#20
Zeitlos war der Atemzug, den Vesperum tat. Gefangen in sich selbst, war dieser Moment, so endlos, wie das Universum selbst und doch fand der Gedanke sein Ende, in der traurigen Gewissheit, dass selbst ein Gott sterben würde, wenn der Glauben versiegen würde. Ein Schatten war ohne Licht verloren und ein selbstverklärter Messias war ohne Aufgabe, ohne zu errettende Seelen, bedeutungslos. Diese Bedeutungslosigkeit, die schreckliche Erkenntnis einer Person, die die Macht eines Gottes zu finden glaubte; glaubte davon gekostet zu haben, fürchtete den in seinen eigenen Ketten siechenden Geist des Monstrums, welches keine irdischen Grenzen zu kennen glaubte. Doch eine übernatürliche Grenze zog sich durch das Jetzt, durch diesen Moment und offenbarte, dass der Verstand des Mannes, der sich anschickte, allen Dingen eine neue Form zu geben, längst verdammt war. Seine Ewigkeit war Qual, gleichsam Hölle und finstere Offenbarung einer anderen Welt, die weit über das hinausging, was er hier greifen konnte. Die Ewigkeit umschloss die Kehle des Mannes, der seinen Atemzug verlor, in einen Hauch des Todes, der ihm stets folgte. Es wurde kalt, so unsäglich kalt, dass Vesperum kaum glauben konnte, dass der Tod Leibhaftigkeit besaß. Doch der Tod war leider nicht das Ende, sondern viel mehr für diesen Verdammten eine endlose Abfolge des Sterbens. Gefangen und machtlos gegenüber seiner eigenen Macht, die einen tonlosen Gesang bestimmte, der alles verdarb, was er erreichen konnte und doch war dieser stete Sieg dort, immer wieder gezeigt, dass es möglich war aber nicht für ihn. Eine Melodie des pulsierendes Blutes, welches gegen die widernatürliche Stille ankämpfte, die Zeit beleben wollte, damit sie wieder verrann und ein Gott wieder bei Regeln gebunden war. Vesperum fürchtete diesen Ort, diese Welt, die wie aus einer ewigen Saat geboren war, die er selbst gesetzt hatte. Schlagartig wurde ihm klar, dass auch er nur ein Gefangener seiner Handlungen war und die Abfolge sich stets wiederholte. Alles wiederholte sich. "Lass es enden," forderte sein wortloser geöffneter Mund flehend. Doch es gab kein Ende. Niemals gab es ein Ende für das, was er geworden war. Schatten lagen immer dort, wo Licht war. Wo Leid war, war er. Wie viele vor ihm, dem Fluch erlegen, die Galaxis wirklich verändern zu können. Seine Hybris war der Glauben, dass ein Wille ausreichte, um eine Göttlichkeit zu stürzen. Doch nur ein Mensch war er, doch seine Rolle spielte; und dies immer wieder. Vesperum war hier und wollte sich des Momentes entledigen, bis die Zeit sich durch Willenskraft wieder erweckte. Seine kalten und toten Augen blickte zu Nashira, die in die Totenwelt des Vesperums eintrat. Er keuchte kaum hörbar aber die Leiche, die am Leben hing, lächelte, als das Leben zurückkehrte; vergessen machte, was noch sein könnte. Vesperum fand sich in seinem Augenblick wieder, wieder im Jetzt und die Ewigkeit wartete, ihm einst die Hölle zu bereiten.
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