Sternenzerstörer der Imperator-Klasse Whirlwind
Das Geschöpf zeigte sich und offenbarte sein Gesicht des Todes. Ja. Es bestand kein Zweifel. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit war Vesperum von den Toten auferstanden und forderte nun wieder seinen Platz auf dem Thron ein. Konnte man sich darüber freuen? Vielleicht, ein Teil von Admiral Harrsk vielleicht. Der Teil, der Sate Pestage verabscheute und diesen scheitern sehen wollte. Nun war das Scheitern des Großwesirs beschlossene Sache. Vorzüglich, ein Moment, den man hätte auskosten können. Doch die Kreatur, die sich im Hologramm zeigte, war bedrohlich. Bedrohlicher als früher noch? Irgendetwas war seltsam an der Person, wenn es auch nicht Zweifel ausstreute, dass es sich tatsächlich um Vesperum handelte. Es war Vesperum. Die Frage war lediglich, ob es noch der gleiche Vesperum war. Eine Frage, die ungleich schwerer zu beantworten war. Vesperum lebt ewig? Der Admiral blinzelte zunächst. Eine gewagte Aussage, anmaßend, realitätsfern. Realitätsverweigernd. Oder nur die Wahrheit? Der Mann war mächtig, das konnte Harrsk sehen, beinahe spüren. Der Impuls der Gier zog alles in seinen Bann. Aber sie konnte auch hemmen, gefährlich werden. Früher oder später. Und die Gier schien Vesperum noch unberechenbarer hatte werden lassen als ohnehin schon. Hatte Harrsk damals im Tiefkern mit eine Bestie erschaffen, die nun niemand mehr kontrollieren konnte?
„Er ist wahnsinnig, Admiral“, flüsterte Thoath neben ihm, legte ihm eine Hand auf die rechte Schulter, eine ungewöhnlich vertraute Geste für einen Offizier. „Sie können es beenden, hier und heute. Ein für alle Mal. Ersparen Sie der Galaxis, ersparen Sie unserem Imperium den Irrsinn und den Tod.“
„Hm“, machte Harrsk lediglich und betrachtete regungslos die schwarze Silhouette des Schiffes, die langsam größer wurde. Links und rechts seines Brückenfensters schoben sich graue Dolcher imperialer Sternenzerstörer voran, auf das Objekt der Finsternis zu. Die Heimatflotte schoss in Angriffsformation auf die kleine feindliche Gruppe von Schiffen zu, während der Abfangkreuzer und die Whirlwind etwas hinter dem Rest der Formation zurückfielen.
„Die Tenacity und die Hatchet sind in Feuerreichweite, Sir,“, berichtete der junge Kommunikationsoffizier von seiner Konsole im Brückengraben. „Ihre Befehle?“
„Wehren Sie sich, Admiral.“
Thoaths Stimme stach in seinem Gehirn, presste gegen wunde Stellen, die jedes Mal aufs Neue so sehr schmerzten, dass er Mühe hatte, auf den Beinen zu bleiben und das Bedürfnis zu unterdrücken, sich mit den Fingern die brennende Haut von seiner linken Gesichtshälfte zu reißen. Raus aus meinem Kopf! Das Feuer loderte endlos, brannte seinen Geist und Körper aus, der seit der Verwundung so geschunden war. Es zerriss ihn von innen, jeden Tag ein Stück mehr.
„Admiral? Alles in Ordnung? Sie sind kreidebleich“, fragte Harrsks Zweiter Offizier unsicher aus dem Brückengraben. „Soll ich nach Ihrem Leibarzt schicken lassen?“
Keine Reaktion. Harrsks Finger krümmten sich wie Klauen zur einer Faust, seine Fingernägel bohrten sich in die Haut seiner Handfläche. Ärzte! Ärzte konnten ihm nicht helfen. Seit Monaten konnten sie es schon nicht. Sie würden es nie können. Unzuverlässige Heuchler, voller Inkompetenz. Verabscheuungswürdige Subjekte, aber er durchschaute ihre Lügen. Medikamente. Von wegen. Sie wollten ihn nur ruhig stellen, ihn bequem machen. Seine Rivalen würden jede Gelegenheit nutzen, ihm zu schaden. Wahrscheinlich standen die Ärzte alle auf deren Gehaltsliste. Damit er, der aufziehende Stern der Flotte, er, Blitzer Harrsk, ausgezeichnet als der große Hoffnungsträger des Militärs, nun fiel, um seinen Platz einzunehmen. Aber nein, nicht mit ihm. Niemals. Seine Feinde waren überall.
„Rufen Sie Doktor Zeimant…“, sagte der Zweite Offizier halblaut zum Soldaten an der internen Schiffskommunikation.
„Unsinn!“
Harrsk grollende Stimme setzte bereits ein, bevor der Offizier überhaupt seinen Satz beendet hatte. War der auch mit ihnen im Bunde? Es würde sich zeigen. Und diese Ärzte würden zahlen für ihren Verrat, für ihren Versuch, ihn zu beeinträchtigen und seinen Platz abzuerkennen, den er sich so hart erarbeitet hatte. Nur des Geldes wegen spielten sie mit seiner Gesundheit. Sie würden noch sehen, was sie davon hatten. Ja, Ärzte konnten ihm nicht helfen. Er konnte ihnen nicht trauen. Es gab nur eine Person, die die Macht hatte, ihm zu helfen. Nur eine Person war unabhängig, unbestechlich, unparteiisch. Die Person, die alles hatte. Alles kontrollierte. Und wenn es der Pakt mit dem Teufel war, dann war es eben so. Er brauchte ihn. Bolla Thoaths Augen weiteten sich ungläubig.
„Nein“, sagte dieser kopfschüttelnd, die Stimme resigniert. Doch Harrsk ließ ihn reden. Thoath verstand es nicht, niemand konnte es verstehen. Wie sollten sie auch? Ihnen war nicht widerfahren, was ihm widerfahren war.
„Geben Sie Befehl an die Flotte, Waffen und Schilde zu deaktivieren“, gab der Admiral an den noch immer auf Befehle wartenden Kommunikationsoffizier heraus. Die Würfel waren gefallen.
Zwei TIE-Abfangjäger hatten die Fähre Baradium in den Schlund des großen schwarzen Schiffes geleitet. Ein kalter Luftzug begleitete Admiral Harrsk durch die Korridore des Schiffes, schien ihm auf Schritt und Tritt zu folgen, als er die letzte Türe passierte, die ihn auf die mager ausgeleuchtete Observationsbrücke führte. Langsamen Schrittes trat er Stufen hinauf, der dunkelgraue Thron funkelte im faden Lichtschein, offenbarte die Silhouette einer schwarzen Gestalt.
„Dieses Mal heißt die Heimatflotte des Zentrums Euch willkommen, Mächtiger“, sagte Harrsk demütig und beugte sich vor seinem Herrscher auf ein Knie hinab. Letztes Mal, als der Imperator Coruscant mit einer Flotte heimgesucht hatte, damals, als er noch nicht einmal Imperator gewesen war, war es anders gewesen. Erst die Schlacht von Coruscant hatte dafür gesorgt, dass Vesperum den Anspruch geltend machen konnte und von einigen als Eroberer und nicht als Befreier gesehen worden war. Er, Harrsk, hatte damals mit Blitzangriffen auf das Kernimperium dafür gesorgt, dass Sate Pestage eine Streitmacht entsenden und das Zentrum verwundbar zurücklassen musste. Er, Harrsk, hatte Vesperum den Weg zum Thron geebnet. Und nun würde er es wieder tun. Doch dieses Mal würde nicht Tiberius Vaash den Ruhm für sich einheimsen, den Ruhm der Schlacht von Coruscant. Dieses Mal war es Blitzer Harrsk alleine. Denn er, Harrsk, hatte dafür gesorgt, dass nicht ein einziger Schuss gefallen war, dass Vesperum unblutig und glorreich zurückkehren konnte, ohne imperiale Leben verschwendet zu haben. Gab es größeren Ruhm? Mehr Ruhm war denen beschieden, die nicht einmal kämpfen mussten, sondern dafür sorgten, dass andere ihnen feierlich folgten. Das würde Vaashs militärische Leistung über Coruscant ausstechen, ein erster Rivale, der in der Gunst abfiel und ihm selbst zu neuer Position verhalf. Harrsk würde sich seinen Platz von einem alten Mann nicht noch einmal stehlen lassen.