#14
Er starb. Genau hier. Vesperum starb eines kümmerlichen Todes, getrennt von dem, was er suchte. Der dunkle Lord hätte sich aufraffen können, wirklich alle Kräfte freisetzen, die er besaß aber wozu? Wozu in ein krankes Leben zurückfinden, welches kaum mehr als eine Fraktur einer Idee war? Vesperum wollte nicht mehr, nicht weiter machen, da dieser Kraftakt ihm zwar ein neues Leben geben würde, aber gleichsam erneut etwas aus seiner Seele reißen würde. Er kannte die Gesetze des Kosmos, der natürlichen Verbindung von Leben und Tod, schließlich war nichts umsonst in dieser Realität. Doch er wollte nicht einfach so vergehen. Nicht so. Seine Augen suchten die Decke ab, suchten einen Fluchtpunkt; eben einen echten Weg hinaus, doch es gab keinen Weg hinaus. Der kriechende Schmerz des Todes umschlang seinen Körper, der immer lebloser wurde. Sein Herz hatte aufgehört zu schlagen. Er spürte es nicht mehr und auch keinen Puls in seinen Adern. Seine Sicht verschwamm, wurde unbeständiger und haltloser. Bilder zuckten vorbei, flüchtige Erinnerungen an Erlebtes, kaum zu fassen, bevor sie ins Vergessen fielen. Niemand stand ihm bei, keine Macht oder Gnade ließ sich nieder, um ihn zu führen. Der Imperator starb allein in seinem Albtraum aus gescheiterten Träumen. Hier war nichts mehr zu retten. Mit aller Macht hätte er noch seine Hand ausstrecken können, um die Soldatin zu greifen, sich ihrer Lebenskraft zu bedienen, um noch einmal Rache zu nehmen aber wozu? Sein Imperium hatte ihn verraten, war nicht mehr Werkzeug, sondern Täter. Pestage hatte ihn verraten, Ardus Kaine gerichtet und der Krieg als nutzlos erwiesen. "Mehr Zeit," hauchte seine Stimme tonlos und ohne ein gesprochenes Wort aus seinem geöffneten Mund, dem bereits erste Fäulnis entwich und sich mit dem Rauch seiner Schusswunde verband. Nein, ihm war keine Zeit mehr vergönnt. Seine Rituale waren nicht abgeschlossen, würden ungehört in der Geschichte verschwinden und keinerlei Macht in der Galaxis hinterlassen. Nun lag er hier, bewegungslos in Pein und Schmerz, in seinem Moment des Todes. Die Energien seiner finsteren Macht zerfielen Stück für Stück, rissen durch den schwindenden Willen immer mehr Zellen hinab, die sich beständig auflösten. Vesperum hatte seinen Willen verloren. Noch einmal hätte er auferstehen können, noch einmal mit Gewalt etwas beanspruchen aber tat es nicht. Er ließ sein Ende zu. Doch etwas ängstigte ihn. Es war eine Angst, die er bereits kannte. Es war niemals genug gewesen. Der Tod näherte sich mit jeder Sekunde, die für ihn Ewigkeit war. Kalte Klauen griffen nach ihm, zogen an seinem Geist, wollten ihn hinabreißen in eine Hölle aus vergangenen Taten. Vesperum fürchtete den Tod, denn diesen konnte er nicht kontrollieren. Nun war er in den Fängen der Macht, die gnadenlos auf ihn einwirken würde, bis nichts mehr blieb. Mit Kraft versuchte er noch seine Finger zu bewegen. Mit aller Macht versuchte noch ein Zeichen von sich geben, doch die Kraft verschwand, denn sein Wille war gebrochen. Hätte er mit diesem Verrat rechnen müssen? Hätte er andere Ziele setzen sollen? Vesperum blieb nicht mehr viel, außer in den letzten Sekunden seines Lebens über dieses Ende nachzudenken. Alles war umsonst, jeder Gedanke müßig, da es schlicht endete. Im Ende lag keine Macht, keine Zukunft, sondern schlicht und einfach endete seine Existenz. Sicherlich würde die Galaxis aufatmen, doch das Imperium war nicht besiegt aber es würde weiter zersplittern und das Chaos, welches er noch gelenkt hatte, wachsen und unhaltsam viele Welten heimsuchen. Doch Vesperum war dies nun egal. Sein Imperium hatte ihn enttäuscht.

Diese Realität hatte ihn enttäuscht, doch dabei hätte hier mehr sein können. Darth Vesperum versuchte zu verstehen, doch konnte nicht verstehen, da die Bewegungslosigkeit auch seinen Geist langsam machte. Er war dem Moment ausgeliefert und somit diesem Prozess, der ihm von der Macht gemacht wurde. Ein Urteil lag in weiter Ferne, während die Strafe bereits vollstreckt wurde, denn die kalten Klauen zerfetzten die Realität, die er nicht mehr wahrnahm. Seine Pupillen weiteten sich, wollten den Rest Seele entkommen lassen, doch etwas hielt sie zurück. War die dunkle Seite wirklich der Schlüssel? War dieser Weg sinnvoll? Doch auch dies war nun bedeutungslos. Vesperum wollte diesem Schmerz entkommen, der nicht mehr zu enden schien. Die Klauen rissen inzwischen an seinem Kopf, da sein Gehirn auch durch seine widernatürliche Macht nicht mehr lange standhalten konnte. Nicht mehr lange und sein Körper würde verfallen, in jene Asche, die er anderen angetan hatte. Die dunkle Seite gierte nach ihrer Beute, die andere ebenfalls zur Beute gemacht hatte. Die Bestie, der Dämon und das Monster starben in seltsamer Tragik, denn Vesperum verlor alles, was er sich erträumt hatte. Die Augen wurden schwer, während die Energien über seinen Körper wanderten und einen blauen Schimmer abgaben, der dezent ins Schwarze umschlug. Wie sehr wünschte er sich Saanza hier, oder Amaranthine oder seine Mutter, um ihm beizustehen, doch niemand kam. Niemand erschien und auch kein Elysium offenbarte sich. Vesperum war verstoßen von allen, verdammt in eine Hölle der Einsamkeit. Er wartete, wollte warten, dass wirklich jemand Gnade zeigte und die Macht vielleicht doch ein Licht bereit hielt, doch es gab kein Licht für ihn. Nicht mehr. Schließlich schlossen sich die Augenlider in eleganter Schleichbewegung und die Finsternis umschloss seinen Geist, während sich sein Körper in dieser Realität in Asche auflöschte und im Zug der Klimaanlage verwehte. Ardus Kaine und Pestage blickten erstaunt zu diesem Anblick und waren recht angewidert, da sie befürchteten diese trockene Asche einzuatmen, die einem Strudel gleich davon getragen wurde.

Darth Vesperum hatte in dieser Realität die Augen zugeschlagen aber in einer anderen geöffnet.

Nach einem Blinzler, einem kurzen Augenblick, fand er sich im selben Raum wieder. Doch hier war kein Pestage, kein Ardus Kaine oder seine Putschisten, sondern nur Großadmiral Octavian Grant neben den Rotgardisten des Thrones stehend, der sich vor einer großen holographischen Kartendarstellung der Galaxis befand und etwas erklärte. Ein lautes Dröhnen schien ihn zu überschatten, welches monoton hämmernd die Ohren des Imperators lähmte. Der Imperator verstand den Großadmiral nicht, der mit einer Art Zeigestock auf verschiedene strategische Punkte deutete. Octavian Grant sprach für den Imperator tonlos. Er bewegte seinen Mund aber keine Worte kamen heraus. Das Dröhnen wurde leiser, zog der Realität nach, bis es schließlich verschwand und die Stimme von Grant zurückkehrte mit einem abgebrochenen Halbsatz: "... Denon wird dann gehalten. Haben Sie Fragen, eure Majestät?" Darth Vesperum war überfordert. Was war gerade hier passiert? Schnell huschten seine Augen suchend umher. Sie wollten eine Antwort und diese Realität prüfen, ob sie Bestand hatte. Es gab keine Zeichen einer Illusion, oder Falschheit, das sie die üblichen Muster der Überlagerung zeigte, die er kannte. Etwas war geschehen, was außerhalb seiner eigenen Erfassung lag. Octavian Grant blickte den Imperator wartend an, wollte nachfragen, ob etwas mit seinem Imperator nicht stimmte aber wagte es nicht, sondern verweilte lieber wortlos den Zeigestock auf Denon gerichtet. Dem dunklen Lord war gerade etwas geschenkt worden; oder er war erneut verflucht worden oder sein bekannter Fluch zeigte neue Höllen auf, die noch kommen würden. Vesperum begriff verschiedene Realitäten, verschiedene Dimensionen aber hätte nie gedacht, dass dies möglich wäre oder besser dies selbst erleben zu können. Es gab noch so viel mehr zu entdecken. So viel mehr in dieser Unendlichkeit, das selbst seiner geöffneten Wahrnehmung zu groß war. Sein im Wahnsinn geschulter Geist konnte es erdulden, dieses Nichts aber haderte mit anderen Realitäten, die seinen Willen anders beeinträchtigten.

Er war gestorben. Irgendwo, irgendwann und irgendwie. Es war passiert. Das wusste Vesperum. Er war dort und er war diese Person gewesen. Es war Wirklichkeit und doch war sie hier und jetzt wieder bedeutungslos. War es ein Bruch in der Zeitlinie? War es ein Paradoxon oder ein neue Machtebene? War dies göttlich oder doch nur seine wachsende Machtlosigkeit gegenüber den Mächten, die er geweckt hatte? Dieses Erlebnis ließ ihn bekümmert zurück. All die Gedanken des Todes, so real und wirksam, waren noch hier. Es passte nicht mehr. Das Bild passte nicht mehr. Er war tot aber lebte. Vesperum lebte. Die wartenden Augen von Grant verrieten ihm, dass es an der Zeit war, in dieser Realität anzukommen, damit die Imperialen keinen Verdacht gegen ihn hegten oder Wahnsinn vermuteten. "Ja, eine wunderbare Ausführung, Großadmiral. Ich habe keine Fragen," flüchtete sich der Imperator aus der Besprechung. Es war eine Lüge. Natürlich hatte er Fragen, da ihm die ganze Besprechung fehlte. Und er hatte auch Fragen über diesen Vorfall aber war sich sicher, dass nur Sorzus Syn ihm hierzu antworten liefern konnte. Was hatte sie ihm angetan? Dieses erste Ritual hatte etwas aufgebrochen, etwas zerstört, was zwischen den Welten lag; zwischen den Realitäten und brach nun über Vesperum herein, der damit nicht umgehen konnte aber umgehen musste. "Ich möchte, dass Sie Blitzer Harrsk zu einer Audienz einbestellen," befahl der Herrscher, der schnellstens Verbündete um sich scharen wollte. Er brauchte loyale Seelen oder zumindest loyale Anhänger, die ihm folgten. Nach diesem erlebten Verrat war die Paranoia hier. Pestage musste geprüft werden, durch Isard gesichert werden und Ardus Kaine musste ebenso an eine Kette gelegt werden, denn diese Realität dürfte sich hier nicht wiederholen. Noch war er nicht bereit für seinen eigenen Tod. Erst wenn alles in seiner bestimmten Fügung war, konnte er als dieser Mensch sterben und etwas anderes werden. Octavian Grant räusperte sich, nickte angewidert ab aber konnte sich keine offene Meinung erlauben. Noch nicht. Schließlich sagte der erfahrene Militär: "Jawohl, Imperator. Ist dieser Lagebericht damit beendet?" Er wollte sich versichern, wirklich gehen zu können und der frostigen Präsenz des Imperators zu entgehen. Auch ärgerte er sich über die Hofierung von Harrsk, der in seinen Augen eine Kriegsbestie war. "Ja, Großadmiral," antwortete Vesperum, der eine Handgeste zeigte, um Grant zu entlassen. Octavian Grant verneigte sich elegant, um dann durch das Sicherheitsportal abzutreten. Die Holokarte war weiterhin aktiviert. Der Imperator blieb mit seinen beiden Gardisten allein zurück, blickte zu Boden und auf seine Hände, die er neurotisch betrachtete. Er war lebendig. Wirklich lebendig.

Schnell öffnete und schloss er seine Augen, um zu prüfen, ob diese Realität möglich war und ob sie Bestand hatte. Ja, sie hatte Bestand. Erleichtert atmete der panische Sith aus, der versuchte nicht in dieser Angst zu verharren, die in seinem Nacken saß und dem Tod gefolgt war. Ihm fiel diese Melodie ein, die er zuvor gehört hatte. Er verglich sie mit der Melodie seiner geliebten Spieluhr. Beide Melodien hatten Ähnlichkeiten und auch Unterschiede. Jedoch war etwas in diesen Musikstücken, was er nicht verstand und auch eine Macht, die größer war als das, was er bisher erreicht hatte. Er würde meditieren müssen, nachdenken und diese Erfahrung ergründen, wenn Sorzus Syn nicht bald erneut erscheinen würde. In letzter Zeit erschien sie seltener und die erleichternden Momente in ihrer Weisheit verdunkelten sich. Der Imperator stützte sich auf den Rand des Kartentisches, der immer noch jenes Hologramm der Galaxis warf. Der dunkle Herrscher blickte auf die Karte und verweilte so für ein paar Atemzüge. Dies war seine Galaxis, vorerst. Noch konnte er frei agieren und würde es auch tun, da dieses Ereignis noch nicht eingetreten war. Er würde nun handeln und diese Realität besser gestalten als diejenige, die er erlebt hatte. Später war Zeit für Antworten, jetzt war die Zeit für das imperiale Geschäft. Hektisch wandte er sich vom Tisch ab, der sich schließlich deaktivierte als der Imperator im Geleit seiner Wache den Raum verlassen hatte. Mit festen Schritten durchbrach er die Stille der Korridore in Richtung des kleinen Thronsaales, der Raum für Privataudienzen und fand dort die Geheimdienstchefin Ysanne Isard auf der Lehne seines Thrones sitzend vor. Wie gewünscht war sie hier, um mit ihm zu sprechen. Der Imperator war erleichtert sie vorzufinden, obwohl man Geheimdienstlern immer mit Vorsicht begegnen sollte. Darth Vesperum deutete seinen Wachen an, am Eingang zu warten und trat weiter auf seine alte Wegbegleiterin zu.
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