#52
Wie lange war ein Individuum bereit für einen Mann, der sich für einen Gott hielt zu leiden? Wie lange konnte eine Gesellschaft ein Reich, dass himmlischen Sphären nacheiferte, tragen? Wie oft mussten Personen verzweifeln, bis sie begriffen, dass die liebe Mutter Nacht nicht kommen würde, sie wachzuküssen, zu befreien aus ihrem immerwährenden Albtraum? Es musste eine Zeit geben, in welcher der Pöbel sich erhob und die Köpfe de Könige rollten, doch wann brach sie an? Wie einem endlosen Strudel gleich, verdichtete sich das schwarze Loch des Krieges, um alles hinab in die Tiefe zu reißen. Um es neu zu formen? War das der Plan? Hatte überhaupt jemand einen Plan? Oder drifteten alle, ob ihrer Endzeitgedanken, in den Wahnsinn ab? Doch anstelle von Vernichtung herrschte Siechtum vor. Wie eine lange Krankheit, welche die Galaxis nur Stück für Stück in den Abgrund zog, ganz so, als ob jemand das Leid und Verderben genießen wollte, bevor der Tod über alles kam. Nichts ergab einen Sinn, nicht hier auf Korriban, nicht unter dem künstlichen Himmel Coruscant, nirgends und wenn es keine Antworten gab, warum dann weitermachen? Reahs Augen fokussierten die Decke über ihr, als ob sie jenem nutzlosen Gestein, das im Dunkeln lag wie schwarzer Onyx, Antworten entlocken könnte. Nichts. Es gab nichts und würde auch nichts geben. Sie waren gekommen etwas zu finden, vom dem nur Reahs eigenes Wunschdenken wirklich daran glaubte, dass sie es aufspüren könnten. Aber ohne Fährte taugte der beste Spürhund nichts. Die Spur fehlte. Ein Zeichen. Irgendetwas.

Vielleicht, so überlegte sie, war auch die Herangehensweise falsch. Sie liefen Vesperum nur nach, gingen nur dorthin, wo er bereits war, aber befanden sich nie dort, wo er sein wollte. Während er nach vorn Schritt, rannten sie zurück, wühlten wie Kinder mit einer Schaufeln im Sandkasten ohne eine Ahnung zu haben, wonach sie dort überhaupt suchten, ohne sich sicher zu sein, ob das, was sie suchten überhaupt das war, was sie finden mussten. Fehler. Zu viele Fehler und die einzige Errungenschaft, derer sie sich rühmen konnten war, dass sie in Isards Falle saßen. Es mochte also wirklich hier enden, zumindest für sie beide und andere, die weniger närrisch waren als sie, würden weitermachen müssen. Reah spürte, wie Sedrael nach ihrer Hand tastete, rührte sich jedoch nicht. Es machte keinen wirklichen Unterschied mehr, hier im Dunkeln, hatte sie ihren Frieden - mochte das Ende nun kommen, wie es kam, hier im dunklen Schatten war alles in den gleichen schwarzen Samt der Nacht gehüllt. Was gesagt werden musste wurde gesagt.

Doch es schien, manche Funken brannten heller als andere und wenn zwei nur schwach leuchtende Kerzen in der Dunkelheit saßen, mussten sie sich gegenseitig neu entzünden, um dem Schlund des Abgrunds zu entgehen und erst als Sedrael versuchte, sie aufzurichten, bemerkte Reah, dass es tatsächlich weniger daran lag, dass sie sich nicht bewegen wollte, sondern inzwischen viel mehr daran, dass sie es nicht mehr konnte. Wunden und Verletzungen forderten ihren Tribut und offenbar hatte nun selbst ihr Körper eine Grenze erreicht, die nur noch schwerlich überschritten werden konnte. Ihr Kopf sackte nach vorn ab und blieb einen Augenblick lang regungslos auf Sedraels Schulter liegen. Ein schweres Seufzen - keine Predigten, nicht jetzt. "In Ordnung.", nuschelte sie undeutlich und doch in einem Tonfall, der verriet, dass es nicht war, was sie wirklich sagen wollte. Es war ein wenig komplizierter. Man legte Gewohnheiten nicht einfach ab, man legte sein Wesen nicht ab und so würde es auch Reah nicht tun. Sie musste nur lernen... mit sich zu leben, aber sie würde es nicht können, wenn sie ihre Seele in noch kleinere Fetzen riss, noch mehr wegwarf, nur weil es jemanden nicht gefiel. Sie war ein Killer, das war ihr Daseinszweck über die letzten Jahre und dieses Dasein würde nicht einfach verschwinden, nur weil sie es wollte, es war ein beständiger Teil von ihr, so beständig, wie ihre wenigen Jahre als Jedi. Doch nun gehörte sie in die Schatten, Reah wusste es und wollte es so und es lag an Sedrael herauszufinden, dass nicht jeder Schatten nur von Angst, Hass und Wut beseelt war. War Skywalker ein widerwärtiges Monster, weil er den Todesstern zerstörte und Hunderttausende tötete? Schatten besaßen Geschichten und wichtiger noch: Schatten besaß jeder. Selbst der reinste Engel.

Sedrael ließ los und die Wunden, die dieser vermaledeite Albtraum ihr eingebracht hatte, begannen sich zu spannen. Ein heftiger Schmerzimpuls schnellte durch ihren Körper und drückte die Luft aus der Lunge. Umfallen. Irgendwie. Sie musste ihrer aufrechten Position entkommen und versuchte das Gewicht zu verlagern. Der Leib fiel auf die Seite und das verletzte Fleisch entspannte sich, obgleich noch immer Schmerzwellen zuckten und sie heftig Atmen ließen. "Irgendwie...", echote sie keuchend in die Dunkelheit. Und dann ein Machtgeist? War dies der Grund für all das? Nein, Machtgeister waren.. spürbar, besaßen eine greifbare Präsenz in der Macht, ihre Erfahrung hier aber war etwas andere. Beunruhigend war vielmehr die Tatsache, dass es Vesperum offenbar gelungen war eines oder mehrere dieser Machtwesen auf seine Seite zu ziehen. Dienten sie ihm freiwillig? Oder hat er eine Möglichkeit gefunden, sie zu binden? Nein, unmöglich, der Imperator war kein Gott und verglichen mit Palpatine mochte seine Macht nicht einmal annähernd so groß sein, wie er es sich wünschte. Aber wenn die Toten Korribans ihn unterstützten... Reah wollte nicht einmal darüber nachdenken, was der Preis für diesen Handel war. "Unser Problem...", meinte sie hustend als Sedrael die Nadel im Fleisch versenkte, "...sind eher die Lebenden. Schlachtschiff im Orbit. Wenn Isard will... dann tilgt sie dieses Ödland... aus der Galaxis. Uns gleich mit." Geister besaßen zweifellos Macht, leider nicht annähernd so viel Macht wie ein imperialer Sternenzerstörer und die Zeit lief - gegen sie.
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