#2
Sanft strich der Wind durch das Gras und über die ledrige Haut des Kel Dor sowie der Shaaks, die friedlich um ihn herum weideten. Die plump gebauten Tiere von Naboo störten sich schon lange nicht mehr an Koryns Anwesenheit und duldeten ihn ohne Angst in ihrer Mitte. Der süßliche Duft einiger Blüten – und der eher herbe Geruch von Shaak-Hinterlassenschaften – drangen gefiltert durch seine Atemmaske und machten dem jungen Jedi-Schüler seine Umgebung allzu bewusst.
Fühle den Moment, erinnerte er sich an die Worte von Meister Skywalker. In der Ruhe liegt die Kraft. Diese Lektion fiel Koryn schwerer als erwartet. Als ehemaliger Handwerker verstand er die grundlegende Bedeutung dieser Worte – eine Holzarbeit konnte nicht gelingen, wenn man nicht mit Bedacht vorging – doch der tiefere Sinn jener Lektion blieb dem Machtbegabten nach wie vor verborgen. Wie sollte er irgendeine Art von Kraft entwickeln, indem er herumsaß und nichts tat?

Koryn saß im Schneidersitz auf einem weichen Kissen aus Gras, die Handflächen im Schoß aneinander gelegt und den Kopf leicht gesenkt. Doch seine Gedanken waren alles andere als leer. Meditation war dem jungen Kel Dor schon immer schwer gefallen und auch heute war es nicht anders. Er befolgte bereitwillig die Anweisungen seiner Lehrer in dem Glauben, dass ihre Entscheidungen bestimmt richtig waren und er nur Geduld beweisen musste. Aber manchmal waren diese Geduldsproben auch ziemlich frustrierend. Durch seine Augenmaske konnte man nicht sehen, ob Koryns Augen geöffnet oder geschlossen waren und der Jedi-Schüler bemühte sich, nicht zu schummeln. Doch durch das Licht- und Schattenspiel der Sonne konnte er genau sagen, wann eines der Shaaks gerade an ihm vorüberging, um sich einen neuen Platz zum Grasen zu suchen. Oder verrieten es ihm doch seine Machtsinne? Er hatte versucht, mit seinem Geist auf dem Wind zu reiten und so seine Umgebung zu erspüren. Aber manchmal fiel es ihm noch schwer, zu unterscheiden, ob seine Gedanken nur in eine Wunschvorstellung abdrifteten oder er tatsächlich seine Begabung nutzte, um den Moment zu fühlen.

Ein blökendes Geräusch riss ihn aus seiner spärlichen Konzentration. Nun öffnete Koryn tatsächlich die Augen und sah ein Shaak direkt vor sich, das ihn aus treuen Augen anblickte. Der Kel Dor äußerte ein kehliges Lachen und streckte vorsichtig eine Hand aus. Das Shaak wich nicht zurück, sondern schnupperte an Koryns Handfläche und kam ihm dann sogar noch ein Stück entgegen, um sich streicheln zu lassen.
„Das gefällt dir, was?“ bemerkte der Kel Dor amüsiert, als er eine wohl besonders angenehme Stelle am Hals des Tieres erwischt haben musste. Das Shaak schmiegte sich regelrecht an Koryns Hand und brachte ihn fast aus der Balance. „Hey! Schon gut!“ Mit einem sanften Stoß schob er das Tier von sich weg, auch wenn es sich zunächst sträubte. Seine ausgestreckte Hand brachte den Jedi-Schüler auf eine Idee. Erneut schloss er die Augen und fokussierte sich auf die Macht, die ihn und jedes lebende Wesen durchströmte. Als Machtbegabter war er eine helle Flamme in einem Meer aus Kerzen. Jedes Shaak war ein Licht im Kosmos. Jeder Grashalm. Und selbst die Erde unter ihm war von der Macht erfüllt und malte ein Bild vor seinem inneren Auge. Wenn er sich genug auf eines dieser Lichter konzentrierte, konnte er vielleicht eine Verbindung herstellen.

Koryn ließ die Macht in Richtung des Shaak fließen, das noch immer vor ihm stand. Dachte an seine treuen Augen und seine Furchtlosigkeit vor ihm. Wollte die körperliche Berührung auf geistigem Wege erneuern. Die Macht strömte durch ihn hindurch, ging von seiner Hand aus wie tausende kleine Fäden und formte sich zu einem Faden, einem Seil, das sich wie eine Schlinge—Nein. Das Shaak vor ihm wich mit einem angespannten Laut zurück und gesellte sich zurück zur Herde. Koryn seufzte, ließ die Hand sinken und sich nach hinten fallen, sodass er nun mit ausgestreckten Beinen im Gras lag. So wird das nichts. Warum gelingt es mir nicht? Was mache ich falsch?
Er widerstand dem Drang, mit seiner Hand das Gras auszurupfen. So etwas machte ein Jedi nicht. Stattdessen wanderte seine Hand zu seinem Lichtschwert. Trainingslichtschwert, um genau zu sein. Mit dieser Waffe konnte man nicht einmal einer Sumpffliege etwas zuleide tun. Obwohl, genau genommen war eine Sumpffliege vermutlich das einzige, dem man damit ein Leid tun konnte. Viel lieber würde er an seinen Lichtschwertübungen feilen als sich in Geduld zu üben. Aber leider war das nicht die Aufgabe, die man ihm gegeben hatte…
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