#21
Nach einer unruhigen Nacht...

Mytria hatte furchtbar geschlafen. Nicht nur, weil ihre viele Gedanken durch den hübschen Schädel gingen, sondern auch weil sie einen Zustand erreicht hatte, der zwischen Erschöpfung und Stress lag. Die Erfahrung hatte ihre Reserven angegriffen und sie konnte sich schlicht nicht erholen. So hatte sie sich die Nacht, noch zwischen einigen Resten ihrer einst geplanten, im Bett gewälzt und mehrfach versucht, durch eine andere Liegeposition Schlaf zu finden. Doch mit wenigen Ausnahmen von ein oder zwei Stunden war ihr Schlaf grausam gewesen. Sie war mit zerzausten Haaren aufgewacht, konnte sich kaum im Spiegel betrachten, da ihre Augen mit Schlafsand verklebt waren und war auch sehr ungehalten über ihren außerordentlichen Zustand. Grummelnd versuchte sie mit einer Dusche, die mit viel Seife verbunden wurde, die Unruhe aus ihrem Körper zu waschen. Doch die einfache Dusche konnte nicht wirklich wirksam werden und wusch nur den Schlafdreck und jenen Schmutz von ihr aber nicht den Stress. Noch immer wollte sie nicht ganz verstehen aber verstand, dass sie hier bleiben musste. Es war eine neue Überzeugung, dass sie nur hier so etwas finden konnte, was sie erleichtern konnte. Eine Flucht zur Familie war immer möglich und immer ein attraktiver Fluchtpunkt. Doch sie wollte jetzt nicht kapitulieren. Nicht in diesem Moment der Schwäche. Noch gab es hier Möglichkeiten. Zumindest in einer gewissen Hoffnung. Nachdem sie sich abgetrocknete hatte und ihre Unterkleidung angelegt hatte, griff sie zum kleinen Schrank neben der Dusche, um ihre alte Lieblingsbürste heraus zu fischen. Mytria kämmte ihre Haare mit der golden-pinken Bürste, grummelte auch dabei, da sich gelegentlich Haare verfingen und sie Schwierigkeiten hatte, ihre Haare in Form zu bringen. Sie musste gelegentlich mit ihren Händen nachhelfen, damit sich die Bürste lösen konnte. Spliss. Erschreckt stellte sie fest, dass sich einige Haare aufspalteten und nicht mehr ansehnlich waren. Zumindest nach ihrem Geschmack. Mytria deutete dies als Zeichen. Enttäuscht legte sie die Bürste ab, griff zur Zahnbürste und putzte sich die Zähne monoton. Dann spuckte sie die Putzreste aus ihrem Mund ins Becken, um sich aus dem Minibad hinaus zu begeben, wo ihre Jedirobe lag, die sie nun anlegte. Ihre Bewegung war langsam, fast schon in Zeitlupe und ein gewisser Unwillen lag darin. Doch am Ende stand sie wieder in Robe vor dem Spiegel. Mit einem Fuß schob sie einen kleinen Berg an Alltagskleidung zur Seite, welcher gestrig angehäuft worden war. Mytria betrachtete sich im großen Spiegel, fuhr sich nervös durch die Haare, um ihre Augen vor dieser neuen Existenz zu öffnen. Sie war eine Jedi. Zumindest sah sie so aus. Die Robe in hellem Weiß und sanftem Braun stand ihr. Mytria mochte die schlichten Linien. Kurz fand sich wieder Glanz in ihren Augen. Diese Robe hatte Bedeutung, wie nun auch sie. Das Universum war groß und doch war sie etwas Besonderes darin. Mytria nahm die nervösen Hände von ihren Haaren, die nun wieder in wohlgeformten Linien nach Hinten fielen. Schwungvoll setzte sie sich auf das Bett, um die schwarzen Stiefel anzulegen, die zur Robe passten. Es waren einfache Stiefel, mehr Arbeitswerkzeuge, denn wirklich attraktives Schuhwerk aber Mytria schätzte deren Schlichtheit mit den zwei großen Schnallen an der Seite, die der Verschluss waren. Die Jedi erhob sich, um ihr Zimmer zu verlassen. Koryn und sie wollten gemeinsam frühstücken. Um sich beizustehen.

Mytria fragte sich, wann die Beerdigung anstand? Würde etwas verkündet werden? Nachdenklich durchschritt sie den Korridor, bog um ein paar Ecken, bis sie den kleinen Frühstücksraum, jene Kantine, erreichte. Zu ihrer Enttäuschung stellte sie fest, dass Koryn fehlte. Vielleicht hatte er sich verspätet? Mytria nahm Platz an einem der Tische. Mühsam rückte sie den Stuhl zu recht und blickte zum Eingang. Sie nahm sich vor, zu warten, damit sie mit Koryn gemeinsam essen konnte. Die junge Frau, fast noch Teenager, wartete lange und Koryn erschien einfach nicht. Irgendwann akzeptierte sie den Fakt, dass ihr Freund nicht kommen würde. "Koryn," sprach sie leise und traurig seinen Namen aus und sank mit beiden Armen auf dem Speisetisch zusammen, um sich unter den breiten Robenärmeln zu verstecken. Er hatte sie enttäuscht. Sie schluchzte einfach. Schließlich erhob sie sich nach einem Moment des emotionalen Schmerzes, um Koryn zu suchen. Vielleicht war ihm etwas passiert? Vielleicht brauchte er jetzt sie? Mytria wollte nicht aufgeben. Sie wollte sich nicht in negativen Gedanken verlieren. Suchend durchlief sie das Praxeum, bis sie das Trainingsgelände betrat. Sie hatte nichts gegessen und war etwas unterzuckert, was sie gereizt werden ließ. Wütend wurde sie nur als sie Koryn trainiernd vorfand und er ganz in sich gekehrt seine Übungen durchführte. Mytria beobachtete ihren Jedi-Kameraden und Vertrauten einen Moment lang, bis sie es nicht mehr aushalten konnte. "Hast du mich vergessen?" - schimpfte sie einem Illrak-Vogel gleich und breitete ihre Arme aus, um in den Raum in voller Breite zu deuten. "Hast du mich vergessen," wiederholte sie und nun wurde ihr klar, dass er es wohl hatte. Man vergaß sie doch nicht einfach. Wieder hatte man sie versetzt. Warum nur? Sie hätte doch gehen sollen. Wieder wollte sie flüchten aber tat es nicht. Jetzt wollte sie beständig sein. Sie sagte nichts mehr und wartete auf Koryns Reaktion. Ihr vorwurfsvoller Blick lag auf dem Jedi-Schüler, der sich hoffentlich zu ihr umdrehen würde. Mytria musste wissen, warum er sie versetzt hatte. Eine Antwort erhalten, damit sie sich nicht mehr versetzt fühlte.
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