#12
Wie zumeist völlig auf sich bezogen, realisierte Krennic das lange Schweigen seines einstigen Freundes nicht. Oder jedenfalls nicht so, dass er hierauf auf irgendeine ersichtliche Art und Weise reagierte oder Stellung bezog. In gewisser Weise schien er schon wieder in das vorgestellte Projekt vertieft zu sein – nur mochte ihm die Hingabe dazu abgehen, dieses Feuer, das notwendig war, um seine Untergebenen zu Höchstleistungen anzuspornen. Nachdem immer andere dafür gesorgt hatten, dass seine eigenen Werke durch zweckfremden Einsatz vernichtet worden waren, mochte es schwierig sein, mit der gleichen Leidenschaft daran zu arbeiten wie bereits mehrfach zuvor.

Nun waren das aber auch andere Zeiten gewesen. Der Wind hatte sich gedreht in der Galaxis, merklich. Sowie ein anderer Imperator. Vielleicht verstand dieser besser, dass experimentelle Objekte nicht in die Hand konventioneller Menschen gehörten. Sondern in die Hände derer, die die jeweiligen Kapazitäten besser beurteilen und einschätzen konnten. Das hatte der Narr Tarkin nie verstanden. Und schlussendlich zu seinem Untergang geführt. Nun mochte es nicht einer gewissen Ironie entbehren, dass Orsons größte Niederlage – nämlich die Zerstörung des DS-1-Projekts – zumindest den positiven Nebeneffekt gehabt hatte, dass auch sein größte Rivale hierbei den Tod fand. Dies war eine große innere Befriedigung, dennoch hätte der Direktor es vorgezogen, hierfür nicht jahrzehntelange Arbeit einer nur beschränkten Lebenszeit opfern zu müssen. Insofern war es durchaus möglich, dass ein neuer Imperator mit all diesen vergangenen Erfahrungen eben dies durchaus zu verstehen wusste und demnach andere Verantwortliche hierfür einsetzte. Auf der anderen Seite aber musste man sich nun auch die Frage stellen, ob es überhaupt noch zweckmäßig und klug war, selbst ein solches Projekt aktiv einzusetzen. Denn schlussendlich – und hier machte sich Orson keine Illusionen – war es durchaus im Bereich des Möglichen und Vorstellbaren, dass er persönlich das Ende des Imperiums erleben konnte. Und in diesem Fall war es sicherlich sinnvoll, sagen zu können, dass er selbst nicht aktiv an Kriegsverbrechen teilgenommen hatte, sondern schlussendlich eben… nun… nicht mehr als ein Architekt in einem Terrorstaat war? Das mochte mit realpolitischeren Republikanern in günstigen Momenten noch einen Deal kraft Krennics Wissens ermöglichen, der sicherlich nicht mehr möglich war, sollte er in den letzten Zuckungen des Reiches noch für weitere Gründe einer Verfolgung seiner Person sorgen. Diese beiden widerstreitenden Interessen nagten zeitweise an Orsons Motivation, sich vollends diesem etwas konventionelleren Objekt zu widmen.

Orson nickte knapp auf Galens Reaktion zu den anderen Forschungsabteilungen. Dieser hatte den Punkt natürlich direkt korrekt umfasst. Man ließ nicht Amateure an die Arbeit von Profis. Und dafür war Galen schließlich hier. Es fühlte sich durchaus bestätigend für Orson an, als Galen die Notwendigkeit seiner eigenen Präsenz hier perfekt aufzeigte.
„Da bin ich ganz deiner Meinung, Galen“, antwortete er in einem entsprechenden Tonfall. Seine müden Augen blickten seinen früheren Freund dabei direkt an. Er hätte kaum besser auf den Punkt bringen können, warum der Direktor ihn hier festhielt. Ob Galen diesen Gedanken aber bei seiner Antwort wirklich im Sinn hatte? Daran zweifelte der Direktor stark, beließ es jedoch unausgesprochen. Nichtsdestoweniger zeigte sich an einem schmal sichtbaren Lächeln auf seinen Lippen, dass es ihm nicht entgangen war.

Dieses verschwand jedoch binnen einer kurzen Sekunde, als Galen ihn konfrontierte. Für einen Moment lang weiteten sich seine Augen in Überraschung, ehe er in der Lage war, seinen Körper wieder zu kontrollieren. Er setzte für eine sofortige Antwort kurz an, schien dann jedoch nicht ganz klar zu sein, wie er wirklich darauf reagieren wollte. Verärgert über sich selbst schloss sich sein Mund daher wieder und seine Stirn legte sich in Falten, während er seine Reaktion überdenken musste. Dies schien eine Schwäche nach außen zu zeigen, die er gerne mit spontanen Reaktionen überdeckte, was ihm hier jedoch nicht gelungen war. Galen hatte ihn mit seiner Frage nicht nur überrascht - sondern merkte dies vermutlich sogar. Das war doppelt schlimm.
„Auch Stardust war nicht meine Idee, Galen“, entgegnete er auf den Vorhalt etwas allgemein, beinah schon ablenkend. „Ich habe es mir nicht ausgedacht. Ich setze nur Dinge um. Verwirkliche sie. Und in Zeiten wie den unseren gibt es nun einmal keine anderen großen Projekte zu verwirklichen.“
Er breitete schulterzuckend seine Arme aus.
„Das Imperium ist eben nicht interessiert an zivilen Projekten. Das Imperium möchte Waffen. Also bekommt es Waffen. Ist der Krieg vorbei, besteht sicherlich auch Bedarf an anderem. Und dann wird auch auf die Energieforschung, die während des Krieges vorangetrieben wurde, zurückgegriffen werden.“
Vermutlich kamen Galen einige dieser Punkte durchaus bekannt vor, die Orson hier vor ihm ausbreitete. Es waren seinerzeit ähnliche Argumente gewesen, die er während der Konstruktion der DS-1-Kampfstation verwendet hatte, um dieses wahnsinnige Projekt vor den Ingenieuren zu rechtfertigen. Schlussendlich war es wohl auch immer so. Der Krieg war immer ein Motor für Forschung und Entwicklung, da die Förderung weitaus höher war als in ruhigen gesellschaftlichen Zeiten. Und ursprünglich militärische Technologien wurden später immer wieder zivil nutzbar gemacht. Orson zweifelte nicht daran, dass das auch für die revolutionäre Energieforschung von Galen gelten würde, selbst wenn einer oder vielleicht auch sie beide das Ende des Krieges nicht mehr erleben sollten. Schlussendlich hatten sie beide gemeinsam die Galaxis verändert - jeder indes auf seine Art.
Offline
Zitieren
 


Nachrichten in diesem Thema