#8
Der Sturm peitschte gegen das Panzerglasfenster seiner Zelle, wie die Lügen, die sie ihm versprachen. Es fühlte sich an, als würde sein Leben davontreiben. Er stürzte tief, tief hinab in diese Verderbnis. Wie lange dauerte dieser Sturm schon? Zeit verlor im Angesicht des Betons der Zelle an Bedeutung. Die Pritsche aus Metall, verbaut an der Wand, war kalt, leer und ohne Decke. Nur ein Kissen hatte man ihm zugestanden. Ein Kissen, was der Härte dieses Ortes widersprach. Ihre Gnade war eine Lüge. Sie kannten nur Funktion. Ihre Aufgabe. Für sie war es Arbeit, die man machte, vielleicht nicht glücklich damit war aber man machte sie einfach. Pflicht war Gewohnheit geworden. Vielleicht gingen sie mit ihm unter, in diesem Sturm, der alles verwirbelte, was einst Überleben gewesen sein sollte. Was war sein Verbrechen gewesen? Ein falsches Wort? Die Erinnerung verschwamm, wie die Passanten, die sein Flehen ignoriert hatten. Damals kamen sie, schlugen ihn mit Elektrostäben zu Boden und zogen ihn in einen Gleiter. Niemand half, niemand sagte etwas. Er flehte, bettelte nur um einen Augenblick, doch die Bewohner ignorierten ihn, vergaßen seine Existenz. Das Gefängnis war alles, was blieb. Würde die Erschießung bald gelingen? Musste er zürnen, sie bespucken, um seine Abfertigung zu beschleunigen? Oder war es einfach nur seine neue Funktion, Gefangener zu seiner. Nichts erinnerte hier an ein Leben, das Grau erstickte seine Farben sowie Geist. Alles, was er war, nahmen sie. Belogen seine Familie, belogen selbst sich und ihre Komplizen. Es hatte immer seinen Sinn und wenn nicht, was nicht sein konnte, schuf man sich einen Sinn. Sein Verbrechen war, es fiel ihm wieder ein, Mitbestimmung zu fordern. Nicht einmal einen Umsturz, sondern nur ein kleines Stückchen Würde für sich und die Bewohner seiner Welt. Er vermisste die Sonne, den Gang an im Tageslicht. Dieses Fenster war sein Fluch. Es erinnerte daran, was er nicht mehr hatte und die Wassertropfen, die gegen das Glas schlugen, waren die Stürze, die Fälle um seine Seele. Die Augen wurde glasig. Es hämmerte an die Tür aus Stahl, die sich mit einem Zischen öffnete. Ein Mann in schwarzer Uniform und Gesichtsmaske aus ebenso schwarzem Stoff, stand dort, in seiner Rechten eine Elektroschlagwaffe, die noch deaktiviert war."Mitkommen," donnerte die Stimme, gesichtslos und trat einen Schritt zurück. Der Gefangene trat hinaus, erneut in diesen kaltgrauen Korridor. Der Sturm hatte erst begonnen. Aber auch er würde enden, alles würde besser werden. Sie konnten ihm nicht das nehmen, was sie eigentlich wollten, seine Würde. Keine Unterwerfung, auch nicht unter Schmerzen; kein Verrat an sich und seinen Wünschen. Einfaches Überleben trat zurück, hinter dem Wert des Lebens, welchen er verkörpern wollte. Mitleid packte ihn. War die Person unter der Maske nicht auch hier gefangen? Belog sie sich nicht auch? Konnte sie schlafen? Hatte sie Familie? Beide waren auf ihre Art verloren an diesem Ort, getriebene Wesen des Sturmes. Er trat hinaus, seine Hände zitterten merklich und sein Schritt war langsam. Die uniformierte Person folgte seinem Schritt mit einem lethargischen Blick, der durch die Augenschlitze erkennbar war. Eine Frage, was sie planten erübrigte sich. Niemals hatte er geantwortet. Beide gingen seltsam langsam durch den Korridor mit den schweren Zellentüren, welche ähnliche Schicksale beinhalteten. Ein kleines Schild an der Wand zeichnete eine verwitterte Beschriftung ab: "Rote Zone - Staatsgefangene".
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