#14
„Galen“, sagte der Direktor mit einem beinahe schon mitleidigen Lächeln auf den Lippen und legte seinem Gegenüber eine Hand an den Rücken, übte dabei etwas Druck auf, um ihn dazu zu bringen, mit ihm ein paar Schritte durch den Raum zu machen. Ihm war die Verbitterung von Galen nicht entgangen und natürlich war diese auch in dieser Situation durchaus nachvollziehbar.
„Du bist ein kluger Mann, du weißt doch, wie das ist. Fast alle großen technologischen Sprünge haben einen Hintergrund aus militärischer Erwägung heraus. Fliegerei, Raumfahrt, Hyperraum…“, fuhr er fort und zählte mit den Fingern der freien Linken bei seiner Aufzählung mit. „Technologie verschwindet nach einem Krieg nicht einfach. Nur die Nachfrage ändert sich.“
Natürlich war Orson Krennic aber durchaus bewusst, dass das nicht das sein würde, wofür sie in die galaktische Geschichte eingehen würden. Dafür war der sogenannte „Todesstern“ einerseits viel zu sehr zum imperialen Symbol von Tyrannei und auch Widerstand hiergegen geworden. Doch im Endeffekt war das unerheblich. Der Direktor hatte überhaupt keinen Zweifel, dass diese Errungenschaften in Zukunft die Galaxis prägen würden. Ein Vergessen hiervon ergab keinen Sinn. Dafür war diese Energiequelle viel zu lukrativ, wirtschaftlich betrachtet. Orson vermutete, keine Probleme damit zu haben, einen großen zivilen Investor hierfür nach einem Krieg finden zu können. Der Bedarf an einer schier unermesslichen Energiequelle wäre von Coruscant bis in die entlegensten Winkel der Galaxis ohne Zweifel da. Sicherlich konnte man dadurch reich werden, sehr reich. Doch um das gegebenenfalls erreichen zu können, würde man den Krieg überleben müssen. Und etwaige anschließende Kriegsverbrecherprozesse, bei denen er davon ausging, dass man jedenfalls ihm gegenüber keine Milde zeigen würde – vermutlich war es aus der Sicht des Feindes betrachtet dann sogar angemessen. So blieb Krennic aber letztlich nur die Möglichkeit, das Imperium weiter zu stützen, da die Alternative seinen Untergang bedeuten würde. Und vielleicht sogar auch Galens. Auch wenn dieser das derzeit noch nicht sah. Würde die Neue Republik Galens Aussagen, dass er verdeckt eine Schwachstelle in die Station eingebaut hatte, Glauben schenken? Vielleicht, vielleicht nicht. Die imperialen Datenarchive bewerteten die Situation anders. Natürlich hatte Orson dafür gesorgt, da andernfalls das Imperium bereits vor Jahren über sie beide hergefallen wäre. Doch diese Manipulation war brüchig, mochte intensivster Recherche nicht auf Dauer standhalten. Der Direktor strich sich in Anbetracht dessen mit der freien behandschuhten Hand über das einwandfrei rasierte Kinn. Möglicherweise lief ihre Zeit bereits ab.
„Die Frage mag vielmehr sein, ob wir beide das noch erleben werden“, fuhr er schließlich etwas nachdenklicher als zuvor fort. Insoweit mochte man also sagen, dass Galen in gewisser Weise Recht hatte. Vielleicht würde es nur das Erbe sein, das sie der Galaxis hinterließen und sie beiden würden niemals miterleben, was diese Forschung auswirken würde. Vermutlich war es realistischerweise sogar so. Galt das indes nicht für viele Meilensteine?
„Doch das sollte uns nicht daran hindern, die Zeit zu nutzen, nicht?“

Als Galen seinen Vornamen aussprach, blieb Krennic wiederum stehen und beide Hände verschwanden wieder unter seinem weißen Umhang. Erneut schien ihn Galen zu überraschen. Während er schweigsam neben ihm stand, blieb sein eigener Blick am Boden haften. Gelegentlich blinzelnd hörte er sich an, was sein Gegenüber sagte – anknüpfend an frühere Zeiten. Vermutlich hätte Orson vieles anders gemacht, wenn er die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Aber das spielte keine Rolle. Man konnte Vergangenes nicht ändern. Als träge hätte er sich selbst zwar nicht bezeichnet, aber er verstand natürlich, worauf Galen sich bezog. Aus dessen Perspektive musste es wohl so wirken, das war nicht von der Hand zu weisen. Leider führte die Antwort auf diese Fragen an den Ort der Ursache aller Probleme. An das Trümmerfeld über dem Gasriesen Yavin. Er schürzte die Lippen und richtete seine Augen wieder hinauf. Orson sah Galen einige Zeit lang an – offenbar schwieg er sogar so lange, dass Galen weitersprach. Er wandte seinen Blick erneut ab, sah etwas ziellos in die Forschungsstation hinein. Schließlich seufzte er kurz. Und dachte weiter nach. Doch zunehmend mischte sich noch etwas anderes in die Nachdenklichkeit. Wo waren seine Ideen? Nun. Galen sollte seine Antwort erhalten. Er hatte es lange Zeit verschwiegen, aber jetzt, hier, in dieser Situation konnte er sich nicht mehr beherrschen.
„Explodiert. Über Yavin“, sagte er knapp, geradezu untypisch für ihn, und der Kürze der Antwort war eine erstaunliche Eiseskälte inne, die er selten, vielleicht nicht zuvor gezeigt hatte.
Stardust existiert nicht mehr, Galen“, fuhr er erstaunlich offen zur Erklärung fort, doch mit eiserner Miene, ohne Galen anzusehen. Er konnte es nicht ertragen, den Triumph in dessen Augen erleben zu können. Selbst wenn es Galen verstecken würde, Orson würde bemerken, vermutete er jedenfalls. Er ballte seine Hände zu Fäusten in dem Versuch, seinen Ärger zu unterdrücken, doch sein impulsives Temperament zeichnete sich dennoch zunehmend in seinem Gesicht ab. Vielleicht verstand Galen mit dieser Information, in welcher Situation sie beide sich befanden.
„Das hat alles geändert. Ich bin seither mit unserem Überleben beschäftigt. Und das erfordert mehr Innovation und Kreativität als du dir überhaupt vorstellen kannst.“
Obwohl Galen am Ende noch nach dem Projekt gefragt hatte, gab es hierzu kein Wort der Antwort von Orson. Auch das schien Indiz dafür zu sein, dass der Wissenschaftler einen Nerv getroffen haben musste.
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