#20
Es kehrte Stille ein, die jene Mächte vertrieb, die gerade gekommen waren. Eine unnatürliche Stille umfasste den Ort, frei von Zeit und ein Stillstand gegen Vesperum, der in willfährigen Kräften lag, die an seiner Seele zogen. Die Macht lebte. Darth Vesperum ließ die Arme sinken, blickte sich nüchtern um, mit klaren und großen Augen. "Die dunkle Seite und die Macht...," stammelte er mit leiser Stimme, um die Stille nicht zu bestrafen. Eine Stimme durchdrang die Stille, nicht laut aber so beständig, wie das Rauschen von Wasser. Es war die Stimme von Sorzus Syn, die mit ihrem Zuhörer, wohl auch Schüler sprach, und nicht vergehen wollte. "Licht und Dunkelheit existieren in ständiger Zwietracht. Die Macht ist ein Paradoxon in sich selbst," erklärte die Stimme, während Vesperum behäbig zum Altar trat, auf dem seltsame Artefakte lagen. Bruchstücke von Sith-Grabplatten, alte Kriegsklingen und auch schwarze Kristalle, die nicht wirklich Schwarz waren, sondern zwischen einem dunklen Blau und einem schwarzen Purpur wechselten. "Immer noch weichst du davor zurück, die Macht von Innen zu betrachten. Es ist diese Schwäche, diese Zurückhaltung, die es verhindert, dass du klar siehst, mein Schüler. Die Macht ermächtigt, knechtet; sie zerstört und sie verbindet; sie hält die Galaxis zusammen und trennt Personen, denn sie hat einen Willen aber braucht für sich einen Meister. Es ist ein ständiger Widerspruch, eine Tatsache, die nur wenigen erschlossen wird." Vesperum stützte sich mit beiden Händen auf den kalten Marmor des Altars, während seine krallenartigen Nägel leicht das Material des Steins kratzten. Er dachte nach, während die Stimme weiter zu ihm sprach. "Du musst ins Innere der Macht selbst eintauchen. Der Ort, der hinter dem schwarzen Meer liegt, hinter den Grenzen, die du dir allein selbst setzt. Die Macht will, dass du dich befreist und doch zögerst du, klammerst dich an Wünsche, die keine Bedeutung in der Zeit haben." Syn erschien nicht, nur ihre Stimme hallte immer wieder durch seinen Schädel, wie eine alte Weisheit, die ihre eigenen Ziele hatte. "In unzähligen Jahrtausenden, auch zu meiner Lebzeit, habe ich gesehen, wie Jedi und Sith in diesem Kampf fielen, ohne durch ihr Überleben für einen Bestand ihrer eigenen Ziele zu sorgen. Es ist dieser unausweichliche Untergang, der darin liegt, dass sie die Macht für weltliche Ziele missbrauchen, doch die Wahrheit liegt im Dunkeln, fern hinter den Grenzen deiner Sterblichkeit. Die Macht ist alles und auch nichts. Sie durchdringt dich und zerstört dich. Die Macht ist ein Meer, dass dich einnimmt und auch ertränkt. Die dunkle Seite ist nur der Schlüssel, nicht die Antwort." Vesperum hatte Mühe zu folgen, da seine Knochen schmerzten, zernarbt durch die Energien, die sein Körper aufnehmen musste. Sein Fleisch war nicht mehr genug für jene Mächte, die immer mehr von ihm Besitz ergriffen. Tiefe Äderchen, Gräben in seinen Händen und seinem Hals zeigten deutlich den Verlust des einstigen Menschen. Ein Sith war weitaus mehr als Sterblichkeit. Er begriff, was Syn ihm sagen wollte, doch lauschte weiter den alten Lehren, die einst die All-Jedi in Sith und Jedi gespalten hatten. "Der Sith-Kodex berichtet davon, die Ketten zu zerbrechen, doch was ist der nächste Satz, Darth Vesperum?" Eine Frage, die so klar und unmissverständlich war, dass der dunkle Lord direkt antwortete und mit fester Stimme jenen Satz sagte:

"Die Macht wird mich befreien."

Syn hauchte an Vesperums Schädel vorbei, wie ein Windzug, der aus Dank seiner selbst Beständigkeit verlieh. Einen kurzen Applaus auf die Existenz, der so schnell vorbei war, dass es nur ein Hauch davon war. "Doch es ist nicht dieses weltliche Verständnis von Freiheit, mein Vesperum. Es ist die Macht selbst, die dich befreit. Die Kontrolle, der Fluss, der reine Wille zur Macht, ohne Wünsche und Ziele. Allein sein für die Macht. Der Wille der Macht und dein Wille müssen verschmelzen, bis dein Geist in der Ewigkeit keine Figur des Spieles mehr ist, zwischen Licht und Dunkelheit, sondern allein für sich ein Wille. Dein Wille." Vesperum schlug mit der Faust auf den Stein vor sich, so dass die Artefakte kurz aufzuspringen schienen. "Wie?!" Er musste es wissen, denn Syn spielte mit seinem Glauben, mit seiner Wahrnehmung, die ohnehin geschunden war, von einer dunklen Evolution, die ein Potenzial verhüllte, was noch nicht entdeckt war. "Du musst weiter gehen. Dein Wille muss wachsen, dein Geist, muss sich lösen von dieser Weltlichkeit, die dein erster Schlüssel war. Dein Leben hat dir die dunkle Seite offenbart, und somit den nächsten Schlüssel gegeben, der dir die nächste Tür öffnet. Diese musst du öffnen, sonst war dein Schmerz vergebens."

Der alte Dämon, der einst viele Jedi auf dunkle Abwege geführt hatte, rumorte, wie ein Echo, durch die Halle, bevor sie weiter sprach. "Dein Imperium wird fallen. Es ist die Macht, die es zerstört. Der ständige Kreislauf, der so simpel und so grausam ist. Mächtige erheben sich über Schwache; und Schwache erheben sich über Mächtige. Der Widerstand gegen dich ist da und wird nicht mehr weichen, da viele Hoffnung haben. Diese Hoffnung wirst du ihnen nicht mit weltlichen Mächten nehmen. Nicht mit Schlachtschiffen, nicht mit Armeen oder grausamen Waffen, denn je mehr du zudrückst, umso mehr wächst ihre Hoffnung dagegen. Sith beschränken sich zu oft auf weltliche Macht, doch die wahre Macht liegt in der Macht selbst. Du weißt, dass dein Reich nur geliehen ist, auf Zeit und am Ende zerbrechen wird, weil seine Flamme zu hell brannte. Dieser Krieg ist deine einzige Gelegenheit, die dunkle Seite zu stärken, die du brauchst, um den Katalysator hervor zu bringen, der dich mit der Ewigkeit verbinden wird. Erst dann, wenn du mit einem Gedanken Millionen brechen kannst und mit einem Fingerzeig deiner wirklichen Macht Welten vernichten kannst, wird die Galaxis keine Hoffnung mehr haben. Nutze den Krieg, nicht den Thron, mein Schüler. Sith sind Krieger. Sith nehmen sich und halten nicht ein. Es gibt keine Harmonie und die Macht ist immer am Stärksten im Konflikt. An der Narbe zwischen Licht und Dunkelheit, wo beide Kräfte ihre Energien entfesseln, dort wirst du stehen. Krieg ist deine Bestimmung. Frieden ist eine Lüge. Das ist die Wahrheit des Wesens der Sith. Reine Macht. Einst zu meiner Zeit und auch heute, Vesperum." Darth Vesperum tat sich schwer, doch verstand, denn er kannte die Berichte über die aktuelle militärische Entwicklung und konnte sie mit Visionen, die er gehabt hatte, übereinbringen. Es wurde klarer, was seine Meisterin sagte. Es wurde verständlicher mit jeder Sekunde, die die Worte nachbrannten. Weltliche Macht begehrte er nicht mehr, doch brauchte er sie. Erneut ein Paradoxon. Vesperum schmunzelte zynisch. Ja, es war verrückt. "Ich verstehe," antwortete der dunkle Lord und verließ dann den Altar in Richtung Ausgang. Jener Ausgang mit den großen Portalen, die beschlagen waren mit Sith-Runen, welche in seiner Nähe blutrot glimmten. "Verstehst du wirklich? Ich werde bald etwas von dir fordern, was dir schwer fallen wird, weil du noch nicht vollens in der dunklen Seite verankerst bist, sondern mit einem Schritt in dieser Galaxis verhaftet bleibst. Dein Ende wird dein Beginn sein. Etwas von dir muss sterben, und am Ende gewinnt der Sith in dir." Kurz vor dem Ausgang hielt Vesperum inne, schloss die Augen, um die letzten Worte zu verstehen, doch weigerte sich. Noch wollte er nicht seine Vergangenheit opfern. "Bald, Darth Vesperum wird der Sith siegen. Der Sith'ari wird geboren aus Leid," verschwand die Stimme und Vesperum trat durch das Portal hinaus in den endlosen Korridor hinab.
Offline
Zitieren
 


Nachrichten in diesem Thema