#32
Hanaar Varpasi hatte Platz genommen. Vaash hatte diesen Offizier noch einen Moment lang angeblickt, um sich ein Bild über diesen Mann zu machen. Man kannte sich aber wusste wenig vom anderen. Vaash kannte die militärischen Erfolge und auch die Personalakte, sofern sie nicht eingeschränkt war. Der feste Blick seines Gegenübers verhieß, dass er ein sachliche Person war, die wenig auf Höflichkeiten oder emotionales Buhei wert legte und diese nur dem militärischen Protokoll nach abfeierte, wie eine Kanonade. Auch wusste Vaash, dass Varpasi eher Bluthund und Kriegsknecht war, denn wirklich ein taktierender Gentleman. Er ahnte bereits, dass diese Zusammenarbeit schwierig werden würde, da beide unterschiedliche Ehrbegriffe hatten. "Es war ein langer Weg," meinte der Alte vielsagend zu den Glückwunschen zu seiner eigenen Gesundheit. Er konnte nicht wissen, was Tiberius Vaash alles durchgemacht hatte. Allein die letzte Unterredung mit Isard hatte etwas eröffnet, was sich nicht mehr so einfach verschließen ließ. Etwas geschah in diesem Reich, was sich seiner Kontrolle entzog. Ferner rechnete der alte Admiral damit, dass er nun vom Geheimdienst beobachtet wurde. Das Büro war sicherlich verwanzt und seine Leitungen angezapft, so dass er nicht wirklich offen sprechen konnte. Vaash musste seine Worte auf das übliche Sachgespräch beschränken, um Isard keine weitere Munition gegen ihn zu geben. Er machte sich keine Illusionen über seinen aktuellen Lebensumstand. Auch schien Ishin Il-Raz einen Narren an ihm gefunden zu haben. Alles schien unfassbar kompliziert, so dass Vaash jetzt auch nicht die Laune hatte, einem fast fremden Offizier seine aktuelle Lebensgeschichte zu erzählen und einzelne Punkte zu erklären, warum er so lange ausgefallen war. Es war eine Mischung aus Furcht und Frustration, die seine Wortwahl kurz hielt. Im Zweifel stand er allein mit diesen Sorgen und Ängsten. So war es immer. Die Bürde seines Amtes lag nicht nur darin, Flotten zu führen, sondern auch mit dem Apparat "Imperium" auszukommen. Auch wenn er sich selbst als unpolitisch sah, so war doch auch seine Arbeit mit gewissen Politiken verknüpft. Er konnte sich nie ganz davon freimachen. Immerhin war auch er verantwortlich für den aktuellen Zustand des Staates. Tiberius Vaash hatte Vesperum möglich gemacht. Eine Tatsache, die mal Fluch und mal Segen war. Vaash hatte gehandelt und Politik gemacht. Etwas, was er sich heimlich vorhielt, denn eigentlich sollten Offiziere keine Politik betreiben und schlicht dienen.

Vaash diente inzwischen wieder aber eine Zeit lang war die Ambition zur Korrektur im Imperium größer gewesen. Das Imperium war alles und am Ende würde man ihn daran messen, was er für seine Sache erreicht hatte. Das Imperium lebte vom Militär und in diesem Bürgerkrieg umso mehr. Die Waffen waren immer lauter als die Stimmen in einem Senat oder einer Verwaltung. "Wo fangen wir an?" - der Alte sortierte ein paar Pads vor sich, um das passende Gerät für den Admiral vor sich zu finden. "Ich denke, dass wir die üblichen Floskeln übergehen können," knatterte der alte Mann, während er das Pad anhob. Dieser Tag war wirklich anstrengend und nun musste er auch noch diese unangenehme Tätigkeit übernehmen. "Sie wurden degradiert," versuchte er freundlich zu formulieren und scheiterte. Mit einer fast geworfenen Handbewegung schleuderte er Varpasi das Pad mit dem Beschluss zu. "Ihr neuer Rang ist Admiral," sagte der Alte und zog aus einer Schublade ein Kästchen mit einem neuen Rangabzeichen hervor, welches er dieses mal vorsichtiger anbot, so dass es Varpasi mit einer einfachen Bewegung annehmen konnte. "Ich muss das alte Rangabzeichen einziehen," erklärte Vaash mit einem Nicken. "Es ist keine leichte Aufgabe, einen erfahrenen Kollegen und Kameraden zu degradieren aber das Oberkommando hat diesen Beschluss gefasst," rechtfertigte sich der Alte, um nicht ganz herzlos und kalt seinem Gegenüber zu erscheinen. Immerhin war er der Mann der Soldaten und dieser Ruf war nicht ohne Grund entstanden. Er kümmerte sich aufrichtig um die Belange seiner ihm unterstellten Soldaten. "Sie brauchten wohl ein Bauernopfer," teilte Tiberius Vaash eine Vermutung laut mit. Es war auch kein Geheimnis, dass das Oberkommando auch politische Erwägungen traf und gelegentlich Offiziere abstrafte, um einen Sündenbock für das Scheitern von Operationen zu finden. Einer musste Schuld sein und es war immer einfach einen zuständigen Kommandeur abzustrafen als den Stab selbst. Es wurde auch erwartet, dass jeder Offizier dies akzeptierte und als Teil des Dienstrisikos begriff. Es war immerhin besser als gehängt zu werden. Zumal eine Degradierung in den Ebenen, in denen sich Varpasi und Vaash bewegten, selten wirkliche Einbußen zur Folge hatten. Wenn sie wirklich versagt hätten, würden sie hingerichtet. In diesem Bürgerkrieg gab es nur noch Sieg oder Tod. Das Oberkommando ließ keinen Zweifel mehr daran. Vaash missfiel dies zwar aber er hatte keine Wahl. Er war mit diesem System verbunden und ein Ende des Systems wäre wohl auch ein Ende des Tiberius Vaash. "Ferner muss ich ihnen mitteilen, dass sie mir als Admiral unterstellt wurden," sagte Vaash.

"Sie übernehmen den Sternzerstörer Valor mit zwei Geschwadern und bilden zusammen mit der 12ten Flotte meine Kampfgruppe. Wohl ein Testlauf, um zu prüfen, ob man ihnen bald wieder eine eigene Flotte zuteilen wird."Er deutete auf das Pad, welches Varpasi wohl in Händen hielt. "Weitere Details stehen in der Mitteilung." Dann beugte sich der Alte zurück, seufzte und öffnete eine große Schublade unter dem Schreibtisch. Darin befand sich eine Flasche Wein, welche geöffnet war, und zwei Gläser. Mit einem Satz holte er die Flasche Rotwein hervor, ebenso die Gläser und schenkte beiden ungefragt ein. Schließlich nahm er das Glas auf und zeigte mit der freien Hand auf das Glas, welches nun vor Varpasi stand. "Ich nehme an, dass sie diesen Wein schätzen werden," meinte der Alte mit einem salzigen Lächeln. Der alte Raumbär roch am Glas und wollte sich einen Atemzug Pause gönnen. Mit einer eleganten Kippbewegung führte er das Glas zum Mund, um einen genüsslichen Schluck zu trinken. Ein Hauch Entspannung fand sich, als der Geschmack seinen Gaumen füllte. "Sehen sie es als Einstand unserer neuen Zusammenarbeit." Er setzte das Glas ab, behielt es jedoch in seinen Händen und wurde dann wieder ernster in seiner Mimik. Gleich würde er die Operationsdetails besprechen müssen und auch die dubiose Planung vom Großadmiral. Ishin Il-Raz, dieser furchtbare Gnom, ruinierte ihm wirklich diesen Tag. Nicht einmal Isard hatte so viel Frustration hervorgerufen.
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