#4
Wie in einem Zeitraffer huschten die Gebäude an der imperialen Fähre vorbei, die Flottenadmiral Hanaar Varpasi zum Bankett geleiten sollte. Licht und Schatten wechselten in gleicher Geschwindigkeit auf der versteinerten Miene des Admirals, der mit seiner Situation und der damit verbundenen Notwendigkeit seiner Anwesenheit beim Bankett haderte.

"3 Minuten bis zum Ziel", meldete der Pilot nüchtern und lenkte die Fähre in eine letzte Kurve. Vor ihnen entfaltete sich das Kernzentrum der imperialen Herrschaft, der Palast war eine gigantische pyramidenförmige Struktur, die sich aus unzähligen Türmen, Verwinkelungen und abstrakten Gebäudeteilen formte.

Je näher Hanaar dem Ziel kam, desto unwohler fühlte er sich. Er hatte in der Tat lange Zeit überlegt, ob und wie er sich vor dieser Festlichkeit drücken konnte, doch seine Reputation und sein Status in der Hierachie des Imperiums reichten nicht aus, um sich diesem Zwang zu entziehen. Das Gefühl der Machtlosigkeit war lästig, der Verlust von Kontrolle und die damit einhergehende Pflicht etwas zu tun, das man nicht möchte, konnte für einen Militär eine nervende Angelegenheit sein.

Nun aber war er hier und sah, wie die Fähre in Begleitung von zwei TIE-Jägern ihren zugewiesenen Landeplatz ansteuerte. Hanaar begann damit, seine Galauniform zu richten, die in den letzten Jahren offenbar ein wenig ihrer ursprüngliche Größe eingebüßt hatte. Egal wie oft er an ihr zerrte, der Sitz war unbequem, so als wäre das seelenlose Kleidungsstück ebenfalls gegen die Farce, die nun beginnen würde.

Mit einem Zischen öffnete sich die Laderampe und auf Hanaar wartete ein devoter Offizier.

"Flottenadmiral Varpasi", grüßte er mit geheuchelter Freundlichkeit, "Es ist uns eine Ehre, Sie begrüßen zu dürfen. Wenn Sie mir bitte folgen würden." Hanaar musterte kurz den jungen Offizier, der es offenbar nicht besser wusste, verkniff sich aber eine angemessene Reaktion. Mit einem kurzen Nicken signalisierte er seine Bereitschaft und folgte dann dem Mann über den überfüllten Vorplatz durch unzählige mehr oder weniger wichtige Persönlichkeiten bis zu einem dekadenten Torflügel, der von zwei gesichtslosen, behelmten Wachen flankiert wurde. Der Offizier stellte Hanaar erneut vor, doch die Wache schien davon nur wenig beeindruckt zu sein.
"Ihren Ausweis bitte", forderte sie trocken und Hanaar übergab das gewünschte Dokument, welches sogleich von der Wache mit geübten Handgriffen und technischen Hilfsmitteln verifiziert wurde. Nach einigen Sekunden war die Echtheit bestätigt und der Ausweis wechselte erneut den Besitzer.
"Sie dürfen eintreten", gab die Wache monoton zu verstehen und ging symbolisch einen dezenten Schritt zur Seite.

Die gigantische Tür öffnete sich und pustete dem Admiral eine unangenehme Mischung aus Musik, Stimmengewirr und dicker Luft entgegen. Kaum einen Schritt im Raum, eilte bereits ein Kellnerdroide herbei und bot Hanaar ein Getränk an. Er nahm es vom Tablett, ohne darauf zu achten, was es ist, kippte es in einem Schluck hinunter und stellte es wieder zurück. Durch eine geschickte Verlagerung der Handgelenksmotivatoren schaffte es der Droide, das schwankende Glas zu stabilisieren und brauste umgehend wieder davon.

Hanaars Blick fiel auf die opulenten Holztische, die in akurater Reihe in der Mitte des Raumes platziert waren. Bei dem Gedanken, demnächst dort speisen zu müssen, flankiert von Persönlichkeiten, mit denen er im Alltag nie ein Wort wechseln würde, sträubten sich ihm die Nackenhaare.
Den Grüßen anderer Gäste ausweichend suchte sich Hanaar eine mehr oder weniger ruhige Ecke und versuchte, sich einen endgültigen Überblick zu verschaffen.

Da er nun hier war und es wohl keine Möglichkeit gab, direkt wieder zu verschwinden, entschied er sich letztlich dafür, die Zeit zu ertragen und - sobald es das Protokoll zuließ - das Bankett zu verlassen. Tatsächlich entwickelte sich langsam eine gewisse Neugierde, vor allem in Bezug auf ein oder zwei Personen, die er hier erwarten konnte. Admiral Vaash zum Beispiel; soviel Hanaar wusste, war dieser aus dem Krankenhaus entlassen worden. Er musste gewiss auch der lästigen Pflicht nachgehen und hier erscheinen, vielleicht bot sich die Gelegenheit, ein paar Worte zu wechseln.

Sie bot sich, denn ein plötzliches Aufflammen der Stimmen und dezenter Applaus weckten die Aufmerksamkeit von Hanaar. Dort war er, Admiral Tiberius Vaash. Ein gebrochener Kriegsheld und auf den zweiten Blick eine gescheiterte Existenz...
Die Verdienste von Admiral Vaash waren allgemein bekannt, doch war offenbar nicht viel davon übrig geblieben. Er konnte fühlen, wie die Integrität von Vaash in Frage gestellt wurde, jetzt da er sich in dem Rollstuhl wie ein geprügelter Hund zur Bar chauffieren ließ. Es fühlte sich an wie ein Blick in den Spiegel und erinnerte an alte Wunden, die körperlich geheilt, aber seelisch noch weit offen waren. Vaash streute unabsichtlich Salz in diese offenen Wunden.

Der Flottenadmiral atmete einmal tief durch, richtete seine Uniform und suchte sich dann seinen Weg durch die Masse zur Bar. Dort angekommen musterte er einen peinlichen Moment Admiral Vaash. Das Gesicht des Admirals war eingefallen, ausgedorrt und wirkte traurig. Die offene Uniform und die grob über die Beine geworfene Decke verliehen dem Mann ein ungepflegtes und aufgebrauchtes Erscheinungsbild.
Nur zu gut konnte Hanaar nachvollziehen, wie sich Vaash fühlen musste, war er doch bis vor einigen Wochen selbst noch im Krankenhaus, dem Tod näher als dem Leben.

"Ich grüße Sie, Admiral Vaash." Hanaar erinnerte sich plötzlich an den Mann, den er vor einigen Monaten im Flottenoberkommando kennengelernt hatte. Fetzen des Stabsgesprächs zur Offensive von Eriadu gingen ihm durch den Kopf, er war mit Vaash nur selten einer Meinung, was Taktik, Strategie und Vorgehensweise anging, doch er schätze den Mann als versierten Kommandeur.
"Offensichtlich wurden auch Sie nicht von dieser... Pflicht... hier verschont." Hanaar versuchte die Situation und sein eigenes Unwohlsein in Anwesenheit von Vaash mit Humor zu überspielen, doch da Humor nie eines seiner ausgereiftesten Attribute war, wirkte der Versuch eher kläglich und das angedeutete Lächeln wie eine groteske Gewichtsverlagerung im Gesicht.
"Admiral Acchetia", er nickte dem ehemaligen Stabschef zu, "Ich habe vom Wechsel im Oberkommando gehört, eine fragwürdige Entscheidung, möchte ich meinen."

Um die Zeit bis zu einer möglichen Antwort einigermaßen sinnvoll zu überbrücken, richtete Hanaar seine Aufmerksamkeit kurz auf den Droiden hinter der Bar.
"Das gleiche wie der Admiral", forderte er und zeigte auf das halb leere Glas in der Hand von Vaash.
Offline
Zitieren
 


Nachrichten in diesem Thema