#5
Galen presste die Lippen aufeinander und blickte seinem alten Freund mit unverhohlener Bitterkeit entgegen. Wie konnte er es wagen? Wie konnte er es wagen Lyras Namen nicht nur in dieser Form in den Mund zu nehmen, sondern ihren Tod für eine weitere unterschwellige Drohung zu missbrauchen? Natürlich verstand Galen die Botschaft, die man ihm damit vermittelte. Eine Botschaft, die nur allzu deutlich machte, dass er keine andere Wahl hatte.
“Du glaubst tatsächlich, ich würde versuchen dich zu hintergehen, während meine Tochter dir ausgeliefert ist?“ Galen gab ein trockenes und deutlich bitteres Lachen von sich, ehe er sich kopfschüttelnd abwendete. Er konnte den Anblick des Mannes nicht ertragen. Nicht in diesem Augenblick, in dem die Verzweiflung in seinem Inneren beinahe unerträglich schien. Jyn. Galen tat alles für sie, alles, was er tun musste, auch wenn sich jede einzelne Faser seines Körpers dagegen sträubte, denn diese Zusammenarbeit, wie sie seit Monaten bereits stattfand, widersprach allem wofür er in der Vergangenheit eingestanden hatte. Allem, wofür Lyra und er gelebt und gekämpft hatten. Würde es in dieser Situation lediglich um sich selbst gehen, hätte Galen seinen eigenen Tod vorgezogen, um dieser Sache ein Ende zu bereiten, aber Jyn... Jyn war hierbei der Punkt, der alles änderte.

“Und um welche grandiose Errungenschaft des Imperiums handelt es sich dieses Mal? Ein weiterer Todesstern, der einen noch mächtigeren Laser benötigt, um Frieden in der Galaxie zu schaffen?“ Welch eine grausame Waffe man aus seiner Arbeit gemacht hatte und ja, manches Mal bereitete es ihm noch immer einen Anflug von Genugtuung, dass es ihm trotz allem gelungen war zur Zerstörung eben dieser Arbeit beizutragen, auch wenn das finale Ende der ganzen Geschichte nicht ganz so verlaufen war, wie er es sich gewünscht hätte, denn dass Jyn nun eine Gefangene des Imperiums war, war ganz und gar nicht einkalkuliert gewesen. Wie auch?

“Ich will sie sehen,“ verkündete er schließlich und wendete sich wieder dem Mann zu, der für ihn das einzige Bindeglied zwischen ihm und seiner Tochter schien. Er hatte es versucht. Er hatte es selbst über den Protokolldroiden versucht, der sich ständig um ihn herumstakste. Galen war kurz davor gewesen einen verschlüsselten Zugang zu dessen gespeicherten Daten zu finden, ehe sein Vorhaben unterbrochen worden war. Seither hatte er es nicht wieder gewagt etwas derartiges zu unternehmen. Dabei wollte er nur wissen, was dort draußen vor sich ging, wollte wissen, wie die Dinge standen, ob es irgendeine Möglichkeit gab, dass seine Tochter unbehelligt aus dieser ganzen Situation kommen konnte. Doch es war vergebens. Rein gar nichts schien von außen zu ihm durchdringen zu können. Das einzige, dessen er sich sicher sein konnte, war die weiterhin ungebrochene Herrschaft des Imperiums.
Galen blickte Orson fest entgegen. “Ich will sie sehen,“ wiederholte er mit etwas mehr Nachdruck. “... und zwar bevor ich mit der Arbeit an einem neuen Projekt beginne. Ich will wissen, dass es ihr gut geht und dass sie gut behandelt wird.“ Ein Umstand, der für ihn die Grundvoraussetzung darstellte. Wenn er schon seine Arbeit und seine Seele an das Imperium verkaufte und wissentlich tausende, nein Millionen von Menschenleben aufs Spiel setzte, wollte er sich sein, dass er all das nicht umsonst tat.

Wie lange war es her, dass er sie das letzte Mal gesehen, geschweigedenn gesprochen hatte? Er wusste es nicht, ebensowenig wie er sich sicher sein konnte, dass sie ihn für seine Handlungsweise nicht verurteilte. Würde sie es verstehen? Würde sie es wollen, dass er all das für sie tat? Um sie zu schützen? Um für ihre Sicherheit und ihr Überleben zu sorgen? Galen glaubte fast die Antwort zu kennen und doch konnte er es nicht riskieren. Er konnte nicht zulassen sie zu verlieren, nicht ohne zuvor alles getan zu haben, um sie zu retten. Dieses Mal würde er sie nicht im Stich lassen. "Ich habe dir bewiesen, dass ich die gewünschte Arbeit ausführe, habe dir Ergebnisse geliefert, auch wenn diese nun von keinerlei Bedeutung waren, aber du hast alles bekommen, was du wolltest." Nun, zumindest dies war eine Tatsache, die in diesem Fall nicht von der Hand zu weisen war. Ergebnisse hatte er immer geliefert, zu jedem Zeitpunkt ihrer Zusammenarbeit, angefangen vor vielen Jahren bis zum heutigen Tag. Dass diese Ergebnisse nicht immer so ausgefallen waren, wie sein Gegenüber es sich gewünscht hatte, war eine gänzlich andere Sache.
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