#6
Vesperum griff mit seinen klauenartigen Fingern ihre Hände und hielt sie hart umschlossen. Wo Ald‘ana die Wärme eines lebenden Wesens erwartet hätte, war seine Haut auf eine fast schon schmerzhafte Weise kalt. Die Kälte begann sich in ihrem Blut auszubreiten, kroch ihre Arme hinauf und ließ sie schaudern, als sie ihr Herz erreicht hatte. Die Zeichen an ihren Unterarmen begannen auf unnatürliche Weise zu pochen. In einem Takt, der nicht von ihrem Herzschlag stammte. Doch ihr eigener Puls wurde von diesem rhythmischen Pochen in einen Gleichklang gezwungen. Noch nie hatte sich die Twi’lek so ausgeliefert gefühlt. Sie hatte diesen Moment herbeigesehnt, doch nun gehörte ihr eigener Körper nicht mehr ihr. War von einer anderen Macht übernommen worden, die sie in Starre hielt und mit ihrer eigenen Dunkelheit vergiftete. Der Imperator stand nicht mehr als Mensch vor ihr, sondern war fleischgewordene Dunkle Seite, die sich die sterbende Hülle einer Person übergestreift hatte. Ihre Instinkte sagten ihr, dass sie zurückweichen sollte. Sich gegen das wehren, das sie gerade übermannen wollte.
Doch ihr Wille hielt dagegen. Sie hatte Schlimmeres erduldet, als sie noch um einiges schwächer gewesen war. Der Dunkle Lord selbst hatte ihr offenbart, dass der Wille eines Sith alles war, was zählte. Sie würde diese Prüfung bestehen, es gab keine Alternative. Egal, welchem Schmerz sie sich zu stellen hatte – wenn es sie ihrem Ziel näher brächte, war sie bereit alles Leid auf sich zu nehmen. Und es tausendfach jenen zurückzuzahlen, die sie verraten und benutzt hatten… Ihre Narben waren Zeugen dessen, dass sie vieles ertragen konnte. Was immer sie verbrannte, würde sie nur wie eine gehärtete Klinge neu schmieden. Eine Wiedergeburt. Ein Feuervogel aus der Asche.

Genau wie dieses Sinnbild schienen ihre Arme plötzlich Feuer zu fangen, das sich schmerzhaft durch ihre Venen zog und die Kälte verdrängte. Die Zeichen zum Lodern brachte, die Vesperum ihr erst vor kurzem beigebracht hatte. Ein ungläubiges, schmerzerfülltes Keuchen echote das fast angestrengte Atem holen des Imperators. Instinktiv begann sie die Worte nachzusprechen. Ihr Kodex, ihr Credo. Flüsterte sie fast lautlos versuchte sich damit doch von der Pein abzulenken, die sie gerade durchlebte. Ihr ganzer Körper schien wie elektrisiert, wir kurz davor zu zerspringen. Noch nie hatte sie solche Macht gefühlt. Ein Rausch, den ihr eigener Verstand kaum fassen konnte, aber für den in ihrem kümmerlichen Körper kein Platz war. Ald’ana rang nach Luft, die ihre Lungen nur weiter zu verbrennen schien. Dann zerbrach ihre Welt mit einem lauten Klirren, das sich wie der Gesang einer einzelnen Stimme in ihrem Inneren fortsetzte. Hätte sie nicht noch immer aus flüssigem Feuer bestanden, die Lethan wäre fest davon überzeugt gewesen, tot zu sein.
Vesperum hielt sie fest – nicht mit körperlichen Händen, sondern mit einem Band, das weit über alles hinausging, das sie bisher über die Macht zu wissen glaubte. Seine Präsenz breitete sich aus, legte sich abermals über sie und löschte wie ein ersehnter Regen das Feuer. Einen Moment lang spürte sie eine fast wohlige Wärme. Ein Trugbild, nur die Abwesenheit von Schmerz und Kälte. Dann war der Moment vorbei und sie glaubte, sich ohne den Schmerz, der sie seit früher Kindheit definierte, ganz in dieser Sternenleere aus Macht zu verlieren. Abermals irrte sie sich.

Rifta. Der Gedanke hallte in dem wider, was von ihr übrig geblieben war. Der Name schien auf perfide Art zu passen. Ja, sie war zerrissen worden. Nicht nur jetzt durch den Mahlstrom höherer Mächte. Man hatte sie zerfetzt, zerschunden – auf Ryloth, auf Byss, auf Mygeeto… Jedes Mal hatte man ihr ein Stück mehr genommen, bis sie kaum noch eine Bindung zu ihresgleichen fühlte. Nur ihr Wille war geblieben. Die Gewissheit, sich von niemandem brechen zu lassen. Was immer man ihr entriss, es würde ihr wahres Selbst nur weiter zum Vorschein bringen. Ein Monster, das nur darauf wartete, zu erwachen. Ein Kind der Dunklen Seite. Der Rausch verging und die Scherben setzten sich wieder zu einem klaren Bild zusammen. Doch die Erinnerung an die Dunkelheit, die sie gekostet hatte, blieb. Das musste die Freiheit sein, die sie ersehnte.
Ihre Arme fielen einfach schlaff herab, als Vesperum sie losließ. Es brauchte eine Weile, bis sie ihr Körpergefühl zurückgewonnen hatte und die Grenzen ihrer Gestalt wieder wirklich wahrnahm. Schweiß stand ihr auf der Stirn und ihre Kleidung schien am Körper zu kleben. „Ich danke Euch, mein Lord“, sagte die frisch erhobene Sith, die sich noch immer etwas benommen fühlte, voller Inbrunst. Dieses Gefühl… Das ist, was ich will…
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