#12
Beskhar hatte die Frage nach weiteren Medikamenten nicht ganz ohne Hintergedanken gestellt. Natürlich würde er dafür sorgen, dass der Soldat von Alui keine weiteren Schmerzen hatte und sich – so gut es gerade ging – erholen konnte. Doch letzten Endes traf er die Entscheidung, welche Medizin und welche Dosis er verabreichte. Es war einfach und für manche verlockend, nach einem traumatischen Erlebnis die ganze Zeit benommen zu bleiben. Auf diese Weise musste man sich nicht der Realität stellen. Senzo nahm das ‚Angebot‘ zwar an, aber er wirkte bereits jetzt noch erschöpft genug, dass der Schock der Wirklichkeit noch nicht eingetreten sein konnte. Sein Panikanfall hatte von Erinnerungen hergerührt, die durch seine Verletzung und den Schlaf im Bacta noch nicht verarbeitet worden waren. Noch gab es keinen Grund zur Sorge, dass bleibende psychische Schäden entstanden waren. Naja… Vom Kriegstrauma abgesehen. Aber das war in ihrer Profession leider nicht zu umgehen.

Völlig unerwartet brachte der Mann von Alui Beskhar sogar kurz zum Lachen. Der Klon war völlig verdutzt von dieser simplen, aber durchaus nachvollziehbaren Bitte. Und dankbar für die Gelegenheit, die finstere Stimmung aufzuhellen. „Natürlich.“ Er entschied sich für ein paar Perigen-Pflaster, die er in der Umgebung der Wunde aufklebte, um den Schmerz abzudämpfen. Das leichte Analgetikum leistete ihm bei seiner eigenen ‚Wetterfühligkeit‘ gute Dienste – von der er überrascht war, dass sie bei diesem Zusammenstoß nicht angesprungen war – aber benebelte nicht den Geist. Der Schlaf, den Senzo finden würde, war sein eigener Verdienst und würde ihm echte Erholung geben. Als nächstes hob Beskhar die Decke vom Boden auf, schüttelte sie aus … und entschied sich dann doch, eine frische zu holen und Senzo damit zuzudecken. „Wenn Sie noch irgendwas brauchen – wir sind hier“, grinste der Sanitäter. Doch dann wandelte sich seine leichte Amüsiertheit in eisiges Entsetzen. Eine Antigrav-Trage kam in Begleitung zweier Pfleger hereingeschwebt. Die Person, die darauf lag, war ihm allzu vertraut. Rut’ika! Sie war regungslos, die Haare blutverschmiert. Eines der Hörner aus ihrem Orat war abgebrochen und das, was er von ihrer Haut sehen konnte, an vielen Stellen dunkel verfärbt. Ein tragbarer Bioscanner in der Hand eines der Pfleger zeigte an, dass sie noch lebte. Aber ihr Herzschlag war schwach.

Wie gelähmt verfolgte Beskhar, wie die Trage an ihm vorbeiglitt. Doch dann schüttelte er die Starre ab und eilte ihr hinterher. „Wie geht es ihr? Was ist passiert?“
„Schwere Quetschungen und Platzwunden. Einige Container haben sich losgerissen. Sie hatte Glück. Kein schöner Anblick da unten—“
„Nein, ihr werdet sie nicht von einer dieser Maschinen zusammenflicken lassen!“, unterbrach der Klon ihn hitzig, als er sah, auf welchen der behandelnden ‚Ärzte‘ die Antigrav-Trage zusteuerte. Ich werde mich selbst darum kümmern, lag ihm auf der Zunge. Aber Beskhar war vernünftig genug zu wissen, dass er dazu gerade nicht in der Lage war. Bei seinem eigenen Fleich und Blut war es nie ein Problem gewesen. Es war notwendig. Das war es auch jetzt. Aber Rutee… war anders. Und genau darum würde er ihr Leben nicht einem Droiden überantworten!
„Ich mache das schon“, sagte eine Stimme neben ihm und jemand legte Beskhar seine Hand auf die Schulter. Es war der gleiche Chirurg, der auch Zabine behandelt hatte. Der Mann mit dunkelblondem Haar nickte den Pflegern zu, welche die Zabrak in seinen Bereich brachten, und warf dem Klon einen eindringlichen Blick zu. „Ich mache das schon“, wiederholte er noch einmal mit Nachdruck. Dann löste er sich von ihm und ging seiner Arbeit nach. Beskhar seufzte einmal tief, frustriert über seine eigene Reaktion und voller Sorge um seine Freundin. Doch dann legte sich in seinem Inneren ein Schalter um. Die Arbeit musste weitergehen. Du hast noch viel zu tun, Soldat. Manchmal war er dankbar für seine genetische Programmierung. Auch wenn er bei jedem Handgriff angespannt auf das Alarmsignal eines Herzstillstandes lauschte…

* * *

Callio hingegen hatte noch genug mit Zabine zu tun. Die Patientin war erpicht darauf, das Krankenbett so bald wie möglich zu verlassen. Nach den Ergebnissen ihrer Untersuchung würde man ihr diesen Wunsch auch bald erfüllen können. Doch dazu musste die natürliche Blässe der Arkanierin zumindest wieder ein bisschen lebendiger aussehen. Die Krankenschwester wollte bei den Worten der Pilotin erst protestieren. Doch als sie den Mund bereits halb geöffnet hatte, entwich ihm nur ein leises Seufzen. Auch sie hatte keine Antwort. „Ich verstehe das nicht“, gab sie zu. „Man hatte uns doch zugesichert…“ Der Blick der Krankenschwester verriet, dass ihr durchaus bewusst war, dass man dem Imperium nicht trauen konnte. Dennoch… Es gab Grenzen, die man selbst im Krieg nicht überschreiten sollte. Dazu gehörte ihrer Weltanschauung nach auch das Attackieren eines Lazarettschiffes. In welcher Galaxis bist du denn groß geworden? „Wenn ich mich nicht irre“ , und ihr Kopf bei dem Zusammenstoß nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde, „dann waren wir kurz vor dem Aufprall sogar auf Gefechtsstation. Aber Hauptsache, unsere Ingenieure und Mechaniker bekommen das Schiff wieder flott.“

Zabines Bemühungen, es sich auf ihrem Bett etwas bequemer zu machen, wurden von der Krankenschwester mit einem leichten Lächeln kommentiert. Noch immer gab es hier genug zu tun, genug Verletzte, aber die Arkanierin erforderte auch weiterhin ihre Aufmerksamkeit. „Kein Problem.“ Behutsam – wenn auch nicht ganz ohne Ziepen – befreite sie die hellen Haare der Pilotin aus ihrer nicht mehr ganz sauberen Frisur. Doch Zabine musste Callios Anwesenheit noch eine Weile weiter ertragen. Wie ein emsiges Insekt schwirrte die Krankenschwester auch weiter um sie herum. Entfernte die Infusion und versiegelte die Einstichstelle mit einem kleinen Pflaster, holte eine kleine Schiene mit einem Gurt und legte den verwundeten Arm in eine Schlinge, um ihn auch nach Abklingen des Betäubungsmittels ruhig zu stellen. Auch dabei ging sie mit Sorgfalt und Bedacht vor – und wünschte sich angesichts ihrer eigenen Schulter, sie könnte den Arm für eine Weile ruhig halten. „Sagen Sie mir, wenn irgendetwas wehtut. Sie sollten den Arm eine Weile nicht bewegen“, spulte sie ihr medizinisches Protokoll ab und bestätigte Zabine abermals mit einem Blick, dass sie sich der Offensichtlichkeit ihrer Worte durchaus bewusst war. „Sie bekommen noch Schmerzmittel und Antibiotika, damit sich die Wunde nicht entzündet.“ Dafür würde sie gleich noch einmal einen der Ärzte behelligen müssen. „Sobald Sie es von alleine von hier bis zur Tür schaffen, lasse ich Sie auch gehen. Spätestens morgen sollte man sich die Verletzung noch einmal in aller Ruhe ansehen. Aber sobald irgendetwas ist – Bluten, Schwellung, Fieber – kommen Sie vorbei.“
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