"Hmpft.", machte die Arkanierin zähneknirschend, sichtlich unbegeistert davon, noch länger auf der Krankenstation verweilen zu müssen und zur liegenden Untätigkeit verdammt zu sein. Ungeduldig tippelte sie mit ihren Fingern auf der Bettkante, doch verkürzte es weder die Wartezeit, noch war es eine angemessene Beschäftigung zur Zeitüberbrückung. Wie lange mochte es dauern, bis diese Betäubung wieder nachließ? Eine Stunde? Zwanzig Minuten? Zabine ertappte sich dabei, wie sie, trotz unzähliger Arztbesuche, nach wie vor nicht den blassesten Schimmer von medizinischen Dingen hatte. Sie dachte einen Moment darüber nach, die Krankenschwester anzulügen, vielleicht war es einen plumpen Versuch wert, zu behaupten, das Gefühl kehre in ihren Arm zurück. Zabines Blick fokussierte sich auf ihren tauben Arm und versuchte ihn zu einer Reaktion zu überreden. Erfolglos.
Callyo führte indes ihren Reflextest durch, alles in allem keine Sache, welche die Arkanierin außerordentlich genoss, sondern eher als lästig und dämlich empfand. Was sollte es bringen jemanden gegen die Gelenke zu hauen und zu schauen, ob sie darauf reagieren? Sie war immerhin selbstständig bis zur Krankenstation gekommen - ohne zu verbluten, hinzufallen oder sonstige Unfälle und das wiederum hieß, dass offenbar alle für die Mobilität zuständigen Komponenten ihres Körpers, so arbeiteten, wie sie arbeiten sollten. Ärzte und deren windige Handlanger sahen das aus einer sadistischen Veranlagung heraus vermutlich etwas anders, vielleicht war ein gewisses Maß der Gehässigkeit in diesem Berufsfeld sogar vonnöten um eine bestimmtest Maß Distanz zum Patienten aufzubauen.
Zabine blickte etwas enttäuscht zu Callyo, als diese offenbarte, auch keine genaueren Informationen zu besitzen. Eine Aussage, die wiederum als Katalysator für ihre Ungeduld diente udn sie daran erinnerte, dass sie eigentlich zur Brücke gehen sollte und nicht hier herumliegen wie ein nutzloses Wrack. Die Pflegerin beendete ihre kurze Erklärung schließlich mit einem höchst ungewöhnlichen Wort, dass die Arkanierin ungläubig echote: "Kvilsh?" Sie durchstöberte geistig ihr Vokabular bekannter Schimpfwörter und Kraftausdrücke, dass sicherlich reichhaltig und mit erlesenen Beleidigungen für alles und jeden gespickt war, konnte sich an ein solches Wort allerdings nicht erinnern. Ihr Gehirn machte eine kurze Pause und verarbeitete die Information noch einmal neu, ehe sich ihr erschloss, dass es sich dabei um den Namen des Selkath handelte, dem dubiosen Kumpan Muutals. Zabine schluckte etwas nervös - nicht, dass sie ihn aufgrund seines Charakters persönlich nicht leiden konnte oder es irgendwelche feindseligen Spannungen zwischen ihnen gab und doch hatte die Sprache der Selkath eine zutiefst beunruhigende Wirkung auf sie, so dass sich selbst beim stark akzentuierten Basic des Mannes, ihr Magen zusammenkrampfte und so war sie dankbar dafür, dass er sich kurz fasste.
Ihr Blick verfinsterte sich etwas, als ihr Hirn versuchte bildlich zu rekonstruieren, was Kvilsh eben gesagt hatte und spielte das Szenario anschließend ab - das war übel und ungewöhnlich und ungewöhnliche Dinge waren in diesem Staatsgebilde eher eine Seltenheit, so viel wusste sie. Es ging also weniger darum, dass der Feind ein Lazarettschiff angegriffen hatte - soweit sie Gerüchteweise wusste, hatte der Todeslaser bei Endor höchstselbst die Redemption zu Sternenstaub zerblasen - als vielmehr, was die Sternenflotte so weit draußen im Rand trieb. Dark Saber bestand seit Palpatines Tod de facto nicht mehr und die Region selbst war bis auf wenige Planeten weitgehend Niemandsland, dass keinen Wert besaß. Dies war es zumindest, was sie in diversen Cantinas gehört hatte. Was wollte das Imperium also hier draußen? Im Kadaver ihrer zerstörten Superwaffe heimlich nach Verwertbarem suchen? Oder gehörten die Schiffe zu einem der Warlords, der versuchte seinen Einflussbereich auszudehnen? Was es auch war, die Ursache, der Grund, warum imperiale Kriegsschiffe über Firrerre gewesen waren, war sehr viel interessanter und im Zweifel wichtiger, als der Umstand, dass man sie beinahe umgebracht hatte. "Scheiß aufs Schiff...", begann Zabine ihre Gedanken zu sich zu murmeln, "...was wollen die hier draußen?" Es würde keine Antwort geben, nicht so bald, nicht, bevor die Kommunikation und Verbindung mit dem Holonetz wieder stehen würde und vielleicht war es auch gut so. Die Antwort dahinter mochte schmerzhafter sein, als der Angriff auf eine Medi-Fregatte.
Zabine widmete sich kurz darauf daher wieder dem, was die derzeit nur tun konnte: sich langmachen und abwarten. Sie drehte ihre Beine vom Bett und drückte mit ihrem Fuß gegen den Hacken ihres Stiefels, wackelte noch etwas, ehe das Ding mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden landete - nach wenigen Augenblicken folgte sogleich der Zweite und die Arkanierin befand, dass sich zumindest des Komfort damit ein klein wenig gesteigert hat, wenn schon sonst nichts. Als ihr Kopf jedoch ins Kissen sank, erinnerte sie ein drückendes und lästiges Gefühl am Hinterkopf, dass dies noch nicht alles war. Sinnlos versuchte sie mit ihrer derzeit einzigen diensttauglichen Hand nach dem Haargummi zu langen, scheiterte aufgrund der Verkabelung an den Blutspender jedoch jämmerlich. Zabine richtete sich wieder ein Stück weit in eine sitzende Position auf und deutete mit ihrem Zeigefinger gen Hinterkopf um der Pflegerin au das für sie derzeit unlösbare Problem aufmerksam zu machen. "Ich... bräuchte mal kurz Hilfe.", meinte sie zerknirscht und wenig begeistert, ob der Tatsache, jemanden für eine solche Belanglosigkeit um Hilfe bitten zu müssen.
Beskhar hatte die Frage nach weiteren Medikamenten nicht ganz ohne Hintergedanken gestellt. Natürlich würde er dafür sorgen, dass der Soldat von Alui keine weiteren Schmerzen hatte und sich – so gut es gerade ging – erholen konnte. Doch letzten Endes traf er die Entscheidung, welche Medizin und welche Dosis er verabreichte. Es war einfach und für manche verlockend, nach einem traumatischen Erlebnis die ganze Zeit benommen zu bleiben. Auf diese Weise musste man sich nicht der Realität stellen. Senzo nahm das ‚Angebot‘ zwar an, aber er wirkte bereits jetzt noch erschöpft genug, dass der Schock der Wirklichkeit noch nicht eingetreten sein konnte. Sein Panikanfall hatte von Erinnerungen hergerührt, die durch seine Verletzung und den Schlaf im Bacta noch nicht verarbeitet worden waren. Noch gab es keinen Grund zur Sorge, dass bleibende psychische Schäden entstanden waren. Naja… Vom Kriegstrauma abgesehen. Aber das war in ihrer Profession leider nicht zu umgehen.
Völlig unerwartet brachte der Mann von Alui Beskhar sogar kurz zum Lachen. Der Klon war völlig verdutzt von dieser simplen, aber durchaus nachvollziehbaren Bitte. Und dankbar für die Gelegenheit, die finstere Stimmung aufzuhellen. „Natürlich.“ Er entschied sich für ein paar Perigen-Pflaster, die er in der Umgebung der Wunde aufklebte, um den Schmerz abzudämpfen. Das leichte Analgetikum leistete ihm bei seiner eigenen ‚Wetterfühligkeit‘ gute Dienste – von der er überrascht war, dass sie bei diesem Zusammenstoß nicht angesprungen war – aber benebelte nicht den Geist. Der Schlaf, den Senzo finden würde, war sein eigener Verdienst und würde ihm echte Erholung geben. Als nächstes hob Beskhar die Decke vom Boden auf, schüttelte sie aus … und entschied sich dann doch, eine frische zu holen und Senzo damit zuzudecken. „Wenn Sie noch irgendwas brauchen – wir sind hier“, grinste der Sanitäter. Doch dann wandelte sich seine leichte Amüsiertheit in eisiges Entsetzen. Eine Antigrav-Trage kam in Begleitung zweier Pfleger hereingeschwebt. Die Person, die darauf lag, war ihm allzu vertraut. Rut’ika! Sie war regungslos, die Haare blutverschmiert. Eines der Hörner aus ihrem Orat war abgebrochen und das, was er von ihrer Haut sehen konnte, an vielen Stellen dunkel verfärbt. Ein tragbarer Bioscanner in der Hand eines der Pfleger zeigte an, dass sie noch lebte. Aber ihr Herzschlag war schwach.
Wie gelähmt verfolgte Beskhar, wie die Trage an ihm vorbeiglitt. Doch dann schüttelte er die Starre ab und eilte ihr hinterher. „Wie geht es ihr? Was ist passiert?“
„Schwere Quetschungen und Platzwunden. Einige Container haben sich losgerissen. Sie hatte Glück. Kein schöner Anblick da unten—“
„Nein, ihr werdet sie nicht von einer dieser Maschinen zusammenflicken lassen!“, unterbrach der Klon ihn hitzig, als er sah, auf welchen der behandelnden ‚Ärzte‘ die Antigrav-Trage zusteuerte. Ich werde mich selbst darum kümmern, lag ihm auf der Zunge. Aber Beskhar war vernünftig genug zu wissen, dass er dazu gerade nicht in der Lage war. Bei seinem eigenen Fleich und Blut war es nie ein Problem gewesen. Es war notwendig. Das war es auch jetzt. Aber Rutee… war anders. Und genau darum würde er ihr Leben nicht einem Droiden überantworten!
„Ich mache das schon“, sagte eine Stimme neben ihm und jemand legte Beskhar seine Hand auf die Schulter. Es war der gleiche Chirurg, der auch Zabine behandelt hatte. Der Mann mit dunkelblondem Haar nickte den Pflegern zu, welche die Zabrak in seinen Bereich brachten, und warf dem Klon einen eindringlichen Blick zu. „Ich mache das schon“, wiederholte er noch einmal mit Nachdruck. Dann löste er sich von ihm und ging seiner Arbeit nach. Beskhar seufzte einmal tief, frustriert über seine eigene Reaktion und voller Sorge um seine Freundin. Doch dann legte sich in seinem Inneren ein Schalter um. Die Arbeit musste weitergehen. Du hast noch viel zu tun, Soldat. Manchmal war er dankbar für seine genetische Programmierung. Auch wenn er bei jedem Handgriff angespannt auf das Alarmsignal eines Herzstillstandes lauschte…
* * *
Callio hingegen hatte noch genug mit Zabine zu tun. Die Patientin war erpicht darauf, das Krankenbett so bald wie möglich zu verlassen. Nach den Ergebnissen ihrer Untersuchung würde man ihr diesen Wunsch auch bald erfüllen können. Doch dazu musste die natürliche Blässe der Arkanierin zumindest wieder ein bisschen lebendiger aussehen. Die Krankenschwester wollte bei den Worten der Pilotin erst protestieren. Doch als sie den Mund bereits halb geöffnet hatte, entwich ihm nur ein leises Seufzen. Auch sie hatte keine Antwort. „Ich verstehe das nicht“, gab sie zu. „Man hatte uns doch zugesichert…“ Der Blick der Krankenschwester verriet, dass ihr durchaus bewusst war, dass man dem Imperium nicht trauen konnte. Dennoch… Es gab Grenzen, die man selbst im Krieg nicht überschreiten sollte. Dazu gehörte ihrer Weltanschauung nach auch das Attackieren eines Lazarettschiffes. In welcher Galaxis bist du denn groß geworden? „Wenn ich mich nicht irre“ , und ihr Kopf bei dem Zusammenstoß nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde, „dann waren wir kurz vor dem Aufprall sogar auf Gefechtsstation. Aber Hauptsache, unsere Ingenieure und Mechaniker bekommen das Schiff wieder flott.“
Zabines Bemühungen, es sich auf ihrem Bett etwas bequemer zu machen, wurden von der Krankenschwester mit einem leichten Lächeln kommentiert. Noch immer gab es hier genug zu tun, genug Verletzte, aber die Arkanierin erforderte auch weiterhin ihre Aufmerksamkeit. „Kein Problem.“ Behutsam – wenn auch nicht ganz ohne Ziepen – befreite sie die hellen Haare der Pilotin aus ihrer nicht mehr ganz sauberen Frisur. Doch Zabine musste Callios Anwesenheit noch eine Weile weiter ertragen. Wie ein emsiges Insekt schwirrte die Krankenschwester auch weiter um sie herum. Entfernte die Infusion und versiegelte die Einstichstelle mit einem kleinen Pflaster, holte eine kleine Schiene mit einem Gurt und legte den verwundeten Arm in eine Schlinge, um ihn auch nach Abklingen des Betäubungsmittels ruhig zu stellen. Auch dabei ging sie mit Sorgfalt und Bedacht vor – und wünschte sich angesichts ihrer eigenen Schulter, sie könnte den Arm für eine Weile ruhig halten. „Sagen Sie mir, wenn irgendetwas wehtut. Sie sollten den Arm eine Weile nicht bewegen“, spulte sie ihr medizinisches Protokoll ab und bestätigte Zabine abermals mit einem Blick, dass sie sich der Offensichtlichkeit ihrer Worte durchaus bewusst war. „Sie bekommen noch Schmerzmittel und Antibiotika, damit sich die Wunde nicht entzündet.“ Dafür würde sie gleich noch einmal einen der Ärzte behelligen müssen. „Sobald Sie es von alleine von hier bis zur Tür schaffen, lasse ich Sie auch gehen. Spätestens morgen sollte man sich die Verletzung noch einmal in aller Ruhe ansehen. Aber sobald irgendetwas ist – Bluten, Schwellung, Fieber – kommen Sie vorbei.“
Es gab auch nichts zu verstehen. Das Imperium kam und tat was es wollte, so, wie es schon immer gewesen war und so, wie bis zu dessen Zerschlagung auch sein würde. Oder war die gute Pflegerin wirklich so naiv zu glauben in einem Konflikt diesen Ausmaßes würde sich noch irgendwer um irgendwelche Regeln scheren? Selbst weniger gebildete Gemüter wie Zabine begriffen, dass die Lösung des Konflikts letztlich nur mit der Auslöschung einer der großen Mächte einhergehen würde und soweit es die Arkanierin betraf, war ihr das auch ganz recht, wenn das imperiale Geschmeiß auf die Art bestraft wurde, die sie selbst so sehr favorisierten. Ein netter Nebeneffekt war natürlich, dass der menschlichen Dominanz in der Galaxis damit ein entscheidender Dämpfer versetzt wurde. Für Callio mochte das nicht so greifbar sein, war vermutlich selbst einmal brave imperiale Bürgerin, die es sich im Kern gemütlich gemacht hatte, es still tolerierte wie das Imperium unter den verschiedenen Alienspezies wütete, bis die Methoden extremer wurden, offensichtlicher - bis Alderaan. Also, wozu Versicherungen? Die gab es nicht. Dinge geschahen und entweder man schlug hart und entschlossen zurück oder jammerte unnütz über die Ungerechtigkeit. Letzteres änderte in der Regel nur nichts an der Situation, sondern genügte höchstens, das eigene kleine Gewissen zu beruhigen.
"Hm.", machte die Arkanierin nachdenklich und versuchte die letzte Information in ihr Gedächtnis einzuordnen. Offenbar war ihr Schlag doch härter ausgefallen, als sie erwartet hatte, regte sich doch keine Erinnerung ob der Offenbarung.
Zabine kommentierte die dargebotene Hilfe Callios mit einem weiteren kleinen "Au!" und war sich sicher, dass man einen Haargummi durchaus auch sanfter entfernen konnte, als hier durch die Pflegerin demonstriert wurde, aber immerhin war das unmittelbare Problem gelöst. Sie murmelte ein leises "Danke." in den Raum, ein wenig zögerlich zwar, aber immerhin noch darum bestrebt eine Atmosphäre der Höflichkeit aufrecht zu erhalten. Die Arkanierin ließ sich indes nicht gleich zurückfallen, sondern beobachtete vorerst die nächsten Schritte Callios, die ihren Arm von diesem unsäglichen Blutspender befreite - immerhin eine kleine Verbesserung der Lage, wenn auch das taube Gefühl in ihrem anderen Arm sie daran erinnerte, dass sie wohl länger hier bleiben musste, als sie tatsächlich wollte. Als nächstes machte sich die Krankenschwester daran den verletzten Arm, der unnütz und regungslos lag, in eine Armschlinge zu bugsieren und befand das mangelnde Gefühl darin als befremdlich und unangenehm und so wie die Lage aussah, würde man sie wohl für ein paar Tage nicht in einen Sternenjäger stecken können - ob das nun gut oder schlecht war konnte Zabine nicht zweifelsfrei beurteilen - das hing vornehmlich davon ab wo sie sich befanden und was Muutal als nächstes vorhatte und dennoch war der leichtsinnige, von Rachsucht erfüllte Teil von ihr begierig darauf, es dem Imperium heimzuzahlen, jener Teil, der die eigenen Fähigkeiten im Wunsch nach Vergeltung maßlos überschätzte aber vielleicht auch gefährlicher machte, als sie tatsächlich war.
"Mhm", folgte ihre tonlose Erwiderung auf das medizinische Protokoll während die Arkanierin bereits einer anderen lästigen Problematik nachging um den Komfort ein wenig zu erhöhen. Das von Maschinenöl und Blut durchtränkte Shirt, dass sich mehr und mehr unangenehm anfühlte, musste irgendwie verschwinden. Ein Akt, der zumindest mit einer Hand schwieriger zu bewältigen war, als ursprünglich angenommen. Sie zog ihren unverletzten Arm aus dem und begann damit, den Rest des Shirts über ihren Kopf hinweg auszuziehen - ein Plan, der sicherlich von Erfolg gekrönt gewesen wäre, käme ihr nicht die lästige Schlinge in den Weg. Zabine setzte ein wissendes und um Vergebung bittendes dünnes Lächeln in Richtung der Krankenschwester auf, als sie die eben noch erteilte Anweisung dreist ignorierte, den tauben Arm aus der lockeren Schlinge befreite und sich dem Rest des Shirts entledigte. Eher achtlos zusammengeknüllt, landete es kurzerhand auf ihren Stiefeln, ehe sie versuchte, den Arm wieder brav in der Schlinge zu positionieren. Dann endlich, fühlte sie sich zumindest teilweise bereit sich ihrem Schicksal im Krankenbett zu fügen, wohl auch, weil ihr Körper immer wieder anzeigte, dass einige Stunden Erholung nach dem eben erlebten nicht die schlechteste Idee waren. Nun, wo sich die Lage zumindest relativ beruhigt hatte, Aufregung und Adrenalinspiegel sank, brach auch eine Welle der Erschöpfung herein, die sie daran erinnerte, wie viel Kraft es eigentlich gekostet hatte, sich bis hier hin zu schleppen.
Ein leichtes Frösteln erinnerte Zabine daran, nun von der Decke Gebrauch zu machen: so schob sie prompt die Füße darunter, ehe sie mit der freien Hand nach einem Zipfel griff und auch über den Oberkörper zog.
Callio erklärte indes das weitere Vorhaben. Nichts wirklich überraschendes, so, dass sie zumindest bald ihre Ruhe hätte und sie in ihrem Kopf dazu veranlasste, das Für und Wider abzuwägen. Gesellschaft war per se nicht schlecht, aber sie wollte nicht bemuttert wie eine Person, die unfähig war, sich um sich selbst zu kümmern. "Muss das echt sein?", begann die Arkanierin noch einen Widerspruch, den Medikamenten betreffend. Sie legte nicht zwingend einen großen Wert darauf, mit mehr Zeug zugepumpt zu werden, als wirklich sein musste und zumindest Schmerzmittel kamen ihr im Augenblick eigentlich verschwendet. "Ich mein, der Arm is' eh betäubt.", meinte sie noch nachträglich und schnippte demonstrativ gegen das lahme, nutzlose Teil. "'Nen paar Stunden Schlaf, wird schon reichen.", meinte sie beschwichtigend, vielleicht sogar ein Stück weit drängend, dass sie sich im Zweifel eher um andere kümmern sollte, denen es wirklich miserabel ging - wie etwa der arg zerfleddert wirkenden Zabrak, die vor einigen Augenblicken in den Saal transportiert worden war.
„Die sind für später“, kommentierte die Krankenschwester mit einem müden Lächeln. „Wenn die Betäubung nachlässt.“ Sie ging nicht darauf ein, dass die Arkanierin die Armruhe sogleich ignoriert und es sich noch etwas ‚gemütlicher‘ gemacht hatte. Dieses Schiff war ohnehin eher unorthodox und im Moment gab es wichtigeres, als sich über solche Kleinigkeiten aufzuregen. Der Wundverschluss hielt und mit weiteren Zwischenfällen der Jägerpilotin war vorerst nicht zu rechnen. Im Gegensatz zu Callio konnte sie sich auch ausruhen – ein Umstand, um den die Krankenschwester sie trotz ihrer Verletzung ein wenig beneidete. Auf Zabines Kommentar hin nickte sie. Ein wenig abwesend, da schon wieder neue Patienten durch die Tür kamen und sie anscheinend jetzt erst zu einigen der schweren Fälle vorgedrungen waren, die es nicht mehr alleine hierher schafften. „Dann ruhen Sie sich aus. Ich bringe die Medikamente, sobald ich kann.“ Mit einem Seufzen ließ sie die Arkanierin vorerst allein – in der festen Absicht, später noch einmal nach ihr zu sehen. Mit jeder Stunde, die verstrich, wurden die Nerven auf der Krankenstation blanker. Wie gut, dass man sie genau für solche Fälle angestellt hatte…
* * * * * * *
Beskhar konnte nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war, als ihm plötzlich jemand die Hand auf die Schulter legte. Er war der blonde Chirurg, der sich um Rutee gekümmert hatte und der ihn nun aus müden Augen anblickte. Gut, dass wir hier keine Spiegel haben. Der Klon wusste den Gesichtsausdruck des Mannes nicht zu deuten. Sofort war die Anspannung wieder da und er begann, sich aufs Schlimmste vorzubereiten. „Und? Was ist mit ihr?“
„Ihr Zustand ist stabil, aber sie war noch nicht wieder bei Bewusstsein. Ich hab getan, was ich konnte. Den Rest muss das Bacta erledigen.“ Damit deutete der Mann auf einen der Tanks, in dem in spärlicher Bekleidung eine Zabrak schwamm. Ihre Augen waren geschlossen und an vielen Stellen war ihre Haut von dunklen, aufgequollenen Flecken überzogen. Beskhar hatte schon deutlich schlimmeres gesehen. Trotzdem krampfte sich gerade sein Magen zusammen. „Tut mir leid, wie ich vorhin reagiert habe“, sagte er leise, nachdem er sich überwunden hatte. „Aber ich wollte die Entscheidung über ihr Leben keiner Maschine überlassen.“ Der Chirurg nickte nur. Beskhar konnte nicht sagen, ob der blonde Mann ihn verstehen konnte oder nur gerade keine Lust auf eine Grundsatzdiskussion hatte. „Nimm dir einen Moment Zeit. Oder find raus, ob es in der Cantina zumindest schon wieder Caf gibt“, antwortete der Chirurg stattdessen. „Damit würdest du uns allen einen großen Gefallen tun.“ Das war fair, auch wenn der Sanitäter noch nicht glauben konnte, dass die Caf-Maschinen bereits wieder einsatzbereit waren. Und selbst wenn, hatten die Mechaniker die Vorräte vermutlich bereits geplündert.
Doch es verschaffte ihm ein paar Augenblicke, um sich zu sammeln. Zögerlich trat Beskhar an den Bacta-Tank heran, in dem sich Rutee befand. Sie wirkte in der heilsamen Flüssigkeit wie schwerelos. Offenbar hatte man ihr abgebrochenes Horn mit organischem Kleber wieder befestigt, auch wenn die Ränder noch deutlich überstanden. Um solche Feinheiten konnte man sich kümmern, wenn sie wieder bei Bewusstsein war. Beskhar wünschte sich, dass er irgendetwas tun konnte. Sie wissen lassen konnte, dass er da war – auch wenn ihre Verletzungen dadurch nicht schneller heilen würden. Widerstrebende Gefühle bekämpften sich in seinem Inneren. Natürlich war er den Tod gewöhnt und natürlich hatte er jedes Mal gelitten, wenn ihm einer seiner Brüder unter den Händen weggestorben war. Aber das hier war anders… Rutee war keine Soldatin, sie war Frachtpersonal! Und das hier war kein Kriegsschiff. Aber genau so funktioniert Krieg. Es wäre zu einfach, wenn immer nur die an der Front betroffen wären. Das wäre fair… Von einem gewissen Standpunkt aus. Er legte eine Hand auf den Transparistahl, der seine Freundin von der Außenwelt abschirmte. Eine weitere bedeutungslose Geste, die ihm mehr half als ihr. „Bleib stark, Rutee.“ Dann verließ Beskhar die Krankenstation. Aber er kehrte nicht mit Caf zurück – seine Vermutungen hatten sich bewahrheitet und auch die Cantina hatte grade mit anderen Problemen zu kämpfen. Stattdessen folgte er einer spontanen Eingebung und schloss sich dem medizinischen Personal an, das in den übrigen Teilen des Schiffes noch immer nach Verletzten suchte. Bis jedes Crewmitglied gefunden war.
Zwei Tage später...
Die Descryer trieb noch immer durch den Raum, doch zumindest hatte man in der Zwischenzeit einige Systeme des Schiffes wieder flott machen können – darunter auch die lebensnotwendigen Caf-Maschinen in der Cantina. Und bestimmt – hoffentlich – war es nur eine Frage der Zeit, bis ihr Antrieb auch wieder funktionstüchtig genug war, um sie zu einem Planeten der Republik zu bringen.
Beskhar hatte die letzten zwei Tage größtenteils auf der Krankenstation verbracht, von ein paar Stunden unruhigem Schlaf abgesehen. Doch er wollte dabei sein, wenn Rutee wieder zu sich kam. Heute war es endlich soweit. Die Blessuren der Zabrak waren noch nicht ganz verschwunden, doch die Schwellungen soweit abgeklungen, dass man sie in ein Krankenbett verlegen konnte. Der Klon hatte nur Augen für sie und saß an ihrer Seite. Erkannte die Zeichen, dass sie langsam aus der Ohnmacht zurückkehrte und brachte sogar ein schiefes Lächeln zustande, als Rutee mit flatternden Lidern die Augen öffnete. Es dauerte eine Weile, bis sie ihn wahrnahm und ihre Desorientierung ablegen konnte. Noch immer wirkte die Zabrak etwas benebelt und erschöpft, aber auch das waren übliche Nachwirkungen des Bacta-Schlafs.
„Hey“, begrüßte er sie mit sanfter Stimme und strich ihr behutsam einige Strähnen von der Stirn. „Willkommen zurück.“ Rutee wandte ihm den Kopf zu und versuchte offenbar, sich mit der Wange an seine Handfläche zu schmiegen. Ein Wunsch, dem Beskhar gerne Folge leistete. Während ihr Blick immer klarer wurde, mischte sich ein nachdenklicher, fast trauriger Ausdruck in ihre Augen. „Was ist passiert?“, fragte Rutee in ihrem eigentümlichen Akzent, den er auch nach all den Jahren nicht zuordnen konnte.
„Das Imperium hat uns angegriffen, als wir Firrerre erreicht haben“, erklärte er. „Wir wurden aus dem Hyperraum geworfen. Nicht alle haben es überstanden…“
„Ein Container kam auf mich zu“, begann die Zabrak mit belegter Stimme zu erzählen. „Bevor mir schwarz vor Augen wurde, war mein letzter Gedanke: Ich werde genauso sterben wie mein Bruder.“
Aber dazu war es nicht gekommen. Sie hatte Glück gehabt. Trotzdem wurde der Sanitäter bei ihren Worten wieder ernst. „Überlass solche Gedanken meiner Seite der Familie. Und versuch, dich noch ein wenig auszuruhen. Du—“
„Du siehst furchtbar aus“, unterbrach sie ihn mit ihrer üblichen Direktheit. Obwohl sie noch immer elend klang, musste er beinahe lachen. „Wann hast du das letzte Mal geschlafen?“
„Ich bin es noch immer gewohnt, länger ohne Schlaf auszukommen. Und die Krankenstation muss ohnehin besetzt sein“, versuchte er sich an Ausflüchten. Aber er konnte an ihrem Blick sehen, dass die Zabrak sie ihm nicht abkaufte.
„Ich bin sicher, andere können mir auch beim Schlafen zusehen. Geh ins Bett! Ich will mir nicht auch um dich Sorgen machen…“ Rutee schloss wieder die Augen und es war abzusehen, dass sie bald wieder einschlafen würde, um die Folgen des Bacta endgültig abzuschütteln.
„Einverstanden“, lächelte der Klon und küsste sie auf die Stirn, ehe er sich von seinem Platz erhob. Rutees Mundwinkel hoben sich, als sie es sich unter der Decke gemütlich machte. „Ich sehe dich in ein paar Stunden.“
Es fiel ihm noch immer schwer, sie allein zu lassen. Doch zumindest konnte er sicher sein, dass seine Gefährtin auf dem Weg der Besserung war. Bleierne Müdigkeit hatte seine Glieder erfasst, aber Beskhar hatte in jahrelangem Training gelernt, diese Zeichen zu ignorieren – und noch war er nicht alt genug, dass diese Techniken nicht mehr funktionierten. Trotzdem würde er Rutees ‚Bitte‘ beherzigen. Nur vorher noch einen kleinen Umweg über die Cantina machen, um ein weiteres Grundbedürfnis zu stillen, auf das ihn sein Magen beim Verlassen der Krankenstation vehement aufmerksam machte. Die Schiffsmesse war spärlich besetzt – vorwiegend von Personal, das im Moment nichts zu tun hatte – und einzelne Gruppen hatten sich zum Gespräch zusammengefunden. Das heutige Gericht war ein brauner Eintopf, dessen Bestandteile der Klon besser nicht hinterfragte. Er selbst hätte es nicht besser machen können und es würde zumindest seinen Hunger stillen. Normalerweise sah das Essen an Bord um einiges besser aus, aber der Koch hatte gewiss seine Gründe. Sei es, dass er rationieren wollte und daher die spärlichen Zutaten bis zur Unkenntlichkeit verkochte – oder dass einige Kühleinheiten zu lange ausgefallen waren und die Lebensmittel nun verbraucht werden mussten. Der Sanitäter suchte sich einen leeren Tisch, da ihm gerade nicht nach langen Gesprächen zumute war, und machte sich in aller Ruhe über seine Mahlzeit her.
Senzo schlief fest, auch dank diverser Meds, die man ihm verabreicht hatte. Er erinnerte sich nicht einmal mehr an den Aufenthalt auf diesem Schiff und fand sich in seiner seeligen Ruhe wieder, die er sich sicherlich verdient hatte. Als Milizsoldat, welcher in die regulären Streitkräfte überführt worden war, verdiente er wohl auch mal eine Pause vom ständigen Konflikt mit dem Imperium. Er hatte viele Jahre ausschließlich gekämpft aber nie die Hoffnung verloren, dass dieser Krieg zum Wohle aller enden würde. Niemals gab er auf, auch wenn die Lage und auch seine persönlichen Verluste diesen Kampf immer härter machten. Senzo wollte leben; nicht mehr nur für sich, sondern auch für die Zurückgelassenen. Mit einem spannenden Schlag öffnete er seine Augen und blickte an die beleuchtete Raumdecke der Krankenstation. Seine Sinne kehrten zurück und auch seine Atmung beschleunigte sich wieder auf ein normales Maß. Seine Hände umfassten die Decke und spürten den Stoff des Bettleinen. Er stöhnte schwerlich, da die Wunde immer noch spannte aber scheinbar gut verschlossen war. Bacta hatte seltsam-magische Wirkung und machte ihn sogar wieder beweglich. Mit einem schwungvollen Griff schob er die Bettdecke zur Seite, warf sich mit einer Drehbewegung aus dem Bett und stand fest mit blanken Füßen am dem Metallboden. Er spürte die Kälte, des nicht beheizten Bodens und die Vibration der Maschinen, die das Raumobjekt am Leben hielten. Senzo realisierte schnell, wo er sich befand und seine Gedanken ordneten sich. Seine Augen huschten umher, entdeckten allerhand und machten sich ein klares Bild. Ein Raumschiff, vermutlich eine Medi-Fregatte oder ein freies Medi-Schiff. Senzo holte Luft. "Guten Tag," grüßte er eine Hilfsschwester, welche erstaunt zu ihm blickte, während er munteren Schrittes, ohne sich darum zu kümmern, das er nur ein Patientenhemd trug und man seinen Allerwertesten erblicken konnte. Senzo war beinahe abgekratzt; draufgegangen in einem bescheidenen Konflikt und hatte viele Kameranden sterben sehen. Für Eitelkeiten und Selbstgerechtigkeit war kein Platz mehr in seinem Leben. Die Schwester stammelte etwas, während Senzo mutig aus der Krankenstation ging. "Ich suche einen Verantwortlichen," rief er und die Schwester in einfacher Uniform zog ihn an der Schulter zurück in die Station. "Eine Uniform und andere Kleidung liegen in einem Spind hier bei uns," erklärte sie und Senzo ließ sich mit einem ausfallenden Schritt zurücktreiben. "Achso," kommentierte er dies und nickte ihr zu. "Zeigen Sie ihn mir?" - fragte er und alsbald führte ihn die Schwester, welche eigentlich Meds verteilen wollte, zu einer kleinen Umkleidekabine, welche mit allerhand Spinden gesäumt war. "Ihrer müsste der mit der Nummer Sieben sein," sagte sie und lächelte vorsichtig, da sie direkt einen Blick auf seinen zernarbten Allerwertesten erhaschen konnte, da Senzo festen Schrittes vorang ging und den Spind mit der Nummer Sieben öffnete. "Starren Sie nicht so," meinte der Historiker Deszak, lachte dann auf und wollte die Wunden an seinem Hinterteil erklären: "Ein imperialer Detonator hat mir einmal den Hintern rasiert aber ich kam gut davon, anders als ein Kamerad." Ein wenig Zynismus schwang in seinen Worten mit, als er sich an diese Situation erinnerte. Dann checkte er mit flinker Hand den Verband seiner Wunde, der fest verbunden war. "Gute Arbeit!" - rief er der Schwester zu. "Das Medi-Team an Bord ist gut drauf," sagte Senzo, während er die Uniform und andere Kleidungsstücke, die zu einer komplettierten Bekleidung gehörten, aus dem Spind fischte. Die Hilfsschwester errötete und verschwand wortlos aus der Kabine, die sie dennoch mit einem Knopfdruck auf die Türkonsole mit einer schnellen Schiebetür verschloss, damit der Lieutenant ein wenig Privatssphäre hatte. Senzo hatte Fragen aber ihm war klar, dass dies nicht der richtige Ort für diese Fragen war. Er würde sie später stellen. Erst einmal brauchte er einen starken Kaf und ein gutes Frühstück oder Mittagessen; egal, hauptsache Essen, denn er hatte furchtbaren Hunger. Hierzu musste oder besser sollte er sich einkleiden, was er folglich tat und dann verließ er die Kabine sowie die Krankenstation in Richtung der Messe, um entsprechendes Hungerstillendes einzunehmen. Die Korridore wirkten seltsam vertraut auf den erfahrenen Soldaten, der nun auch entsprechende Uniform trug. Das Rangabzeichen eines Lieutenants und auch das Emblem seiner Einheit wiesen ihn klar erkennbar als Personal der Republik aus. Mit einem freundlichen Zunicken grüßte er die Vorbeigehenden und blickte gelegentlich auf die leuchtenden Wegweiser, welche den Weg zu den Decks und auch Örtlichkeiten auswiesen. Senzo orientierte sich gut. Schließlich erreichte er die Messe und trat in diese mit einem freundlichen "AAAAh..." ein, denn er roch bereits frisch aufgebrühten Kaf. "Sehr gut," mampfte er ein paar Worte im Mund, während er zum Kaf-Automaten schlenderte und seine Arme dabei ruhig aber beständig schleuderten. Auch hier schienen ein paar Dinge beschädigt worden zu sein, da ein Kabel mitsamt irgendeinem Gerät von der Decke hing und hypnotisch schwang. Senzo ließ sich vom schwingenden Schrottpendel faszinieren und starrte auf das Objekt.
Die feste – nun, zumindest einigermaßen feste – Nahrung löste schon bald ein Sättigungsgefühl aus, durch das es dem Sanitäter noch schwerer fiel, die Augen offen zu halten. Nicht hier einschlafen, alter Mann, dachte Beskhar und lehnte sich mit leisem Stöhnen zurück, um die Muskeln zu strecken. Dabei fiel sein Blick auf eine Gestalt, die sich mit schlendernden Schritten durch die Messe bewegte und ihm irgendwie vertraut vorkam. Es dauerte einige Momente, bis der Klon das Gesicht zuordnen konnte, doch die Erkenntnis hellte seine eigenen Gesichtszüge ein wenig auf und weckte seine Lebensgeister. Außerhalb des Krankenbettes machte der Mann einen gänzlich anderen Eindruck und es war immer gut, einen Patienten wieder auf den Beinen zu sehen. Die geschulten Augen des Soldaten erkannten ebenfalls das Rangabzeichen auf Senzo Deszaks Uniform und er nickte anerkennend, auch wenn der Lieutenant dies natürlich nicht sehen konnte. Der Weg des Mannes endete bei den Getränkeautomaten, wo er auf ein schwingendes Gerät blickte, das bei dem Zusammenprall mit dem imperialen Schiff aus seiner Deckenverankerung gerissen worden war. Warum man es nicht wenigstens durch einen Tisch oder eine Leiter gesichert hatte, war dem Klon ein Rätsel. Doch er würde sich nicht den Unmut des Troig-Koches zuziehen, indem er – vermutlich nicht als erster – danach fragte, wann man den Schaden reparieren würde.
Kurzentschlossen erhob sich Beskhar, um sein Geschirr zurückzubringen und anschließend einen Rückweg über die Getränkeautomaten zu machen. Der Duft von frischem Caf zog seine Kreise und auch heißes Wasser wurde hier bereitgestellt. Dem Arzt stand der Sinn nach einem heißen Tee auf dem Rückweg zu seinem Quartier. Normalerweise brauchte er keine Hilfe beim Einschlafen, aber das Heißgetränk würde seine aufgewühlten Nerven vielleicht vor Albträumen bewahren. Rutee war im Moment nicht da, um ihn anschließend zu beruhigen. Aber bald… „Su’cuy“, trat der Klon seitlich in Senzos Sichtfeld und griff nach einem der aufgestapelten Becher. „Ich sehe, Sie sind wieder munter.“ Tatsächlich hatte der Mann deutlich mehr Farbe im Gesicht als noch vor einigen Tagen und auch von seiner Panik und Desorientierung war im Augenblick nichts zu merken. „Falls Sie sich noch an mich erinnern.“ Eine Kräutermischung färbte das eingegossene Wasser im Becher grünlich und überlagerte für einige Momente den intensiven Caf-Geruch. „Ich habe Sie vor ein paar Tagen aus dem Bacta-Tank geholt.“
05.09.2017, 18:18
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18.01.2021, 10:01 von CA-5510.)
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[[In Kooperation mit Beskhar entstanden.]]
Senzo war immer noch dezent vom schwingenden Trümmerteil hypnotisiert und konnte somit nicht sogleich auf die Kontaktaufnahme des Klonsanitäters reagieren. Mehrfach kniff Senzo beide Augen zusammen, bis er sich wieder im Moment wiederfand. Diese verdammten Meds taten ihr Übriges, dass er noch nicht ganz klar war. Mit einem ruhigen Ausfallschritt wandte er sich zu Beshkar, dessen Worte er nun verarbeitet hatte. "Noch 'mals vielen Dank dafür," antwortete der Rebellenoffizier wenig galant, da seine Stimme nicht ganz auf dem Punkt lag und gelegentlich schwächelte. Es war noch ein langer Weg zur vollen Gesundung. "Machen Sie gerade eine Pause?" - eine höfliche Frage, um das Gespräch nicht abreißen zu lassen. Mit seiner Linken begann er trotzdessen nach dem Schalter für warmen Kaf zu tasten. Immerhin hatte hier ein wirklich wichtiges Interesse: seinen Nach-Koma-Durst stillen.
Beskhar zuckte bei dem Dank des Milizionärs mit den Schultern. „Das ist Teil meiner Arbeit. Ihre Verletzungen waren gut genug verheilt, dass man es riskieren konnte, Sie wieder unter die Lebenden zu bringen.“ Außerdem brauchten wir die Tanks… Senzo wirkte noch immer etwas benebelt, auch wenn es ihn in seinen Handlungen nicht wirklich einschränkte. Doch der Mann befand sich im Hier und Jetzt, soweit der Sanitäter es beurteilen konnte, und war zu gut gelaunt, um die Schrecken seiner letzten Schlacht noch einmal zu erleben. „Zwangspause“, sagte der Klon ehrlich und verrührte den Tee mit einem Stäbchen. „Ich habe in den letzten Tagen ein paar Stunden zu viel auf der Krankenstation verbracht. Es macht sich nicht gut in den Akten, wenn man anfängt, seine Patienten doppelt zu sehen.“
Endlich! Senzo fand die entsprechende Taste für heißen Kaf. Danach suchten seine Finger weiter nach einer Taste für die Beigabe von Süßungsmittel, fanden diese Taste aber ebenfalls nicht sofort, so dass er fast streichelnd über die Kontrollamatur neben der Kaf-Taste fuhr. "Ich lebe, ich denke das ist gut, nicht wahr?" - fragte er etwas abwesend, da er sich nun doch auf die Blindarbeit am Kaf-Automaten beschränken musste, ohne seinen Blick von Beskhars Angesicht abzuwenden. Es war nicht einfach ohne genaue Kenntnisse der Struktur eines Bedienfeldes, eine entsprechende Auswahl zu treffen. Sie haben alles richtig gemacht," lobte Senzo sichtlich erleichtert, als er endlich die kleine Taste mit dem Zucker-Symbol fand und mit einem dicken Daumendruck darauf presste, bis die Taste fast einrastete und sich nicht mehr lösen konnte. Doch mit Mühe konnte sie sich lösen und fuhr auf die Ausgangsposition zurück. Senzo nahm wieder eine etwas bequeme Haltung ein, da die gebückte Seitenhaltung doch etwas seinen Rücken belastet hatte. Pausen sind wichtig! Wir vergessen sonst, wer wir einmal waren und wofür wir eigentlich kämpfen," erklärte der Lieutenant im Versuch mitfühlend, denn auf den Schlachtfeldern seiner Lebensgeschichte hatte er viel gesehen und ein wenig von seiner sensiblen Empathie verloren. Dennoch war er nicht herzlos und wusste, dass es mehr im Leben geben sollte, als schlichten Kampf und Verlust. Es fiel ihm nur schwer, gerade jetzt derartige Gefühle zu zulassen. Zu viel Erinnerung würde ihn töten.
„Meiner Erfahrung nach ist es immer besser, am Leben zu sein“, erwiderte der Sanitäter mit leichtem Lächeln und entsorgte das Stäbchen im Abfallbehälter. Das Kompliment von Senzo konnte er nur bedingt annehmen, stattdessen versuchte er lieber, von dem eigentlichen Grund für seine Übermüdung abzulenken. „Macht die Maschine wieder Ärger? Das sollten am besten unsere Ingenieure erfahren – oder vielleicht lieber nicht.“ Beskhar nahm einen Schluck von dem heißen Tee, der noch nicht ganz eine trinkbare Temperatur erreicht hatte. Das Gebräu schmeckte herb, mit einer leicht süßlichen Note als Abgesang. Der Rationsriegel gewöhnte Soldat hatte noch nie ein Problem mit dem Aroma von Speisen und Getränken gehabt. In diesem Fall ging es ihm zudem eher um die beruhigende Wirkung des Tees, im Kontrast zu Senzos aufputschendem Caf. Ein zustimmendes Brummen kam aus Richtung des Klons. „Krieg verändert Menschen. Manche sagen, er formt den Charakter, aber das ist Banthamist. Ich ziehe es vor, Personen am Leben zu halten statt sie zu erschießen.“ Leicht gesagt, wenn die meisten Gegner seiner früheren Schlachten keinen Puls gehabt hatten. Doch auch dort hatte es Ausnahmen gegeben. „Wenn ich mich auch außerhalb meines Dienstes einmischen darf, auf nüchternen Magen würde ich Ihnen den Caf nicht empfehlen. Sie sollten sich noch den farbenfrohen Eintopf unseres Schiffskoches schmecken lassen.“
Kurze Stille.
"Glauben Sie an die Macht? Ich denke nicht, dass es einen wirklichen Tod gibt, denn durch unsere Taten leben wir weiter, erklärte Senzo mit einem bitteren Schmunzeln, während die Maschine vor ihm röhrend arbeitete. Ja, das macht sie wohl. Ich hoffe, dass ich kein Schmieröl anstatt Kaf erhalte," scherzte der erfahrene Soldat mit einem abgesetzten Lachen. Endlich füllte die Maschine den Becher mit schwarzer Flüssigkeit, wenn auch nur in kleinen Tröpfchen. Senzo murrte. Und auch die Themen wurden wieder ernster. Der Blick des gestandenen Milizsoldaten veränderte sich ins tragische. Krieg zertört Menschen. Der Krieg nimmt einem alles und am Ende gibt es nur noch ein Weitermachen, um den Frieden wieder zu finden," meinte der einstige Lehrer nüchtern aber mit einem leicht traurigen Unterton. Endlich schloss der verdammte Automat mit seiner Arbeit ab und Senzo konnte den heißen Becher entnehmen. Mal sehen, ob es mich umbringt, erklärte er und probierte vorsichtig mit der Zunge am Rande des Bechers tastend, ob der Hitze, um sicherzugehen, dass der Kaf nicht furchtbar war. Seine Zunge schmeckte ein paar Aromen, die erträglich waren und selbst die Süße war enthalten. Wenigstens diese Arbeit des Automanten war gelungen. "Erträglich, konterte Senzo auf den Rat des Sanitäters. "Rat zur Kenntnis genommen, Medic, floskelte der Mann belustigend im militärischen Ton, während er den Becher in seiner Hand drehte.
Beskhars Müdigkeit machte es einfacher, den Missmut zu kaschieren, der sich bei Senzos Worten in seine Züge schlich. Es war keine Glaubensfrage. Er hatte mit eigenen Augen gesehen, wozu Machtbegabte imstande waren. Ob es in der Macht ein Leben nach dem Tod gab, war eine andere Sache. Doch der Soldat vermied so gut er konnte, über diese Frage nachzudenken. Es hatte eine Zeit gegeben, in der er sich darüber das Hirn zermartert hatte. Ohne Erfolg, wie nicht anders zu erwarten. Wir sind geboren, um zu sterben. Wir leben, damit man sich an uns erinnert, lautete eine mandalorianische Redensart, die er sich zu Herzen genommen hatte. Im Krieg war er einer von vielen gewesen, von deren Taten man berichtet hatte. Nun war Beskhar in jeder Hinsicht ein Individuum, das eine eigene Geschichte schreiben konnte. Und doch immer wieder zu seinen Wurzeln zurückkehrte. Zu helfen und zu heilen, seine zweite Maxime.
„In beiden Fällen nützlich für die Ingenieure. Aber ich würde auch eher zu Kaf raten. Ich glaube, das macht sie glücklicher“, grinste der Klon und zuckte bei Senzos Kommentar mit den Schultern. „Man tut, was man kann, Sir. Hat man Ihnen eigentlich schon ein Quartier zugewiesen? Ich weiß, unsere Krankenbetten sind äußerst bequem, aber ein wenig Privatsphäre hat auch Vorteile.“ Beskhar fragte nicht nur der Neugier halber. In den letzten Tagen hatte auf dem Schiff der Ausnahmezustand geherrscht. Es war nicht auszuschließen, dass etwas so Banales wie die Unterbringung genesener Passagiere dabei durchs Raster gefallen war.
Senzo nickte verstehend; denn er verstand auch ohne klare Worte, was Beskhar dachte. Soldaten verstanden ihre Welten auch ohne Worte. Was kannte er auch anderes? Sein Leben war in den letzten Jahr nur ein einziger Kampf. Teilweise um das eigene Überleben und manchmal auch um die eigene Würde. Der Kampf gegen des Imperium opferte vieles auf und so opferte auch Senzo weite Teil seines Lebens für eine neue Galaxis ohne Tyrannei und Willkür. "Kaf heilt viele Wunden," meinte er im Scherz und lächelte bitter zum Sanitäter, den er inzwischen doch wertschätzte. Doch etwas an diesem Mann war seltsam. Senzo versuchte die Augenumrisse zu erkennen und die Gesichtsmerkmale. Irgendwie kam ihm dieses Gesicht bekannt vor. Deutlich bekannt vor aber er konnte es noch nicht klar einordnen. "Ich habe noch kein Quartier. Ich sollte wohl mal zum zuständigen Offizier gehen," antwortete der Milizsoldat nüchtern. "Was ich jetzt auch tun werde, da ansonsten in diesem Chaos meine Meldung untergeht." Er nickte Beskhar zu und trat einen Schritt von der Maschine weg. Senzo bewachte seinen Kaf nun mit beiden Händen. "Zudem muss ich mich wieder zum Dienst melden. Ich denke, dass helfende Hände gebraucht werden," erklärte Senzo ohne Lächeln und fester Miene.
Es war seltsam, nach mehreren Tagen im Dauereinsatz auf der Krankenstation plötzlich wieder die Zeit für ein Gespräch am Caf-Automaten zu finden. Wenn man die beiden Männer so beobachtete, konnte man fast vergessen, in welchem Zustand sich die Descryer befand. Gut, dafür musst man ebenfalls von der Decke baumelnde Gerät ausblenden, doch ansonsten war die momentane Lage beinahe friedlich. Es ließ Beskhar trotzdem nicht vergessen, dass er sich gerade nur krampfhaft vom Zustand seiner Gefährtin abzulenken versuchte. Nicht viele Momente im Leben des Klon-Soldaten hatten seine Eingeweide zu Wasser werden lassen. Rutee schwerverletzt auf einer Trage zu sehen, war einer davon.
Abermals gab der Sanitäter ein leises Brummen von sich. „Klingt sinnvoll. Vorübergehend findet sich bestimmt ein Bett, aber… Wer weiß, wie lange wir noch unterwegs sind?“ Er war sich nicht einmal sicher, wer für die Unterbringung der Crew verantwortlich war. Doch im Zweifel hatten die hohen Offiziere gerade wenig zu tun, gab es doch außer Reparaturen an Schiff und Crew gerade nicht viel zu befehlen. „ Muutal? Kvilsh?“, dachte Beskhar laut. „Wenden Sie sich am besten an einen von denen. Der Captain und sein Erster sind auf jeden Fall die richtigen Ansprechpartner, wenn Sie sich an Bord nützlich machen wollen.“ Kurz legte er Senzo eine Hand auf die Schulter und nickte dem Milizionär zu. Sie waren alle gemeinsam in dieser Situation, egal ob Mannschaft oder Passagier. Also mussten sie auch zusammenhalten, bis die Medi-Fregatte wieder sicher in republikanischem Raum war. Jemand wie Senzo konnte da nicht schaden. „Willkommen an Bord, Soldat.“
Beskhar wandte sich von dem Milizionär ab, leerte den abgekühlten Becher in ein paar Zügen und wollte sich nach einem Aufatmen von Senzo verabschieden. Doch dann sah er einen vertrauten Umriss im Eingang der Messe, der seine Aufmerksamkeit forderte und den Klon innehalten ließ.
Das Gute an Situationen wie diesen war, dass der erste Moment schon so schockierend war, dass es von da an eigentlich immer nur besser werden konnte, weil man ohnehin vom Schlimmsten ausging. So oder so ähnlich hatte es Trous bei den Reparaturen von kleineren Raumern stets nörgelnd ausgedrückt. Wenn Trou ehrlich mit sich selbst war, war er von der Masse an Meldungen zunächst einmal überfordert – er hatte zwar gelernt, selbst Dinge wieder zusammenzuschrauben und zum Funktionieren zu bringen, aber die Organisation einer so gewaltigen Aufgabe schien da ganz andere Qualifikationen zu erfordern als selbst grob zu wissen, wo welches Kabel hingehörte. Abgesehen davon war dieses Schiff im Vergleich zur Hinterhofwerkstatt seines Vaters einfach gewaltig groß. Vielleicht nicht im galaktischen Maßstab, aber im Vergleich zu dem, was er bisher gewohnt war. Welch Albtraum es erst sein musste, einen imperialen Sternenzerstörer am Laufen zu halten, wollte er sich gar nicht ausmalen. Geschah den Verrückten, die versucht hatten, sie zu rammen, ganz recht, dass sie sich nun wahrscheinlich ebenso mit langatmigen Reparaturen herumplagen mussten.
Auf der Brücke waren immerhin allmählich alle notwendigen Informationen eingetroffen – und das Schiff war in einem offensichtlich jämmerlichen Zustand. Auch von der kleinen Jägereskorte war nur ein einzelnes Schiff annähernd flugfähig, allerdings selbst das auch nur händisch und ohne Navigationscomputer. Dadurch dauerte die optische Begutachtung der Fregatte von außen länger an als geplant – zumindest aber ließ sich feststellen, dass es keinen kritischen Hüllenbruch gegeben hatte. So war die Descryer also in der Theorie bewegungsfähig. Nun waren Theorie und Praxis aber… unterschiedliche Dinge. Der Hyperantrieb war ohne neue Bauteile nicht mehr viel wert – die Wetten darauf, ob Sublicht funktionierte, wenn man den Antrieb wieder hochfuhr, liefen noch. Allerdings hatte sich bisher noch niemand Wagemutiges gefunden, der auf den Antrieb gesetzt hatte. Das mochte auch damit zu tun haben, dass der Jäger einen riesigen Riss durch die hintere Antriebssektion entdeckt hatte, wo also vermutlich der Bug des imperialen Schiffes an ihnen vorbeigeschrammt war und sie aus dem Kurs geworfen hatte. Die Chance, dass die Triebwerkgondeln auf dieser Seite noch einmal zum Leben erwachten, waren daher besonders schlecht. Wer darauf wetten würde, wurde nicht mehr als wagemutig, sondern direkt als verrückt angesehen. Das größte Problem derzeit schien Trou aber zu sein, dass die Kommunikation nach außen nicht funktionierte und es auch nicht so schien, als ließe sich das provisorisch mit etwas Klebeband und zusammengebastelten Ersatzsendemasten an der Hülle reparieren, um wenigstens ein SOS-Signal in die Weite des Raums zu senden. Daher konnten sie also auch über keine Funkkanäle um Hilfe suchen, sondern mussten es auf andere Weise versuchen. Ein kleiner Hoffnungsschimmer war, dass der Raumjäger bei seinem vorsichtigen Ausflug nach draußen in der Ferne etwas im Sonnenlicht hatte reflektieren sehen – nun war das keine große Hoffnung, aber wenn es sich dabei um etwas Metallisches handelte, war die Chance zumindest da, dass es dort Lebensformen gab und man zumindest damit Kontakt aufnehmen konnte. Auf der anderen Seite war auch das immer eine Form von Risiko, doch im Endeffekt hatten sie in ihrer jetzigen Situation kaum eine Wahl. Trou hatte daher den Jäger losgeschickt, damit dieser dem nachgehen konnte, um anschließend zurückzukehren und Bericht zu erstatten. Es bestand natürlich auch die Möglichkeit, dass es noch immer das gleiche Schiff war wie das, das sie gerammt hatte. In diesem Fall hatten sie ein sehr, sehr ernstes Problem – und dann würden auch alle eiligst durchgeführten Reparaturen nichts mehr nutzen. Entkommen könnten sie diesem Schiff nicht. Daher hatte Trou auch befohlen, möglichst viele der wenigen Transporter im kleinen Hangar der Descryer einsatzfähig zu bekommen. Reichen würde das nicht, aber es war sicherlich besser als nichts. Solange jedoch unklar war, um was es sich handelte, würde er nicht das Risiko eingehen und den Antrieb wieder versuchen hochzufahren, denn wie das Schiff darauf im jetzigen Zustand reagieren würde, war unklar. In den letzten zwei Stunden hatten er und Kvilsh Reparaturteams durch die beeinträchtigten Sektionen des Schiffes geleitet, um die Schäden selbst zu überprüfen, aber es war noch immer schwer einzuschätzen bei einem derartig großen Schiff. Wirklich betroffen schien nur das Heck des Schiffes zu sein, mit Hangar, Antrieb und Generator – zumindest hatte die Frontsektion außer den Erschütterungsschäden relativ wenig Schaden davon getragen, somit hatte es hier auch kaum Prioritäten zur Reparatur gegeben. Das Technikerteam versicherte, dass sie das Schiff wieder so weit zusammenbauen konnten, dass es fliegen konnte, zumindest sofern eben der Antrieb mitmachte, und so wurde hieran auch fieberhaft gearbeitet.
Nach etwa zwei Stunden hatte Trou schließlich mit Kvilsh die Stellung unten im Generator getauscht und schleppte sich dann die Treppen einzeln nach oben. Das Hungergefühl im Magen war irgendwann nicht mehr ignorierbar geworden und so tastete er sich durch die vielen Taschen seines verschmutzten Overalls, fand aber nicht mehr als ein paar Pfefferminz für den Moment.
„Hm“, machte er nur, dann zuckte er die Schultern. Es war besser als nichts. Er schüttete sich damit den Mund zu und trottete weitere endlose Minuten durch das Schiff, bis er schließlich in der Messe ankam, deren Tür sich bereitwillig für ihn aufschob.
„Nette Versammlung hier“, sagte er noch immer Pfefferminz schmatzend in den Raum hinein. „Immer gut zu sehen, wer alles fleißig beim Aufräumen sind.“
Er stand ein paar Augenblicke weiter kauend in der Tür mit leicht verengten Fischaugen und sondierte den Raum und wie sich der eine oder andere ertappte Müßiggänger dabei anschickte, nun besonders geschäftig zu wirken, etwa indem es spontan drei Leute erforderte, um ein scheinbar äußerst gefährliches Objekt, das harmlos von der Decke baumelte, einzufangen. Er zuckte kurz erneut mit den Schultern, dann trat er weiter in den Raum hinein, ehe er bemerkte, dass von Seiten der Caf-Maschine der Blick auf ihn gerichtet war. Dort tummelten sich zwei Personen – eine, die er kannte, und jemand Neues. Neue Leute waren generell immer erst einmal verdächtig.
Daher nahm Trou aus einem der Iso-Behälter etwas, das man als einfaches belegtes Sandwich bezeichnen konnte, wenn man Optimist war, und ging damit bewaffnet zu den beiden Personen herüber. Erwartungsgemäß hielt er sich dabei zunächst an die Person, die er kannte, selbst wenn es sich bei der anderen Person offenbar um einen Offizier handelte, der offensichtlich auf der Krankenstation behandelt wurde. Allerdings war Trou von dem Anblick des geklonten Sanitäters tatsächlich etwas überrascht. Nur ein paar Schritte blieb er von dem Mann entfernt stehen, musterte diesen zunächst wortlos einmal von oben bis unten.
„Mr. Beskhar“, begann er überzogen förmlich, nur um damit dann wieder zu brechen. „Bis eben dachte ich, von allen sieht Schiff am übelsten aus, aber Sie gewinnen mit leichtem Vorsprung.“
Im Endeffekt war das nicht einmal übertrieben. Trou selbst hatte außer einem großen Pflaster auf der Stirn keine sichtbaren Verletzungen davon getragen, aber dem Mann vor ihm war anzusehen, dass er völlig überarbeitet war und voraussichtlich nun versuchte, dies mithilfe von Caf in den Griff zu bekommen. Das war einerseits allzu verständlich, andererseits war ein überarbeiteter Arzt auf Aufputschmitteln ein weitaus größeres Risiko für die Behandlung als ein ausgeruhter. Nur bedingt im Scherz fuhr er also fort.
„Hauen Sie sich ins Bett, Doc. Das ist ein Befehl!“
Er klopfte dem Klon bei den Worten mit der freien Flosse leicht auf eine Schulter, während er begann, mit der anderen, mit dem Essen bewaffneten Hand auf den uniformierten Menschen zu deuten.
„Und wer ist Ihr Freund hier? Sagt mir nichts, also einer von unseren neuen Alui-Leuten?“
Ein Nicken in Richtung des Mannes wandte die Aufmerksamkeit des Captains fort von dem Sanitäter und hin zu der neuen Person, so dass dieser auch sogleich selbst antworten konnte. Trou hatte nur kurz die Liste der Namen gelesen derer, die sie kürzlich von der Alui-Miliz zum Zusammenflicken aufnehmen sollten, allerdings sich nicht intensiver mit den Namen oder ihren Hintergründen befasst. Es machte alles in allem auch keinen Unterschied für ihn, wen sie hier an Bord ihrer Lazarettfregatte versorgten. Denn alles in allem war jenen Verletzten und Verwundeten gleich, dass an ihrer Misere das Imperium direkt oder indirekt Schuld war. Und für solche würde die Fregatte immer ein sicherer Hafen sein, solange er das Kommando hatte – ganz gleich, ob sie Republikaner waren oder nicht.
Bevor er gehen konnte, tauchte eine beflosste Kreatur auf. Senzo kannte diese Spezies zu gut und hatte sie schon in vielen Schlachten gesehen. Mon Calamari waren tapfere Kämpfer für die republikanische Sache. Auf vielen Schiffen und manchmal sogar am Boden dienten sie mit Mut und Hingabe. Zwar waren auch sie unterschiedliche Charaktere, die aber alle zumindest eine Leidensgeschichte mit Imperialen hatten. Diese Fischköpfe hatte es mitunter sehr hart im Imperium getroffen. Senzo kannte nicht jede Leidensgeschichte aber konnte das Leid, welches ihre Welt heimgesucht hatte, gut einschätzen. Das Imperium war grausam zu Menschen aber noch grausamer zu Nicht-Menschen, die nicht in die standardisierten Pläne des Reiches passten. Dennoch gaben viele Völker nicht auf. Sie leisteten Widerstand, offen oder verdeckt, gegen diese galaktische Tyrannei. Senzo, seines Zeichens Freiheitskämpfer, sah dies mit Würde und Anerkennung. Auch für sie tat er seinen Dienst. Es sollte einmal eine bessere Galaxis geben. Nicht für ihn, sondern für die Kinder, die kommen würden. Der Lieutenant blieb also stehen, wandte sich um und trat seinen Weg zurück an, um nicht unhöflich vor einem Gespräch zu flüchten. Mit einem angedeuteten Salut von zwei Fingern an seiner Schläfe trat er vor beflossten Kameraden, der recht zivil wirkte.
"Ja, der Mann gehört ins Bettchen," fiel der Veteran vieler Schlachten gegen das Imperium wieder ins Gespräch ein. Senzo achtete jedoch darauf, nicht allzu frech oder dreist zu wirken, sondern suchte betont die passende Akustik seines Satzes. "Nach alldem, was er durchgemacht hat und noch immer leistet er seinen Dienst für uns. Guter Mann," erklärte Senzo, der seine Wertschätzung zum Ausdruck brachte. Er schätzte diese stoische Pflichterfüllung. Es war etwas, was sie alle leisten mussten aber nicht jeder schaffte dies so im Augenschein, wie dieser Mann. Senzo nickte bedenkenlos und blickte dann zum Mon Calamari. "In der Tat. Das bin ich. Ich bin Zugführer innerhalb der Miliz," gab er selbst die Antwort, bevor Beskhar seine geben konnte. Senzo sprach gerne für sich selbst. Und oft auch mit einem historischen Kommentar zur Situation. Doch dieses mal verzichtete er darauf.
"Lieutenant Senzo Deszak," stellte er sich freundlich vor und deutete eine gespielte Verbeugung an, um die Zivilisten nicht mit allzu viel Militärgetue zu überfahren. Aus seiner Sicht versuchte er stets adressatengerecht zu arbeiten. Ein bitteres Lächeln umspielte seine Lippen, während seine Augen ohne Glanz waren. In der Sache war auch diese zivile Erscheinung von Senzo nur gespielt. Er kannte sich besser auf den Schlachtfeldern aus und fand dort mehr Wahrheit, als hier. Dennoch versuchte er sich seine Ängste und Sorgen nicht anmerken zu lassen. Der Krieg war für einen Moment fern aber er würde wieder kommen. Dieser Krieg war noch lange nicht vorbei und für Senzo sicherlich niemals, denn ein Soldat nahm stets das mit, was er gesehen sowie erlebt hatte. Senzo war da keine Ausnahme. Verluste folgten ihm. Jeder in seinem Zug hatte bereits jemanden verloren. Die gesamte Rebellion war ein verlustreiches Unterfangen aber alle glaubten daran. Dieser Glaube bewegte sie gegen das Imperium, welches bereits bröckelte und bald einbrechen würde.
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