#3
Darth Vesperum hatte seine Sünden gezählt. Er hatte Momente der Einsamkeit gesucht, um zu verstehen, was geschah. Es veränderte sich. Er veränderte sich. Die Macht wandelte sich. Ihm war der Boden unter den Fußen entzogen worden und seine ganze Existenz schien einem ewigen Sturz gleich. Vesperum versuchte ganzheitlich zu verstehen, was passiert und scheiterte. Nicht einmal die Erinnerung, sein Leid oder seine ganze Trauer wollten Antwort geben. Zwar sah er mehrere Zukunftsvisionen, träumte von einer fernen Allmacht und spürte eine nahende Göttlichkeit, doch etwas schien stets zu fehlen. Ihm gelang es das Puzzle des Lebens Stück für Stück zu entwirren aber immer wieder zersprang ein Puzzleteil im Horror seiner eigenen Unfähigkeit. Er war unfähig mehr zu sein als ein Kind der dunklen Seite. Wütend ballte er beide Hände zur Fäusten, bis die Fingernägel sich schmerzlich in die Haut gruben.

Dieser Frachtraum war leer. Hier gab es nichts, woran sich die Augen erfreuen konnten. Nur leere Bodenplatten aus Metall und ein altes sowie zerkratztes Schott zum inneren Flügel des Gozanti. Die Stille zermaterte seinen Geist, da die Stimmen aus dem Abyss, das ewige Rauschen seiner Sünden, aus dem Äther quoll und seine Haut zittern ließ. Sein Verstand bohrte sich durch den Moment. Es kostete Kraft nicht zu zerfallen, nicht zu zerbrechen, um die dunkle Seite zu sehen. Der dunkle Stern brannte hell im schwarzen Feuer. Vesperum stand regungslos in der Mitte des großen Raumes, die Kapuze lag auf seinem Haupt und seine Hände öffneten sich. Seine Hände befreiten sich aus dem zornigen Krampf, während sein Geist eine Reise antrat. Eine Reise in die Vergangenheit.

Rauch stieg von Coruscant auf. Leichen säumten die Straßen, sterbende Soldaten krochen über den staubigen Boden, der mit Splittern geziert war. Raumjäger schossen durch den Himmel. Trümmer verglimmten im Orbit und hinterließen orangene Spuren am Horizont. Eine Schlacht war geschlagen. Coruscant war unterworfen, die Bürger krochen aus ihren Unterständen und blickten den aufmarschierenden Soldaten zu, die über die Leichen und Verwundeten hinweg marschierten. Der Imperiale Palast brannte, Trümmer lösten sich von den Säulen und imperiale Banner zerfielen zu Asche. Mehrere dunkle Gestalten mit roten Klingen in ihren Händen führten die Soldaten an. Aus dem Zentrum des Trosses entfernte sich ein Mann, der kein Lichtschwert trug. Er kniete sich vor die Treppen des imperialen Palastes und legte seine flache Hand auf den Marmor des Bodens. Die Soldaten blieben stehen, die dunklen Gestalten ebenso.

„Diese Welt ist unser. Ein Imperium ist unser. Wir haben Frieden geschaffen,“ erklärte die dunkle Gestalt, die das Zentrum der Gruppe bildete. Sie erhob sich und marschierte weiter auf den Palast zu. Auf den Treppen lagen mehrere tote Sturmtruppen. Die Tore des Palastes waren aufgebrochen. Im Palast hatten sich mehrere Regimenter auf dem Platz vor dem großen Balkon versammelt. Als die Gruppe eintraf, begann ein Chor zu singen, der eine triumphale Ankunft verhieß. Die Gruppe stieg die weiteren Treppen empor. Das Zentrum der Gruppe formierte sich auf dem Balkon. Die Regimenter im Innenhof nahmen Haltung an. Der Chor verstummte.

Darth Vesperum erinnerte sich an seine Ankunft auf Coruscant, als er jene Welt unterworfen hatte. Die Szene zeichnete sich exakt so vor seinen Augen ab. Er durchlebte sie noch einmal und lächelte nicht einmal. Das triumphale Gefühl von einst, wollte nicht aufkommen. Es blieb nur diese Leere. Es gab selbst in dieser Erinnerung keine Antworten. Er hatte erobert aber wofür? Erst später hatte er Sinn gefunden. Eine einfache Antwort auf komplizierte Fragen aber auch diese Antwort schien zu zerfallen, je länger er unter ihr lebte. Ja, Vesperum sah noch seine Macht, seine Möglichkeiten aber begann auch die eigene Göttlichkeit zu fürchten. Er fürchtete sich vor sich selbst, denn er hatte Saanza bestraft, plante Millionen zu vernichten und spürte, dass etwas mit ihm nicht mehr stimmte. Ihm entglitt die Kontrolle über sich selbst und eine Schattenpersönlichkeit bildete sich heraus. Mehrere Dämonen in ihm stritten über die Oberherrschaft. Die Gier, der Hass oder der Zorn; alle wollten sie herrschen und erschufen ein Land der grausamen Sorgen. Nur die Trauer verhielt sich ruhig und lauerte begierig auf ihre Chance, den Verstand zu gewinnen. Sorzus Syn spielte mit ihm und in blindem Eifer folgte er der ersten Sith. Sith-Sein konnte mehr bedeuten als Macht. Vesperum wusste von einer Ewigkeit, einem Paradies der Tüchtigen, dass jedem offen stehen konnte, der sich dem dunklen Pfad verschrieben hatte. Ja, er war ein Kind der dunklen Seite aber auch der Sterblichkeit. Er fürchtete, dass es nicht mehr genügen konnte und die Zeit zu knapp war. Ald'ana sah nicht, was sich im dunklen Lord abspielte. Es stritten kranke Mächte um noch mehr Macht. Der Zerfall stand in seinem Gesicht, während dieses immer kälter wurde und wie Stein erschien. Die schwarzen Äderchen auf der aschweißen Haut zeichneten sich, wie Marmor, ab. Nein, Darth Vesperum war nicht mehr sterblich aber auch nicht unsterblich. Er hing in seiner eigenen Hölle fest, die gestraft war mit seinen Sünden. Es gab kein Entkommen, solange die Verlockung größer war als die Reue.

Seine Gedanken wanderten, durchtrieben die Nacht seiner eigenen Vergangenheit, um eine eigene Realität zu bilden. Die Gedanken bildeten Welten in ihm, voller Kraft und Stärke. Zorn loderte in jeder Verbindung zur Macht, die ihm unterstellt war. Er war Gebieter seines Albtraums, den er genüsslich auskostete, denn nichts anderes hatte er mehr. Albträume waren seine Antwort. Immerhin hatte er noch Träume, die verstellt und korrumpiert durch die dunkle Seite große Macht entfalten konnten. Der dunkle Lord erinnerte sich an Ilara Vanis, die einst seine Hand war. Er hatte sie aufgelesen als sie selbst gestürzt war. Der Sith erinnerte sich sehr gut an ihr gemeinsames Martyrium auf Korriban.

"Schnell," jappste er und zog Ilara mit seinen grauen, zernarbten Händen zu sich, als beide die lange Treppe des Tempels hinabstürmten. Etwas verfolgte sie. "Schnell!" Er wollte weiter. Es trieb ihn hinunter in das Vergessen, das Verlorene in der Zeit. Das Gefühl beobachtet zu werden nahm nicht ab, es nahm zu. Immer mehr wurden die Stimmen in den Wänden. Die Gedanken wurden finsterer. Ilara sah ihre Schwester im Schatten, der sie verfolgte, wie Vesperum seine Amaranthine. Es waren grausame Zerrbilder der Vergangenheit, die sich hier manifestieren und einen Fluch bildeten, der eine Prüfung darstellte. Eine Prüfung der Finsternis, bevor meine seine neue Genesis erfuhr. "Weiter!" Der Sith floh nicht. Das stand nicht in seinen Augen. Er war gierig.

Es war dieses Gefühl der Gier, welches Ilara an Vesperum gebunden hatte. Denn er versprach ihr alles und hatte am Ende nichts gehalten. Sie war nun mehr reines Monster, eine Bestie an seiner Kette und er hatte sich alles von der Frau genommen, was er haben wollte. Sie war nur Werkzeug gewesen und nun mehr reine Waffe. Vesperum fühlte Bedauern für Ilara, denn sie hätte mehr sein können als das, doch war durch ihre eigenen Mängel begrenzt gewesen. Diese Grenze konnte sie nie überschreiten und so war auch kein Zweck darin gewesen, die Versprechungen einzulösen. Immerhin hatte sie ihm stets gut gedient, bis auf jenen Ausfall, der sie später zur Sith-Bestie machen würde. Ob Ald'ana Ilara kannte? Scheinbar nicht. Niemand fragte nach ihr, die auf Dxun in einer Grotte eingesperrt war, um dort beständig unter Einfluss von dunkler Alchemie verwandelt zu werden. Vesperum verwandelte Ilara und es kümmerte keinen. Eine gewisse Ironie lag darin, dass Ilara Vanis immer eitel war und doch durch ihren Dienst an Vesperum bald reine Sith-Brut sein würde. Jene Monster, die Vesperum alchemisch erschuf, um noch bessere Sklaven zu sein. Ilara hatte sich selbst zur Sklavin gemacht. Ja, ein wenig Reue empfand der dunkle Lord, als er daran dachte. Sie hätte sich nie widersetzen sollen. Ald'ana war bereits auf ihrem Weg. Darth Vesperum spürte es, wie sich ihre Aura näherte.

In der Tat trat sie bald ein, fand den Lord unweit des Eingangs im Raume stehend, wie er sie mit seinen toten Augen anblickte, unter dem tiefen Schatten der Kapuze seiner Robe. Die schwarze Säule an Mensch wartete, dass sie sich die Twi'lek näherte. Sie neigte ihr Haupt zum unterwürfigen Gruß, was der Lord mit einer Handbewegung kühl akzeptierte. "Willkommen," sagte die gruftige Stimme, die aus dem Abgrund seiner Welten drang, die seine Erinnerung waren. "Die Zeit ist gekommen," erklärte Vesperum, ließ die Hand herabsinken. "Knie dich nieder," forderte der Sith, um mit dem Ritual der Erhebung zu beginnen, um ihr etwas zu geben, was nur wenige seiner Diener trugen: einen Sith-Namen. Mit diesem Namen wäre sie offiziell in den Orden aufgenommen und diente nicht mehr nur ihm als Imperator, sondern auch dem Kodex der Sith; mittelbar seiner kranken Erlösungsfantasie. Die dunkle Seite war in seiner Nähe ein Ozean, der immer mehr zu Ald'ana schwappte. Die Wellen umschlangen ihren Körper in wohliger Kälte, machten andere Emotionen taub, als nur noch diese kranke Stärke blieb. Vesperum bog die Realität, Zeit verlief langsamer und jede Bewegung schien ihre Ewigkeit zu dauern. Er war die Narbe in der Macht, die Licht verschlang und auch Raumzeit.
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