#8
Mytrias Betroffenheit spiegelte sich in Saanzas Gesicht, als die Jedi-Ritterin ernst wurde und zu den Worten der jungen Schülerin nickte. „Du hast Recht“, gestand sie. Es hatte keinen Sinn, vor Mytria zu lügen. Es war nicht der Weg der Jedi. „Aber das darf mich jetzt nicht aufhalten.“ Erst wenn sie Luke ihr Wissen mitgeteilt … und den Jedi-Meister um Verzeihung gebeten hatte, würde sie Zeit haben, auch selbst innerlich zur Ruhe zu kommen. Saanza legte der Jedi-Anwärterin federleicht eine Hand auf die Schulter. Sie brauchte Mytria nicht länger als Stütze, doch das innere Ringen des blauhäutigen Mädchens stand deutlich in ihrem Gesicht geschrieben – noch bevor die ersten Tränen fielen. Ihre vermeintlich emotionslose Miene war kein Zeichen der inneren Gelassenheit, die einen Jedi auszeichnen sollte. Sondern ein dünner Schleier, der Angst und Trauer, Hilflosigkeit und Verzweiflung kaum hinter sich verbergen konnte. Dennoch waren die Bestürzung und das Mitgefühl des Mädchens aufrichtig. Der Anblick war Saanza auf unangenehme Weise vertraut.

Mit der anderen Hand strich die Jedi eine Träne von Mytrias Wange fort. Sie wollte dem Mädchen Trost und Sicherheit geben, dennoch ließ sie die vielleicht unwillkommene Berührung nicht lange andauern. Kann allein Lees Verrat all dies ausgelöst haben?, dachte Saanza besorgt und wurde erneut schmerzvoll an den Untergang ihres Freundes erinnert. War dies das Schicksal all derjenigen, die ihr nahe standen? An die Dunkle Seite zu fallen oder von ihr in den Tod gerissen zu werden? Doch die helle Seite der Macht hatte diesen Ort trotz des furchtbaren Ereignisses nicht verlassen. Im Gegensatz zu Luke. In all den Szenarien, die sie auf dem langen Weg hierher in ihrem Kopf durchgegangen war, hatte Saanza nie daran gedacht, dass der Jedi-Meister nicht vor Ort sein könnte.

„Oh“, kontrastierte sie Mytrias Bitterkeit mit ihre eigenen Enttäuschung. „Es ist bestimmt wichtig, wenn er fort ist“, versuchte sie nicht nur Mytria, sondern auch ihre eigenen rasenden Gedanken zu beschwichtigen. „Und er wird gewiss bald zurückkehren. Bis dahin werde ich hier sein.“ Und mich in Geduld üben müssen.
Es war ungewiss, wie Luke auf ihre Rückkehr reagieren würde. Doch dies war ihr Zuhause. Saanza würde Mytria und die anderen Schüler in dieser Lage nicht allein lassen. Die Abwesenheit von Meister Skywalker hatte ihrem Tatendrang etwas den Wind aus den Segeln genommen. Aber das bedeutete nicht, dass Saanza keine neue Aufgabe finden konnte. Vielleicht konnte sie helfen, Wunden zu heilen und Ängste zu lindern. Auch das Studium der Macht durfte in dieser Zeit nicht vergessen werden, denn es konnte dazu beitragen, inneren Frieden zu bringen. Es war wichtig, zu einer Form von Normalität zurückzufinden, auch für sie. Es war so lange her, dass Saanza zuletzt durch die Gänge des Jedi-Anwesens geschritten war…

„Ich würde gerne für einen Moment auf mein Zimmer gehen. Falls es noch besteht…“ Die Jedi wusste nicht, ob der Raum während ihrer Abwesenheit vielleicht an einen anderen vergeben wurde. Der Gedanke traf sie, dass Lees Zimmer und die Unterkünfte seiner Opfer nun leer standen und das, was zurückgeblieben war, nun niemandem gehörte. Es war ebenfalls nicht im Sinne der Jedi, Andenken zu bewahren und Lee hatte etwas Furchtbares getan. Dennoch fragte sich Saanza, ob er zumindest einen Gegenstand zurückgelassen hatte, der an ihn erinnerte. „Ich würde mich gerne dieser Kluft entledigen und ich glaube, dort müsste noch ein Satz Kleidung liegen. Würdest du mich begleiten?“ Es war eine triviale Bitte, doch die Jedi wollte Mytria ungerne alleine lassen, bis sie den Finger darauf legen könnte, was am Verhalten des traurigen Mädchens sie so sehr verstörte.
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