#8
Zabines Augen verharrten für den Moment in der Krankenstation und suchten eher planlos nach irgendjemanden, der ihr Hilfegesuch hoffentlich erhört hatte. Was sie sah, war ein Bild intensiver Geschäftigkeit - Ärzte, Sanitäter und Pflegekräfte rannten für das Laienauge wild umher und versuchten gleichzeitig für alle da zu sein. Irgendein alter Knacker, den sie schon mehrere Male gesehen hatte, rang gerade mit einem wild strampelnden Mann mittleren Alters, der offenbar partout nicht einsah, dass er jetzt still halten und liegen musste. Zabine runzelte unsicher die Stirn, während ihr Sichtfeld zunehmend verschwamm und viele Konturen nur noch unscharf zu erkennen waren. Unter anderen Umständen hätte sie den Alten jetzt mitunter sogar angefeuert, aber auch so sah die Situation einfach so wunderbar bizarr aus, dass sie sich ein Grinsen nicht zur Gänze verkneifen konnte. Wenn der Typ noch so strampeln konnte, warum war er dann hier? Für Energiebündel war gerade genug Beschäftigung vorhanden, nicht zwingend also die logische Entscheidung hier und jetzt irgendwelches fossile Krankenpersonal mit absurd ausschauenden Attacken zu malträtieren. Sie bemerkte, wie ihre Aufmerksamkeit von der seltsamen Szenerie schwand und sich ihre Augenlider weiter herabsenkten, während eine Stimme in ihrem Kopf sie mahnte, dass derzeit nicht der beste Zeitpunkt war, um ein Schläfchen zu machen. Zabine legte ihren Kopf in den Nacken, was erneut zu einem kurzen Schwindel führte und starrte in das nunmehr kreisende Licht der Notbeleuchtung über ihr.
Augenblicke später hörte sie eine Stimme in gepflegtem Basic vor ihr und ihr Blick fiel in das Gesicht einer dunkelhäutigen Frau. Menschenfrau. Zumindest soweit Zabine das sagen konnte - Vertreter dieser Färbung waren eher selten, zählten aber irgendwie mit dazu. Die Arkanierin bemerkte, wie ihr Kiefer sich etwas verschob und kurzzeitig unwirsch zu mahlen begann - nicht gerade ihre erste Wahl, aber so wie die Lage gerade war, hatte sie auch nicht viel Auswahl, wessen Hilfe ihr lieber war. Sie begnügte sich damit, dass es zumindest die Minderheit ihrer Lieblingshassspezies darstellte, deren Hilfe sie nun benötigte. "Ich bin nich'..." behindert, wollte sie ihr als wenig charmante Antwort entgegnen, verkniff sich den letzten Teil dann allerdings doch. Konfrontation war zumindest im gegenwärtigem Zustand noch keine gute Idee. So nahm sie also ihren unverletzten Arm und schlang diesen um die Schulter der Pflegerin. Ihre Füße stolperten die ersten Schritte ein wenig zu weit, doch wurde der Leib direkt vom Rücken der Menschenfrau abgebremst, was Zabine immerhin gedanklich positiv als Gute Stütze! festhielt. Den Rest des Weges war die Arkanierin eher darauf bedacht, mit ihren Füßen einfach hinterherzuschlurfen, während ihr verletzter Arm nutzlos herunterbaumelte und sie nicht mehr klar sagen konnte, ob sie sich an den Schmerz gewöhnt hatte, oder ob der Radius des Leides sich inzwischen über weitere Bereiche ihrer Körper gelegt hatte, so, dass sie es ebenso kaum mehr mitkam. Fest stand lediglich, dass etwas weh tat - im Zweifel einfach alles.

Zabine ließ sich in ein Bett verfrachten und kommentierte die Sache lediglich mit einem unterdrücktem Seufzer - das konnte sie definitiv noch alleine, kein Grund also, sie behutsam wie eine Porzellanfigur, auf ihrem Samtkissen zu deponieren. Sie holte Luft und wollte gerade dazu ansetzen der jungen Dame nahezulegen, dass sie nicht aus Glas bestand, als bereits ein Arzt vor ihr Stand und irgendwelche für die Arkanierin unverständlichen Worte zu seinem Personal brabbelte. Zabine reagierte mit der Artikulationsfähigkeit eines Vorschulkindes und kommentierte seinen kurzen Ablaufplan mit "Ähä." und "Hm, ja...", obwohl sie kaum ein Wort von dem Verstand, was er überhaupt vorhatte - was zu einem weiteren Stirnrunzeln führte. Sie mochte Ärzte, Krankenhäuser und -stationen nicht sonderlich. Es war stets eine unangenehme Situation, in der sie einem anderen Lebewesen ausgeliefert war, dass mit Sachen hantierte, von denen sie nichts verstand und das setzte voraus, dass sie einen Vertrauensvorschuss gewähren musste und mochte es auch noch nicht geschehen sein, so tickte ihre innere Uhr und zählte wie lange es noch dauern würde, bis irgendein Pfuscher ihrem Witz von Immunsystem den Rest gab. Sie sah sich also gefangen in einer Situation der Hilflosigkeit und musste, wieder einmal auf die Hilfe von Individuen vertrauen, die sie kaum kannte, ebenso unangenehm wie unvermeidbar. So wanderte ihr Blick von Pflegerin zu Chirurg hin und her und sie beide musterte - nicht, dass es etwas brachte oder die Situation ändern würde.
Die Arkanierin drehte ihren Kopf offenbar desinteressiert zur Seite und besah sich wieder des Schauspiels Megaknacker gegen Ultraaggro, schien jedoch den besten Teil bereits verpasst zu haben. Die Frauenstimme übersetzte noch einmal in für sie verständliche Worte, was gleich geschehen würde, was Zabine jedoch nur mit einem trockenem "Mhm.", bemerkte, als wage es sich gerade jemand ihre Lieblingsholoserie zu unterbrechen. Zu ihrem Unglück schien der beste Part allerdings schon vorüber und die Situation hatte sich beruhigt. Ablenkung gab es in Form einer Wundreinigung, welche Zabine kurz mit einem spitzen "Au!" kommentierte, weniger der Tatsache entsprechend, dass es tatsächlich schmerzte, sie spürte bereits das Kribbeln der sich ausbreitenden Betäubung, als vielmehr dem geschuldet, dass sie es nicht mochte, wenn irgendwelche Gestalten im inneren ihrer Gliedmaßen herumrührten. Augenblicke später war der Arm komplett betäubt und die eigentliche Arbeit daran begann. Ihr Kopf warf sich sogleich wieder in Richtung des Chirurgs und betrachtete mit Faszination und Abscheu seine Arbeit, während auf der anderen Seite die Pflegerin herumdokterte und.... sie drehte ihren Kopf erneut herüber, offenbar damit beschäftigt war, ihren Blutvorrat etwas aufzufüllen. "Uhm...", begann Zabine misstrauisch und ängstlich zugleich, sich unklar darüber, ob die Frau gerade tatsächlich wusste was sie tat. Zu ihrem Unglück war die Sache allerdings bereits vorüber, bevor ein ernsthafter Widerspruch erfolgen konnte. Ein erneutes Seufzen folgte, dieses mal eines, der eher niedergeschlagenen und resignierenden Art.

Der Arzt verkündete indes, dass er seine Arbeit erst einmal beendet hatte, aber... sie sollte hier bleiben? Ein Anflug von Ärger mischte sich in ihre Miene. Sie wollte nicht hier bleiben - zu einen lag sie nicht gerade im Sterben, sondern hatte bestenfalls einen tauben Arm, zum anderen gab es sehr wahrscheinlich Leute, die dringender im Bett liegen mussten. Ihr Blick fiel ausgerechnet auf den vor kurzem noch zappelnden Mann und Zabine revidierte: Oder auch nich'. "Ich muss aber...! Hmpft.", stoppte sie ihren Widerspruch für einen Moment, irgendwo wissend, dass dieser Ansatz wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt war. "In Ordnung, Doc. Bis die Betäubung weg is'. Is' ja nich' so, dass ich hier gleich sterbe.", stellte sie ihre Bedingungen mit einem leichten funkeln in den Augen. Und damit war er auch schon weg und sie blieb allein mit ihrer Pflegerin zurück, dass demnach nun Opfer ihrer Aufmerksamkeit wurde und sei es nur, weil es sonst gerade niemanden gab. "Hey Callio!", begann sie eher banal Aufmerksamkeit einzufordern und missachtete munter irgendwelche förmlichen Anreden, sondern nutzte einfach den Namen, den der Chirurg hatte fallen gelassen. "Weiß hier irgendwer, was passiert is'? Der ganze Pott sieht aus wie 'ne einzige Schrottschüssel. Ich mein... Firrerre - Hallo? Da is' nix! Die Imp's sind da schon ewig weg... oder?", schob die Arkanierin das kleine, meist sehr unbedeutende Wort, doch sehr zweifelnd und hoffend nach.
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