#24
„Gut, gut“, sagte Orson zufrieden und nickte knapp, schien dabei die Resignation und das Seufzen seines Gegenübers praktisch nicht zur Kenntnis zu nehmen oder es jedenfalls nicht für reaktionswürdig zu halten. Erst als dieser sich mit einem abfälligen Geräusch von ihm abwandte und das Hologramm wieder anblickte, zeige sich so etwas wie Verdacht in der Person des Direktors, vielleicht auch weil er dadurch den Worten seines alten Freundes wieder aufmerksamer folgte anstelle nur das daraus zu ziehen, was er bewusst hören wollte. So entging ihm nicht, wie sich Galens Gesichtsausdruck zu ändern begann und sich zunehmend auch eine andere Note in sein Auftreten mischte. Etwas, das nicht willkommen war. Etwas, das es nicht geben durfte. Widerstand. Nicht im klassischen Sinne vielleicht, aber subtil vorhanden. Aus einer Warte der Resignation und gleichzeitig der moralischen Überhebung. Noch bevor Galen zu sprechen begonnen hatte, richteten sich die Augen des Direktors auf ihn und ließ dessen Worte zu.

„Schändlich“, wiederholte er zunächst scheinbar ruhig Galens Worte, zu monoton jedoch, um das Ende dieses Gedankens zu sein. Und es war indes nur ein kurzer Zustand. Es schien, als versuchte ein Teil Krennics zunächst, ihn in die Kontrolle zu zwingen, ehe dieser Teil jedoch erfolglos zerplatzte. Von einem Moment auf den anderen fiel dann die halbwegs sorgsam gepflegte Maske. Das Gesicht des Direktors verzerrte sich merklich, verwandelte es in eine wütende Fratze, und seine Mimik änderte sich so, als stünde plötzlich eine völlig andere Person im Raum.
„Schändlich also?“, spie er dann nochmals heraus. Dann eisige Stille. Aber es dauerte nicht lange, bis der Vulkan im Inneren vollständig explodierte. Krennic packte mit seiner Linken den Stoff des Stehkragens von Galens Uniform und zerrte ihn aus dem Nichts direkt an sich heran, zwang seinen Gegenüber damit, ihn anzusehen, nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.
„Und ich nehme an, du bist dann der Held in dieser lehrreichen Geschichte“, fuhr er schließlich fort und seine Stimme hatte eine giftig beißende, sarkastische Tonalität genommen. „Der arme Wissenschaftler, der zwar Massenvernichtungswaffen erschafft, dafür aber keine Verantwortung übernehmen muss. Wie praktisch für dich.“
Er verengte ein Stück weit die Augen und legte seinen Kopf schief, ließ aber Galen zunächst nicht aus seinem vereinnahmenden Griff los.
„Das würde dir gefallen, nicht wahr? Sehr bedauerlich, dass diese Ansicht niemand mit dir teilt. Die eine Hälfte der Galaxis möchte dich für deine Beteiligung an all dem tot sehen. Und die andere würde es auch wollen, wenn sie von deinem kleinen Akt des Widerstands erfahren würde.“
In sein Gesicht schnitt sich ein freudloses Lächeln von Mundwinkel zu Mundwinkel, eines, das sich aus einer ironischen Erkenntnis schöpfte, die er nur zu gerne mit seinem Opfer teilte.
„Du hast geradezu Glück, dass du mich hast. Dank mir denken sie alle immerhin, dass du bereits tot bist und interessieren sich daher nicht für dich. Das ist das Beste, was dir passieren kann. Denn du steckst in dieser ganzen Sache so tief mit drin, dass die Republik dich neben mir aufknüpft, wenn es so weit ist. Mit dem Strick um den Hals darfst du dich gerne fragen, was deine Moral dir außer Leid je gebracht hat.“
Es war wohl bezeichnend, dass Krennic in seiner Tirade zum ersten Mal gegenüber Galen andeutete, dass er auch seinen eigenen Untergang am Horizont aufkommen sah, ganz gleich, wer nun diesen großen Krieg um die Herrschaft gewann. Eine Situation ohne echten Ausweg. So betrachtet, befand sich der Direktor ebenfalls in einem Gefängnis. Auf der einen Seite die Republik, die ihn als Kriegsverbrecher hängen mochte, auf der anderen Seite das unersättliche Imperium, dem er ständig genügen musste. Galen glaubte aus Krennics Sicht womöglich immer noch eine große, galaktische Gerechtigkeit – dass die guten Menschen am Ende zufrieden zurückblicken konnten in der Gewissheit, dass den bösen ihre Strafe widerfahren war. Ein wunderbares, kindliches Märchen, das er der kleinen Jyn früher erzählt haben mochte. Aus Krennics Sicht war das das Gegenteil der Realität. Am Ende setzten sich immer die Akk-Hunde durch, die sich vor allen anderen nahmen, was sie wollten, und dieses auch mit Klauen und Zähnen verteidigten. Das mochte ungerecht und ungleich sein, doch wer etwas mochte, musste es an sich reißen, notfalls mit Gewalt. Zurückhaltung bedeutete Niederlage. Und das Imperium tolerierte nicht viele Niederlagen. Wäre das Ideal der Gerechtigkeit in der Galaxis eine unbestreitbare Realität, so wäre Krennic heute angesehener Architekt und wäre nicht in dieser diffizilen Situation, in der bereits die Geier über allem kreisten. Allein, das Imperium, das damals noch als Republik firmierte, hatte viel in ihn investiert, in sie beide, und forderte nun einmal seinen Lohn ein. Immer und immer wieder. Ein ewig laufendes Mühlrad, aus dessen Naturgewalt es kein Entkommen gab, wenn es nicht zerschlagen wurde. Doch so weit war es nicht, noch lange nicht. Der Kampf um das Mühlrad mochte noch Jahre gehen.
„Denke immer daran, Galen. Unser Schicksal wird gemeinsam geschrieben. Wenn ich untergehe, nehme ich euch beide mit. Sei also besser vorsichtig damit, welches grauenvolle Ende du dir für mich ausmalst“, knurrte er, besitzergreifend, vielleicht anmaßend, geradezu als habe er einen unbestreitbaren, naturgesetzlichen Anspruch auf Galens Person. Doch ein gefährlicher Anspruch, denn am Ende mochte diese von ihm beschworene Verbindung der Schicksale auch zu seinem Nachteil gereichen. Schließlich musste an der Ziellinie dieses Denkens der Fakt stehen, dass Galens Leben wohl genauso sehr an Krennics Leben hing, wie es auch umgekehrt der Fall war. Das Lächeln verschwand und der Griff am Stoff von Galens Uniform lockerte sich.
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