#48
Luke verließ den Raum, den er kurz zuvor abgedunkelt hatte und mit lediglich einem Nicken verabschiedete Theen den Helden der Rebellion. Der Matukai war keine emotionale Person, doch gegenüber jenem Menschen kam er sich doch ein winziges bisschen undankbar vor und schalt sich gleich im nächsten Moment selbst. Man hatte dem Arkanianer seine soziale Unsicherheit anmerken können und das es ihm sehr schwer fiel den richtigen Ton zum richtigen Zeitpunkt zu treffen. Unglücklicherweise wusste er nicht was man dagegen tun konnte und so plante er seine Kontakte wie schon in all den Jahren zuvor möglichst gering zu halten. Unschlüssig blickte Theen Luke hinterher, wie seine Robe durch die winzige Brise, hervorgerufen durch seinen Gang in Wallung gebracht wurde. Im schwachen Abglanz der Sonne funkelte der Stoff für seine Augen in tausend undefinierbaren Farben in ebenso vielen Spektren, die dem normalen menschlichen Augen anscheinend verborgen blieben. Jeder einzelner Fingerabdruck war für ihn zu sehen und sonstige Organische oder anorganische Rückstände, welche durch was für einen Zufall auch immer an diesen Ort gelangt waren und wenngleich dies auf den ersten Blick nach etwas unglaublichen aussah, so war es dies doch mit Nichten. Oft schon war Theen die Schönheit eines Ortes verwehrt geblieben allein aus dem Grund, dass er unfähig an diesem Ort sehen zu können. Auch hier, auf Naboo war es nicht leicht sich frei fortzubewegen, denn die Augen des Arkanianers stäubten sich gegen das grelle Licht der jungen Sonne, die so kraftvoll aus dem Orbit ihre Strahlen hernieder schickte.
Der Matukai löste sich aus seiner Starre, als der Jedimeister hinter der nächsten Ecke aus seiner Sicht verschwand und drehte sich dem geöffneten Eingang seines Quartiers zu. Es gehörte definitiv zu den komfortableren, welche er in seinem Leben bisher bewohnt hatte, was er nun auch endlich selbst erkennen konnte. Freundlicherweise hatte Luke die Verdunklung des Raumes eingeschaltet und das Zimmer ein ein schwaches, wenn auch noch nicht gänzlich angenehmes Dämmerlicht getaucht. Gänzlich ohne Licht jedoch war Theen auch als Arkanianer unfähig zu sehen. Zwar waren seine Augen sicherlich empfindlicher und konnten in weit düstereren Umgebungen erkennen was sie umgab, doch dieser Unterschied war nicht zu gravierend. Lediglich ein winziges bisschen noch verstärkte er die Filtereinstellungen der Verdunklung, dessen Terminal er in seiner technischen Ungeschicktheit erst nach wenigen Minuten hatte bedienen können. Das unangenehme Jucken seiner Iris war nun gänzlich verschwunden und tief war der erste Atemzug, als sein Gesicht sich aus der krampfhaften Haltung entspannte, welche der Matukai schon fast permanent aufgesetzt hatte und das unbewusst. Da die Wärme ihm den Schweiß aus dem Poren trieb und Theen nunmehr schon über zwei Tage wach war, beschloss er sich einen kurzen aber gründlichen Waschgang zu gönnen. Schnell war sein rauer und recht schmutziger schwarzer Poncho abgelegt, ebenso wie die darunterliegende Tunika und ebenso schnell benetzte das eiskalte Wasser die blasse und vernarbte Haut. Arkania, sein Heimatplanet war beherrscht von Schnee und Eis, wenn es warm wurde vielleicht auch Tundra, doch die Kälte war etwas, dass einen dort ständig begleitete und auf jenes Klima war die dort heimische Rasse auch angepasst. Die Hitze dieses Systems war weniger angenehm für Theen, doch als ihn sein Weg erstmals von Zuhause fortführte, musste er feststellen, dass dies viele der unzähligen Planeten der Galaxis gemein hatten. Über die Jahre seiner Reisen und Ausbildung jedoch hatte er gelernt dies zu ignorieren und die Macht durch seinen Körper fließen zu lassen, ganz nach dem Weg seines Ordens.
Ein weiteres Mal begrub Theen prustend sein Gesicht in der mit kaltem Wasser gefüllten Schale seiner Handflächen und richtete sich langsam auf. Es war belebend gewesen, doch von diesem Zustand erkannte man wenig. Sein Spiegelbild hatte wie immer wenig gemein mit der sanften Seele, die in jenem Körper wohnte der kalt und starr seinen eigenen, leeren Blick erwiderte, der Anderen die Nackenhaare aufstellen konnte. Das schwarze Fleisch seiner Lippen und Augenhöhlen ließ in krank wirken, unheimlich, gar geisterhaft und das störte ihn. Seine Eltern waren es gewesen, die seinen Körper mit Hilfe von Implantaten verändert hatten, die ihm zwar bis heute hervorragende Dienste leisteten, doch auch ihren Preis dafür verlangt hatten. Der Arkanianer hatte keine Freunde, keine Familie... einfach niemanden und auch wenn ihn die Jedi aufgenommen hatten, so fürchtete er sich doch davor sich zu offenbaren. Ruckartig beugte sich der Matukai nach vorne und stützte sich mit beiden, muskulös-athletischen Armen auf dem Rand des Beckens ab, welches ihm das Wasser spendete. Sein Griff wurde fester und jeder einzelne Muskel der beiden Extremitäten trat sichtbar hervor und gab ein eindrucksvolles Bild ab, dass sich jedoch schnell in jener Verzweiflung verlor die sich auf Theens Antlitz offenbarte. Er hatte es geschafft, er hatte die Jedi gefunden und sich ihnen angeboten, sich in ihre Dienste gestellt. Doch nun? Was nun? Der Arkanianer war ratlos und all die Fragen und Emotionen die er über all die Jahre zurückgedrängt hatte kamen über ihn in einer Mischung aus Euphorie und tiefer, unabdingbarer, eindringlicher Trauer. Er fühlte sich allein gelassen und dennoch in der Pflicht. Die Pflicht seinen Orden nicht ihm sterben zu lassen und all sein Wissen weiterzugeben. Auch wenn Luke ihm bereits nahegelegt hatte einen Jedi in seinen Küsten auszubilden, so wusste Theen nicht ob er dem auch gewachsen war und das wurmte ihn. Es wurmte ihn mehr als man sich vorstellen konnte und ließ sein emotionales Ich gebeutelt hervorbrechen. So kalt und abweisend seine Schale auch immer wirken mochte, in diesem Augenblick war es Mitleid, was er erregte, denn auch wenn man es vielleicht nicht auf den ersten Blick erkannte... Theen war allein und in Momenten wie diesen zahlte er seinen Preis.

Minutenlang hatte der Arkanianer mit den Tränen gekämpft und war in all seiner Erschöpfung und Verwirrung die er tief in sich zu verbergen wusste ihrer Macht erliegen. Leise, beinahe tonlos bebte die Brust des Matukai, dessen griff noch immer krampfhaft um den Rand des Beckens geschlossen seinen Körper davor bewahrte in sich zusammenzusacken. Lange nicht mehr hatte sich Theen so seinen Gefühlen hingegeben, doch er hatte es so sehr gebraucht. All diese Jahre waren nicht spurlos an ihm vorübergegangen und in Augenblicken wie diesen, in denen er den Preis dafür zahlte, rettete er sich gleichzeitig auch selbst. Dieser Stau aus allen Emotionen der dunklen Seite, die einen Schatten in seinem Wesen zu hinterlassen drohten wurden mit einem Mal herausgelassen, sein Geiste reinigte sich selbst und ließ nichts als Klarheit zurück. So wie das Beben seiner Lungen verebbte, so verebbte auch der seelische Schmerz, der wieder in die gewohnte Kontrolle verfiel. Eine letzte Träne löste sich mit dem Funkeln eines Diamanten von der Wange des Arkanianers und fand ihren Weg mit einem bezeichnenden Platschen in das mit Wasser gefüllte Becken. Stockend sog Theen die Luft des Raumes ein, jenes Ortes der so erfüllt von der hellen Seite in irgendwie stützte und ihm Kraft gab. Die Kraft wieder der Mann zu sein, der er sein musste. Ein Matukai mit der Macht als Verbündetem und Gelassenheit im Kern seines Geistes. Er war mächtig, das wusste er und während er sich aufrichtete, die Hände zu Fäusten ballte, da war es ein unbrechbarer Wille der von ihm Besitz ergriff und die Flamme in ihm zum lodern brachte. Mürrisch wischte sich Theen die Überreste der Tränen aus dem Gesicht und erwiderte seinen Blick von neuem. Sein Spiegelbild war wie zuvor: kalt, starr und abweisend, doch obwohl seine Augen leer waren und eigentlich den Gesamteindruck in aller Form untermalten, so meine er doch dort ein Leuchten zu erkennen, dass es ihm gar den Anflug eines Lächelns gewährte.
Schlaf brauchte der Matukai nicht so wie es andere Personen taten. Sein Körper schöpfte seine Energie unmittelbar aus der Macht und verlieh ihm Fähigkeiten die womöglich die Spitze der physischen Exzellenz darstellten. Wenngleich die Meisterschaft seiner Fähigkeiten noch ein weiter Weg war, so konnte Theen mit Fug und Recht behaupten, noch nie eine Person getroffen zu haben, die seine physischen Kapazitäten in irgendeiner Weise übertraf... Am Ende seiner Ausbildung nicht einmal sein Meister. Dies jedoch hatte ein Leben voll Training gefordert, ein ganzes Leben voller Disziplin welches auch fortgeführt werden musste, um jenen Status zu erhalten und wenn nicht sogar weiter auszubauen. Die Tatsache, dass man ihn plante in die Fähigkeiten der Jedi einzuführen reizte den Matukai sehr. Bisher hatte er sie nur aus Erzählungen gekannt und auch sein Meister hatte oft geschwärmt von ihren Fähigkeiten des Geistes und der Manipulation der Umgebung, die so gar nicht bei seinem Orden gepflegt wurde. Dies würde es vermutlich nicht leicht machen ihren Lehren zu folgen, doch solange das Verständnis der Macht in der hellen Seite verankert war, machte sich Theen keine Sorgen.
Mit zwei Fingern nur, dem Daumen und dem Zeigefinger der rechten Hand, stützte sich der Arkanianer schließlich auf dem Boden seines Zimmers ab. Ohne Schwung und in einer Geschwindigkeit, die so langsam war, dass sein Körper kurzzeitig eine Position des unmöglichen Gleichgewichts einnahm, richtete sich der Matukai in einen einarmigen Handstand auf. Er fühlte wie die Macht jede einzelne seiner Zellen durchfloss und ihn in einen Zustand der absoluten körperlichen Kontrolle versetzte, wie ihn nur Matukai erfahren konnten. Meditativ war der Zustand, welcher Theen in eine Blase aus Konzentration tauchte, sein Geist okkupierte und ihn zu Bewegungen befähigte, die selbst für andere Machtnutzer unmöglich schienen. Stunden, Tage, wenn nicht Wochen war der Arkanianer so imstande ohne Unterbrechung diese Meditation durchzuführen und sich ausschließlich von der Macht zu nähren, die ihm alles gab was er brauchte, seinen Körper so manipulierte wie er es als Anwender wollte. Es war eine Phase tiefster Selbstverwirklichung und aufkeimendem Verständnis des eigenen Seins. Licht war es, dass von ihm Besitz ergriff und sein Handeln leitete. Gänzlich gab er sich so dem Willen der Macht hin, bis der Ihre der Seine wurde und alles um ihn herum nichtig zu werden schien. Die lebendige Macht war es, welche Theen durchlebte und in sich aufsog wie ein Schwamm das Wasser und das war es, was ihn stark machte, stark in seiner eigenen Art. Die Zeit verging. Immer tiefer tauchte der Arkanianer in den Fluss der Macht ein und durchtränkte sein Wesen mit ihrer Existenz und stärke und erreichte dabei eine Form des seins, die er noch nie zuvor erlebt hatte. Was die Präsenz dieses Ortes, die ihn dazu befähigte? War es diese Aura des Lichts die ihn neu gebar und sich selbst einen neuen Weg auferlegte? Oder kam diese Eigenart der Selbstfindung gar aus seinem eigenen Herzen? Eine besondere Leichtigkeit umfing den Matukai der sich in einem Band aus weißer, gleißender Energie wiederfand. Nichts drang an ein Ohr und auch kein Gefühl beschlich seine anderen Sinne. Es war als sein eine Last von ihm gefallen, die ihn schweben ließ. Mit allen Mitteln versuchte Theens Geist diese Eindrücke einzufangen, doch es gab keine. Nichts war da. Keiner seiner Sinne befriedigte diesen Drang. Lediglich ein gleißendes Licht umfing ihn... Nicht mehr... aber auch nicht weniger. Dann plötzlich ertönte eine Stimme. Ihr Klang war rau, unstet aber doch herzlich und freundlich. Erst war ihm so als kenne er ihren Klang, doch so schnell wie er kam verklang er auch wieder und mit ihr auch jede Erinnerung an ihr Erscheinen. Es war als versuchte er Wasser mit löchrigen Händen zu halten. Je mehr er sich anstrengte, desto schemenhafter wurde alles was geschehen war.
"Ein unerschütterliches Herz den Dingen gegenüber, die von außen kommen; ein rechtschaffenes in denen, die von dir abhängen."
Formlos und doch fremd kamen diese Worte in Theens Geist auf, der sich von ihnen überfluten ließ. Ihren Sinn brauchte er nicht versuchen zu durchdringen, nein, wie von selbst erschloss sich ihm alles was er zu wissen brauchte und kaum war dies geschehen, wurde es wieder dunkler um ihn. Sinne kehrten wieder, Erinnerungen, eine Umgebung und doch blieb eines: die Macht.
Bedächtig öffnete der Arkanianer die Augen. Noch immer befand er sich in wirren Verrenkungen seines Körpers, deren Anstrengungen ihn immer wieder und Tag für Tag in seine Meditation versetzte. Es war die Art der Matukai sich so zu finden. Die Ruhe zu suchen war nur selten die Vorgehensweise. Die Macht empfing man durch den Körper und den Geist, niemals trennte man beide, so wie es beispielsweise die Jedi taten. Langsam, ganz langsam senkte sich Theens Körper ab, bis beide Füße von neuem den Boden unter sich fühlten und ebenso gemächlich begann sich der Arkanianer aufzurichten. Die Nacht war bereits angebrochen und die Dunkelheit hatte sich angenehm über die sanften Hügel des Anwesens gelegt, die er nun zu betrachten imstande war. Kein einziges Anzeichen der Anstrengung war auf seinem Körper mehr zusehen. Keine Schweißperle, kein zucken überanstrengter Muskeln... nichts. Stunden der Anstrengung brachten die innere Ruhe und Klarheit, die Entspannung, waren der Weg zu sich selbst. Theen hatte seine Entscheidung getroffen.
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