#8
Ald’ana – nein, Rifta – war zunächst irritiert, als Vesperum wieder die Stimme erhob. Die Worte kamen ihr unbekannt vor und anders geartet als die wenigen Schriften der Sith, die sie bisher hatte lesen dürfen. Es erinnerte sie in gewisser Weise an die Arie einer Oper, auch wenn es gesprochene Worte waren. Ähnelte in der Art des Textes den Liedern, die sie im Privaten hörte, wenn sie sich auf die Macht einstimmte oder darauf wartete, dass ihr Transport aus dem Hyperraum sprang. Sie hatte nicht erwartet, etwas Derartiges vom Dunklen Lord zu hören. Der Imperator war ein Mann von Bildung, daran bestand kein Zweifel. Doch Poesie? In so kurzer Zeit hatte sie mehr über ihn erfahren – oder glaubte es zumindest – als in all den Jahren, die sie Palpatine mehr oder weniger freiwillig gedient hatte. Vesperum hatte häufig in großen Worten oder philosophischem Prosa gesprochen. Doch diese unerwartete Facette verlieh ihm eine Nuance… Menschlichkeit. So menschlich ein Wesen sein konnte, das inzwischen mehr Macht war als sterbliche Hülle.

Ihr Imperator – ihr Verstand weigerte sich, ihn Meister zu nennen, obwohl es ein und dasselbe war – bedeutete Rifta, dass sie sich erheben konnte. Die Twi’lek gehorchte, da sie ihren eigenen Muskeln nun wieder genug traute, um nicht zu straucheln. Noch immer war die Erinnerung an den Rausch der Macht lebendig in ihrem Geist. Sie wusste noch so wenig über das Wesen der Sith und über ihre Fähigkeiten, hatte nur vom Rande aus beobachten dürfen. Nun war die Tür zu diesem Wissen aufgestoßen und sie würde sich nicht daran hindern lassen, es sich zu eigen zu machen. Hatte kein Interesse an der Bürde, die Vesperum als Imperator trug. Sie wollte nicht herrschen. Noch nicht jedenfalls. Obwohl sie Gefallen daran hatte, anderen ihren eigenen Willen aufzuzwängen, scherte sie sich nicht genug um andere Wesen, um sie anzuführen. Wahrscheinlich wollte sie mit anderen so wenig wie möglich zu tun haben. Es gab niemanden mehr, zu dem sie eine emotionale Bindung hatte, die sich wirklich als Zuneigung bezeichnen ließ. Daher gab es auch niemanden, dessen Nähe sie ersehnte. Außer in stillen Stunden, wenn die Einsamkeit sich wie ein Käfig anfühlte…

Aber dieses Empfinden war nur von kurzer Dauer. Es war der Weg der Dunklen Seite, genau wie Vesperum es beschrieb. Eine Art gemeinsames Ideal verband sie. Vielleicht existierte sogar so etwas wie Loyalität, auch wenn diese unter ihresgleichen stets mit Verrat und Hass gezeichnet war. Es war die einzige Art zu leben, die sie kennengelernt hatte. Frieden ist eine Lüge. Jemand wie Rifta konnte kein zufriedenes Leben führen. Diese Illusion war in Kindertagen zerbrochen. Man musste sich zur Wehr setzen können, um in dieser Galaxis nicht unterzugehen. Die Naiven und Schwachen, die vom Frieden redeten, wurden verraten und benutzt. Ihr Licht würde wie eine Kerze im Sturm verlöschen, wenn sie nicht die Wahrheit erkannten. Nur die Macht kann mich befreien. Sie spürte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte, als Vesperum die Hand in ihre Richtung streckte. Keine gebieterische, eine einladende Geste. Der Dunkle Lord setzte sich auf ihre Stufe hinab, betrachtete die einfache Schülerin auf Augenhöhe, als Gleichgesinnte. Ihre Überraschung über dieses ungewöhnliche Verhalten war Rifta deutlich anzusehen – und fast hätte sie ihm ohne zu zögern ihre Hand gereicht.

Doch mitten in der Bewegung hielt die Twi’lek inne und betrachtete mit wachsendem Zweifel die Hand, die ihr entgegengestreckt wurde. Hob ihre bernsteinfarbenen Augen, um dem Blick des Dunklen Lords zu begegnen. „Nein, das könnt Ihr nicht. Ihr könnt mich lehren, Ihr könnt mich führen und mir befehlen. Aber diesen letzten Schritt kann nur ich alleine gehen.“ Unbeirrt hielt sie weiterhin seinem Blick stand. Suchte die Reaktion in seinem Gesicht, während hinter ihrem eigenen Antlitz die Gedanken rasten. Nein, sie konnte nicht einem anderen ihre Freiheit überlassen. Das war nicht möglich und würde nicht nur dem Sinn des Wortes, sondern auch dem Kodex der Sith widersprechen. „Nur ich selbst kann mich befreien. Aber ich bin bereit, zu lernen.“ Rifta legte ihre Hand in seine.
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