#6
Der Großadmiral war euphorisiert, während sein Imperator sprach. Sein breites Lächeln und die großen strahlenden Augen verkündeten völlige Hingabe dieses gnomenhaften Mannes, der auf eine eitelbehaftete Uniform bestand. Man mochte sogar annehmen, dass ihm Geifer aus dem Mund lief, während er sein Objekt der Anbetung bewunderte. Innerlich sprach er jedes Wort seiner Majestät mit und wiederholte diese mehrmals, um für seine baldige Rede, welche im Anschluss folgen würde, die wertvollen Anknüpfungspunkte zu finden. Sein Imperator sprach gut, traf die Emotionen und machte gute Propaganda. Schließlich trat der Imperator zurück. Die Würdenträger verneigten sich erneut, als der galaktische Herrscher vor ihnen seinen Stand bezog, ohne sie wirklich zu beachten. Ishin-Il-Raz genoss den Jubel, der gefühlt auch ihm galt, denn er war verantwortlich für Inszenierung dieser Hinrichtung. Er genoss es schlicht, dass das Meisterwerk der vermittelten Emotion und der eleganten Propaganda so gut funktionierte. Es war so schön einfach, mit den Massen zu spielen und diese zu verwenden, um der eigenen Ideologie zu folgen. Ideologie war ohne Propaganda wertlos. Zumindest für ihn. Er sah seinen Zweck allein im vermitteln dieser göttlichen Idee des Galaktischen Imperiums. Es war diese Idee, der er alles opfern musste, denn in seinem Leben hatte er viele Rückschläge erlitten und jetzt konnte er beweisen, wie groß er wirklich war. Er zwar von gnomenhaften Gestalt, einem Zwerg gleich, konnte aber Menschen lesen. Er war ein Genie der Propaganda und des Marketings. Zwar mochte man ihm einen Wahnsinn nicht absprechen, denn er war wirklich fanatisch und glaubte teilweise selbst, was er konstruierte aber in der Massenkontrolle und Massensuggestion war er ein Könner. Leider neigte er dazu, seinen aktuellen Herren zu vergöttern und liebte diese Mann sogar auf eine gewisse weise, die nur wenigen erschlossen war. All seine Defizite, seine Ängste und Fehler verschwanden im Angesicht seines Imperators. Er lagerte Probleme aus und schuf sich einen eigenen Erlösergott, wie einst unter Palpatine, der für ihn auch eine Art Erlöser gewesen war. Der Großadmiral brauchte diesen Halt, da ansonsten sein natürlicher Wahnsinn ungeahnte Folgen haben konnte. Er brauchte Halt in einem Personenkult. In diesem Sinne war er wohl auch anfällig für seine eigene Propaganda oder war gerade deshalb so gut darin, weil er selbst daran glaubte. Die Propaganda, die er konstruierte, hatte etwas Ursprüngliches im Kontrast zu den Wirren der modernen Galaxis. Das Imperium schien wirklich eine Antwort zu sein. Ishin-Il-Raz hibbelte, musste sich beherrschen, nicht in der Nähe seines Imperator einen Freudensprung zu machen und feierte den Tod der Eintausend mit ganzer Emotion. Das Lächeln wurde immer breiter, denn dieser Genuss wollte nicht weichen. Alles verlief ganz nach Plan. Alles verlief ganz nach der Idee und dem Traum. Tief holte der Propagandachef Luft, um die Atmosphäre zu inhalieren. Wieder war seine Rolle gefragt. Sein Theaterstück musste weitergehen. Sein Herz schlug heftig, nicht aus Furcht, sondern aus kranker Freude unter den Eindrücken, die sein Bewusstsein erlebte. Er hatte Macht. Etwas Macht über die Massen. Das Röcheln der Sterbenden, ihr Zucken und ihr Angesicht, wie es im Todeskampf verkrampfte und der Jubel des Volkes dazu, machte ihn glücklich. Er hatte sie dazu gebracht. Nicht nur der Imperator. Ishin-Il-Raz hatte viele Seelen mit dieser Idee überzeugt. Selbst im fremden Tod sahen sie keinen Fehler, sondern beteten die gleiche Erlösung an, wie er selbst. Wenn das Imperium eine Krankheit war, hatte er als Seuchenträger viele damit angesteckt. Diese Macht war grandios. Sie fühlte sich gut an und doch musste er sich beherrschen, dieses überfreudige Lächeln abzuschütteln, da es nicht zum Stück passte. Die Mimik wurde verstellt, wie einem geübten Schauspieler gleich. Mit ernstem Gesicht und starrenden Augen, die finster durch die Menge geiferten, trat er wieder vor. "Die Rechtssprechung ist vollzogen," rief er in den Jubel der Massen, die nun gelegentlich mit Steinen und altem Obst nach den Gehängten warfen. Einige davon zuckten noch, da der Knoten verrutscht war und sie langsam erstickten. Der Jubel bestand aus wüsten Beschimpfungen, Frohlockungen und einer Wiederholung bekannter Propaganda, mitunter auch fanatisierten Vesperum-Rufen. "Ich versprach euch Heilung," beganner gegen den todesbringenden Jubel anzuschreien, wobei er gelegentlich Speicheltropfen in den Wind spuckte. "Und Vesperum brachte sie uns," verband er seine Worte mit den Worten seines Herrschers. Sein Hals blähte sich einem Frosch gleich auf und er holte Luft, um lauter zu werden. Mit einer Geste versuchte er die Massen, die voller Eifer und Übersteigerung in Massensuggestion gemeinschaftlichen Hass und Rachsucht teilten, zu beruhigen. Auch wenn anfangs nicht sofort alle in den Jubel fielen, doch taten sie es nun. Das imperiale Banner wehte und schlug im Hohn im Wind. Das Geschrei wurde leiser, da die Menge nach einigen Momenten der Besinnung die Geste deuten konnte, da er Blickfeld wieder zur Bühne von Ishin-Il-Raz und dem Imperator wanderte. "Worte werden aber euch nicht alles geben, was ihr wollt. Worte bleiben nur Worte, deshalb verspreche ich euch Taten. Echte Taten," begann er mit seiner Rede. "Ein Imperium für die Ewigkeit, ein immerwährende Gesellschaft, die durch gute Taten geschaffen wird, nicht nur durch Worte. Die Republik lügt; jeden Tag belügt sie uns mit ihren Worten, doch ihre Taten lügen nicht. Sie bringen Terror, Krieg und Gewalt. All das, kam durch sie, diese niederen Wanzen, Insekten und Abschaum zu uns. Sie nehmen uns alles aber wir stellen uns dagegen. Deshalb verspreche ich euch hier wahre Taten. Gerechtigkeit in der Handlung," offenbarte er und beendete seine beruhigende Geste, um mit einer Faust in den Himmel zu deuten. Die Faust ballte sich fest, dass der schwarze Handschuh stark anspannte. "Heute haben wir gemeinschaftlich gezeigt, was wir tun können. Unsere Taten sprechen für uns und unser gerechtes und friedvolles Ziel. Strafe für Verrat und Terror ist der ...," schrie der Meister der Propaganda mit geiferndem Speichelflug und deutete dann mit der Faust ijn Richtung der Galgen. "Tod!" - sagte er leiser und die Menge fiel ins Wort. "Tod," rief die Menge und Ishin-Il-Raz wiederholte ebenfalls: "Tod!" Ein Singsang aus Geschrei und dem Gebrüll eines einzigen Wortes entstand. Schließlich nutzte der Großadmiral den Gesang des Hasses, um diesen gegen die Republik zu lenken. Nun war es ein leichtes ein neues Ziel zu wählen, da es bereits lange etabliert. "Tod der Republik!" - geiferte er nun, sank dann mit seinem Kopf andächtig herab, um der Menge Raum zu geben. Sie folgte dem stillen Befehl und sang mit der Masse: "Tod der Republik! Tod der Republik!" Die Menschenmenge fand sich in einer Katharsis wieder. Alle ihre eigene Unzufrieden, ihre eigenen Fehler und Missgeschicke wurden kleiner und immer kleiner, da sie nun aufrichtig Hassen dürften. Es war so einfach, seinen eigenen Mehrwert, seinen Selbstwert und sein Ego zu steigern, wenn man wahrhaft Hassen konnte. Es erleichterte die Seele vom Alltag und den Problemen. Dieser Krieg war echte Läuterung für den eigenen Verfall. Es tat ihnen gut und urplötzlich trat Ruhe ein, als das Geschrei der Entkräftung wich. Viele suchten nach Luft und blickten mit glasigen aber zürnenden Augen zum Großadmiral. Sie forderten mehr von dieser Emotionen, die sie gerade losgelöst hatte. Ishin-Il-Raz ließ die Ruhe wirken. Er sprach leise und spürte die Forderung der Menge: "Wir werden siegen. Doch nicht ohne euch. Eure Taten werden es sein. Unsere Streitkräfte brauchen euch, eure Mithilfte, um den Terror zu beenden," rekrutierte er offen und machte eine einladende Geste mit beiden Armen, die einem Segen gleich wirkte. "Ihr seid alles, was zählt," wiederholte er seinen Imperator. "Ohne euch werden wir vergehen. Wir brauchen eure Taten und dann kann ich ebenso handeln und mein Versprechen halten," erklärte der bösartige Gnom. "Hier verspreche ich euch, dass wir einhundert Tage lang, jeden Tag Eintausend Verräter bestrafen werden, bis diese Seuche bekämpft ist. - Und die Heilung dauerhaft ist," schloss er ab und trat zurück in die Menge aus Würdenträgern. Der Imperator schien zufrieden, da er seine Kapuze wieder über sein Haupt legte. Nur das böse Lächeln blieb in seinem Gesicht. Nun auch auf dem Gesicht von Ishin-Il-Raz, der die Mimik seines Herrschers zu kopieren suchte.
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