#10
„Unmöglich“, wiederholte Orson seinen früheren Freund halb nuschelnd, ehe er mit einer Hand nachdenklich sein Kinn umschloss, so als müsste er über die Antwort sowie seine eigene Reaktion hierauf nachdenken. „Wo habe ich das schon einmal gehört?“
Eine Person wie Orson Krennic ließ sich nicht von Begriffen wie „unmöglich“ beeindrucken. Viele Dinge, die andere für unmöglich hielten, waren mit genug Ehrgeiz, Willenskraft und ja, auch Zeit möglich zu machen. Forschung und Entwicklung waren ein beständiger Prozess – die Fortschritte gerade auch in der jetzigen Zeit im Rahmen der Energiegewinnung, nicht zuletzt auch auf Grund Galens eigener vergangener Forschung, beinah revolutionär gewesen. Es gab immer Potential auszuschöpfen, das noch ungenutzt hier lag. Die Frage war immer nur, ob Techniken und Methoden bereits dafür ausgereift waren oder nicht. Wenn nicht, mussten diese Voraussetzungen eben geschaffen werden.
„Weißt du, Galen, wenn ich damals bei Stardust bei jedem Mal aufgegeben hätte, wenn mir jemand sagte, dass es unmöglich sei…“, begann er zunächst und ließ den weiteren Verlauf seiner Antwort zunächst offen. Vielleicht auch, weil er sich daran erinnerte, wie Galen seinerseits auf den Projektnamen Stardust gekommen war. Ein kurzes Seufzen entglitt dem Direktor, ehe er die hellen Augen anhob und Galen aus der Distanz betrachtete, wie dieser auf seine Äußerung wohl reagieren mochte.
„Am Ende haben wir es aber geschafft. Auch wenn du damit… nun… andere Ziele verfolgt hattest als ich. Das bewundere ich; auf eine gewisse Art jedenfalls. Ein Galen, der für seine Überzeugungen eintritt.“
Damals, im Brentaaler Futures Program wäre das noch undenkbar gewesen. Galen war immer der gewesen, der passiv erduldet hatte, wenn sich einer der Mitschüler über ihn lustig gemacht hatte, ehe Orson mit seiner vereinnahmenden Persönlichkeit interveniert hatte. Andere Zeiten. Sehr lange her. Galen war nun nicht mehr die Person von früher – selbstbewusster, zielstrebiger, vielleicht auch rücksichtsloser? Im Grunde genommen eine Person weitaus näher an Orson als je zuvor. Welch Ironie.
„Vielleicht hast du ja auch etwas von mir gelernt.“
Ein schmales Lächeln, wenn auch freudlos.
„Glaub mir, ich bin mir wohl bewusst, was man von dir verlangt“, wiegelte er sowohl mit seiner Stimme als auch – wie üblich – entsprechend gestenreich mit einer Hand ab, gab sich dabei sogar redlich Mühe, sich selbst mit seiner Formulierung „man“ aus dieser Rechnung auszuklammern und bei Galen unterbewusst den Eindruck zu erwecken, dass all diese maßlosen Vorgaben nur von einer undefinierbaren Personengruppe außerhalb von Krennics eigenem Einfluss stammten, was sicherlich so nicht ganz der Wahrheit entsprach. Entsprechend fiel sein Blick aus dramaturgischen Gründen für einen Augenblick in Richtung der beiden schwarzgepanzerten, hünenhaften Soldaten, die an der anderen Seite des Raumes stumm und regungslos postiert waren – er hielt den Blick extra nur wenige Sekunden aufrecht, gerade so lang, dass er sich sicher sein konnte, dass Galen ihn registrieren musste. Nun mochte das in Teilen Show sein, doch Orson vermutete, dass sein Weggefährte bereits aus dem Anliegen des Direktors ableiten konnte, dass dieses für das weitere Schicksal von Galen und von Orson von Bedeutung sein würde. Ob das wirklich stimmte oder nicht.
„Mach es möglich, Galen“, sagte der Direktor eindringlich, ohne dass es dabei wie eine Drohung wirkte. „Wieder einmal.“

Die Reaktion von Galen auf die durchaus maßlosen Forderungen war vermutlich logisch, wenn auch weniger so als Orson sie erwartet hatte. Er hatte eher mit einem resignierten Schock gerechnet, insbesondere weniger mit sarkastischer Verzweiflung – etwas, das er selten von seinem früheren Freund in der Vergangenheit erlebt hatte. Es war daher schwer für Krennic, diese Reaktion Galens korrekt einsortieren zu können, aber er entschied, dass es daher ratsam war, seinen Gegenüber vorerst nicht weiter zu überfordern.
„Nein“, entgegnete er ohne ersichtliche weitere Regung auf Galens Frage, welcher Zeitraum dem Direktor hier vorschwebte. Seine Antwort würde Galen aber vermutlich überraschen.
„Du bekommst die Zeit, die du eben benötigst. Was ich brauche, sind Fortschritte. Regelmäßige Fortschritte. Damit kann ich sie zufrieden stellen, solange nicht der Eindruck aufkommt, dass die neuen Investitionen in das Projekt Verschwendung sind.“
Erneut gab Orson etwas unfreiwillig damit wohl mehr Informationen preis, als er ursprünglich wollte. Zum einen äußerte er damit zum ersten Mal indirekt Galen gegenüber, dass ihn selbst gar nicht allzu sehr zu kümmern schien, wann das Projekt abgeschlossen war – etwas, das sich fundamental von seinen Forderungen an Galen während des Stardust-Projekts unterschied, in dem er regelmäßig Deadlines für bestimmte Teilbereiche gesetzt hatte, was nicht zuletzt auch dazu geführt haben mochte, dass er damals wohl selbst aus Zeitgründen den gezielten Konstruktionsfehler vor seiner Gegenzeichnung nicht mehr erkannt hatte. Zum anderen ging aus seiner Aussage aber auch hervor, dass es sich bei dem Bau dieses Schiffes wohl um ein älteres Projekt handeln musste, in das erst kürzlich wieder neu investiert worden war. Dies mochte gegebenenfalls Aufschluss darüber geben, dass in der näheren Vergangenheit etwas in der Galaxis und vielleicht sogar etwas mit den früheren Konstruktionen passiert war, das eine Wiederaufnahme dieses Baus nun erforderlich machte.
„Eine funktionsfähige, wenn auch mit diversen Problemen behaftete Miniaturisierung der Technologie wurde in der Vergangenheit bereits von anderen konkurrierenden Forschungsteams bewerkstelligt – die Informationen dazu finden sich in den Forschungsunterlagen“, fasste er kurz das Conqueror- und das Tarkin-Projekt einer anderen Unterabteilung zusammen. Auf diesen fremden Projekten aufbauend sah Krennic durchaus das Potential, dass deren Erkenntnisse in Verbindung mit Galens neuer Arbeit zu einem weiteren Leistungsschub führen konnten, der – wenn auch nicht in der von ihm geforderten Höhe – genügen würde, um das hiesige Projekt schlussendlich zum Erfolg werden zu lassen.
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