#8
Spielleiter

Der Dickliche wankte einen winzigen Schritt zurück, als Pestage ihm anbot, Platz zu nehmen. Sich hier setzen? Neben oder besser vor diesen Politiker? Er war noch nie hier gewesen und es fühlte sich ungewohnt an, die Lehne dieses Stuhles zu greifen. Mit seinen wurstigen Fingern umgriff der Offizier die Stuhllehne, zog ihn zurück und nahm Platz, wobei der Stuhl mühsam ächzte. "Wir alle könnten eine Pause vertragen," war der Kommentar des fetten Imperialen, welcher sich selbst wohl schon längst aufgegeben hatte. Immerhin sprach sein Körper nicht die Sprache der vollen Gesundheit oder des glücklichen Lebens. Schön war der Offizier alle mal nicht. - Aber was war schon schön am Imperium? Der Protz? Der Beton? Oder doch die Allmachtsfantasie? Müde war man. Müde zu kämpfen, für eine eigentlich falsche und verlorene Sache. Nur sprach man es nicht aus. Man ging wieder an diesen Ort. Einen Ort der Loyalität. Man war loyal, bis zum Untergang. Ob dick oder dünn, schön oder hässlich, groß oder klein, das Imperium funktionierte weiter. Auch fernab des Wunsches oder Zieles. In diesem Sinne war der Offizier, der gerade Platz genommen hatte, sicherlich nicht mehr empfänglich für Freundlichkeit oder Menschlichkeit, da ihn allein seine Funktion interessierte und mit dieser zu überleben. Was gab es sonst noch? Außer dieser Weltlichkeit mit ihren Narben, als auch Wunden.

"Ich bedanke mich," sagte der Imperiale, während er zur Karaffe griff, um sich einen Schluck Wasser einzuschenken. Durst hatte er. Einen großen sogar. Der Weg war steinig gewesen. Nicht, weil er so gefährlich war, sondern weil er für ihn ungewohnt war. Nicht oft suchte er den imperialen Palast auf. Nicht oft, ging er überhaupt weite Strecken zu Fuß. Der verlorene Schweiß und mit ihm die Flüssigkeit mussten ersetzt werden. Insofern trank er der Eifrige mit einem großem Satz aus seinem Glas, wobei sein Rachen ein gluckernedes Geräusch hervorbrachte. Dann stellte er das Glas ab, blickte über dieses hinweg, zu Pestage.

Er hatte sich jemanden schicken lassen? Der Imperiale konnte nicht ganz glauben, dass er gemeint war. Immerhin war er nur eine kleine Randfigur des Stabes. Natürlich hatte er eine gewisse Grundahnung aber im Vergleich zu anderen, trat er weit zurück. Man seufzte.

Moral und Verfassung waren im symbolischen Keller. Das wusste selbst er. Sollte er Pestage direkt damit konfrontieren? Die Fragen des Wesirs waren eindeutig. Der Imperiale suchte ein wenig Halt auf dem Tisch, auf den er sich nun abstützte, beugte seinen fleischigen Kopf vor und beäugte Pestage mit seinen kleinen Augen einen Moment. Dann antwortete er:

"Die Republik hat uns vernichtend bei Eriadu geschlagen. Weite Teile unserer Truppen errichten Sperrzonen im Mid-Rim oder haben Befehl sich bei Fondor zu sammeln, um einen Abwehrschlag gegen die Republik im Falle einer Kernoffensive zu führen. Es ist möglich...," sprach er schnell daher, um möglichst viele Fakten unter zu bringen. Schnell heraus werfen, um schnell zu entfliehen. Diese Situation war dem Dicken spürbar unangenehm. "... dass die Republik bald gegen den Kern vorgeht oder andere ungedeckte Welten, die nicht mehr durch die 12te Flotte oder andere Flotten aus dem Raumgebiet gedeckt sind. Ferner ist durch das Verschwinden des Imperators Vesperum, ein Moraldefizit entstanden. Viele Offiziere sind Vesperum-Anhänger und deuten das Entschwinden als persönliches Versagen oder suchen eine neue starke Majestät. Die Loyalität euch gegenüber ist also fragwürdig. Blitzer Harrsk im Orbit droht sich von euch zu entfernen, wie uns aus ISB-Berichten mitgeteilt wurde. Im Ganzen ist die Lage instabil und das Oberkommando versucht eine neue Strategie zu finden, um den galaktischen Süden neu zu decken und militärisch zu schützen." Knapp formuliert: die Lage war bescheiden und es gab noch keine Lösung. Nun schluckte er. Er hoffte, die Loyalitätsfrage wurde ihm nicht als persönliche Kritik durch Pestage ausgelegt. Der Offiziere fürchtete schlicht, für das Überbringen einer schlechten Nachricht hingerichtet zu werden. Sofort stieg Schweiß auf seine wulstige Stirn.
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