#4
Zum Glück war der Weg nach Yavin ohne weitere Zwischenfälle verlaufen und es hatte auch kein imperiales Empfangskomitee im Orbit gewartet. Es war zugegeben ein wenig seltsam nach so langer Zeit wieder hier her zu kommen und für einen Augenblick hatte Luke das beinahe schon beklemmende Gefühl, als würde im nächsten Moment der Todesstern aus dem Planetenschatten treten. Aber so schnell wie das Gefühl gekommen war, war es auch schon wieder verschwunden. Der Todesstern, der sie hier bedroht hatte existierte nicht mehr. Viele gute Leute hatten in dieser Schlacht ihr Leben gelassen und mit Gewissheit auch viele Unschuldige. Menschen, die gezwungen gewesen waren auf dem Todesstern zu dienen, so zweifelte Luke daran, dass die gesamte Bemannung dieser Todeswaffe vollkommen von der Richtigkeit ihres Tuns überzeugt gewesen waren. Es waren seine Finger am Abzug gewesen, die sie zum Tode verdammt hatte. Damals war er froh gewesen gewonnen zu haben. Er hatte gefeiert, gejubelt und gelacht. Damals war er noch jung und naiv gewesen. Zu wenig hatte er gewusst und zu kurzsichtig war er gewesen. Heute jedoch, auch wenn nur wenige Jahre zwischen dem Sieg damals und seiner jetzigen Rückkehr vergangen waren, fühlte er sich um so vieles älter. Heute sah er mit anderen Augen auf das, was sich hier in diesem Orbit abgespielt hatte. Natürlich war er froh, dass die Rebellion gesiegt hatte, doch er wünschte es hätte einen Weg gegeben, der mit weniger Leben erkauft hätte werden müssen. Leben, welches auf beiden Seiten unwiederbringlich ausgelöscht worden war.

Er hatte mit Han schon auf dem ersten Teil ihrer Reise abgesprochen, dass sie dort landen und ihr Lager aufschlagen würden, an dem die Rebellion auch damals ihr Lager errichtet hatte, sofern es die Natur zulassen würde. Einen Großteil der Anlage hatte die Natur zurückerobert. Dicke Ranken zogen sich über die steinernen Tempel, deren Grundmauern von einem dichten Blätterwerk geschützt wurden. Auch wenn sich die Natur diesen Flecken Erde zurückgeholt hatte, so war eine Landung dennoch ohne größeren Schwierigkeiten möglich gewesen. Vieles am Boden erinnerte noch immer an die Anwesenheit der Rebellion vor Jahren und egal wohin er auch blickte, alles war mit Erinnerungen verbunden. Er sah eine triste, graue Wand an und in seinem Kopf bewegten sich Personen vorbei. Unterhielten sich über das was hinter ihnen lag oder das, was noch vor ihnen lag. An anderen Stellen hörte er die Stimmen von Personen, die miteinander Pläne für die Zukunft schmiedeten. Eine Zukunft, die jedoch manchen von ihnen nicht vergönnt gewesen war. Auch Luke hatte in dieser Schlacht einen guten, alten Freund verloren. Damals auf Tatooine – Sie hatten so viele Pläne gehabt. Er hatte so viele Träume und Ziele gehabt. Luke wünschte, er hätte diese Ziele erreichen können die er sich gesetzt hatte, seine Träume verwirklichen können. Aber Luke wusste auch, dass er für etwas gestorben war, an das er mit ganzem Herzen geglaubt hatte – Freiheit. So viele hatten für dieses Ziel ihr Leben gelassen und ließen weiterhin ihr Leben. Doch wie lange würde es dauern, bis sie die Kraft verließ? Bis die Zahl der Toten die Hoffnung begann zu ersticken? Es waren Fragen auf die Luke keine Antwort wusste. Aber vielleicht waren es auch Fragen die niemals eine Antwort erhalten würden. Fragen für die keine allgemeingültige Antwort existierte.

Zu viel ging dem jungen Mann in diesem Moment durch den Kopf. Zu viele Fragen, auf die er Antworten suchte. Probleme, zu denen er hoffte eine Lösung zu finden. So viel Unbekanntes und so wenig Bekanntes. Es war eine dunkle Flut, der er versuchte nicht nur Stand zu halten, sondern die er versuchte zurück zu drängen. Eine große Aufgabe mit einer fast schon erdrückenden Verantwortung und er wurde diesen leisen, nagenden Zweifel einfach nicht los. Der Zweifel daran dieser Rolle gerecht zu werden. War er wirklich schon bereit alles zum Wohle der Galaxis aufzugeben? Seine persönlichen Wünsche und Träume der Freiheit aller in dieser Galaxis unterzuordnen? Wenn er alles aufgab, was blieb dann noch von ihm übrig? Auf der Reise nach Yavin, da hatte es Momente gegeben, an denen er nicht einen Augenblick daran gezweifelt hatte das Richtige zu tun. Doch nach dem Wiedersehen mit seinen Freunden, der Erinnerung an vergangene Tage, der Erkenntnis was er bereits alles geopfert hatte, da war der Zweifel wieder aus den Tiefen seines Herzens hervorgekrochen. Nein, diese war nun wirklich nicht der richtige Moment um sich mit Han oder Chewie und am allerwenigsten mit C3PO auseinander zu setzen. Er wusste, dass sie Fragen an ihn hatten, Antworten von ihm wünschten und all das konnte er ihnen in diesem Moment einfach nicht geben. Nicht solange er selbst nicht wusste, ob er diesen Weg wahrhaftig zu Ende gehen konnte. Unter einem Vorwand hatte er das Lager verlassen und streifte nun ziellos und alleine durch die Dschungel Yavins. Er ließ sich von den Geräuschen der Natur lenken und von seinem Bauch. Ben würde jetzt vermutlich sagen, dass es nicht sein Bauch war der ihn führte, sondern die Macht. Wenn Ben etwas sagte, dann klang es immer so leicht. So einfach. Als wäre es nicht schwerer als das Schnippen mit den Fingern. 'Vertraue auf die Macht', hörte er nicht nur Ben in seinem Kopf sagen, sondern auch seinen Vater. Aus ihrem Munde klang das so selbstverständlich. So natürlich. Aber wie sollte er sich voll und ganz auf etwas verlassen, das er selbst nicht verstand? Deren Existenz, deren Wirken, sich ihm immer und immer wieder seinem Verstand entzog? Er zweifelte nicht daran, dass es die Macht gab und er zweifelte nicht, dass sie in der Lage war jemanden durch die schwierigsten Situationen zu begleiten. Aber war er wirklich einer derjenigen, bei denen sie es konnte? Was wenn er versagte? Was, wenn er ihr nicht würdig genug war? Was, wenn er fiel?

Luke blieb stehen, stützte sich mit der Hand an einem der Bäume ab und schloss die Augen. Langsam begann er ein und wieder aus zu atmen. Konzentrierte sich einfach nur auf seine eigene Atmung und versuchte auf diese Weise Ruhe in seinen aufgewühlten Verstand zu bringen. Es war niemanden geholfen, wenn er sich jetzt seinen Zweifeln und auch seinen Ängsten hingab. Aber er tat es nicht, weil sie einen auf die dunkle Seite ziehen könnten, sondern weil sie ihn gerade überhaupt nirgendwo hinführen würden. Alles was sie bewirken würden wäre, dass er sich im Kreise drehte und kostbare Zeit verstreichen ließ, von der ihm doch so wenig blieb. Luke straffte seine Haltung und richtete seinen Blick in das Dickicht vor ihm. Er durfte sich nicht von dem beeinflussen lassen was hinter ihm lag, sondern er musste seinen Blick nach vorne auf das richten was vor ihm lag. Nur wenn er seinen Weg fest im Blick hatte lief er kein Risiko zu stolpern. Mit neuer, wenn auch noch schwach glimmender Hoffnung, nahm Luke seinen Weg wieder auf. Hier auf Yavin, so hatte Ben gesagt, sollte er finden nach was er suchte, also sollte er auch suchen oder etwa nicht?

Erneut schloss Luke die Augen und öffnete seine Sinne für das was um ihn herum passierte. Das Rascheln des Winds in den Blättern der Bäume, der ferne Gesang von Vögel, das Kratzen von kleinen Krallen auf dem Boden. Alles war verbunden durch die Macht und bildete ein alles umspannende Netz und dieses Netz – Luke öffnete ruckartig seine Augen. Er hatte etwas gespürt. Es war nicht richtig greifbar gewesen und doch wusste er, dass es wichtig war. Luke lenkte seine Schritte in die Richtung, aus welcher die Veränderung in diesem lebenden Gebilde aus Macht verspürt hatte, ohne genau zu wissen was ihn dort erwarten würde. Er griff vorsichtig weiter mit seinen Sinnen hinaus und er spürte Schmerz. Er spürte Angst. Aber er spürte auch Verwirrung und noch etwas anderes. War es Wahn? Das was er durch die Macht spürte war greifbar und doch auch wieder nicht. Es fühlte sich fremd an und zugleich auch wieder vertraut. Es machte ihn wachsam und vorsichtig und zugleich verlockte es ihn zum Leichtsinn. Was war es, das ihm die Macht zeigen wollte? Wohin führte sie ihn? War es wirklich die Macht die er spürte oder war es vielleicht etwas vollkommen anderes? War es vielleicht das, wovor ihn Ben gewarnt hatte? Luke trat aus dem Wald hinaus auf eine Lichtung, durch die sich eine breite Schneise zog und an deren Ende die Trümmer einer Fähre verweilten. Teile der Fähre verteilten sich überall in der Lichtung. Es war schwer sich die Fähre in ihrem ursprünglichen Zustand vorzustellen, aber es war keinesfalls schwer die imperialen Insignien auf der Fähre zu entdecken. Aber diese rauchenden Trümmer waren nicht das einzige was Lukes Augen entdeckten, sondern da war noch eine Frau inmitten der Trümmer. Sie war verletzt und Luke erkannte, dass es ihr Schmerz gewesen war, den er gespürt hatte. Sie wirkte nicht, als wäre sie ein Teil des Imperiums und doch ließ Luke weiterhin Vorsicht walten. Eine seltsame Aura, die er einfach nicht einordnen konnte, umgab diese Frau. Sie war wie die silberne Oberfläche eines Teiches, durchzogen von dunklen, öligen Schlieren. Seine Hand wanderte zum Griff seines Lichtschwerts, während er vorsichtig auf die verletzte Frau zuging. In sicherem Abstand blieb er vor ihr stehen. Sie brauchte seine Hilfe, so ließen ihre Verletzung keine anderen Rückschlüsse zu, aber irgendetwas hinderte ihn vorerst daran den Abstand weiter zu minimieren.

„Wer oder was bist du?“, fragte Luke und ignorierte den Umstand, dass seine Frage nicht nur reichlich seltsam klang, sondern wohl in dieser Lage auch irgendwie unangebracht wirkte.
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Yavin - von Protokolldroide - 19.03.2020, 01:13
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