#4
Still folgte Amber der bitte der Stabschefin und bewegte sich, offenbar leichtfüßig und unbeschwert, zu den ihr angebotenen Sitzplatz. Wenn sie ehrlich war, dann hasste sie es zu sitzen, es war, als würde sie jemand zu untätig verdammen. Sie in einen Stuhl bannen, dazu genötigt die Beine hochzulegen und den Dingen ihren Lauf nehmen zu lassen. Aber es wäre unhöflich gewesen die Bitte abzuschlagen und so nahm die Ratsherrin gegenüber Chin platz. Da Angebot einer Erfrischung aber, schlug sie aus. Amber zählte sich nicht zu der Art Politiker, die während Sitzungen nichts besseres zu tun hatten, als sich permanent mit Getränken versorgen zu lassen und irgendwo war es auch albern. Sie hielt hier keinen mehrstündigen Vortrag, es war lediglich ein Gespräch. "Nein, danke Stabschefin", entgegnete Amber ruhig und gelassen.
Chin indes, verschwendete nach der nötigen demonstrierten Höflichkeit, keine Zeit damit die Bombe platzen zu lassen. Ihre Vorahnung bestätigte sich, es war natürlich jenes heikle Thema, das Gegenstand dieser Diskussion werden sollte - welchen Nutzen ihre Gesprächspartnerin daraus zu ziehen Gedachte, entzog sich aber noch immer ihrer Vorstellung. Vielleicht ging es nur darum, sie öffentlich zu diffamieren, zumindest die Art und Weise, wie Chin ihre Vorwürfe vorbrachte, bestätigten diese Vermutung. Es wäre auch keineswegs absurd: Amber war nicht unbedingt ein geschätztes Mitglied der Gesellschaft, viel eher ein geduldetes. Für viele Republikaner, besonders jene die so blauäugig den Idealen und dem (korrupten) Apparat der einstmals so prächtigen Galaktischen Republik nachtrauerten, sahen in ihr noch den alten Feind, der es schaffte den Krieg in ihre selbstgefälligen Wohnzimmer auf Coruscant zu bringen. Dass sie dann auch noch einen Sitz im Rat bekam, mochte für viele noch unverständlicher gewesen sein und nicht wenige vermuten dahinter lediglich eine geschickt geführte Lobbyarbeit. Auf der anderen Seite hatte Amber es auch nie bestritten, dass sie die Ideale des toten Grafen von Serenno und ehemaligen Jedi, Dooku, teilte. So wie es für viele normal war in der Republik aufzuwachsen, so war es für sie normal in einer Konföderation großgezogen zu werden. Anders als viele Republikaner, hatte Amber auch nie vergessen wer den letzten Krieg begann und noch weniger warum. Für den Sieger aber war es schon immer leicht, den Verlierer allein für all die begangenen Grausamkeiten verantwortlich zu machen.

Amber stöhnte innerlich auf, als der Name Valorn fiel. Der Admiral mochte für manche heikle Unternehmungen eine Bereicherung sein und erledigte die Dinge auf seine Weise auch ordentlich, aber sie vertraute dem Bothan nicht und hielt viele seiner Taktiken für zu waghalsig, als dass er verlangen konnte, dass andere ihm blind folgten. Leute, die ihn nicht kannten. Dieses Problem hatte sich schon bei der Erprobung der "Typhoon" - Fregatten gezeigt und nun sollte ausgerechnet er der glorreiche Retter sein? Amber hatte ihre Zweifel, dem Bothan fehlte das nötige Maß an Feingefühl um sie von seiner Sache zu überzeugen oder anders gesagt: er war schlichtweg zu grob und eigensinnig. Als Chin erwähnte, dass Valorn aller Vermutungen nach bereits eingegriffen hätte, krampfte sich ihr Magen noch mehr zusammen. Hoffentlich würde das nicht in einem Desaster enden, denn dann könnte sie im Anschluss ihre Sachen packen und aus der Republik austreten. Zu viele gemeinsame Ressourcen wurden in dieses Projekt investiert, zu viel geopfert, als dass der Verlust dieser Waffe keine Konsequenzen nach sich ziehen würde.
Sie hörte sich weiterhin ruhig an, was die Stabschefin zu sagen hatte, auch wenn die Worte sie innerlich aufwühlten. Es brachte nichts, sich wie ein wütender Ronto zu benehmen und tobend durch das Büro zu stapfen, sie musste sich zusammenreißen und Chin sprach einen interessanten Punkt an. Vertraute Amber der Republik? Nein, nicht vorbehaltlos und das würde sie auch nie. Möglicherweise waren Leute wie die Stabschefin die Ursache dafür, dass sie die Republik nicht als Verbündete, sondern eher als notwendiges Übel betrachtete. Viele forderten einseitige Vertrauensbeweise und Rechtfertigungen - aber wie sollte sie wissen, ob der Republik zu trauen war? Das alte System war an Korruption erkrankt und die von vielen so gepriesene Demokratie war schon seit Jahrhunderten eine Farce und was noch wichtiger war: Ihre Interessen waren nicht die Interessen der Republik. Es gibt Differenzen, doch wie schon vor fünfundzwanzig Jahren, war die Kompromissbereitschaft gering. Für Amber stellte dieses Übel, dass der Rebellenallianz entsprang, nur ein Mittel zum Zweck dar. Sie waren verbündete, weil ihr gemeinsamer Feind das Imperium war. Dies war der essentielle Grund, der sie verband. Alles andere war für Amber nur Theater und solange die Republik siegreich war oder sich zumindest hielt, würde sie die Kriegsbemühungen auch tatkräftig unterstützen.

"Entscheidungen wie diese bedrücken mich.", begann die Ratsherrin nach einem Moment des Schweigens schließlich. "Als ich nur Vorsitzende eines Unternehmens war, konnte ich sie der Firmenhierarchie überantworten. Aber jetzt....", Amber betrachtete einen Augenblick lang nachdenklich das Chrono, ehe sie Chin wieder mit ernstem Blick ansah, "Jetzt habe ich nur noch mich." Sie machte eine erneute Pause und suchte nach den richtigen Worten, die der Stabschefin das Problem verständlich näher bringen sollten. "Unsere Allianz ist noch neu, zu neu, als dass ich Ihnen leichtfertig mein Vertrauen schenken kann. Viele betrachten mich immer noch als eine Art Feind, einen Dolch im Rücken der Republik, das macht es nicht leichter." Amber lehnte sich etwas zurück, vielleicht ein geschickt eingefädeltes Indiz, für die Distanz zwischen ihnen. Dennoch gelang es ihr nicht vollständig ihre Nervosität zu verbergen, als sie sich dabei ertappte, wie sie unbewusst mit ihren Fingern herumgespielt hatte. "Ich respektiere die Neue Republik für ihren Mut, gegen das Imperium zu kämpfen, selbst wenn wir nicht dieselben Ideale teilen. Aber unterliegen Sie keiner Illusion, ich suche keine Tanzpartnerin, sondern jemanden, der mächtig genug ist, die Tyrannei des Imperiums zu zerschlagen und ich unterstütze Sie dabei, so, wie es viele andere Welten auch tun."
Das sollte Chin niemals vergessen: die Republik lebte nur, weil es viele Welten gaben, die sie inzwischen offen unterstützten, aber das bedeutete nicht, dass einzelne Planeten, Unternehmungen oder gar Personen ihre Souveränität an den noch wackligen Staat abgaben und das würden sie auch nicht. Jede Welt sollte eine eigenständige Einheit bleiben.

"Der eigentliche Grund warum ich Sie nicht informiert habe Stabschefin, ist ganz einfach der, dass es dazu keinen Anlass gab. Es war weder geplant, noch beabsichtigt, dass der Schlachtkreuzer in eine solche Notlage gerät. Schiffe dieser Größe benötigen für gewöhnlich keine Eskorten und besitzen Kapazitäten für große Kontingente an Jagdmaschinen." Amber legte den Kopf ein wenig schief und dachte nach, was sie der Stabschefin noch sagen sollte. Im Prinzip gab es nichts, das Unglück war geschehen, viel dagegen tun konnten sie nun nicht mehr. "Der Angriff auf Kamino sollte dem Schiff eigentlich keine größeren Schwierigkeiten bereiten. Der republikanische Geheimdienst hatte versichert, dass das Imperium Truppen bei Rothana sammelt und Kamino daher relativ ungeschützt ist.", fügte Amber noch ungewohnt trocken an. Sollte Chin daraus ihre eigenen Schlüsse ziehen: entweder war die republikanische Aufklärung an diesem Tag miserabel, oder aber es handelte sich um eine gezielt eingestreute Fehlinformation.
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