen. Doch die einfache Dusche konnte nicht wirklich wirksam werden und wusch nur den Schlafdreck und jenen Schmutz von ihr aber nicht den Stress. Noch immer wollte sie nicht ganz verstehen aber verstand, dass sie hier bleiben musste. Es war eine neue Überzeugung, dass sie nur hier so etwas finden konnte, was sie erleichtern konnte. Eine Flucht zur Familie war immer möglich und immer ein attraktiver Fluchtpunkt. Doch sie wollte jetzt nicht kapitulieren. Nicht in diesem Moment der Schwäche. Noch gab es hier Möglichkeiten. Zumindest in einer gewissen Hoffnung. Nachdem sie sich abgetrocknete hatte und ihre Unterkleidung angelegt hatte, griff sie zum kleinen Schrank neben der Dusche, um ihre alte Lieblingsbürste heraus zu fischen. Mytria kämmte ihre Haare mit der golden-pinken Bürste, grummelte auch dabei, da sich gelegentlich Haare verfingen und sie Schwierigkeiten hatte, ihre Haare in Form zu bringen. Sie musste gelegentlich mit ihren Händen nachhelfen, damit sich die Bürste lösen konnte. Spliss. Erschreckt stellte sie fest, dass sich einige Haare aufspalteten und nicht mehr ansehnlich waren. Zumindest nach ihrem Geschmack. Mytria deutete dies als Zeichen. Enttäuscht legte sie die Bürste ab, griff zur Zahnbürste und putzte sich die Zähne monoton. Dann spuckte sie die Putzreste aus ihrem Mund ins Becken, um sich aus dem Minibad hinaus zu begeben, wo ihre Jedirobe lag, die sie nun anlegte. Ihre Bewegung war langsam, fast schon in Zeitlupe und ein gewisser Unwillen lag darin. Doch am Ende stand sie wieder in Robe vor dem Spiegel. Mit einem Fuß schob sie einen kleinen Berg an Alltagskleidung zur Seite, welcher gestrig angehäuft worden war. Mytria betrachtete sich im großen Spiegel, fuhr sich nervös durch die Haare, um ihre Augen vor dieser neuen Existenz zu öffnen. Sie war eine Jedi. Zumindest sah sie so aus. Die Robe in hellem Weiß und sanftem Braun stand ihr. Mytria mochte die schlichten Linien. Kurz fand sich wieder Glanz in ihren Augen. Diese Robe hatte Bedeutung, wie nun auch sie. Das Universum war groß und doch war sie etwas Besonderes darin. Mytria nahm die nervösen Hände von ihren Haaren, die nun wieder in wohlgeformten Linien nach Hinten fielen. Schwungvoll setzte sie sich auf das Bett, um die schwarzen Stiefel anzulegen, die zur Robe passten. Es waren einfache Stiefel, mehr Arbeitswerkzeuge, denn wirklich attraktives Schuhwerk aber Mytria schätzte deren Schlichtheit mit den zwei großen Schnallen an der Seite, die der Verschluss waren. Die Jedi erhob sich, um ihr Zimmer zu verlassen. Koryn und sie wollten gemeinsam frühstücken. Um sich beizustehen.

Mytria fragte sich, wann die Beerdigung anstand? Würde etwas verkündet werden? Nachdenklich durchschritt sie den Korridor, bog um ein paar Ecken, bis sie den kleinen Frühstücksraum, jene Kantine, erreichte. Zu ihrer Enttäuschung stellte sie fest, dass Koryn fehlte. Vielleicht hatte er sich verspätet? Mytria nahm Platz an einem der Tische. Mühsam rückte sie den Stuhl zu recht und blickte zum Eingang. Sie nahm sich vor, zu warten, damit sie mit Koryn gemeinsam essen konnte. Die junge Frau, fast noch Teenager, wartete lange und Koryn erschien einfach nicht. Irgendwann akzeptierte sie den Fakt, dass ihr Freund nicht kommen würde. "Koryn," sprach sie leise und traurig seinen Namen aus und sank mit beiden Armen auf dem Speisetisch zusammen, um sich unter den breiten Robenärmeln zu verstecken. Er hatte sie enttäuscht. Sie schluchzte einfach. Schließlich erhob sie sich nach einem Moment des emotionalen Schmerzes, um Koryn zu suchen. Vielleicht war ihm etwas passiert? Vielleicht brauchte er jetzt sie? Mytria wollte nicht aufgeben. Sie wollte sich nicht in negativen Gedanken verlieren. Suchend durchlief sie das Praxeum, bis sie das Trainingsgelände betrat. Sie hatte nichts gegessen und war etwas unterzuckert, was sie gereizt werden ließ. Wütend wurde sie nur als sie Koryn trainiernd vorfand und er ganz in sich gekehrt seine Übungen durchführte. Mytria beobachtete ihren Jedi-Kameraden und Vertrauten einen Moment lang, bis sie es nicht mehr aushalten konnte. "Hast du mich vergessen?" - schimpfte sie einem Illrak-Vogel gleich und breitete ihre Arme aus, um in den Raum in voller Breite zu deuten. "Hast du mich vergessen," wiederholte sie und nun wurde ihr klar, dass er es wohl hatte. Man vergaß sie doch nicht einfach. Wieder hatte man sie versetzt. Warum nur? Sie hätte doch gehen sollen. Wieder wollte sie flüchten aber tat es nicht. Jetzt wollte sie beständig sein. Sie sagte nichts mehr und wartete auf Koryns Reaktion. Ihr vorwurfsvoller Blick lag auf dem Jedi-Schüler, der sich hoffentlich zu ihr umdrehen würde. Mytria musste wissen, warum er sie versetzt hatte. Eine Antwort erhalten, damit sie sich nicht mehr versetzt fühlte.
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#22
Die ständig gleichen Bewegungen hatten etwas Meditatives. Koryn verharrte niemals lange in der Eröffnungsstellung, sondern bewegte sich fast tänzerisch in dem kleinen Kreis, den er für seine Übungen beanspruchte. Dabei rang er mit einem unsichtbaren Feind – vor allem mit sich selbst. Während seine Gedanken bei einer normalen Meditation allzu leicht in Tagträume abdrifteten, fand er beim Schwertkampf seine innere Mitte und dadurch umso leichteren Zugang zur Macht. Die kosmische Energie war es auch, die ihn auf den Beinen hielt und vergessen ließ, was für großen Hunger er eigentlich hatte. Immerhin war er gestern Abend ohne eine abschließende Mahlzeit ins Bett gegangen. Verständlich, dass sich nach jener Tragödie kein Appetit mehr eingestellt hatte. Der Jedi-Schüler rang gegen einen unsichtbaren Feind in schwarzer Robe, der mit einer rotglühenden Klinge bewaffnet war. Gerne hätte er dem Wesen das Gesicht von Lee Valen gegeben, doch sein Verstand war längst über jenen Punkt hinaus, dass er persönliche Genugtuung an dem mörderischen Jedi wollte. Die Gestalt aus seiner Vorstellung personifizierte alles, das sich dem Praxeum oder einem wehrlosen Unschuldigen entgegenstellte. Gelegentlich baute seine Vorstellung einen Blasterschuss ein, den er mit einer schwungvollen Bewegung seiner Trainingswaffe zurückschleuderte. Es fehlte der eigentliche Gegenspieler, sodass Koryns Lichtschwert niemals aufgehalten wurde – zudem gingen die Übungen davon aus, dass sein Kontrahent sich ebenfalls an feste Muster halten würde, denen er einfach etwas entgegnen konnte. Ein gefährlicher Trugschluss, der sich nicht nur auf Anwender der Dunklen Seite bezog.

Doch die Übungen des Kel Dor wurden jäh unterbrochen, als eine wütende Stimme hinter ihm etwas rief und ihn aus der Konzentration brachte. Mitten im Hieb hielt er inne und zuckte sogar leicht zusammen, als die Person ihre Worte noch einmal wiederholte. Keuchend, was durch seine Maske als konstantes Rauschen wiedergegeben wurde, löschte Koryn seine Klinge und wandte sich zur Quelle der Stimme um. Dort stand Mytria – in Jedi-Kluft, wie er erleichtert bemerkte – und sah ihn vorwurfsvoll an. Der Jedi-Schüler, den die Macht nun langsam verließ und ihm dadurch seine Erschöpfung bewusst machte, sah unter seiner Maske erst verwirrt drein und richtete den Blick dann zum Himmel, wo die Sonne bereits einen Teil der Strecke über den Horizont zurückgelegt hatte. Mit einem kalten Schauer wurde ihm klar, warum das blauhäutige Mädchen nun hier stand. Die körperliche Anstrengung hatte geholfen. Besser, als es jede Meditation oder tröstliche Berührung hätte tun können. Die Anspannung des gestrigen Tages war durch die Übungen aus seinem Körper getrieben worden. Natürlich empfand er noch immer Trauer über den Verlust und alles, das Valens Verrat zur Folge hatte. Doch jene Emotionen lähmten ihn nicht länger oder bestimmten allein sein Handeln. Er hatte den ersten Schritt getan, um über jene Ereignisse hinwegzukommen. Nur hätte ihn einer dieser Schritte vermutlich in die Cantina führen müssen…

Fast schon höhnisch machte sich sein Magen mit einem leisen Knurren bemerkbar, als sich der Kel Dor nach vorne lehnte und, noch immer außer Atem, auf seinen Oberschenkeln abstützte. Seine entschuldigende Miene war unter den zinnfarbenen Masken kaum auszumachen. Der Jedi-Schüler war verschwitzt und sollte vermutlich ein weiteres Mal den Erfrischungsraum aufsuchen, ehe er sich unter seine Mitschüler begab. Doch das würde noch mehr Zeit kosten – auch wenn er diese Runde wohl eh schon verloren hatte. „Tut mir leid“, brachte Koryn zwischen zwei Atemzügen hervor. Mit dem Handrücken seiner bandagierten linken Hand wischte er sich über die Stirn und verstaute die Übungswaffe an seinem Gürtel. „Ich habe gar nicht gemerkt, wie viel Zeit vergangen ist“, sagte er aufrichtig überrascht. War Meister Skywalker schon wieder zurückgekommen, ohne dass er es bemerkt hatte? „Ich hoffe, du hast wenigstens schon etwas gegessen.“
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#23
Verstand er immer noch nicht? Mytria war enttäuscht. Seine Haltung, seine Worte und auch sein Angesicht spiegelten nicht das wieder, wa sie sich gewünscht hatte. Er schien wirklich nicht zu verstehen, was die junge Jedi bewegte. "Das - Tut mir Leid - kannst du dir sparen," schimpfte sie halblaut und wollte eigentlich wieder gehen. Seine Entschuldigung verhöhnte sie. Nicht einmal Mühe gab er sich und schien noch immer mehr im Training gefangen, als bei ihr. Mytria, mitunter eine einnehmende Persönlichkeit, wollte nicht nur zweite Wahl des Augenblicks sein, sondern wollte Koryns volle Aufmerksamkeit. Immerhin vertraute sie ihm. Vertrauen musste erwidert werden. Immer wieder, um es immer wieder zu beweisen. Mytria begann Koryn nicht zu misstrauen aber ihre Hingabe zu diesem Kel'Dor schwand mit der Wut über diesen Zustand, dass er sie einfach vergessen hatte. Man hatte Mytria nicht zu vergessen. Es tat ihr weh, denn in ihrer Vergangenheit wurde sie oft übergangen und gehänselt. Sie brauchte Beachtung, Wertschätzung von anderen, um sich Willkommen zu fühlen. Auch kam eine versteckte Eitelkeit zum Vorschein, da sie nicht überblicken konnte, was außerhalb ihrer Lebenswelt von Wertigkeit war. Zwar konnten sich Werte, die sie kannte, mit den Werten der Außenwelt überschnitten aber es konnte auch passieren, dass diese Werte völlig auseinander fielen. "Du hast mich vergessen," stammelte sie traurig zusammen und ihre Augen wurden glasig. Es war die stille Aufgabe ihres Wesens. Sie hoffte Koryn damit zu helfen, denn sie ahnte, dass er Schwierigkeiten haben würde, ihre Emotionen zu verstehen aber ganz so einfach wollte sie es ihm auch nicht machen. Immerhin hatte sie Selbstwert und würde sich nicht anbiedern, nur um gemocht zu werden. Koryn musste sich dazu entscheiden. Mytria trat mit tapsenden Schritten näher, wobei die Absätze ihrer Stiefel in der halb-offenen Trainingshalle einsam schallten und jedem Schritt Gewicht gaben. Die Jedi war wortlos direkt vor Koryn getreten und seufzte abermals. Scheinbar verstand er wirklich nicht. Mit einem Ruck blieb sie eine Armlänge vor dem Kel'Dor stehen, legte den Kopf schief und strich sich mit beiden Händen nervös durch die Haare. "Ich habe noch nichts gegessen. Ich wollte auf dich warten aber du bist ja nicht zu mir gekommen," sagte sie mit selbstgerechtem Unterton und konnte ihr Unvermögen mit diesem gefühlten Verrat nur offen beweisen. Koryn musste jetzt vorsichtig agieren, denn Mytria war sehr gereizt und verbarg dies nur hinter dieser nervösen Geste. Immer noch hoffte sie darauf, dass Koryn endlich verstehen würde, wie sie sich fühlte und was sie wirklich brauchte. "Ich habe Hunger," setzte sie dann mit einem frech gesprochenen Satz nach und ließ dann die Hände von den Haaren fallen, um die Streichbewegung zu beenden. Wieder versuchte sie Emotion zu vermitteln, um Koryn auf ihren Weg zurück zu führen. Mytria wollte bestimmen, was richtig war und nicht Koryn das Feld überlassen, so dass er mit einer einfachen Entschuldigung davon kam. Nicht hier. Dieses Gespräch konnte der arme junge Mann nur verlieren, da diese Frau in selbstgerechter Schleife funktionierte, sofern die miese Laune nicht beseitigt wurde. Eine Süßspeise konnte jetzt helfen, ihre Laune zu verbessern. Hunger war ein schlechter Berater für Emotionen.
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#24
Wieder einmal war Koryn von ihren harschen Worten entsetzt und wieder einmal konnte Mytria nicht sehen, was sich hinter seinen Masken abspielte. Wohl aber in seiner Körperhaltung lesen, als der Kel Dor sich aufrichtete und eine Hand auf seiner Hüfte abstützte. Auch wenn es in seinem Inneren gerade kochte, fand der Jedi-Schüler zu einem ruhigen Atemrhythmus zurück. Die Erschöpfung durch das ausgiebige Training half dabei, nicht sofort eine scharfe Erwiderung zu geben. Wieder war Mytria den Tränen nahe und glaubte sich allein gelassen, doch trotz ihrer offensichtlichen Enttäuschung mit ihm kam sie näher – nur, um ihm in selbstgerechtem Tonfall einen weiteren Vorwurf entgegenzuschleudern. Das Mädchen von Herdessa glaubte sich im Recht – was zum Teil stimmte – und glaubte nun anscheinend, ihn deswegen von oben herab behandeln zu können. Er und nur er hatte in ihren Augen einen Fehler gemacht und darum musste er auch dafür gerade stehen. Doch heute ließ sich Koryn nicht auf dieses Spiel ein.

„Ich habe gesagt, es tut mir leid und ich meine es auch so“, sagte er mit gereiztem Unterton. „Es war ein Versehen, das nicht in böser Absicht geschehen ist – und schon gar nicht gegen dich gerichtet war. Ich verstehe, dass du deswegen unglücklich bist. Aber deine Gefühle haben nicht Vorrang gegenüber denen aller anderen.“ Er machte eine ausschweifende Geste über das Trainingsgelände. „Weißt du, warum ich schon seit heute Morgen hier trainiere? Ich habe gestern Freunde verloren.“ Die gedämpfte Wut in seiner Stimme verlor sich, als er an die getöteten Schüler dachte. „Personen, die ich vorher jeden Tag gesehen habe. Ich habe mit ihnen geredet, gegessen und gelernt – und nun sind sie fort. Weil jemand aus unserer Mitte sie getötet hat.“ Koryns Stimme war nurmehr ein Flüstern. „Jemand, dem Meister Skywalker – dem wir alle vertraut haben. Und ich hätte nichts tun können, um etwas daran zu ändern. Darum bin ich hergekommen und habe in meinem Eifer nicht auf die Zeit geachtet. Damit ich stärker werde, damit ich die Mitglieder dieser Gemeinschaft – dich eingeschlossen – beschützen kann. Also verzeih mir, dass sich nicht alles um dich dreht“, hatte er sein inneres Feuer und vermutlich auch den Selbstzerstörungsknopf wiedergefunden.
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#25
Und wieder griff diese Hölle nach ihr, der sie entfliehen wollte. Es war sie selbst, die Mytria hinabreißen wollte. Was war das wirkliche Ich dieser Person, die so oft verletzt wurde, dass sie sich selbst entkommen wollte - aber nicht entkommen konnte. Es holte sie alles wieder ein, denn Koryn zeigte ihr eine abweisende Haltung. Es tat weh. Sehr weh sogar. Doch niemand half ihr durch diesen Albtraum. Sein gefühlter Egoismus traf sie. Auch der Vorwurf, dass er gestern Freunde verloren habe und er trainieren würde, um sie alle zu beschützen, war für sie mit einem eingeklammerten Satz verbunden, dass sie selbst nicht verstand. Doch sie verstand sehr wohl. Denn genau deswegen wollte sie nicht alleine frühstücken. Nicht mehr alleine sein. Koryn stieß sie ab. "Dann..," stammelte sie müde und die Lippen zitterten glasig. Nur langsam konnte Mytria ihre Emotionen bändigen, die heraufwogten, wie eine gefährliche Brandung. Er sagte nicht einmal ihren Namen. Nicht einmal ihren Namen, sondern stieß sie ab. Es traf sie nicht, dass er sie kritisierte. Nicht einmal, dass er wütend war, sondern es traf sie, dass er schlicht nicht für sie da war. Ja, sie war schwierig und mitunter auch ungehalten. Mytria selbst wusste das. Doch gerade jetzt, wo sie nicht allein sein wollte, fühlte sie sich allein. Die junge Frau wollte gehen, doch war wie fest gebunden. Koryn hatte sie verletzt. Es tat ihm nicht wirklich leid. Zorn verbot sich der Gnade des Mitgefühls. Das hatte Mytria schnell begriffen, denn wer zürnte, sah nicht mehr, was um ihn herum geschah. Zorn war Gift. Jetzt sah sie klar, was vor sich ging. Auch sie war zornig gewesen, hatte sich selbst vergiftet und doch fühlte sich der Zorn notwendig an. Hätte er nur ihren Namen gesagt; sie als Person beachtet und nicht nur als Störfaktor in seinem Training. "Es dreht sich um uns," sagte sie dann mit gesenktem Blick, so dass ihre Haare, einem eleganten Vorhang gleich, vor ihr Gesicht fielen. "Uns alle," fügte sie an aber meinte im Grunde sich selbst. Mytria wollte nur gesehen werden. Ehrlich gesehen werden. "Ich bin allein und wollte nur für einen Moment wissen, wie es ist, nicht allein zu sein. Dieses Frühstück hat mir viel bedeutet, weil ich geglaubt habe, dass wir endlich eine Gemeinschaft werden," versuchte sie zu vermitteln, was sie dachte und schluchzte dann brechend als ihre Finger an ihren schönen Händen zitterten. Koryn wollte stark sein. Er wollte kämpfen. Mytria wollte nicht kämpfen. Nicht mehr. Sie war des Kampfes um Aufmerksamkeit so überdrüssig. Die junge Jedi sah hier keinen Kampf, nicht die notwendig stark zu sein, sondern eher die notwendig der Nähe und des Mitgefühls. Koryn flüchtete sich, wie auch sie davon lief. Ja, sie wollte wieder davon laufen aber tat es nicht, weil das erste mal in ihrem Leben etwas Größeres wartete. "Du wirst niemanden beschützen," donnerte sie als ihren Kopf anhob. "Konflikte schützen niemanden. Kämpfen ist falsch," meinte sie und deutete mit einem Fingerzeig auf Koryns Herz; zumindest dort, wo sie es bei einem Kel'dor vermutete. "Stärke liegt nicht in Waffen, sondern in Herzen." Mytria wollte nicht altklug klingen, tat es aber, denn unpassenderweise verband sie dies mit einem Vorwurf gegen den jungen Mann, dass er herzlos war. Ja, sie fühlte sich herzlos behandelt. Hätte er nur ihren Namen gesagt. Koryn lebte auch in seiner Welt als festen Denkstrukturen und Schwarz/Weiß-Bildern. Der Arm sank herab, während sie zwei Tränen aus ihren Augenwinkeln fallen ließ. Die Tränen fielen schnell und zerschlugen am Boden des Areals. "Ich dachte, dass wir Freunde sind," fragte sie gepeinigt und entfernte sich dann rückwärtsgehend; mit kleinen Schritten, darauf achtend, nicht umzuknicken oder zu fallen. Sie wollte sein Angesicht nicht verlieren. Nicht heute aber es fühlte sich richtig an, nun zu gehen. Nicht fern von hier aber aus seinem Angesicht. Der Hunger rief sie und zumindest wollte sie nun essen. Wenn auch allein; schmerzlich allein. Die Erinnerung an ihre Vergangenheit kam auf, drückte zusätzlich auf das Gemüt. Mytria wollte sich nicht erinnern aber tat es. Die Widersprüche in ihrer Psyche lösten sich nicht auf, obwohl ihr eigentlich gutes Herz mit Kraft dagegen arbeitete. Die junge Frau konnte nicht immer gewinnen.
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#26
Ja, er hatte einen Fehler gemacht. Das hatte Koryn bereits zu Beginn bereitwillig eingestanden. Aber hatte er nicht genau wie Mytria ein Recht darauf, Fehler zu machen – fehlbar zu sein? Hatte er nicht genau auch ein Recht auf seine Gefühle, deine Trauer und den Wunsch, nach den gestrigen Ereignissen wieder etwas Selbstvertrauen zu gewinnen? Oder hatte in Mytrias Augen nur sie selbst das Verständnis verdient, das sie so forsch von anderen einforderte? Der Kel Dor hätte sich bereitwillig ihrem gerechten Zorn unterworfen, wenn er ihr dafür etwas von seinem Essen hätte abtreten, beim Aufräumen helfen oder sogar die ein oder andere spitze Bemerkung hätte erdulden müssen. Doch in Mytrias Weltsicht schien es nur Absolute zu geben. Ein Gedanke, der Koryn sehr beunruhigte. Soweit man es behaupten konnte, war er ihre Stimmungsschwankungen inzwischen gewöhnt. Doch der stete Wechsel zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode beleidigt war ermüdend und ernüchternd. Mytria sprach von einer Gemeinschaft, die sie sich ersehnte – und war doch selbst nicht bereit, sich weit genug zu öffnen und das eigene Ego zurückzunehmen, um wirklich ein Teil davon zu werden.

„Eine Gemeinschaft lebt davon, dass jeder ein Teil des Ganzen ist.“ Die Stimme des Jedi-Schülers war nun eher monoton als gelassen. Er hatte nicht die Muße, dem Wind zu trotzen, der beim kleinsten Widerstand auffrischen würde. Wieder konnte er von seinen Erfahrungen auf Dorin zehren. Wenn draußen der Sturm toste, hielt man in einer Gemeinschaft zusammen und kleine Streitigkeiten waren vergessen. Es gab wichtigere Dinge, als sich wegen Kleinigkeiten zu zerstreiten. „Wir alle sind bereits durch unsere Machtbegabung miteinander verbunden und niemand wird ausgegrenzt. Das solltest du besser wissen.“
Koryn ließ sich durch den Donner nicht rühren, auch wenn er sich fragte, ob sie gerade absichtlich versuchte, ihn zu verletzen. Die Kälte, die sich in seinen Gliedern ausbreitete, behagte ihm nicht. Doch es war besser, eine nüchterne Unterhaltung zu führen als sich gegenseitig Worte an den Kopf zu werfen. Zumindest reden wir noch miteinander. Diese Gedanken schmeckten mit jeder Minute bitterer. „Das mag sein“, sagte er leise und nickte zu ihren Worten. „Meister Skywalker hat es gestern selbst gesagt – Kriege machen niemanden groß.“ Eine Weisheit, über die der junge Jedi-Schüler noch genug zu lernen hatte. „Aber manchmal sind Worte nicht genug. Worte halten keine Blasterschüsse auf.“

Du wirst niemals allein sein, dachte er noch einmal an seine gestrigen Worte, die er auch noch immer so meinte. Doch dieses Mal würde er ihr nicht nachrennen. Für jemanden da zu sein, war nicht gleichbedeutend damit, ihm stets und ständig nachzulaufen. All seine Taten als richtig anzusehen oder sich selbst dauerhaft zurückzustellen. Vielleicht mangelte es ihnen beiden derzeit an dem nötigen Mitgefühl, doch der Kel Dor konnte zumindest von sich behaupten, dass er versucht hatte, es Mytria entgegenzubringen. Sonst hätte er es sich am gestrigen Abend sparen können, ihr nachzulaufen. Völlig unerwartet waren es ihre nächsten Worte, die ihn trafen.
„Siehst du das wirklich so?“, hakte der Kel Dor nach und beobachtete, wie sich Mytria immer weiter von ihm entfernte. Nicht nur körperlich, sondern auch emotional. Er konnte es in ihren Augen sehen. „Wenn du jemanden beim kleinsten Fehltritt verloren gibst, hast du ihm dann je wirklich eine Chance gegeben, dein Freund zu werden? Wir alle haben unsere schwachen Momente und wenn du…“ …das nicht akzeptieren kannst und nicht von deinem hohen Ross herunterkommst… „…jeden von dir stößt, der einen solchen Moment durchlebt und dadurch Fehler macht…“ Er schüttelte mit Bedauern den Kopf, auch wenn er noch immer keine Anstalten machte, ihr zu folgen. „Dann wird niemand dich je wirklich erreichen können. Das wird ein sehr einsames Leben sein.“
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#27
Mytria hielt an. Warum verschwand dieses Gefühl nicht? Warum ging es nicht einfach. Mytria wollte, dass es verschwindet und je mehr sie es sich wünschte, umso stärker wurde es. Es schien nicht zu enden, als dieser selbstgerechte Zorn langsam seine Ketten zerbrach und ihr durch den Körper fuhr. Es war diese geschundene Seele, die sich missachtet fühlte. Wieder belehrte er sie. Wieder wollte er besser sein. Und alles, was sie bisher erreicht hatte, war nichts weiter als erneut in die Außenseiterrolle zu fallen. Wieder war sie die Verlierin. Mytria wollte einfach aufgeben, verschwinden und nie wieder mit einem intelligenten Lebewesen sprechen; sich verstecken und ihre eigene Welt errichten. Doch tat sie es nicht, dennoch war dort dieser zürnenden Drang zur Flucht. "Bist du etwas Besseres? Der Klügere?" - schimpfte sie leise und biss sich erbost auf die Unterlippe, um etwas Schmerz zu spüren, der sich gegen dieses kriechende Gefühl in ihr wandte. Dieser Biss gab ihrem Gesicht einen widernatürlichen Zug als ihre Augen dabei leicht hervortraten. Mytria, eine echte Wroonian, war unbeherrscht im Umgang mit ihren Gefühlen und war kurz davor, diesen vollständig zu erliegen. Doch etwas hinderte sie daran. Die Lust zur Gewalt, zum schnellen Schlag gegen den Verräter Koryn; doch tat sie es nicht. Gerne hätte sie ihm eine Ohrfeige gegeben, um sich zu rächen für seine markante Art der Belehrung. Er war nicht besser als sie. Niemand war besser sie, denn eigentlich sollten sie doch alle gleich sein? Das Rauschen in der Macht bebte dezent, wie brechender Kies unter ihrer Aura. Die Macht kreiste um Mytria, wollte sie zu sich ziehen, um vergessen zu machen, was sie fühlte. Doch ihr verbohrter Wille tanzte im eigenen Tanz um die eigenen Erfahrungen. Zorn war eine kalte Antwort, die zu süßlich schmecken konnte. Der Biss löste sich und doch blieb dieser Frost in ihren Augen, als sie beide Hände erhob, um Koryn schubsen zu wollen. Doch auch dies tat sie nicht. So schnellten die Arme hinauf, um dann wieder lustlos herab zu fallen. Mytria war so unsicher im Umgang, was hier wichtig war, so dass sie schlicht nichts mehr tat und jeglichen Versuch einer Erklärung abbrach. Weinen wollte sie, den Zorn ableiten aber selbst der Schmerz, welche einst so groß gewachsen war, wollte nicht mehr aus den störrischen Augen brechen. Stur war Mytria und verbohrt auf ihre eigene Betrachtung bezogen. Doch, insgeheim trotz aller Darstellung ihrer selbst, war dort mehr in ihr. Vergraben unter all dem emotionalen Dreck, dem Jähzorn und der neidvollen Arroganz.

Etwas lag dort, was so zart und mitfühlend war, dass es selbst die Engel weinen lassen würde. Koryn konnte es sehen, als sie sich mit beiden Händen ins Gesicht griff, um ihre Augen zu verdecken. Mytria war hier, gefangen durch all das, was sie mit sich brachte. Ein Fluch lag auf ihr, wie auf vielen Seelen, die die Macht kannten. Mit beiden Händen presste sie gegen ihre Augen, um diese furchtbaren Geistesblitze zu vertreiben, die schmerzend durch ihren Geist zogen. Nein, sie wollte nicht mehr so denken. Das wollte sie nicht mehr. Mytria wollte nicht mehr so sein und doch war sie es. Der Widerspruch zerfraß ihren Verstand, weil nicht mehr viel Bestand haben wollte. Selbst die guten Jedi waren nun kein Leuchtfeucher mehr, sondern eine kleine Gemeinschaft aus selbstgerechten Persönlichkeiten. Jeder hatte seine eigene Idee vom jedi-Sein und vertrat unterschiedliche Ansichten. Nichts war hier sicher, wie Lee Valen eindringlich bewiesen hatte. Hier war alles möglich und nicht einmal verlässliche Handlungslehren, die sie einst als Cheerleaderin erworben hatte, wollten funktionieren. Nichts funktionierte mehr. Der Druck gegen ihre Augen half ihr, den Zorn einzusperren, in jene entrückten Gedanken, die neben dem Licht in ihr wuchsen. irgendwann würde sie sich zwischen Licht und Dunkelheit entscheiden müssen. Die dunkle Seite erhob bereits Anspruch auf ihre Seele, mit jenem Gifttropfen Stolz und Zorn, der begierig strahlte. "Wir sind alle gleich," sagte sie nun deutlich weniger mit Zorn in der Stimme. Mytria nahm die Hände von den Augen. Die junge Frau erhob ihren Blick gegen Koryn, verweilte dort mit ihrem Augenlicht und suchte die verdeckten Augen. Es war so furchtbar, dass er kein echtes Gesicht hatte, sondern diese Maske. "Wir alle müssen unsere Befindlichkeiten zurückstellen, auch du!"

Mytria trat wieder auf ihn zu, mit kleinen aber beständigen Schritten. Etwas war geboren, doch wollte keinen Namen haben. Es war ein neues Gefühl, was sie noch nicht kannte. Selbstsicherheit brannte in ihr auf. Nicht gegen die Umwelt oder andere, sondern die Macht half ihr, Vertrauen zu haben. Die Macht sang für sie und vertrieb die Krallen des Zorns vorerst. Mytria entschied sich abermals gegen sich selbst aber für eine Hoffnung. "Ich will nicht mehr kämpfen," meinte sie fast flüsternd gesprochen als mit jedem Schrittgeräusch ihm wieder näher kam. Bald stand sie wieder nah vor ihm. "Wenn du mich nicht verloren gibst," sagte sie nun lauter und wollte verstehen, was er meinte. Ja, sie machten Fehler aber endlich hatte sie Hoffnung, dass sie beide ausbrechen konnten. "Ich sehe...," wollte sie sagen und brach dann ab. Mit vorsichtiger Bewegung legte sie eine Hand auf seine Brust, um sich seiner Gegenwart sicher zu sein. "Ich sehe uns," meinte sie und lächelte ängstlich, da sie wusste, dass sie einen Fehler gemacht hatte, ihm ein alleiniges Versagen vorzuwerfen. Verdammt. Jetzt grummelte erneut ihr Magen und dies so laut, dass selbst Koryn es hören musste. Der Hunger wollte befriedigt werden und so nahm Mytria jene Hand, die gerade noch Koryns Brust berührt hatte, zurück und legte diese auf den unruhigen Magen. "Wollen wir Essen gehen?" - ein vorsichtiger Versuch der Einladung und Wiedergutmachung der jungen Jedi.
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#28
Koryn konnte sich gerade noch davon abhalten, Mytria auf ihre Frage eine Antwort zu geben. Doch die Worte standen deutlich in seinen Gedanken geschrieben. Ja – der Jedi-Schüler sah sich zumindest in dieser Situation im Recht. Seine Haltung versteifte sich und aus der Maske kam ein knackender Laut, als der Kel Dor sein Äquivalent zu menschlichen Lippen fest zusammenpresste. Hier ging es längst nicht mehr darum, dass Koryn nicht auf den Lauf der Sonne geachtet und so ihr Treffen zu einer unbestimmten Zeit verpasst hatte. Die Situation war längst eskaliert und es ging um grundsätzliche Dinge. Um Mytria, die aus seiner Sicht Dinge forderte und annahm, die sich nur schwer mit der Philosophie des Jedi-Ordens vereinbaren ließen. Die Jedi waren Friedenswächter. Manchmal geschah dies durch Diplomatie, andere Male durch das Schwingen eines Lichtschwerts. Ein echter Jedi sollte sich von Mitgefühl leiten lassen – doch im Moment fiel es dem Kel Dor äußerst schwer, sich in das emotionale Mädchen von Herdessa einzufühlen. Ihr Zorn hatte nicht nur mit seinem Fehlverhalten zu tun, so viel wusste er. Doch für weitere Empathie fehlte es ihm an Erfahrung und Verständnis. Koryn ließ die Gefühle, die sie ihm entgegenschleuderte, einfach durch sich hindurch fließen, während er selbst immer weiter resignierte. Hatte sein gestriger Versuch, sie zum Bleiben zu bewegen, gar nichts zu bedeuten? Würde es nun immer so weitergehen? Er hatte nicht die Kraft dazu – und wenn er ganz ehrlich mit sich war, auch nicht den Willen. Das war nicht sehr jedihaft und er wünschte sich, dass Meister Skywalker unerwartet zurückkehren würde, um die Situation zu beenden und ihnen beiden einen weisen Rat mit auf den Weg zu geben.

Während Mytria mit ihren eigenen Dämonen rang, fühlte sich der Kel Dor in gewisser Weise hilflos. Mit jedem Wortgefecht, das er mit der Blauhäutigen führte, schien es schlimmer zu werden und er sie eher weniger zu begreifen. Dieser Umstand zehrte gerade fast mehr an seinen Nerven als das Morden von Lee Valen, auch wenn es in Wahrheit nur eine logische Konsequenz war. Sein seelischer Schutzpanzer hatte noch keine Zeit gehabt, sich von den Ereignissen zu erholen. Die morgendlichen Übungen waren ein Anfang gewesen, doch dann hatte Mytria ihm das sprichwörtliche dicke Fell geradezu von den Schultern gerissen. Als die Blauhäutige die Hände wieder von den Augen nahm und scheinbar eine weitere Wandlung vollzogen hatte, stand der Kel Dor noch immer in der gleichen Pose da wie zuvor und sah sie an. Wie einfach du das sagen kannst, nachdem meine Befindlichkeiten für dich anscheinend bedeutungslos waren. Sie kam auf ihn zu und er wich nicht zurück, doch ging ihr ebenso wenig entgegen. „Ich auch nicht“, entgegnete er tonlos und erschöpft – wenn auch vielleicht nicht aus dem gleichen Grund wie Mytria. „Lee Valen hat genug Zwietracht in diese Gemeinschaft gebracht.“

Er ging zunächst nicht auf ihre Worte ein. Wusste nicht, was er sagen sollte, ohne sie – und damit sich – erneut zu verletzen. War skeptisch, wie lange dieses Mal ihre Laune und Entscheidung halten würde. Furchtbare Voraussetzungen, dachte er und stieß ein leise hörbares Seufzen aus. Sein Körper entspannte sich ein wenig, als Mytria ihre Hand auf seine Brust legte und er spürte die Macht durch sie beide wirken. Genau wie am Vortag schien das Mädchen ein Katalysator zu sein, die seine Verbindung zu jener kosmischen Kraft verstärkte, die sie verband. Gemeinsam, schien dieses unbestimmte Gefühl zu sagen. Ihr Magenknurren hätte die Situation auflockern sollen, erinnerte ihn aber im Moment nur an seinen eigenen Hunger, während er versuchte, das emotionale Schlachtfeld um sich herum auszublenden. Schmerz und Zorn hinterließen Spuren in der Macht, auch wenn man sie nicht sehen konnte. Vor allem nicht jemand, der noch so ungelenk im Umgang mit ihren geistigen Aspekten war wie der Kel Dor. „Ja, gehen wir“, nickte er und wandte sich in Richtung eines Korridors, der sie letztendlich wieder in die Tiefen des Praxeums und zur Cantina führen würde. Koryn war noch immer verschwitzt, aber darum würde er sich auch noch nach dem Essen kümmern können, wenn sich zuvor niemand daran störte. „Ich frage mich, wann Meister Skywalker zurückkehrt“, sagte er nach einigen Schritten. Warf Mytria einen Gesprächsfetzen zu, um wenigstens den Schein der Normalität zu wahren. „Heute Morgen habe ich gesehen, wie er Männer der Republik begleitet hat.“

Nach: Cantina
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#29
Warum konnte sie ihre eigenen Dämonen nicht kontrollieren? Sie schämte sich über ihren eigenen Zorn; über ihre eigenen Wünsche und doch konnte sie diesen nicht entfliehen. Mytria wurde sich selbst fremd und sah sich selbst herausgerissen. Gerade, weil Koryn ihr wichtig geworden war. Mehr als wichtig. Mytria sah in ihm einen Freund, ein Zuhause in der Fremde und sie hatte ihn verletzt. Nicht, weil sie es wollte, doch hatte er auch sie verletzt. Es tat weh, versetzt zu werden. Es tat so unglaublich weh, vergessen zu werden. Mytria wollte nur etwas Bedeutung haben. Sie glaubte, Würde zu verdienen. Sie verdiente etwas Besseres als schlicht hier zu sein. Doch dabei war nur dieses Sein allen Lebewesen beschieden. Das Geschenk der Macht war für sie nicht nur Bürde, sondern auch Fluch, da sie ihre Gefühle umso stärker erlebte als andere. Gefühle waren Zugang und Portal zur Macht für die junge Frau; und konnten niemals ganz erschlossen werden. Mytria fühlte etwas, was sie vorher nicht gefühlt hatte und fand dieses Gefühl seltsam. Sie sah in Koryn jenen Frust, diese Erschöpfung aber auch seine Hoffnung. Leider auch seine Hilflosigkeit. Traurig senkte sie ihren Kopf, seufzte abermals und holte dann tief Luft. "Keine Zwietracht mehr?" - fragte sie naiv, kindlich und entfremdet in seine Richtung, als sie ihren Kopf wieder erhob, um erneut in seine versteckten Augen zu blicken. Fast so, als ob sie sich vergewissern musste, dass es keinen Bruch zwischen Koryn und ihr mehr geben würde. Sie wollte wissen, ob der Konflikt beendet war. Aber entschuldigen konnte sie sich immer noch nicht. Mytria rang mit sich, um jedes Zugeständnis an Koryn, denn noch immer widersprach ihre Vergangenheit kräftig dagegen. Sie wollte sich nicht einfach unterordnen und in einer falschen Rolle verschwinden. Endlich wollte sie echt sein. Nicht verstellt. Koryn sollte verstehen, dass man sie nicht so zu behandeln hatte. Mytria schleuderte mit einer Bewegung ihres Kopf ihre Haare herum, die zum Teil ins Gesicht gefallen waren und versuchte damit auch wieder aufkommenden Zorn zu entsorgen. Bewegung half ihr wirklich, denn die junge Frau konnte so Energien in entsprechende Richtungen lenken, um sie nicht in grausamen Gedankenkreisen abtauchen zu lassen. Zum Glück stimmte ihr Freund der Sache zu, nun Essen zu gehen. Der Hunger wurde wirklich unerträglich und somit auch ihre Laune, die sich nur mühsam zusammenhielt. Mytria wollte nicht mehr reden, sondern einfach nur noch aufbrechen. Die Jedi störte sich nicht am verschwitzten Kel'dor, streckte ihm sogar auf dem Weg zum Korridor ihre Hand entgegen, um gemeinschaftlich mit ihm zur Cantina zu schreiten. Wenigstens jetzt wollte sie nicht das Gefühl haben, allein zu sein. "Das weiß ich nicht," antwortete sie auf seine Aussage mit verbundener Frage. Ja, sie hatte davon gehört aber es war nur schlüssig, dass die Republik nun Nachforschungen anstellen würde. Mytria ging fest davon aus, dass die Republik diesen Vorfall untersuchen musste. Immerhin waren Personen zu Tode gekommen. Noch immer ließ dieser Gedanke sie erschaudern, denn es zeigte, wie einfach die dunkle Seite zuschlagen konnte. Die dunkle Seite war allgegenwärtig. - Und leider Mytria näher als sie selbst glaubte. Die dunkle Seite begierte bereits auf ihre Seele, denn Mytria war unbeherrscht, neiderfüllt und unruhig. Bewussten Schrittes traten die beiden in den Korridor und würden bald gemeinsam ein spätes Frühstück einnehmen.

Weiter in der Cantina...
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