#12
In der Tat kehrte Pestage alsbald mit der Menüwahl zurück, betrat durch die bewachte Tür die Kammer und trat mit einem Pad in der Hand zu seiner Majestät. "Eure Majestät," grüßte Pestage unterwürfig mit einer Verbeugung, jedoch ohne Kniefall und begann aus dem Menü zu verlesen, welches er nun auf dem Pad erblicken konnte. "Wir haben Ilrr-Pute auf Gemüse oder exquisites Perdonn-Rind an Reis," wollte Pestage beginne, doch Vesperum, immer noch zum Fenster gewandt hob die Hand. "Ich nehme das Perdonn-Rind," denn ihm war es eigentlich egal, was er aß aber bevorzugte blutiges Fleisch, so dass er das wertvolle Steak wählte. Der Großwesir nickte ab und begann das Menü zu vervollständigen: "Manaanische Tintenfischsuppe wird vom Küchenchef empfohlen als ..." Der Imperator überlegte und kam zu dem Schluss, dass Manaanische Tintenfischsuppe nicht ganz seinem Geschmack entsprach. "Nein, ich esse einen einfachen Salat vorweg. Mit viel Dressing," orderte er die Erweiterung seines Abendessens und Pestage notierte dies auf dem Pad. "Als Nachtisch haben wir eine imperiale Torte zu euren Ehren bereiten lassen." Der Imperator war zufrieden, wandte sich mit seinem Sessel zurück, um seinen Diener anzublicken. Noch immer stand die Karaffe mitsamt Glas auf dem Schreibtisch. "Sehr gut. Zum Essen wünsche ich einen milden Wein aus dem Mittleren Rand," ergänzte der Herrscher sichtlich gelangweilt und Pestage nickte erneut, um auch diese Bestellung nieder zu schreiben. "Die Küche wird sich über eure Wünsche freuen, Majestät." In Wahrheit war es für den Küchenchef und sein Team auch nur eine neue Arbeit und der imperiale Palast hatte jegliche Luxusspeisen auf Vorrat, die man sich nur vorstellen konnte. Nicht nur der Imperator köstigte großzügig, sondern auch viele hohe Beamte und Offiziere im Palast selbst. Die Küche des Palastes galt in der gesamten Galaxis als herausragend, sofern man nicht auf eine der normalen Kantinen und Messen verwiesen wurde, die von schlichten Droiden betreut wurden. Der Imperator lehnte sich zurück, verstaute seine Arme entspannt auf der Lehne, da er für eine Moment einfach nur vergessen wollte, was noch vor ihm lag. Sein Körper schmerzte, während die dunklen Energien seine Adern durchpumpten und die kleinen Zeichen aus schwarzen Blitzen an seinem Hals und Schläfen hinterließen. Immer wieder traten die schwarzen Äderchen hervor in der pergamentartigen Haut aus weißer Asche, die durch einen milchigen Film in Form gehalten wurde. Sein Haut war anders, wesendlich anders, als die eines normalen Menschen. Selbst der ergraute und aschweiße Pestage wirkte neben ihm gesund und lebensfroh. "Mir fehlt Musik," meinte er schließlich und sein Diener Pestage verstand. "Ich werde nach eurem Orchester schauen lassen und es einbestellen," antwortete Pestage, der sich schließlich entfernte, als er bemerkte, dass der Imperator nicht mehr antworten würde. Zudem würde es auch etwas Zeit in Anspruch nehmen, seinen heimlichen Gast in Position zu bringen.

Wie lange hatte er auf diesen Moment gewartet? Auf diesen ruhmreichen Moment, wo Sate Pestage endlich die ihm zustehende Macht haben würden! Er würde dem Imperator endlich diktieren können und es würde nicht mehr nun ihm selbst diktiert. Ein Großwesir der wahren Herrschaft, wie es immer sein sollte. Der Imperator blieb allein zurück, starrte leblos auf die Karaffe mit Wasser. Darth Vesperum war vom Wassern in gewisser weise fasziniert. Es war in seiner Struktur interessant, so anders als der feste Raum um ihn herum. Er konzentrierte sich auf das Wasser, welches bald darauf gefror, wie von fremder Macht dazu befohlen. Das Eis wuchs mit dem Frost, bis die gesamte Karaffe eingefroren war. Eisbelag legte sich auf die Außenhülle der Glaswand, während Vesperum seinen Geist vom Wasser löste. War es das, was er anderen antat? War es das, was er war? Nur ein frostiger Wind in der Zeit, welcher Dinge einfror. Es war dieser Moment der Reue, der ihn wirklich einsam machte. Er saß allein in seinem Machtzentrum, umgeben von Intrigen, Machtspielen und Machthunger. Hier war niemand, der zu ihm hielt, weil er ihn wertschätzte, sondern immer nur mit einem Nutzen oder einer Idee verband. Selbst der getreue Ishin Il-Raz oder Peccati Syn waren auch nur in eine Idee vernarrt, die er verkörpern konnte. Doch niemand interessierte sich für sein wahres Selbst. Er war allein, so furchtbar allein, dass dieser Frost sein einziger Begleiter war. Vesperum gedachte an Saanza, gedachte an Amaranthin und an seine Mutter, all das, was ihm zu entreißen drohte. Die dunkle Seite kannte keine Gnade und doch erbat er sich stets eine Gnade vom Universum, obwohl er gegen jedwedes Gebot des Lebens verstoßen hatte. Der Imperator war einsam mit sich selbst und selbst Sorzus Syn, die unheilige Figur und Schreckensmeisterin seiner Vision, schwieg. Alle schwiegen sie, bis auf die rauschenden Stimmen, das tiefe Brummen, welches niemals schwieg. Ein dunkler Schatten folgte ihm. Stets folgte ihm seine Bosheit. Etwas jagte ihn, etwas wollte ihn niederreißen oder erbauen; nie war ganz klar, was ihn trieb und gleichsam aushungerte. Alles was jetzt war, war diese Kälte. All das Leben, all die Seelen hier auf Coruscant, waren nur stille Feuer um eine schwarze Kerze, die Licht stahl, um selbst brennen zu können. Vesperum stahl ihnen ihre Zukunft in eigener Absicht, doch dabei hoffte er auf das Gute in seiner Selbst. Doch dort war nichts Gutes mehr. Vesperum fand in sich nichts mehr, was ihm ein Schatz sein konnte. Die Schätze lagen stets im Schatten, stets in der Jagd und vor ihm. Niemals in ihm. Seine Realität war längst zerbrochen und mit kümmerlich fragiler Hand eines sterbendes Mannes versuchte er das Enigma, jenes Rätsel des Lebens, zusammen zu setzen, um wieder ein Bild zu finden, welches ihn erinnern konnte, was er einst war. Die dunkle Seite war eine trügerische Falle. Wenn man glaubte, alles erreichen zu können, war dort nichts mehr als man selbst. Kein Leben, keine Liebe und auch keine Zukunft. Es gab nur noch eine Ewigkeit mit sich selbst. Hoffnungslos unterlegen seiner eigenen Macht und den Kräften, die er nicht verstand, wollte er mehr sein; immer mehr sein als ein sterbenden und gebrochener Mann, der sich nach Liebe sehnte. Doch hier gab es keine Liebe, sondern nur kalte berechende Macht. Pestage, schleimig und begierig auf mehr, trat mit einer Dienerschaft auf, die Vesperums Kammerorchester war. Die Musiker in eleganten Roben verschiedener Farben bauten sich im Halbkreis entfernt vom Imperator auf, stellten ihre Klappstühle aus poliertem Aluminium ab und begannen ihre Instrumente aufzunehmen. Pestage selbst trat mit zwei Dienerinnen in feinen Kleidern an Vesperum heran, um ihm den Salat zu reichen, mitsamt etwas Brot, welches eine der Dienerinnen vorsichtig auf dem Tisch abstellte.

Die andere Dienerin stellte zwei Gläser Wein ab, schenkte jeweils ein und verschwand mit der Brotbringenden wieder durch das Portal. Pestage, seines Zeichens auch Vorkoster, trank aus einem der beiden Gläser mit einem genüsslichen Schluck, bevor er mit seiner eigenen Gabel den Salat probierte und schließlich ein Stück Brot abbrach. Es schmeckte ihm. Vesperum wartete teilnahmslos bis das monotone Spektakel vorbei war und deutete dann zum Orchester, damit sie ein willkürliches Stück spielten. Sie kannten seinen Geschmack und wählten stets passende Stück aus ihrem Kanon aus. Pestage selbst verweilte noch einen Moment, bevor er sich wieder entfernte; nachdem er mit einer Handbewegng das Essen freigeben hatte. Vesperum nahm das Silberbesteck auf, um lustlos im Salat herum zu stochern, während der Duft des guten Weines in seine Nase stieg. Das Orchester begann mit angebrachter Laustärke mit einem leidvollen Stück aus der alten Geschichte der Republik. Klassik nannte man es wohl. Vesperum hatte nicht wirklch Hunger, blickte auf die Salatblätter, die in seiner Nähe zu verfaulen schienen oder war es nur das braune Dressing? Der Imperator durchborhte ein knackendes Blatt mit seiner Gabel, um es zu seinem Mund zu führen. Die Musik umspielte seine Ohren und erinnerte ihn etwas Menschlichkeit, die noch irgendwo existierte aber nicht mehr hier. Es war eine Erinnerung an das gefressene Herz seiner eigenen Vergangenheit. Stück um Stück, gelegentlich mit einem Schluck Wein untergraben, aß er sich durch den Salat und brach dazwischen sein Brot allein mit sich selbst. Die Musik spielte weiter, und weiter, bis der nächste Gang aufgetischt wurde. Auch das Fleisch mundete blutig in seinem Mund, wollte zwar schmecken aber Vesperum fand keinen Zugang mehr zu seinem tauben Gefühl. Auch der Wein vermochte das Fleisch nicht wohlschmeckender zu machen. Selbst das spätere Dessert wollte nicht Süße in sein Leben bringen. Alles, was er aß und begann, wollte nicht passen. Man räumte ab, während Pestage erneut auftrat.

Vesperum stoppte die Kapelle mit einer Handbewegung, bevor Pestage zu ihm sprechen konnte. Er wollte ihn verstehen. "Ja?" - fragte der Imperator, der sich mit einem Seidentuch den Mund abtupfte und dieses achtlos auf den letzten Teller mit jenen Tortenkrümmeln fallen ließ. Seine dämonischen Augen erhoben sich und gaben Pestage ein frostiges Gefühl, da sie ihn durchschauen konnten. Der Großwesir musste sein großes Spiel spielen. "Ein Gast ist eingetroffen. Ein Gast, um den Grant und ich gebeten haben und ...," begann er und deutete zum Portal. "Ihr müsst ihn jedoch im Planungsraum empfangen. In der Sicherheitsebene." Der Imperator spürte, dass Pestage etwas verbarg aber der Großwesir verbarg stets etwas. Es war kein Geheimnis, dass jeder Administrator dieses Reiches seine Geheimnisse hatte. Misstraute Vesperum seinem Großwesir? Mit Sicherheit aber es gab derzeit keinen Anlass seine schleimige Art als unnatürlich aufzufassen. "Er erwartet euch dort," formulierte Pestage mit einer tiefen Verbeugung. Darth Vesperum war neugierig und doch ließ ihn seine natürliche Skepsis inne halten. "Wer ist dieser Gast? Ich kann mich nur daran erinnern, Grant verlangt zu haben," erklärte der Imperator nüchtern, während er sich dezent von seinem Sessel erhob.

Die Kammermusiker verweilten regungslos in ihrem Halbkreis, abseits des Schreibtisches. Pestage deutete auf die Musiker: "Lasst uns allein." Die Musiker verschwanden in wenigen Augenblicken, bis nur noch Pestage und sein Imperator zurückblieben. "Ardus. Kaine," sagte Pestage in zwei getrennten Worten. Der Imperator war erstaunt. Sogar überrascht. "Er? Hier?" - fragte der Imperator mit geweiteten Augen. Pestage deutete erneut zur Tür. "Ja, ich persönlich habe eine Übereinkunft in eurem Auftrag ausarbeiten lassen." Pestage lächelte siegesgewiss. Der Imperator schob Pestage mit einer Handgeste zur Seite. "Ich habe euch nur den Auftrag gegeben, politisch gegen Abspalter vorzugehen. Eben, was eine Verwaltung für Möglichkeiten hat, um einen Abspalter wieder zu binden aber ihn einzuladen?" Der Imperator schüttelte den Kopf. "Ihr spielt ein gefährliches Spiel," meinte der Imperator und würde bei Zeiten Isard auf Pestage ansetzen müssen. Sein Freigeist konnte noch eine Gefahr werden. "Dass er tatsächlich gekommen ist...," murmelte der Imperator mehr zu sich als zu Pestage. Es roch nach einer Falle, auch weil Pestage Geist unruhige Impulse ausstrahlte. Dennoch war der Imperator neugierig.

"Wachen!" - rief der Imperator und zwei Rotgardisten traten durch die Tür. "Begleitet mich," befahl er und die beiden Elitebeschützer reihten sich wortlos hinter dem Imperator ein. Pestage verzog leicht das Gesicht aber versuchte diesen Ausdruck zu verbergen. Schließlich machte man sich auf. Bald war der Planungsraum mit seiner großen Kartendarstellung und den verschiedenen Taktikkonsolen erreicht. Vesperum trat durch die große Sicherheitstür, gefolgt von seinen beiden Wachen und Pestage, welcher sich vorsichtig und achtsam an dem Imperator vorbeidrängte. Der Imperator spürte eine neue Präsenz, mehrere neue Präsenzen. Pestage deutete in den Raum, dessen Licht sich mit lauten Klicken aktivierte. "Ich präsentiere Ardus Kaine," triumphierte der Großwesir. Hinter dem Imperator schloss sich die Panzertür und verriegelte sich.
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