#9
Tyvos hatte es bereits vorher gewusst, er mochte Cronal nicht. Obgleich die beiden Männer sich in gewissen Aspekten einig waren blieb dennoch eine große Kluft zwischen beiden. Waren es die direkte Art des Groß Moff und die eher trügerischen Worte des Spions die dafür verantwortlich waren? Tyvos jedenfalls hatte seine eigenen bestimmten Pläne für das Imperium und das Reich und er wusste, dass Cronal diese sicherlich auch hatte. Die Art und Weise auf die der Schatten redete, sich Gedanken über die Politik machte, all das wirkte wie ein Puzzleteil eines größeren Planes und der Verweser würde nur allzu gerne erfahren, wie dieser Plan aussah. Er misstraute Cronal, misstraute seinen Absichten, seinen Worten, dem ganzen Wesen. Unter anderen Umständen hätte der Anaxsi bereits dafür gesorgt, dass diese unliebsame Gesellschaft entsorgt wird, doch einerseits war sein Gegenüber bestens vernetzt und gleichzeitig einer der Günstlinge des Imperators. In diesem Sinne glichen sich beide Männer, sie waren in ihrer Position von des Imperators Gnaden, wenn man so sagen mochte. Seine neue Position mochte ihm weitere Vorteile und Befugnisse verschaffen, doch noch immer hatte es einen faden Beigeschmack wie ein einfacher Diener in den Rang des Groß Moff und Verwesers erhoben worden zu sein. Letzten Endes war jedoch auch Tyvos nichts mehr als ein Diener, wie er es auch Cronal beschrieben hatte. Wohlgemerkt ein besserer Diener, natürlich nicht vergleichbar mit jenen Bütteln am Ende der Nahrungskette. Er hatte sich seine Ketten selbst ausgesucht wie er bemerkte, Macht, beinahe unbegrenzte Macht für Dienst, bedingungslosen Dienst. Vielleicht würde die Situation anders aussehen, hätte er damals die Moffs unterstützt und sich gegen Vesperum gewandt. Er grübelte, verwarf diesen Gedanken jedoch sofort, er hatte die richtige Wahl getroffen, schließlich war er dank dieser Entscheidung de facto der zweitmächtigste Mann des Imperiums. Macht. Sie war stets das erstrebenswerteste Ziel des Groß Moff gewesen. Er hatte sie sich erarbeitet, erkauft und dafür getötet und sich unterworfen. Doch was nutzte diese Macht hier auf Corellia? Nichts. Er konnte keinen Base Delta Zero anordnen und ausführen wie einst auf Telasea, er konnte keine Massenhinrichtungen durchführen, nicht einmal wirtschaftliche Sanktionen würden die Situation beruhigen. Er konnte lediglich wie ein einfacher Beamter vorsichtig taktieren und hoffen, dass seine Maßnahmen Früchte tragen würden. Er hatte Cronal von Schutz und Frieden gepredigt, dies war wohl die Idealvorstellung. Doch nun, je mehr er darüber nachdachte, umso mehr realisierte er, dass es diesen Frieden wohl niemals geben würde. Er selbst hatte das Leben von Milliarden auf dem Gewissen, der Base Delta Zero von Telasea war eines der größten Verbrechen des Imperiums, in den Augen der Republik. In den Augen des Groß Moff hatte diese Entscheidung dafür gesorgt, dass sämtliche Gedanken an Widerstand und Rebellion aus dem gesamten System und dem Sektor getilgt wurden. Zu gut erinnerte er sich an diesen Tag, wie die Offiziere ihn fragend und verunsichert anstarrten, erschrocken von der Tragweite dieses Befehls. Er selbst hatte keine Regung gezeigt, lediglich zufrieden genickt als von dieser einst prächtigen Welt nichts mehr übrig geblieben war als eine atomare Wüste. Tiberius Vaash hatte ihm einst prophezeit, dass die Bevölkerung des Imperiums dies nie vergessen würde, wie Alderaan. Tyvos hatte entgegnet, dass sie so daran erinnert würden was bei Rebellion geschah. Er schwelgte in Gedanken, besann sich kurz darauf jedoch wieder auf die aktuelle Situation. Corellia war ein Pulverfass, in mehrfacher Hinsicht. Einerseits handelte es sich um eine wichtige Welt, wirtschaftlich wie militärisch, welche gehalten werden musste. Andererseits war auch das sogenannte Projekt Zero-X von beinahe ebenso großer Bedeutung. Die Eclipse würde für den weiteren Verlauf des Krieges von enormer Wichtigkeit sein, das stand fest. Eine Lösung beider Probleme musste her. Cronal hingegen lenkte das Thema zurück auf die Diskussion die der Groß Moff bereits für Beendet erklärt hatte.

„Wie dem auch sei Cronal, in Tausenden von Jahren werden wir dies ohnehin nicht miterleben. Lasst uns wieder dem wirklichen Problem zuwenden.“, war die schlichte Antwort des Groß Moffs. Er würde nicht weiter mit dem Schatten diskutieren. Die Meinungen des Spions interessierten ihn nicht, ganz wie er es bereits vor wenigen Minuten ausgedrückt hatte, ein Löwe schert sich nicht um die Meinung von Schafen. Und gleich wie viel Cronal wusste und wie sehr er es vermochte Wörte zu drehen und zu verschnörkeln, er blieb ein Schaf, eines von vielen in der Herde Cornos, das würde der Schatten früh genug bemerken. Es wäre nicht das erste Mal, dass Tyvos ungeliebte Personen verschwinden ließ und Kontakte hatte der Verweser ohnehin genug, Vesperum müsste nur verstehen wem er vertrauen konnte und vor allem, wer ersetzbar war.
Das Angebot eines Getränks nahm Tyvos an, verzichtete jedoch auf das süßliche und braune Getränk welches Cronal ausgewählt hatte. Der Groß Moff bevorzugte Wasser, still und kalt, eben wir er selbst war. Er nahm einen kurzen Schluck und stellte das Glas vorsichtig auf dem Tisch ab. „Danke.“, erwiderte er kurz und knapp. Ihm missfiel die augenscheinliche Leichtigkeit mit welcher Cronal diese Unterredung führte, als sei es für den Spion ein Spiel. Viele verglichen Politik mit einem Spiel, doch der gewichtige Unterschied lag darin, dass ein Spiel wiederholt werden konnte. Eine falsche Entscheidung in der Politik konnte das endgültige Ende bedeuten, weshalb dieses Geschäft dem Groß Moff eher wie ein Krieg vorkam. Als ehemaliges Militär kannte er die Parallelen nur zu gut. Dass Cronal die Angelegenheit nicht ernst nahm erschien Tyvos jedoch sehr unwahrscheinlich, denn für den Schatten hing mit dem Stehen und Fallen des Imperiums ebenfalls viel ab. Er hatte sich ebenfalls eine gewisse Stellung erarbeitet, welche er sicherlich nicht ohne weiteres aufgeben wollte.

Der Spion wiederholte die Worte des Groß Moffs, was dieser mit einem Schnauben beantwortete. So einfach verhielt es sich nicht, Krieg kostete nicht Geld, er verschlang es. Als Moff des Azure Sektors hatte Tyvos dies besonders zu spüren bekommen. Als wirtschaftlich besonders erfolgreicher Sektor durfte er des Öfteren militärische Projekte und Großaufträge mitfinanzieren, was auch für den Sektor keine leichtfertige Angelegenheit war. Geld, Credits, wie man es auch ausdrücken mochte, sie waren geschaffen um Wert zählbar zu machen und damit auch einen Dienst zu verrichten, doch es hatte sich gezeigt, dass Geld seine Schöpfer zu beherrschen schien. Auch die Machtanwender konnten mit ihrer Macht kein Geld erschaffen und waren auf dieses angewiesen, egal wie leichtfertig Cronal dies abschlug.

Schutz, Sicherheit. Der Tonfall Cronals missfiel Tyvos, welcher dies als Respektlosigkeit deutete. Dennoch war eine gewisse Ironie nicht abzusprechen. Wie ihm bereits aufgefallen war, der vermeintliche Schutz wurde mit Waffengewalt gewährleistet und zur Not mit Gewaltanwendung. Wie einst auf Telasea, wo er die übrigen Welten des Systems vor einem gleichen Schicksal bewahrt hatte. Er war ein Mörder und sprach von Schutz und Frieden, eine blutige Ironie. In diesem Sinne hatte er seine Gedanken falsch ausgedrückt. Doch wenn es etwas gab wovor das Imperium seine Bevölkerung schützen konnte, dann vor sich selbst. Wie der Galaktische Bürgerkrieg gezeigt hatte, forderte Rebellion unzählige Opfer, wie bereits in den Klonkriegen und auch die Neue Republik war und ist bereit diesen Preis zu zahlen. Was das Imperium somit von der Republik unterschied, man war nur bereit diesen Preis zu zahlen, sollte es notwendig sein, doch die Rebellen setzten dies voraus. Würde die Bevölkerung doch bloß verstehen, dass die Neue Republik mit ihrem Leben spielte, nur für die Wahrung ihrer eigenen Interessen. An der Spitze dieser sogenannten Demokratie stand ebenfalls eine Gruppe von Individuen die die Geschicke dieses Staates lenkten und sicherlich auch ihre eigenen Interessen vertraten. Letzten Endes vertraten auch Senatoren nur sich selbst und nicht ihr Volk, das hatte bereits die Alte Republik vorgemacht.

Von den geschwungenen Worten Cronals ließ Tyvos sich nicht beeindrucken. Er runzelte die Stirn, zog die Augenbrauen eng zusammen. „Von eurer Behörde wird erwartet, dass sie nicht offen agiert.“. Die Geheimdienste hielten für ihre Dienste und ihre Leistungen eindeutig zu viel Macht in ihren Händen, gerade die größenwahnsinnige Isard war das beste Beispiel dafür. Normalerweise gehörten auch der IGD und der ISB einer strengeren Kontrolle unterzogen, doch wer sollte dieses Organ prüfen? Die Agentinnen und Agenten der beiden Büros dienten selbst als Kontrolleure. Das war die Gefahr eines Staatsapparates wie der des Imperiums, Intrigen, Lügen und Verrat lauerten überall und dennoch musste man sich auf seine Untergebenen verlassen, obgleich diese bereits die Messer wetzen mochten. Eine Umstrukturierung der Geheimdienste war unter den aktuellen Umständen unmöglich, zu groß war Isards Einfluss am Hof und ihr Netzwerk. „Das sollte es in Zukunft auch tun. Und ja, wir werden sehen.“.

Auf die Provokation Tyvos' reagierte Cronal nicht, der Spion blickte den Verweser mit seinen leeren Augen an, gab keine bissige, oder ebenso provokante Antwort. Er gab nichts von sich preis, ein Spion. Wieder eine Gemeinsamkeit, denn der Schatten ließ sich ebenso wenig aus der Ruhe bringen wie Tyvos. Dass das Gespräch zu keinem wirklichen Ergebnis kam lag wohl darin begründet, dass beide Männer auf Augenhöhe miteinander sprachen und vollkommen von ihren Worten und Meinungen überzeugt waren. Nachdenklich strich der Verweser sich das Kinn, waren sie nicht zur Lösung eines Problems zusammen gekommen und nicht zu einem Kräftemessen? Die Gegenseitigen Sticheleien mussten aufhören. „Natürlich verrichtet ihr eure Arbeit, Cronal.“, erwiderte der Groß Moff mit einem großzügigen Nicken, „Doch darf ich eure ehrliche Meinung hören Cronal, ist Corellia zu retten? Können wir diese Welt nach euren Informationen halten?“. Die Frage war überflüssig, denn Spione sprachen nie ehrlich. Sie legten sich ihre Worte so zurecht wie sie sie gerade brauchten, erfanden Fakten und ließen diese wie die Wahrheit klingen. Doch auch eine Lüge konnte auf die Wahrheit hindeuten.

Nun wandte sich das Gespräch wieder der Eclipse zu, der neuesten Errungenschaft der Werften Kuats. Die aktuelle Lage Corellias kam der Entwicklung dieses Moduls sehr ungelegen. Die Eclipse musste unter allen Umständen fertiggestellt werden. Ein Symbol der Macht und der Zerstörung würde Furcht in die Herzen der Feinde des Imperiums tragen und potentielle Aufstände im Keim ersticken. Es blieb zu hoffen, dass sie nicht die gleichen Schwachstellen enthielt wie die ihr vorangegangenen Todessterne, welche jeweils von feindlichen Raumjägern zerstört wurden. Trotz ihrer Zerstörungskraft waren die beiden Kampfstationen nur eine teure Darstellung imperialer Überheblichkeit. Man hatte den Widerstand unterschätzt und teuer dafür bezahlt, die Eclipse sollte dies besser machen, in der Theorie. Nun galt es zunächst sicherzustellen, dass diese Waffe einsatzbereit werden konnte. Dass Projekt Zero-X inmitten des Industrie Sektors fabriziert wurde erleichterte die Situation keineswegs. Aufgrund der angespannten Lage glich dieses Gebiet einem Minenfeld und auch eine Legion Sturmsoldaten musste vorsichtig vorgehen. „Wie ist die Lage im Industrie Sektor? Besteht die Gefahr von Aufständen?“, fragte Tyvos, nun besorgt über die Zukunft des Projektes. Gleich wie die Lage war, die gesamte Legion sollte auf Corellia landen, es gab ohnehin genügend Verwendung für diese. Tyvos kniff die Augen zusammen, betrachtete Cronal misstrauisch. Wusste er mehr? Dieser selbstgefällige Tonfall, er hatte etwas Falsches in sich. Als wüsste der Spion mehr über diese Anlage, oder womöglich auch die Schattenlegionäre. Er schüttelte die Gedanken ab, die Legion unterstand seinem Kommando, er sprach mit der Stimme des Imperators.
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