#1

Atrisia


Modular-Kreuzer Feuerschwinge

Nein... Donnovan nickte langsam und scheinbar verstehend. Nein, natürlich war nichts klar - wie sollte es auch? Diese Sephi hatte soeben die hässlichste Seite des Imperiums gesehen, die Seite, die dazu führte, dass sich Splittermilizen und Aufständische, jene, die die Worte von Freiheit und Demokratie verkündeten, zu einer organisierten Allianz zusammenschlossen, die nunmehr in der Neuen Republik gipfelte. Wer sich dieser Tage im Imperium umsah, der wusste, dass schwere Zeiten bevorstanden. Donnovan war, vielleicht aufgrund seines Alters, weitaus weniger verblendet als man annehmen mochte, er besaß einen gewissen Durchblick und erkannte die wahre Konstellation der Mächte - egal auf welch verschrobene Art und Weise die Propaganda es zu vertuschen versuchte, so war er doch nicht blind. Der Kommandant erkannte wessen Geistes Kind Personen wie Nigidus, ja selbst Vesperum waren - nach über zwanzig Jahren Darth Vader fiel es ihm schwer zu vergessen und noch weniger vergaß er, wer Vader mit dieser Macht ausgestattet hatte, wer die mörderische Willkür duldete, gar genehmigte. Palpatine selbst war der Ursprung, der Katalysator der Kriegsverbrechen, die schon im letzten Krieg begannen. Die Menschen hatten sich Führung, hatten sich Stabilität erhofft und bekamen sie stattdessen unter einem Schleier von Furcht und Angst gereicht. Palpatine schuf die Illusion einer permanenten Bedrohung um sein Volk an sich zu binden und sich selbst über alles zu erheben. Aber Donnovan, Männer wie Donnovan waren nicht unschuldig. Denn sie zogen mit und unterstützten die radikale Umformung. Zweifellos aus Angst und Schwäche und nun suchten sie nach Vergebung und Erlösung, nun wo sie alt waren und ihre Fehler begriffen. Doch anders als viele seiner Kollegen brannte in dem alten Offizier noch ein Feuer, das versprach sich nicht einfach zu beugen, nicht einzuknicken, sondern noch einen letzten Teil zum Allgemeinwohl beizutragen. Er mochte die Bedrohung durch offenkundige Machtnutzer wie Nigidus nicht direkt beseitigen können, aber, und das war wichtig, er konnte Misstrauen säen, dass sich die staatlichen Strukturen nun endlich von der religiösen und philosophischen Strukturen lossagten. Pestage mochte auf dem Thron ein lausiger Herrscher sein, doch Donnovans Gefühl sagte ihm, dass er die bessere und vernünftigere Wahl war - wenn das Imperium langfristig überleben sollte. Träumte er hier von einer Koexistenz mit der Republik? Warum nicht. Krieg hatte es genug gegeben und Welten, die sich dem Imperium freiwillig anschlossen, wäre auch ihre Lebensweise in nirgends bedroht. Doch was hier geführt wurde war Krieg um des Krieges willen. Man wollte gar nicht erobern, nein, man wollte vernichten. Firrerre hatte das gezeigt. Ein unnötiger Schlag, eine unverantwortliche Aktion, die nur noch größeres Leid heraufbeschwor. Doch über die Motive konnte der Offizier nur spekulieren. So wie er es beurteilen konnte, handelte Nigidus kaum nach Plan, sondern aus spontanen Launen und Gefühlen heraus - willkürlich und unberechenbar.

War es im Imperium denn wirklich weniger schlimm, als auf einem sterbenden Planeten? Der Captain runzelte die Stirn und fragte sich, ob die nach außen hin jung erscheinende Sephi nicht ein wenig arg idealistisch und naiv an diese Sache heranging. Gut, auf Firrerre wäre sie nun tot und dass es sich dabei um keinen wünschenswerten Zustand handeln konnte, war ihm vollkommen bewusst. Aber war imperiale Gefangenschaft wirklich besser als der Tod? Nicht zwingend, wie er wusste. Schon oft hatte er gesehen, wie die Agenten des Sicherheitsbüros durch die Zellenblöcke schlichen, eine Kolonne Vehördroiden im Schlepptau. Eine nette Umschreibung für ein perfides Folterwerkzeug, dass ein fühlendes Wesen auf unzählige Weisen quälen konnte. Und dann kam der Arzt um den sterbenden Gefangenen zurück ins Leben zu holen, nur, damit die Prozedur auf ein Neues begann. Der Tod brachte wenigstens die Gnade der Endgültigkeit und sofern es Donnovan beurteilen konnte, spürte man bei einem Orbitalschlag wohl nicht mehr viel. Es war ein sauberer, schneller Tod, auf seine Art gnädig. "Hoffen Sie's... um ihretwillen.", murmelte der Kapitän undeutlich zurück. Verblendung würde am Ende nicht helfen, und doch schlich sich das vage Gefühl ein, dass es am Ende gleichgültig sein würde, was er sagte. Diese Sephi war weder dreist noch unfreundlich, aber dennoch glaubte der Kapitän einen gewissen Trotz erkennen zu können. Vielleicht versah er sich, doch schien, als würde sie ihre Worte, ihre Meinung, wie einen Fakt darstellen. Etwas, dass unumstößlich schien und Donnovan an etwas aus alter Zeit erinnerte, das er lieber vergessen wollte. Manche Sachen begrub man besser auf ewig und fing nicht aus Mitleid, aus falscher Sympathie an, diese wieder ans Tageslicht zu befördern, obgleich der Captain zugeben musste, dass es ihn interessierte wie diese Sephi sich wohl selbst erklärte, dass ausgerechnet sie überleben durfte.

Er schüttelte resigniert den Kopf - dort war es schon wieder. Dieses Besserwisserische. Vielleicht war sie gesund, vielleicht auch nicht. Widerspruch und Beschwichtigung halfen nichts - auf seinem Schiff gingen die Leute zum Arzt, erst recht wenn sie von irgendwelchen nahezu unbekannten Planeten am Rande der Galaxis kamen auf denen sich eine unheilbare Seuche ausbreitete. Obgleich die Seuche nicht einmal das entscheidende Kriterium war, im Prinzip konnte die Sephi alles Mögliche einschleppen. Ob das nun eine einfache Ausrede vor sich selbst war oder nicht, war gänzlich uninteressant, möglicherweise hatte es auch nur Symbolcharakter. Sie musste begreifen, dass es Regeln gab, Regeln die befolgt werden sollten um unnötige Konflikte zu vermeiden. Es kam einer Art kleinen Lehrstunde gleich, ein Exkurs, wie sie sich Imperialen gegenüber verhalten sollte, Imperialen gegenüber, die weitaus weniger gnädig waren als er. Männern wie Stratis. Wobei. War Stratis ein gutes Gegenbeispiel? Vermutlich nicht. Wenn Nidigus ihren Köter nicht an der Leine hielt, würde er wohl die erste Gelegenheit nutzen um sie zu erschießen. Stratis der verblendete Idiot. Der dachte er wäre wichtig. Von Bedeutung. Donnovan konnte über diese Einfalt nur müde lächeln. Nigidus brauchte jemanden um diesen Riesenkreuzer zu navigieren - mehr nicht. Und irgendwann würde Stratis am eigenen Leib erfahren, wie überflüssig und austauschbar er war. Donnovans Lippe zuckte kurz, als hätte sie sich daran erinnert, wie Lächeln überhaupt funktionierte. "Hören Sie Lady...", meinte der Offizier in einem versöhnlichen Ton, den er im Prinzip gar nicht nötig hatte, "... Sie müssen nicht jede Anweisung kommentieren, die man Ihnen gibt. Sie leben meist gesünder, wenn sie einfach mit dem Kopf schütteln oder nicken." Er seufzte. "Wie Sie sicher bemerkt haben sind... xeno-Lebensformen in dieser Gesellschaft nicht allzu beliebt."

Damit drehte sich der Offizier allmählich um und begann, sie zur Krankenstation zu führen. Vorausgehen... Etwas nagte an Donnovans Geist, es waren weniger die einfachen Worte selbst gewesen, als viel mehr wie die Sephi es gesagt hatte, dass ihn beschäftigte, während sie Meter um Meter das öde Innenleben des Kreuzers durchschritten. Vereinzelt liefen Mitglieder der Besatzung durch die Gänge, doch seit dem Eintritt in den Hyperraum schien der Großteil der Mannschaft sich in die Cantina oder in ihre Räume verkrochen zu haben. Es waren nicht so wenige, wie man glaubte, die Zerstörung solchen Ausmaßes verabscheuten. Doch letztlich fehlten ihnen die Mittel. Die Mittel dagegen aufzubegehren, ohne gleich das Imperium verlassen zu müssen. Schlussendlich war das auch Donnovans eigentliches Problem. Es war immer schon leicht gewesen noble Phrasen zu dreschen, doch die Forderungen konsequent umzusetzen, war etwas völlig anderes. Es war komplizierter. Und da halfen ihm weder Optimismus noch Idealismus. Er wusste, dass der gegenwärtige Zustand alles andere als optimal war, doch seine Optionen waren am Ende bescheiden und streng limitiert. Vor einem sauberen, strahlend-sterilen Schild, das auf den Medi-Bereich hinwies, blieb der Captain plötzlich stehen und wandte sich ernst zur Sephi um. Er hatte beschlossen das Wagnis einzugehen und die Frage zu stellen. Ja ihre Wunde war noch frisch und es mochte herzlos erscheinen. Doch besser er fragte jetzt, als wenn es später keine Gelegenheit mehr geben würde. "Eines müssen Sie mir noch erklären, bevor ich Sie zum Doc lasse: ein ganzer Planet wird vernichtet und ausgerechnet Sie wurden verschont - von einer Person die weniger Gefangene macht als sie glauben mögen und noch weniger Ambitionen besitzt Gnade zu zeigen. Warum?"[/block]
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