#18
Bewegungslos lag der dunkle Lord auf den schwarzen Fliesen des Tempels. Es war kalt um seine Person. Die große Halle wirkte verlassen, während nur ein sanftes Rauschen durch die Räumlichkeiten wehte, vorbei an den Säulen und Statuen. Er streckte die Arme weit von sich, so dass die schwarze Robe fast engelsgleich seinen Körper bedeckte. Der weite Stoff verband sich optisch mit der Farbe des Bodens. "Ich bin allein," murmelten seine Lippen gegen die weit entfernte Decke des Gebäudes, welche mit Sith-Runen geziert war, die verheißungsvoll Namen und Epochen der Sith beschrien, ohne einen Ton von sich zu geben. Keine Wache war hier, kein Soldat und auch kein Diener; er war allein mit seiner Macht und den Stimmen. "Ich wünschte wir könnten heute leben," formulierte der wortlose Mund, während seine Augen geschlossen waren. Er selbst versank in der Kälte des schwarzen Meeres, jenem Ort der Zuflucht, frei von Raum und Zeit, der allein aus Verzweifelung geboren war. "Vielleicht können wir in der Zukunft leben." Der Sith suchte Halt in Erinnerungen, an das, was war. "Amaranthine," sang die Stimme des Imperators hauchend in die Umwelt. Die dunkle Seite wuchs, griff nach dem, was war und die Erinnerungen wurden schmerzhaft. Der dunkle Sterne tanzte, ließ die Kräfte schwinden, bis eine widernatürliche Müdigkeit über ihn gekommen war. Er war das Warten so leid. So furchtbar leid, dass egal, was er tat, keine gewünschte Veränderung eintrat. Die Verheißungen verlangten immer mehr, um ihm nur einen Bruchteil dessen zu geben, was er wollte. Die Macht war verweigerte ihm seine Wünsche. Seine irrigen, kranken Wünsche nach Ewigkeit mit seinen geliebten Menschen und der vollständigen Kontrolle über seine Existenz. Der dunkle Stern fiel herab, zerschlug am Boden und zerfloss in den schwarzen Ozean, der längst so endlos erschien, wie die Ewigkeit. Darth Vesperum hatte sich selbst sein Leben genommen, um es der dunklen Seite zu opfern. Er hatte anderen das Leben genommen, um es sich selbst opfern. Ein Geschwür wuchs in seinem Verstand, umschlung das, was er einst war, mit seinen Tentakeln; um ihn zu pervetieren. Krank war jeder Versuch inzwischen, vergiftet von einer falschen Idee, dass es gelingen konnte. Die Macht würde sich ihm immer verweigern. Die Nachwelt verlieh ihm keinen Schlüssel und seine Intentionen einen aus dem Blut der Lebenden zu schmieden, scheiterten mit schmerzendem Feuer. Bestimmung machte ihn nicht mehr frei.

"Syn hat dir nie die ganze Wahrheit gesagt, Vesperum," hallte eine Stimme durch seinen Verstand. Eine mächtige, tiefe Stimme, die fürsorglich aus dem Nichts kam, um mit ihm sprechen. Der Sith Lord riss die Augen weit auf: "Darth Atrius." Kein Geist zeigte sich, nur ein dumpfes Lachen echote um die Gestalt, die dort am Boden lag. "Es ist lange her, dunkler Lord," sagte die Stimme fast ehrfürchtig aber ohne ihren erhabenen Glanz zu verlieren. "Eure Macht ist beachtlich, doch habt ihr einmal bedacht, dass die Wege der Sith auch die Wege des Wahnsinns kreuzen können? Die Leidenschaft für das Leben soll uns befreien, nicht unterwerfen. Doch ihr seid längst ein Getriebener von einer falschen Hoffnung, dass der Tod für euch keine Bedeutung haben soll. Amaranthine ist gegangen. Im Streben das Jetzt zu verändern, dass es für euch ein Morgen gibt, verliert ihr das Jetzt, wo eure Macht sein sollte." Vesperum atmete tief ein, während er nachdachte. Ihm flossen einige Einflüsterungen von Sorzus Syn durch den Geist und eine schlichte Tatsache, dass ihre Alchemie ihm diese neue Macht geschenkt hatte, die Atrius wohl bewunderte und auch fürchtete. "Ihr fürchtet diese Macht? Syn ist weise," erklärte der dunkle Lord. "Ein dunkler Lord sollte niemals der Vermutung auferliegen, dass eine Person übermäßig weise ist. Weisheit liegt auch in der Gewissheit, dass jedes intelligente Wesen in erster Linie eigene Interessen verfolgt." Darth Atrius fuhr, wie ein kalter, unsichtbarer Wind durch den Raum, ließ die zwei imperialen Banner am Ende der Halle aufwehen, bis wieder die ungewohnte Stille einkehrte. "Sorzus Syn hat mir Wissen vermittelt, was es mir ermöglichen wird, die Grenzen dessen zu sprengen, was ist und sein wird. Das Leben selbst wird unser Untertan sein." Atrius lachte zynisch auf, bevor er antwortete, in diesem für Außenstehende wohl als Selbstgespräch erscheinenden Gespräch. "Uns? Ihr sprecht von ihr und euch?" Darth Vesperum wurde mit einem Funken bewusst, was Syn versuchte. "Lord Atrius, ich achte eure Warnungen. Ich bin kein Monster," versuchte der Imperator eine Ausflucht zu finden, doch Atrius fiel ihm ins Wort. "Ihr seid ein Monster. Unbeherrscht in vielen Dingen, gierig und hungrig auf das Blut des Lebens. Ich gab euch mein Wissen nicht damit ihr über die Galaxis hereinbrecht, wie ein vernichtender Sturm, sondern um sie zu beherrschen, jenes Chaos zu beenden, was dort ist," donnerte der tote Sith Lord mit einem gewissen Zorn in der tiefen Stimme. "Ich...Ich...," wollte Vesperum antworten, mutig entgegnen aber scheiterte.

"Euer Streben hat euch blind gemacht für den Weg. Die dunkle Seite ist Gift. In Maßen stärkt sie die Seele, in großen Mengen tötet sie alles. Wir Sith verstehen das," folgerte Atrius, bis eine eine andere Stimme sich in Menge des dunklen Rauschens erhob, und mit einem Rumoren intervenierte. "Atrius, ein Feigling," rief Sorzus Syn aus dem Abyss der Macht und schaltete sich ein in den Disput. "Wir sind Monster; nur ein Monster kann frei vom Schicksal der Sterblichen sein. Ihr solltet das wissen. Wie viele Seelen sind durch eure Klinge gegangen? Tausende? Macht euch nicht besser, klüger, als ihr seid. Ein Krieger, der, wie ein Krieger nur den Moment sieht." Darth Vesperum überfordert von den zwei mächtigen Stimmen in seinem Schädel, legte die Hand auf seine Stirn, versuchte seine Augen zusammenzupressen, damit die Lider sich nicht mehr öffneten. Es war ein bohrender Schmerz, diese beiden Geister zu ertragen und nicht darunter zu vergehen. "Sorzus Syn, die erste Sith. Euer Hunger nach der dunklen Seite wird nur von euer perfiden Weisheit übertroffen, dass diese Galaxis ein Scheiterhaufen für uns ist," warf der unruhige Geist von Atriushinaus, bevor Syn heftig entgegnete. "Das Leben ist ohne Bestimmung. Es ist in so großer Zahl vorhanden, dass man es nutzen sollte. Vesperum wird es nutzen, um daraus etwas Neues zu erschaffen und er selbst wird das wahrmachen, was die Sith schon immer angestrebt haben. Er wird frei von seinen Ketten sein. Die Macht wird ihn befreien." Vesperum sog erneut Luft durch seine Nase. "Aber warum fühle ich mich dann nicht so?" Eine berechtigte Frage, denn inzwischen hatte der Missbrauch jener Gabe Spuren in seinem Gesicht hinterlassen; auf seinem ganzen Körper, welcher mehr untot als lebendig war. Schwarze Äderchen, dunkle Lippen und eine tiefgraue Hautfarbe waren nur kleine Details des Dämonischen, welches er beschworen hatte. "Es braucht Zeit," erklärte Syn und Atrius formulierte gleichzeitig: "Weil ihr die Lehre missversteht." Der Imperator atmete nun immer heftiger, versuchte beide Antworten zu durchdenken, scheiterte aber erneut an dem bohrenden Schmerz, der wie Feuer durch seinen Verstand zog.

"Hört nicht auf ihn!"
"Hört nicht auf sie!"


Es waren die Ausrufe beider Geister, die ihn folterten, so dass er beide mit einem Handwink fortschickte. "Geht, lasst mich allein. Ich will nachdenken," hauchte der Sith Lord müde. Er würde sich zwischen den beiden Wegen entscheiden müssen. Entweder der Weg der Alchemie oder der Weg des Kriegers. Beide schienen nicht mehr kombinierbar, auch weil sich beide Machtgeister gerade zerworfen hatten. Das Wissen des Atrius konnte er nutzen aber das erstaunliche Wissen der Syn war überaus wertvoller. Atrius hatte einen Fehler begangen, er hatte Vesperum bereits einen Großteil vermittelt, so dass der Sith Lord eher auf Syn angewiesen war und weniger auf den toten Krieger. Syn war klug und weise genug, dem Imperator nur in Portionen, kleinen aber schmackhaften Häppchen an ihrem Wissen teilhaben zu lassen. Zudem war Vesperum inzwischen so vernarrt in das Ziel, welches Syn so geschickt inszeniert hatte, dass die Entscheidung auf lange Sicht klar war. Der Wahnsinn lag bereits in der kranken Hoffnung, die Vesperum seit seinem Anspruch auf den Mantel des dunklen Lords, in sich hatte. Sorzus Syn musste nur dort zupacken, wo bereits die Hände von Vesperum gierten.
Offline
Zitieren
 


Nachrichten in diesem Thema