#10
Wer wollte allein sein? Niemand..., flüsterte eine heisere Stimme in ihren Gedanken. Und trotzdem waren sie es, sie alle hier in diesem Saal und darüber hinaus. Sie kämpften einsam und starben einsam, als anonyme Seelen, ohne Gesicht und ohne Geschichte. Niemand würde sich an die Personen erinnern, niemand würde nach dem charakterlichen Wert dieser Personen fragen, denn letztendlich wurden sie nur anhand ihrer kriegerischen Leistungen beurteilt. Ein weniger großzügiger Mensch würde sagen, man würde sie alle nach der Größe und dem Gewicht ihrer Verbrechen verehren. Krieg war die einfache Rechtfertigung der Soldaten. Es gab Krieg und deshalb war es normal, war es gerecht die gängigen Grenzen der Moral zu überschreiten. Wie dogmatische Kreuzritter zogen sie dann immer aus, jene zu tilgen, die ihr Heiligtum, ihren Glauben bedrohten. Aber die Bedrohung gab es nicht. Sie war nie da, selbst jetzt nicht und wenn, dann war sie selbst geschaffen, beinahe künstlich herbeigeführt. Beinahe so, als bräuchte das hiesige Postklonkriegsheer ständig einen Gegner, an dem es sich messen konnte. Die Rebellion war kaum eine Bedrohung für den imperialen Apparat gewesen, nicht wenn sie das war, was sie vorgab zu sein: ein freiwilliger Zusammenschluss von Planeten. Die Gefahr war einmal bestenfalls abstrakt gewesen, in ihren Anfängen war sie sogar mehr Märchengespinst als Realität gewesen. Wurde etwa dieser Cadera direkt von ihr bedroht? Varpasi? Acchetia? Vaash? Nein, am Ende waren sie doch alle die Bluthunde gewesen, die den schlafenden Riesen aufgeweckt hatten, indem sie willentlich den ausgelegten Köder schluckten, stichelnde kleine Provokationen mit harten Vergeltungsschlägen straften. Nun hatten sie geschafft so weit zu versagen, dass die Chancen ausgeglichen waren, nun war vollbracht, was vor zehn Jahren noch undenkbar war: die Rebellion war zu einem Gegner geworden und die Armee, die Flotte... scheiterte auf dem Prüfstand.

Mit diesen Gedanken im Kopf, war es schwer das Essen herunterzubekommen, überall wo der Blick hinfiel schien das Scheitern, das Ende ihr zuzulächeln. Sie würde verlieren. Daro wusste es, egal wie sie vor ihren Männern schauspielerte, egal wie sie Moffs die planmäßige Durchführung von Operationen versprach. Ein Sieg für sie war ausgeschlossen. Nicht langfristig, nicht mittelfristig. Wer erst den Glauben verloren hatte, der konnte auf dem Schlachtfeld nicht mehr gewinnen. Je stärker sie darüber nachdachte, desto düsterer wurden die Gedanken. Es schien weniger die Frage zu sein, wann die Rebellion besiegt sein würde, als vielmehr, wie lange sie würden durchhalten können, bis der Hammer fiel.
Ohne viel gegessen zu haben, erhob sich die Admiralin von ihrem Platz und griff nach einem Glas Wein mit tiefroter Flüssigkeit darin. Folgten ihr Blicke? Vielleicht. Etikette bedeutete nichts, so wenig wie dieser Palast. Es war ein Schwindel, eine Gaukelei von einem Mann, der mehr Puppe als Spieler war. Seine Rede echote immer noch in ihrem Kopf, verkroch sich in die hintersten Ecken ihrer Synapsen und biss zu wie ein widerlicher kleiner Wurm, als ob Kopfschmerzen sie ständig an ihre Pflicht erinnern sollten. Aber Pflicht bedeutete nichts mehr, wenn man verlor. Sie schritt nach vorn, Schritt für Schritt über den blankpolierten Boden. Klack. Klack. Machten die ebenso sauberen Stiefel bei jeder Berührung, bliesen ihr Echo in den Raum, zu den schmatzenden Mäulern, die so bereitwillig für ihre Pflicht den Tod in Kauf nahmen. Eine der großen Türen kam näher, die nach draußen zu vermeintlicher Freiheit führte, dorthin, wo Sehnsüchte die Menschen wahnsinnig machten, an einem Ort, den die Vögel von ihrem goldenen Käfig aus nur sahen, aber nie erreichen konnten. In Anbetracht dessen, was in der Halle lauerte mochte es kleines Paradies sein, weit weg, abgeschieden. Als sie die Pforte durchschritt schien die drückende Last des imperialen Palastes von ihren Schultern zu fallen.

Ein warmer Wind blies ihr durch das Haar, während Coruscant ihr die den Anblick der untergehenden Sonne schenkte. Ein schillerndes Inferno am Firmament, aber konnten Soldaten es wirklich schön finden? Sie hatte Planeten gesehen, die für Augenblicke ebenso hell und schön zu strahlen schienen, nachdem die imperiale Flotte mit ihnen fertig war. Dennoch war ihr Blick wie in einem Bannkreis festgehalten, der voller Faszination ins Himmelszelt hineinfiel, während zahlreiche kleine Strahlen auf ihre Iris trafen. Einige spiegelten sich, wurden reflektiert, andere nahm sie auf, das heiße Feuer, das kleine Turbolaser hätten sein können. Daro trat einen weiteren Schritt nach vorn, sie entschied der Verlockung der Sonne den Rücken zuzukehren und lehnte sich mit ihrem Rücken an das Geländer, während ihre Hand das Weinglas nachdenklich herumschwenkte. Wenn der Blick trübe wurde, er zu lange in das Glas fiel, schien es beinahe wie Blut anzumuten. Immer dicker, so ließ sich das Auge täuschen, wurde die Flüssigkeit. Wie gerinnendes Blut. Ein passendes Getränk für die Mörder, die sie waren. Henker von Müttern und Vätern, gewissenlos, weil der Begriff der Familie inzwischen abstrakt und fremd war. Dies galt zumindest für sie. Familie, das waren die Männer um sie herum, ihre Veteranen, mit denen sie diente. und doch war es nur eine Lüge. Es war nicht echt. Es war wie das, was Pestage ihnen dort drinnen vorgaukelte. Alles nur ein Schauspiel. Nur Betrug.
Der Wein floss ihre Kehle hinab, während der Wind an ihrem Körper zu zerren schien, er zog sie mit dem Versprechen der Freiheit. Immer nach unten, immer in die Tiefe. Es war nicht schwer, sie müsse nur loslassen. Ihre Hand, die sich am Geländer hielt lösen und dem Körper gestatten im Wind zu treiben. Aber Daro tat es nicht. Wieder nicht. Nicht weil sie ihre Pflicht erfüllen wollte, nicht, weil es jemanden gab der ihr besonders nahe stand, weil ihre Verantwortung sie dazu brachte für ihre Männer einzustehen. Nein, sie hatte nur Angst zu sterben. Das war alles. Der Grund warum sie weitermachte. Warum andere sterben mussten und sie nicht loslassen konnte. Ihr halt festigte sich und ihre Hand zog eine Zigarette aus der Schachtel in der Brusttasche der Uniform hervor. Ein leises Klicken entfachte das Feuer und blauer Rauch entstieg ihrem Mund, dort, wo eben noch tiefrotes Wasser floss. Der Körper sackte ein wenig zusammen und rutschte mit dem Rücken ein Stück weit am Geländer herunter. Die Zigarette leuchtete auf, als feuchte Lippen daran zogen und der Lippenstift sich auf dem Filter verewigte, während die Umklammerung des Glases immer schwächer wurden, bis sich ihre Finger lösten und es gänzlich fiel. Hinab in den klaffenden Abgrund von Coruscant. Es war ihr egal. So egal, wie ihr alles war.
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