#16
Nur ein Individuum..., eine Zeit lang hallten diese Worte durch ihren Kopf und wirkten so unwirklich wie die eben noch projizierte Illusion. Nein, sie war nicht nur, sondern vielmehr das. Der Individualismus war das erste was der Abgrund verschlang, er Abgrund der - und gewissermaßen hatte die Sephi hier recht - schon immer da war, nun aber erkrankt an einer Schlingsucht, der niemand Einhalt gebieten konnte. Was ihre kleine Nicht-Jedi nicht wusste war nun allerdings, dass dies in etwa dem entsprach, was die Inquisitorin erwartet hatte oder anders ausgedrückt: was sie sich erhofft hatte und wieder und wieder hatte Sedrael es bewiesen und nun eben direkt ausgesprochen. Dieses Individuum konnte und würde eines Tages vielleicht die Antwort auf diesen überflüssigen Konflikt finden, nein, sie musste es sogar. Selbst wenn Vesperum fiel, würden sich andere an seiner statt erheben, Kreaturen wie er, oder wie sie selbst. Durchaus, der Schatten war sich bewusst, dass er eines Tages selbst zu einem Problem werden könnte, sie wartete nur darauf, lauerte vor ihrem eigenen Spiegel, bis dann der Tag anbrach wo sich zeigen mochte, wo sie stand und sich enthüllte, welchen Teil sie zur Galaxis beitragen mochten. Vielleicht war die Hexe längst nicht so sehr Sith wie die Sephi es glauben mochte oder aber sie stellte eine neue Form der Philosophie dar. Reah kannte die Antwort auf diese Frage nicht, zu viel hing davon ab was in den nächsten Wochen und Monaten geschehen würde, als das sie es auch nur ahnen könnte. Bewusst allein war ihr lediglich die Tatsache, dass sie sich von den anderen dunklen Geistern differenzierte, doch das Dunkel war schon immer unterschiedlich, schon immer uneins. Am Ende des Weges konnte sich diese Andersartigkeit als fataler entpuppen, als es Vesperum je war. Wenn eine Annahme korrekt war, so, dass Dunkelheit verpflichtete. Sie lagen an Ketten wie Bluthunde, darauf getrimmt auf Befehl zuzuschnappen. Und letztlich gab die die dunkle Seite der Galaxis nur jene Schrecken, die sie selbst heraufbeschwor. Anders ausgedrückt las Reah Nigidus ihre Zukunft weniger in ihren Taten, als vielmehr darin, wozu sie die Galaxis treiben würde.

"Nun gut, Sedrael...", echote der Schatten den Namen, der ihr genannt worden war, ebenso kühl und beherrscht, wie noch vor wenigen Momenten. Die Maske unter der Maske hatte feine Haarrisse bekommen, nicht genug um sie bersten zu lassen, noch nicht. Vielleicht war dieser... emotionale Ausfall sogar ein Stück weit kalkuliert, eine andere Facette um eine Reaktion zu erzwingen, das Ruder aus der Hand gebend, nur um zu sehen, was jemand anderes an ihrer statt damit tun würde. Doch ihr Engel war ein wenig scheu, musste sie sich resignierend eingestehen, während sich die Zellentür öffnete und sie auf den Gang hinaustrat. Verschreckt und zögerlich, durchzogen von Misstrauen. Unangebrachtes Misstrauen wie die Hexe zugeben musste. Sie hatte nie gelogen - zumindest noch nicht, nicht hier in Sedraels Gegenwart. Vielleicht würde sie es einmal tun, nur, um eine erneute Reaktion zu provozieren, nur um wieder zu beobachten, sie auszutesten wie ein Forschungssubjekt und gewissermaßen war sie das letztendlich auch.
Doch sie lag falsch, fatal falsch, wenn sie glaubte die Geister der dunklen Seite hätten ein besseres Los gezogen, solch einer Aussage würden nur jene zustimmen, die blind waren und sich der Welt verschlossen. Wo waren sie denn frei gewesen? Wo waren sie denn keine Sklaven? Unterdrückt und in einem System unterjocht, dass sie nicht duldete? Viele waren nur Kriegsmaschinen wie Vader und vielleicht, vielleicht war es ein schleichender Prozess, keine Entwicklung der letzten Jahre, nein, es lag schon länger zurück. Aber es wurde schlimmer, die Schlinge zog sich immer enger um ihre Hälse und ehe sie sich versahen, wären sie wie die gesichtslosen Sturmtruppen, die Flottenoffiziere, die Armeesoldaten. Mit Spulen im Kopf, statt Gehirnen. Willenlose Befehlsempfänger. Funktion. Letztlich lief alles auf Funktion hinaus. Doch so sehr sie danach suchte, fand sie die Antwort nicht. War es nun weltlicher Zwang, der die Macht unterdrückte? Der sie in willenlose Hüllen zwang? Oder war es die Macht selbst? Nicht alles ließ sich mit der Vorherrschaft der dunklen Seite erklären, nicht zweifelsfrei. "Jene welche die Saat auslegten sind bereits von uns gegangen. Nur ihre Ernte bleibt zurück.", lautete ihre ernüchternde Klarstellung an Sedrael. Es mochte wie eine Läuterung erscheinen, das Abschiebend er Schuld auf andere, die nun tot waren. Vielleicht war es so, vielleicht nicht. Für die Hexe waren die Dinge geschehen, was war, das war. Nun mussten sie mit den Folgen leben.

Sie ließen den Gefängnistrakt mit seinem erdrückenden Dämmerlicht hinter sich und traten hinaus auf die Hauptflure, die gesäumt wurden von Sichtfenstern, die Ausblick gaben, auf das Ungetüm dahinter. Nun wusste sie wohl in etwa, wie sich Donnovan gefühlt haben musste, als er in die zahlreichen Kanonen und Turbolaser gestarrt hatte. Und so wenig Bedeutung sie auch technologischen Schreckgespenstern beimaß, musste die Hexe doch zugeben, dass ihr beim Anblick der zahlreichen schweren Geschütze unbehaglich zumute wurde. Doch nur für den Moment, für den kurzen Augenblick, ehe sie hinter einer anderen Biegung verschwanden, die sie zur Schleuse führen sollte. Derweil hatte sie über die Worte der Sephi nachgedacht - natürlich waren Fesseln lösbar, doch absolute Freiheit war kein reell erreichbares Ziel. Stets gab es Dinge die zurückhielten, Verpflichtungen, Verantwortung, Bindung. Fleischliche Wesen wuchsen mit der Fessel auf, die Dunkle Seite und ihre Wirkungsweise, stellte nur eine weitere, unerhebliche da. Ebenso der Weg der Jedi, eine jede Philosophie, selbst eine eigens erdachte, geschmiedete, legte den Philosophen dahinter in Ketten. Einen Geist zu kreieren, der keine Fesseln kannte war eine schwierige, vielleicht sogar unlösbare Aufgabe. Langfristig und kurzfristig spielte dahingehend also gar keine Rolle, entweder der Erfolg setzte ein und war absolut oder eben nicht. Hier gab es keinen eleganten Mittelweg. Freiheit oder Unfreiheit, mehr gab es nicht.
Ihre Finger tippten den Schleusencode ein, ehe die Maschinen sich daran machten den Befehl umzusetzen und den Druckausgleich einleiteten. Der Schatten nutzte die kurze Wartezeit sich umzudrehen und zu ihrer Begleiterin zu sehen. "Was Ihr sagtet, über die Fesseln... ich brauche keine Belehrung von Euch, Sedrael. Ich kenne die Risiken und Konsequenzen - glaubt nicht ich wäre mir meiner Entscheidungen und Taten nicht bewusst." Mittlerweile wusste die Hexe was sie tat. Natürlich, anfangs waren die Schritte im Dunkeln schwierig, für jene, die nur das Licht kannten. Doch irgendwann durchschaute ein wacher Geist die gar simple Mechanik hinter der dunklen Seite und entscheidet selbst, wie viel er zu opfern bereit ist um seinen Preis zu erlangen. Für Sedrael opferte sie einen Planeten und die Loyalität einem weltlichen System gegenüber. Interessant wäre, was die Sephi bereit zu opfern wäre, sollte der Tag dafür anbrechen.

Als sie die Andockbucht der Abaddon betraten, stellte die Hexe verblüfft fest, dass sie nicht allein waren. Nein, in seiner prächtigsten Uniform und geschwollener Brust sowie hinter dem Rücken verschränkten erwartete sie Captain Stratis. "Milady.", grüßte er mit einem zackgigen Salut, um ihre Aufmerksamkeit einzufangen. Die Sephi hingegen schien der Mann nicht einmal als existierend wahrzunehmen. "Captain?", entgegnete sie, ohne merklich langsamer zu werden. Stratis indes reite sich flüssig in die Reihe ein, während er ein Datapad hinter seinem Rücken hervorzog. "Neuigkeiten von Neretim. Er setzte vor wenigen Stunden einen Notruf an uns ab." Ihre Hand glitt herüber und entzog dem Captain das Datapad, auf dem nun ruhig ihre Augen lagen. "Und das sollte uns aus welchen Gründen kümmern?" Stratis nickte in Richtung des Datapads. "Ihr tragt den Grund in der Hand." Zeile für Zeile sondierte sie die Buchstauben, nutzloses imperiales Protokoll, nett anzusehen für jene in ihren Büros, für die Blechmänner, die stoisch sortierten, markierten, funktionierten. Bis auf zwei Sachen. Eine Koordinatenangabe und zwei Wörter: Dunkle Macht. Sie blinzelte den Mythos ungläubig an- Ja, ein Mythos, selbst sie hatte nie daran geglaubt, weniger vielleicht noch, als an dieses ominöse extragalaktische Flugprojekt, das etwa in der gleichen Zeitspanne spurlos verschwand. "Und... diese Angaben sind durchaus korrekt?" Stratis nickte. "Wir konnten einen Rückfunkkkanal zu Neretim einrichten und mit ihm sprechen, allerdings nur kurz. Wir hatten wohl Glück, dass ihr Signal überhaupt bis hierhin durchkam." Die Hexe nickte verstehend und ein ungesehenes Grinsen bildete sich. Langsam nahmen die Dinge Gestalt an, offenbar war ihnen die Macht zu Teilen gewogen. "Vorzügliche Nachrichten, Captain.", bemerkte sie kühl, ehe das Pad in die andere Hand wanderte und es zu Sedrael herüber hielt, darauf wartend, dass sie es sich nahm und ansah.

"Allerdings...", begann der Captain etwas unsicherer, "...wurde mir auch ein Versetzungsbefehl zugetragen. Ein neuer Posten im Kuat-System." Den letzten Teil nahm sie kaum wahr, nur Missfallen blitzte auf, Ärger, Konstanten, die ihr nun genommen wurden. "Ich wusste nicht, dass das Flottenkommando zur Einmischung befugt ist.", bemerkte sie scharf und blickte Stratis an, der die Mimik jedoch nicht deuten konnten und sich darauf begann die Situation lieber zu umschiffen, statt während seiner letzten Momente auf diesem Schiff als Blitzableiter zu dienen. "Der Ersatz wird in Kürze eintreffen, ein gewisser Captain Horington.", Stratis runzelte die Stirn, "Von einigen der 'blutrote Viska' genannt." Sie nickte, doch wieder kam es Stratis so vor, als würde sie diese Information nicht im geringsten Interessieren, geschweige denn, dass diese Frau sie überhaupt wahr- oder aufnahm. "Ich werde ebenfalls so schnell wie irgend möglich aufbrechen." "Tun Sie das, Captain.", bemerkte die Hexe tonlos, ehe sie abrupt innehielt und dem Mann einen Moment hinterher sah, bis er sich entfernt hatte. Nun gut, das glich die Sache ein wenig aus. Eine offenbar große militärische Streitmacht gegen einen unterwürfigen Captain. Der Schatten entschied, dass dies wohl ein annehmbarer Kompromiss war - man konnte nicht alles haben.
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