#30
Es war ein langer Tag gewesen. Ein Tag, der Erinnerung an vergangene Tage geweckt hatte, als man noch durch einfache Handlung Probleme lösen konnte. Umschwarmt von einem Gefolge aus jungen Offizieren, die ihm als Stab zur Seite gestellt worden waren, durchstreifte der reaktivierte Flottenadmiral das Kommando. Ein wichtiger Termin stand noch aus und danach sollte er einen bekannten Kameraden in seine neue Aufgabe einführen. Ob Varpasi überhaupt gewillt sein würde, diese Aufgabe zu übernehmen? Doch bis dahin war noch etwas Zeit. Großadmiral Il-Raz erwartete Vaash in einem Besprechungsraum unweit eines großen Korridors. Tiberius Vaash wollte nicht mit Il-Raz sprechen. Niemand sprach gerne mit dem Gnom. Mit einer Handbewegung deutete er seinem Gefolge an, zu warten und erklärte sie dann für entlassen. Er gab noch ein Pad mit Anweisungen an einen jungen Lieutenant weiter, bevor er durch die geöffnete Tür in den Raum eintrat. Der Propagandachef saß umgeben von einigen Medienleuten in ziviler Kleidung am großen Tisch. Er lächelte breit. "Admiral Vaash," grüßte der Großadmiral, der seine überaus weiße Uniform mit den breiten Schulterstücken trug. Deren Gold funkelte im Licht der Deckenbeleuchtung. "Mein Kriegsheld," sagte er noch und stand auf, um Vaash persönlich zu begrüßen. Durch das verspiegelte Außenfenster drang kaum Licht in den kargen Raum ein. Tiberius Vaash war von der Situation etwas überfordert, da diese überschwengliche Begrüßung nicht in sein Tageskonzept passte. Il-Raz versuchte die Hand von Vaash zu greifen, der eigentlich in militärischer Tradition salutieren wollte. So entstand kurz eine Verwirrung zwischen den beiden, bis Vaash einlenkte und die Hand von Il-Raz ergriff. Der nicht-militärische Großadmiral schüttelte diese eifrig, umschlang sogar mit seiner zweiten schwitzigen Hand die Hand des alten Mannes. "Mein Kriegsheld," wiederholte der Propagandachef mit einem noch seltsameren Lächeln. Vaash schluckte angewidert, da ihm dieser Titel missfiel und die schwitzgen Hände ein unangenehmes Gefühl auslösten. Die Medienvertreter und wohl auch Filmemacher im Raum nickten Vaash ebenso zu, fast simultan bewegten sich ihre Köpfe. Man hatte auf ihn gewartet. Ishin Il-Raz ließ von Vaash ab und deutete auf einen Stuhl am Ende des Besprechungstisches, so dass der imperiale Admiral den Großadmiral das kommende Gespräche hindurch anschauen musste. Die abstrusen Haare des Propagandadirigenten Il-Raz standen wild ab und wankten im Wind seiner hektischen Bewegungen, bis er sich endlich gesetzt hatte. Vaash nahm etwas verstört, sehr bedächtig, seine Position ein und war nun darauf gefasst, dass etwas besprochen werden würde, was ihm überhaupt nicht gefallen würde. Vaash selbst verschränkte seine Arme vor sich auf dem Tisch, die Schirmmütze steckte neben den schwarzen Handschuhen in seinem Gürtel, wie es unter Altgedienten üblich war und im Gebäude trug er selten die volle Aufmachung, sondern verstaute die bekannte Mütze gerne. Dennoch wirkte die restliche Uniform angepasst, kontrolliert und angemessen. Il-Raz kratzte sich am Kopf, bevor er mit einer aufschweifenden Armbewegung seine Eröffnung begann.

"Wir sind hier, um ihnen einen Gefallen zutun, Admiral. Diese Holofilm-Leute und ich planen einen neuen großen Film, der in allen Holo-Kanälen übertragen werden wird. Ein Film, der so wunderbar und wahr werden wird, dass er das Imperium inspirieren wird. Arbeitstitel: - Stolz des Imperiums ," gab der Großadmiral überschwänglich von sich, so dass sich dabei leicht seine Stimme überschlug. Tiberius Vaash zog beide Brauen hoch, da ihn diese Formulierung nun etwas schockierte. Er hatte mit diesem Propagandamachwerk gerechnet, welches Il-Raz plante aber, dass dieser Mann von seiner eigenen Propaganda so eingenommen schien, machte Vaash Angst. Es gab wohl kein Entkommen aus diesem Komplott, um aus ihm einen Kriegshelden zu machen. Es war widerwertig aber sicherlich eine Möglichkeit sich unersetzbar zu machen. Es bestand die Möglichkeit, ein Fundament zu legen, dass Imperium von Innen heraus etwas zu reformieren, denn was ein Kriegsheld sagte oder kommentierte konnte Gewicht haben, sofern man ihn ernst nahm. Genau hier lag das Problem. Gebildete Offiziere nahmen einen in einem Propagagandamachwerk mitwirkenden Offizier selten noch ernst, da sie als unnötige Anbiederung an die Verwaltung auffassten. Es war ein schmaler Grad, den er hier gehen musste. Ein Entkommen war ohnehin nicht mehr möglich. Vaash musste also vorsichtig agieren, um aus dem Spiel gesund und einigermaßen mit Ansehen herauszukommen. "Eigentlich möchte ich nicht," fiel der Alte dem Großadmiral ins Wort, um zumindest etwas Deutungshoheit zurück zu gewinnen. "Dennoch scheine ich wohl keine Wahl zu haben," meinte er dann mit klaren Worten. Il-Raz schien enttäuscht, da sein Gesicht etwas Lächelkraft einbüßte. "Wie? Sie wollen nicht? Es ist ein Geschenk, eine Gabe, ein Wunder und etwas, was jeder Imperiale gerne möchte. Sie sind ein Kriegsheld und verdienen ein Epos für ihren Namen! Ein wahres Epos! Eine Legende, die noch geboren werden muss," begann Il-Raz wieder mit den großen Worten, wobei seine Augen ins Irre überschlugen und sich den Fantastereien ergaben. Der Großadmiral wusste, was sich gut verkaufen ließ und sah Vaash wohl nur noch als Schauspieler und Figur in einer Geschichte, die er selbst erfand. Es waren diese Heldengeschichten, die er selbst mochte und die das Imperium jetzt brauchte. Tiberius Vaash brummte nüchtern, ließ den verrückten Gnom sprechen aber würde bei erheblichem Missfallen erneut das Wort erheben. "Sie, ein Mann, ein Kämpfer für die imperiale Idee, ein Mann der Ehre, groß und wirkmächtig, agiert in schwierigen Zeiten, getragen von einer tiefen Überzeugung, gegen das Chaos," stammelte sich der Propagandachef zu recht, während seine Augen fixiert auf Vaash lagen. Die Medienleute nickten immer wieder eifrig, darunter tat sich eine Frau besonders hervor, die wohl bald die Kameraarbeit übernehmen würde. Sie machte mit ihrem Fingern bereits ein Viereck, um Vaashs Gesicht in einem Bildrahmen zu sehen. Es war eine verrückte Situation für einen Militär, der hier den wilden Irren der Propagandaverwaltung ausgesetzt war. Vaash wusste nicht genau, wie er reagieren sollte und entschied sich ruhig auf seinem Stuhl zu verharren. "Flotten erheben sich, Millionen folgen einer Idee, doch ein Offizier erhebt sich lichtstrahlend gegen die Verzweifelung; er tritt gegen die Ungerechtigkeit an, gegen die falsche Republik. Ein neuer Heiliger, ein Tiberius Vaash, der Stolz des Imperiums. Seine Waffe ist sein Wille," faselte Il-Raz weiter und die Medienfachleute um ihn herum sagten unisono: "Ja." Tiberius Vaash wurde diese Situation inzwischen etwas zu skurril und dieser Wahnsinn ließ sein Sodbrennen wieder aufkommen. Er spürte einen versteckten Brechreiz, so dass er bewusst schlucken musste. "Ehm," machte Vaash und hob die Hand um, um die hysterischen Propagandaleute zu besänftigen. "Ist das nicht etwas viel? Ich bin kein Held. Ich bin nur...," wollte er sagen, wurde dann aber von Il-Raz unterbrochen. "... ein großer Kriegsheld. Nicht nur ein Held, ja,." Der Alte resignierte unter diesem Eindruck, da er scheinbar gegen eine mentale Mauer anredete und die Meinung über ihn wohl bereits gefasst war. Das Drehbuch schien wohl schon geschrieben und der Großadmiral wollte nicht davon ab.

"Der Dreh wird beginnen sobald sie auf ihrem Schiff sind. Ihre Crew, sofern nicht unter bestimmter Auflage stehend, werden als Statisten dienen. Wir wollen möglichst reale Bilder. Ein Traum von imperialer Macht," erklärte Ishin Il-Raz den Plan. "Ihre Flotte wird abgezogen und für ein paar Tage einige Schlachten nachstellen, wir werten es als Manöver. Den eigentlichen Auftrag, den das Oberkommando für sie hat, vergessen wir einfach mal. Irgendwas mit einem Angriff auf... Egal. Wenn sie angreifen, werden meine Leute dies auch filmen. Waffenfeuer auf Feinde. Echtes Waffenfeuer, genial. Wunderbar! Grandios!" Il-Raz steigerte sich immer weiter hinein und wurde immer lauter, so dass er fast Schnappatmung bekam. "Grandios," antwortete die Kamerafrau, die Vaash immer noch mit einem rechteckigen Handmuster einzufangen versuchte. Vaash schluckte erneut. Ihm wurde übel, da das Sodbrennen bereits hinauf flackerte. "Keine Sorge, besondere Sätze, die sie sagen sollen, geben wir ihnen vor. Ansonsten wollen wir Authenzität. Der Schnitt wird später erfolgen. Bei fehlenden Szenen drehen wir nach. Keine Sorge, wir können unseren Job," setzte der Propagandameister nach, der sich wieder etwas beruhigte. "Was sagen sie, Admiral?" Er beugte sich vor und der Alte beugte sich zurück, um zumindest diesem Gnom ein paar Zentimeter Luftlinie mehr zu entkommen. "Habe ich eine Wahl," wollte Vaash wissen und Il-Raz sagte nüchtern mit kalter Stimme: "Nein." Damit war diese Sache geklärt. "Mein Team hat bereits eine Sicherheitsfreigabe und wird direkt nach diesem Gespräch zur Veneratio aufbrechen. Haben sie noch Fragen?" Der altegediente Flottenadmiral wollte eine Frage stellen, doch wurde unterbrochen, als Il-Raz einfach aufstand. "Ich bedanke mich für ihre Unterstützung, Admiral," verabschiedete sich Großadmiral Il-Raz und sein Gefolge folgte ihm, wie Hühner, die aufgeschreckt worden waren. Admiral Vaash blieb für einen Moment allein im Raum zurück, bis sein Kom piepte.

"Ah," sagte Vaash, der eine Mitteilung erhalten hatte, dass Admiral Varpasi eingetroffen war. Wenigstens ein vernünftiger Mann, sofern man von seinem Blutdurst und Kriegshunger absah. Er war Militär und nicht einer von diesen zivilen Narren, die er gerade erlebt hatte. Hier gab es keine Ehre aber unter Soldaten konnte man wenigstens ehrlich sprechen. Vaash stand auf, ließ das Gespräch sacken, holte tief Luft und trat dann wieder in den Korridor, den er mit festen Schritten entlang trat. Bald führte ihn sein Weg zum wartenden Varpasi. "Admiral Varpasi?" - grüßte Vaash fragend, der den müden Hanaar Varpasi erblickte. Er hatte die Aktentasche auf seinen Beinen, wie ein Vertreter einer kleinen Handelsfirma. "Kommen Sie mit," ordnete Vaash knapp an, ohne es wirklich unhöflich zu meinen. Nachdem dem Gespräch mit dem Großadmiral war seine Stimmung erheblich geknickt, denn es war eine miese Arbeit und würde ihm sicherlich auch etwas Spott einbringen. Unweit des Wartebereiches befand sich ein kleines Büro, welches Vaash für eine Weile zugeteilt worden war, bis die Geschäfte auf Coruscant erledigt waren. Es war ein reines Durchgangsbüro und nur mit dem nötigsten an Material ausgestattet. Ein Terminal, ein Schreibtisch und ein Regal. Dazu zwei Stühle. Es war nicht als Dauerbezug gedacht, sondern schlicht für Offiziere, die kurz einen Arbeitsplatz brauchten, um Dinge vor Beginn ihres Flottendienstes zu regeln. Vaash öffnete die Tür mit seinem Code-Zylinder. Die Tür zischte zur Seite und er trat ein, in der Erwartung, dass Varpasi ihm folgen würde. Mit einem Fußtritt schob er den Besucherstuhl zurück, damit der Admiral Platz nehmen konnte. Vaash selbst nahm auf dem etwas größeren Sessel Platz, aktivierte das Terminal mit seinem Zylinder und Passworteingabe. Dann blickte er zur Tür. "Es gibt Dinge zu besprechen," deutete Vaash an, und wartete darauf die Tür zu schließen, per Tastendruck auf seinem Terminal. Immerhin hatte er in der Tat einen Auftrag, den Il-Raz nur angedeutet hatte aber er war bereits gebrieft worden und der Einsatz war riskant aber machbar. Varpasi war sicherlich ein geeigneter Mann dafür, wenn er seine Degradierung verkraften würde, die der Flottenadmiral dem Kollegen gleich eröffnen würde. Zudem würde Varpasi unter Vaash dienen, was manche als Kränkung empfinden konnten, denn immerhin war Varpasi vom Dienstalter gleich. Beide hatten ihre Schlachten erlebt und beide waren geeignete Offiziere. Doch waren beide in einigen Wesenszügen völlig unterschiedlich. Die Uniform verband sie und so hoffte Vaash darauf, dass Varpasi den Unterstellungsbefehl schlucken würde. Immerhin war es nicht seine Idee gewesen, sondern der Wunsch des Kommandos.
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