Und ließen sich Entscheidungen etwa nicht rückgängig machen? Natürlich war das möglich, tagtäglich wurde es sogar von politischen Wendehälsen demonstriert. Der Admiral begriff das nicht, er war ebenso alt wie verbohrt, festgefahren und deswegen würde er in diesem Krieg sterben. Vielleicht war das sogar irgendwo die Idee, der große Plan. Vaash sollte in der Schlacht fallen, damit er Millionen von Soldaten als Märtyrer diente, als Inspiration und Idol, sich diesem sinnlosen Wettstreit um das bessere Staatssystem anzuschließen. Die Worte des Alten beeindruckten sie weitaus weniger als erwartet, vielleicht weil Zen irgendwo wusste, dass er recht hatte, Nein, nicht nur irgendwo, Vaash schätzte sie richtig ein, doch im Gegensatz zu ihm, sah sie darin nichts verwerfliches. Daro war keine Idealistin und verschrieb sich keiner besonderen Staatsideologie, sondern erledigte ihre Arbeit, das, wofür sie ausgebildet wurde. Für manchen mochte Ehre etwas bedeuten, den geleisteten Eid unbedingt erfüllen, doch für Menschen wir Daro war es nur sinnloses Beiwerk, von dem sich naive Tölpel beeindrucken ließen und sie war davon überzeugt weder das eine, noch das andere zu sein. Wenn der Flottenadmiral dachte, er könnte sie bei einem solch nebulösen Begriff wie Ehre packen, dann hatte er sich grundlegend getäuscht. Ehre war für jene wichtig, die nach Größe der eigenen Person geiferten, die sich hervortun wollten, zeigen, wie besonders sie waren. In dieser Hinsicht befand sich Daro als sehr bescheiden: sie wollte lediglich diesen Krieg überleben wie und mit welchen Mitteln spielte dabei immer weniger eine Rolle. Sie war kein Macher, kein jemand der Dinge in die Hand nahm, der sich einbildete etwas ändern zu können, nicht wie Vaash. Die Admiralin war eher eine Mitläuferfigur, die sich dem Zeitgeist anpasste und in dieser Zeit gab es für Militärs nur zwei Richtungen: jene, die weiter für dieses marode Imperium kämpften und früher oder später durch die Republik fielen und jene, die sich nach anderen Strukturen umsahen und ein Leben in relativer Sicherheit führten. Zugegebenermaßen war die Zeit der großen Abspalter vorbei und Daro sah sich auch nicht als Person an, die dazu geeignet wäre ein solches Reich zu führen, aber es gab immer noch Schlupflöcher. Und wenn Vaash mit seiner Ansprache eines deutlich gemacht hat, dann, dass es Zeit war dieses Imperium zu verlassen und weiterzuziehen und mit der drohenden Offensive vor der imperialen Haustür sollte das eher früher als später sein.
In diesem Sinne: ja, es wurde Zeit dieses sinkende Schiff zu verlassen, mehr noch diesen Prunkpalast mit seiner sinnlosen Gala, seinen sinnlosen schmatzenden Gästen. Es wurde Zeit wieder einen Schritt in Richtung eigener Zukunft zu tun. Sie ging nicht etwa zurück zu ihrem Tisch, zurück zu diesem Cadera, sondern wandte sich entschlossen dem Ausgang zu. Immerhin - die Gelegenheit könnte günstiger nicht sein, denn offenbar war ein Krüppel im Hoverstuhl eine weitaus größere Attraktion als eine Frau, die den Saal verließ. Lediglich das Personal am Ausgang fragte gewohnt höflich und doch militaristisch abgehakt nach: "Sie gehen schon?" Schwerfällig nickte Daro und tat ihr bestes, einen kränklichen Blick zu simulieren. "Ja.. ja, es tut mir sehr leid, aber manaanische Tintenfischsuppe..." Der Mann nickte und grinste blöd. "Eine Delikatesse in den Kernwelten." Daro runzelte nachdenklich die Stirn und entbehrte ein sanftes Lächeln. "Vielleicht ein wenig zu delikat für meinen Gaumen. Ich darf?", fragte sie und nickte in Richtung des Ausgangs. Der Mann nickte und trat respektvoll einen Schritt beiseite. "Selbstverständlich. Einen angenehmen Restabend, Admiral." Daro schleppte sich etwas träge weiter vorwärts und nickte dem Wächter noch einmal freundlich zu - vermutlich zum letzten Mal in diesem Leben. "Ihnen ebenfalls." Schweigsam huschte sie hohen Gänge entlang, bis sie in ihrer Garderobe verschwand. Es wurde Zeit diese grässliche Galauniform abzulegen, zum einen aus Gründen der Bequemlichkeit, aber mehr noch aus Gründen der Anonymität und eine zivilere Bekleidung anzulegen. Danach ging sie weiter, die Echos des großen Saals im Ohr, das Stimmenwirrwarr, das ab und an verstummen mochte, wenn Pestage oder Il-Raz mit ihren hohlen Ansprachen daherkamen und die Menge auf Kommando applaudierte, so, wie sie auf Kommando schoss.
Mit ihrem kleinen Koffer in der Hand betrat Daro Zen wieder die Bühne des weltlichen Coruscants, das sich mittlerweile im Sternenkleid der Nacht präsentierte, dass in einiger Entfernung zum imperialen Palast von dunklen, schweren Wolken verdeckt wurde. Hier und da tummelten sich einige Taxis, die eifrig Besucher zu und von dem hiesigen Gebilde wegbrachten und eines jener Gefährte, steuerte die Admiralin nun an. "Wo soll's hingehen?", fragte ein Zeltron mittleren Alters und bat sie, mit einladender Geste einzusteigen. Eifrig zog Daro ein Stück Flimsi aus der Innentasche ihres Mantels und reichte es dem Taxifahrer. "Dahin?", hakte der Zeltron unsicher nach. Die Admiralin nickte steif. "Hin vielleicht, aber für die Rücktour müssen Sie sich jemand anderen suchen." Wie selbstverständlich drückte sie ihm den Koffer in die Hand und fing an Credits abzuzählen. "Das bringen Sie für mich zum Empire Arms Hotel." Ihre Hand hob sich und stapelte die Credits fein säuberlich vor den größer werdenden Augen des Zeltrons auf den Koffer in seiner Hand. "Und dafür stellen Sie mir keine Fragen mehr." Der Mann nickte, nunmehr aus Geldgier motiviert den Koffer schnell einzuladen und seiner Neugier abzuschwören. Zumindest für ein paar Minuten, solange, bis sie dieses elende Pflaster erreicht hätten. Obgleich er zugeben musste, dass es ihn schon interessierte, was eine Person, die soeben aus dem Palast kam, an einem Ort wie diesen verloren hatte. Aber womöglich sollte er wirklich nicht nachfragen, nein, immerhin gab es Gerüchte. Gerüchte über eine versunkene Stadt, tief im Herzen von Coruscant, ein imperiales Labor oder Gefängnis und wer wusste schon, zu welcher Einheit diese Frau gehörte? Nein, das war nicht die Art von Job, bei der man ein hohes Risiko eingehen wollte, nicht, wenn man vorhatte noch eine Weile zu leben und ein bescheidenes, aber beschauliches Leben zu führen. So gut das im Imperium eben ging.
Coruscant - Grenze zur Hüttenstadt
Es gab Orte auf Coruscant, die so fremd und anonym sein konnten, dass es dafür nicht einmal nötig war den Planeten zu verlassen und das, obwohl sie nur in einigen Kilometern Entfernung zum Senatsgebäude lagen. Die Hüttenstadt war zweifellos einer dieser Orte. Ein riesiges, uraltes Industriegebiet, das mehr und mehr zerfiel. Zweifellos hätte man die Ruinen einfach eingeebnet - hätte sich nachweisen lassen, wem was gehörte. Die Besitzansprüche in diesem Distrikt waren ebenso undurchsichtig und verschlungen, wie die Pfade in diesem Labyrinth. Jede Minute in diesem Vorort der Hölle, kam einem vor wie zehn Jahre des Lebens. Mit jedem Luftzug schmeckte man den ungefilterten Ruß auf der Zunge, der immer noch aus den kilometerhohen Schornsteinen längst verlassener Industrieanlagen emporstieg. In die Hüttenstadt kamen freiwillig nur jene die nicht gefunden werden wollten, etwas zu verbergen hatten, oder auf der Suche nach einer neuen Dosis Killersticks waren. Auf Daro Zen trafen derzeit alle Möglichkeiten zu. "Da wären wir." Die Stimme des Zeltrons zerschnitt die friedliche Stille. Ja, nun war sie hier, so nah und doch so weit entfernt von neugierigen imperialen Augen. In diesem Bezirk gab es kein Recht, keine Ordnung, schon gar keine Strafverfolgung. Man stand direkt unter der Nase des Imperators und er übersah sie einfach. Schweigen. Seit sie das Taxi bestiegen hatte, hatte die Admiralin nicht gesprochen und daran würde sich auch jetzt nichts ändern. Ohne ein weiteres Wort stieg sie aus dem Gefährt aus und betrat die industriell versuchte Gegend. Der Fahrer indes verlor keine Zeit und zündete die Repulsoren. Nun war sie allein. Ganz allein. Ganz wie Vaash gesagt hatte. Aber vielleicht war das weniger schlimm als er wusste. Denn irgendwie war sie schon immer allein gewesen. Über ihr begannen die dunklen Wolken sich zu entleeren, der giftige Ruß vermischte sich mit Wasser und tropfte herab wie schwarzer Pech. Ganz so elendig anzusehen, wie sie sich fühlte. Aber der Entschluss stand, wenn nicht jetzt, dann würde sie es morgen umso mehr bereuen. Sie würde es anschließend den Rest ihres, so sie nichts dagegen unternahm, nur noch sehr kurzen Lebens bereuen. Eiligen Schrittes durchquerte sie die nassen Gossen, wo aus tausenden verrosteten Rohren Augen zu linsen schienen, wie Nadelstiche, die sie dazu zwangen sich immer wieder umzudrehen. Flüssiges Toxin vom Himmel weichte die dünne Ummantelung der Zigarette auf, während sie bei jedem Zug wütend aufglimmte. Nach mehreren Minuten war sie dort, wo sie hinwollte. Der Grund für den Aufenthalt an diesem widerlichen Ort. Ein öffentliches Holoterminal, so weit vom Rest der Zivilisation Coruscants abgelegen, dass es nur die gänzlich Verzweifelten benutzten. Die Chance hier belauscht zu werden war nicht nur gering, sondern quasi nicht gegeben. Die meisten dieser Geräte waren älter als das Imperium, viel älter und nicht einmal die akribische imperiale Sicherheitsbehörde hatte die Zeit und Muße sich um die abgewirtschafteten und verlassenen Gebiete Coruscants zu kümmern. Zumindest nicht sofort.
Der Vorteil von im Chaos versunkenen Sektoren wie Bright Jewel war der, dass man selbst als augenscheinlich loyaler imperialer Soldat Kontakte zu weniger ehrlichen sondern eher zwielichtigen Individuen knüpfen konnte, ohne, dass allzu viele Fragen gestellt wurden. Oftmals war es jener verräterische Abschaum, der für ein wenig Gnade und ein paar Credits seine Kameraden verriet und so irgendwo seinen Beitrag zur Befriedung des Sektors leistete. Manche dieser Wesen besaßen wiederum Kontakte zu anderen, es war wie eine komplex gestrickte Leitung, doch hatte man eine solche erst entdeckt und bis zum Ende verfolgt war es einerseits interessant und nützlich zugleich, wer der Lauscher am anderen Ende war. Nun wurde es Zeit eine solche Leitung in Anspruch zu nehmen und sich durchstellen zu lassen um... Kontakt aufzunehmen. Daro wusste, dass es sich dabei allein um eine Formalität handelte und ihr Interesse an einem Wechsel des Dienstherrn im Prinzip ausreichte um akzeptiert oder zumindest assoziiert zu werden. Das stark verrostete Terminal blinkte störrisch auf und zeigte das Bild eines kleinen untersetzten Mannes in einer schwarzen imperialen Uniform. "Reave.", begrüßte die Admiralin den Mann mit einem süffisanten Lächeln. "Schön zu sehen, dass Sie ihren... Shuttleabsturz auf Onderon überlebt haben. Wie geht es Ihnen?"[/align] Das runde Gesicht des Mannes verformte sich, weg von Überraschung hin zu einem Ausdruck eines Menschen, der ein sehr störrisches Ärgernis betrachtete. "Admiral. Woher haben Sie die Nummer - nein vergessen Sie's. Warum wissen Sie überhaupt, dass ich lebe." Das Lächeln verschwand und ließ nur ein kaltes Gesicht zurück, das Antlitz einer Person, die wenig Lust auf Spielchen hat. "Sie zahlen Ihren Komplizen zu wenig, Reave. Vankos Spurensicherung ist ein wenig stutzig geworden, nachdem sie erfahren hatte, dass das Shuttle erst einige Minuten nach dem Aufschlag explodierte." Daro machte eine Pause und starrte in das große o, in das sich der Mund des Mannes formte. "Und... was wollen Sie jetzt von mir?", fragte der Mann verdutzt. "Dummerweise Ihre Hilfe. Sagen Sie ihrem Boss, dass wir uns unterhalten müssen - persönlich." Die Augen des Agenten verengten sich, als er die Frau betrachtete. "Sie wollen also...?" Daro nickte ernst. "Verstehe, verstehe... ich werde sehen was ich tun kann, der Großmoff ist ein vielbeschäftigter Mann. Reave Ende." Irgendwo am anderen Ende der Galaxis schaltete Wessel Reave die Holkommunikation ab und fuhr sich mit der Hand durchs dunkle Haar. Das war interessant. Brisant. Ein imperialer Admiral, der sich kurz vor einer republikanischen Offensive lossagen sollte. Das war nicht nur feige, das war erbärmlich, aber es war nicht seine Angelegenheit darüber zur urteilen und irgendwo war er selbst nicht besser. Auf jeden Fall würde Zsinj sein Amüsement daran finden, das war sicher.
Ende. Ja, vielleicht waren sie alle am Ende, aber was spielte das für eine Rolle? Es war eine einfache Verzögerungstaktik, der Weg des Aussitzens. Kriege machten niemanden groß, schlimmer noch, gab es keine Gewinner, nur die Überlebenden. Und wie jemand überlebte, war allein für Historiker von Bedeutung, jene, die gewichtige Namen in den Geschichtsbüchern verewigten. Aber auch das war nur für jene wichtig, die irgendwo ihr Ego befriedigen mussten. Vom Regen durchnässt klebten ihr die Haare auf der Stirn, während große Tropfen davon herab trieften. Es wurde Zeit diese grausige Gegen zu verlassen. Abermals zeigte das Hologramm einen Mann in imperialer Uniform, nun aber jemanden, der der Sternenflotte angehörte. "Delvin? Ich brauche ein Taxi." Der bullige Mann blickte auf das durchnässte Abbild seiner Vorgesetzten ehe ihm ein schwerer Seufzer entglitt. "Da Sie offenbar nicht im Palast sind... können Sie Ihren Peilsender aktivieren?" Daro zögerte. Nein, sie könnte - natürlich, aber sie würde es nicht tun. "Negativ. Ich bin bei der Hüttenstadt suchen Sie nach...", ihre Augen durchforsteten die Gegend nach einem markanten Punkt, ein Unterfangen, dass sich in den verfallenden Ruinen als schwierig herausstellte. Einige hundert Meter entfernt entdeckte sie schließlich ein hochgelegenes Gebäude, dessen Lettern noch einigermaßen zu entziffern waren. "...LeMerge." Delvin nickte, ehe das Holobild verblasste und verschwand. LeMerge-Energy. Natürlich, jeder der alt genug oder historisch einigermaßen bewandert war, konnte mit diesem Namen etwas anfangen, obgleich sich nur noch wenige daran erinnerten, dass der Konzern auch hier auf Coruscant ein Hauptquartier besessen hatte. Und wer LeMerge nannte, der assoziierte diesen Namen meist mit Finis Valorum, einst Kanzler der Galaktischen Republik, Vorgänger Palpatines. Nun wo sie darüber nachdachte schien es seltsam, beinahe zu perfekt, dass der wegen der Schmiergeldaffäre um LeMerge abgewählte letzte Kanzler, ausgerechnet Palpatine, den von den republikanischen Nostalgikern der Allianz verhassten ersten Imperator, den Weg zur Erschaffung seines Reiches geebnet hatte.
Langsam trottete sie dem wuchtigen Gebäude, diesem zerfallenen Monolithen entgegen, auf den der saure Regen niederprasselte. Es war ungünstig gewesen Delvin Haelstroem in diese Sache zu involvieren, denkbar ungünstig, aber daran ließ sich jetzt nichts ändern. Er würde Fragen und es wäre besser diese Fragen hier zu beantworten als anderswo, auch wenn sie sich unsicher war wo er stand, wie seine Sicht der Dinge aussah. Ein Risiko. Aber besser ein Risiko in dieser verlassenen Gegend beseitigt, als vor den Augen der Kameraden. Schritt um Schritt ging es die kaputten Stufen empor, bis hin zu einem alten Landeplatz, wo ihr kalter Wind ins Gesicht blies. In der Ferne glommen Lichter auf. Ja. Die Oberstadt war so nah und doch so fern. Vielleicht hätte sie einfach hier zurückbleiben sollen, zusammen mit dem restlichen Abschaum verrotten. Die Lichter kamen näher und der Gleiter bremste, wirbelte Jahrzehnte alten Dreck auf und blies ihn über die Plattform. Die Tür öffnete sich und der kräftige Mann trat heraus. "Was um alles in der Welt machen Sie hier?", entfuhr es Delvin gleichsam verdutzt als auch wütend. "Es gab... Komplikationen bei dieser Feier. Sie waren auch nicht dort." Der Offizier schnaufte und hob entwaffnend die Hände. "Schon gut, schon gut... ich war im Diamond Casino.. das große, oben beim Boulevard." Er trat einen Schritt vor und fuhr mit ruhiger Stimme fort: "Vaash?" Vaash. Natürlich Vaash. Wer sonst? Von Harrsk wäre nichts anderes zu erwarten gewesen, aber vielleicht hatte sie irgendwo gehofft, daran geglaubt, dass der Alte sich getroffen fühlte, dass er sich erklärend würde, einsehen, wie falsch er lag. "Hm.", lautete ihre einfache Bestätigung. "Das erklärt Ihre Abwesenheit. Aber was machen Sie hier? Sie wissen, was hier für Gestalten herumlungern..." Nun war es das also, sie würde nicht Drumherum kommen und zugegebenermaßen fiel ihr tatsächlich keine plausiblere Erklärung als die einfache Wahrheit ein, dass ihre Anwesenheit an diesem Ort erklären würde. "Ja, ich weiß... was ich hier mache nun... ich gehe." - "Wie? Weg?" - "Ja, weg." Der Offizier kratze sich am Kinn, an dem sich bereits ein Rinnsal des Regens gebildet hatte. "Und.. wohin?" Ein weiterer Seufzer entglitt ihr, nun... nur ein Schritt nach vorn und die klare Grenze wäre gezogen. Schwarz oder weiß. Richtig oder falsch. Ein Schritt und die Extreme wären klar definiert. "Zsinj."
Delvin kam es vor als wäre eine Ewigkeit vergangen, dabei hatte er lediglich kurz geblinzelt. Die Zeit schien wie eingefroren. "Und....", das Eis knackte, "...was wird aus uns?" Dies war der schwierige Punkt, die Art Frage, auf die sie keine klare Antwort hatte, zumindest keine allumfassend zufriedenstellende. "Sie kommen mit. Alle." - "Nein!" Nun war es Daro, die blinzelte, ungläubig, wie von einem Schlag getroffen, fehlten ihr für einige Augenblicke die Worte. Sie trat einen Schritt zurück, als hätte sie plötzlich einen Fremden vor sich. "Ein Admiral ist nur mit einer Flotte nützlich. Eine Flotte braucht ihre Kommandeure um zu funktionieren. Sie kommen mit." - "Nein. Das ist... Wahnsinn. Ich verstehe wenn Sie gehen wollen Zen, nun, nur zu. Aber lassen Sie die anderen aus dem Spiel. Sie haben kein Recht über Besatzungen zu bestimmen, Sie haben kein Recht, uns alle zu Verrätern zu machen!" Der Mundwinkel der Admiralin zuckte kalt. Ja. Da war die Front. Soldat und Soldat standen sich gegenüber - tragisch allein war der Umstand, dass es Delvin war und nicht Vaash. "Verräter. Äußerst dehnbarer Begriff - meinen Sie nicht? Sie dienen einem Imperium ohne Imperator und der letzte Imperator wurde von einem Verräter auf den Thron gesetzt, nachdem er sich quer durch die imperiale Flotte geschossen hatte! Und dieser hochgelobte Imperator...", Daro spuckte das Wort beinahe verächtlich aus, "...besaß am Ende nicht einmal die Integrität die Abspalter hinter sich zu einen. Das ist kein Imperium, kein Reich, kein Staat, das ist ein Witz. Ein Haufen Bürger, der von einer militärischen Armada lose zusammengehalten wird!" Delvin wandte sich ab, als könnte er nicht hören, nicht tatsächlich verstehen und begreifen, was ihm entgegen geschleudert wurde. Als wären es Worte einer fremden Sprache schüttelte der Mann verständnislos den Kopf. "Tut mir Leid. Hilft nichts. Ich muss Sie melden." Die Soldaten hatten sich in die Schützengräben zurückgezogen, als das Sperrfeuer über sie hinweg pfiff. Nun herrschte eine kurze Waffenruhe, Stille, die Gelegenheit voranzupirschen und die Initiative zu übernehmen. Ihre Hand glitt in die Manteltasche und ertastete das kalte Metall, biss ihre Finger sich um den Griff schlossen und die Waffe herauszogen. Mit einem charakteristischen Klacken schnappte eine neue Gaskartusche ein. Als Delvin Haelstroem sich umdrehte blickte er nicht nur in das finstere und gleichzeitig traurige Gesicht Zens, sondern auch in die Mündung einer Blasterpistole. "Ihre Familie, oder Haelstroem? Sie haben Angst, dass Sie sie nicht widersehen. Das ihnen etwas angetan werden könnte. Aber zu spät, ich habe mich entschieden, meine Optionen abgewogen." Kopfschütteln, vorsichtig hob der Offizier seine Hände und ging einige Schritte zurück. War das tatsächlich noch die Frau, die er vor vielen Jahren kennengelernt hatte? Oder war er so blind gewesen, dass er nicht bemerkt hatte, wie der Krieg sie verändert hatte? Immer mehr zerbrochen hatte, bis nichts mehr übrig war? Zen war nie für den Krieg geschaffen, nie dafür geeignet gewesen und nun traf ihn vielleicht der Richtspruch, dass er damals Sympathie über Pflicht gestellt hatte. "Sie sind wahnsinnig, Zen. Sie sind nicht besser als Batch!" Wieder ein Schritt vorwärts, der Feind schritt einen zurück. Gleichgültiges Schulterzucken. Was brachte es noch, sie jetzt zu kritisieren? Die Zeiten der Moral waren vorbei, die Zeiten des Anstandes ausgelöscht, so, wie auch einer ihre Freunde in kürze ausgelöscht sein würde. Was zählte war das Überleben des einzelnen und wenn es auf Kosten tausender ging, dann war es ebenso. "Verdammt Zen! Ich habe Ihnen vertraut! Ich war Ihr Freund!" Die letzte Windbrise abwarten. "Nein. Nur eine Nummer im System. Und morgen kommt eine neue." Schuldspruch. Der Finger krümmte sich am Abzug, bis der Schuss auslöste. Binnen Millisekunden war Delvin Haelstroem tot, während der Kadaver des Mannes in die unbekannte Tiefe der Hüttenstadt fiel. Dort wo sich Legenden zufolge die blinden Kannibalen herumtrieben - Cthone - und niemanden im imperialen Apparat würde sich dafür interessieren. Es ging allein um die Frage, wie die ausgefallene Funktion zu ersetzen war und in welcher Form. So oder so, niemand würde die Leiche mehr finden und noch weniger würden hinter dem Mord Daro Zen vermuten, die als treue humorvolle, zuweilen auch bissige Freundin ihrer Kommandeure galt. Nun... Zeiten änderten sich und man musste sich anpassen.
Die rauchende Blastermündung schob sich unter ihr Kinn. Vielleicht wäre das eine gute Gelegenheit es doch zu beenden, jetzt, wo es kein Zurück gab. Keine andere Wahlmöglichkeit. Die Augen schlossen sich. Nur noch einmal am Abzug ziehen und der Albtraum wäre vorbei. Keine Schuld mehr, keine Gefühle. Das Metall zitterte, löste sich und die Waffe fiel hinab in die tiefen, dorthin, wo auch ihr Opfer lag. Nein. Wieder nicht. Mit zittrigen Händen schob sie eine Zigarette zwischen ihre Lippen und entzündete sie. Noch war die Tat nicht real. Vielleicht würde sie es auch nie werden, nein, ausgeschlossen. Es half nichts. Ihr Blick fiel auf den Gleiter mit dem Delvin gekommen war, auch darum würde sie sich kümmern müssen - jetzt. Und dann... dann gab es vielleicht Frieden im Hotel. Irgendwo zwischen Alkohol und Bettlaken, ein paar Stunden jemand anderes sein. Nur ein paar Stunden von Frieden träumen.
In diesem Sinne: ja, es wurde Zeit dieses sinkende Schiff zu verlassen, mehr noch diesen Prunkpalast mit seiner sinnlosen Gala, seinen sinnlosen schmatzenden Gästen. Es wurde Zeit wieder einen Schritt in Richtung eigener Zukunft zu tun. Sie ging nicht etwa zurück zu ihrem Tisch, zurück zu diesem Cadera, sondern wandte sich entschlossen dem Ausgang zu. Immerhin - die Gelegenheit könnte günstiger nicht sein, denn offenbar war ein Krüppel im Hoverstuhl eine weitaus größere Attraktion als eine Frau, die den Saal verließ. Lediglich das Personal am Ausgang fragte gewohnt höflich und doch militaristisch abgehakt nach: "Sie gehen schon?" Schwerfällig nickte Daro und tat ihr bestes, einen kränklichen Blick zu simulieren. "Ja.. ja, es tut mir sehr leid, aber manaanische Tintenfischsuppe..." Der Mann nickte und grinste blöd. "Eine Delikatesse in den Kernwelten." Daro runzelte nachdenklich die Stirn und entbehrte ein sanftes Lächeln. "Vielleicht ein wenig zu delikat für meinen Gaumen. Ich darf?", fragte sie und nickte in Richtung des Ausgangs. Der Mann nickte und trat respektvoll einen Schritt beiseite. "Selbstverständlich. Einen angenehmen Restabend, Admiral." Daro schleppte sich etwas träge weiter vorwärts und nickte dem Wächter noch einmal freundlich zu - vermutlich zum letzten Mal in diesem Leben. "Ihnen ebenfalls." Schweigsam huschte sie hohen Gänge entlang, bis sie in ihrer Garderobe verschwand. Es wurde Zeit diese grässliche Galauniform abzulegen, zum einen aus Gründen der Bequemlichkeit, aber mehr noch aus Gründen der Anonymität und eine zivilere Bekleidung anzulegen. Danach ging sie weiter, die Echos des großen Saals im Ohr, das Stimmenwirrwarr, das ab und an verstummen mochte, wenn Pestage oder Il-Raz mit ihren hohlen Ansprachen daherkamen und die Menge auf Kommando applaudierte, so, wie sie auf Kommando schoss.
Mit ihrem kleinen Koffer in der Hand betrat Daro Zen wieder die Bühne des weltlichen Coruscants, das sich mittlerweile im Sternenkleid der Nacht präsentierte, dass in einiger Entfernung zum imperialen Palast von dunklen, schweren Wolken verdeckt wurde. Hier und da tummelten sich einige Taxis, die eifrig Besucher zu und von dem hiesigen Gebilde wegbrachten und eines jener Gefährte, steuerte die Admiralin nun an. "Wo soll's hingehen?", fragte ein Zeltron mittleren Alters und bat sie, mit einladender Geste einzusteigen. Eifrig zog Daro ein Stück Flimsi aus der Innentasche ihres Mantels und reichte es dem Taxifahrer. "Dahin?", hakte der Zeltron unsicher nach. Die Admiralin nickte steif. "Hin vielleicht, aber für die Rücktour müssen Sie sich jemand anderen suchen." Wie selbstverständlich drückte sie ihm den Koffer in die Hand und fing an Credits abzuzählen. "Das bringen Sie für mich zum Empire Arms Hotel." Ihre Hand hob sich und stapelte die Credits fein säuberlich vor den größer werdenden Augen des Zeltrons auf den Koffer in seiner Hand. "Und dafür stellen Sie mir keine Fragen mehr." Der Mann nickte, nunmehr aus Geldgier motiviert den Koffer schnell einzuladen und seiner Neugier abzuschwören. Zumindest für ein paar Minuten, solange, bis sie dieses elende Pflaster erreicht hätten. Obgleich er zugeben musste, dass es ihn schon interessierte, was eine Person, die soeben aus dem Palast kam, an einem Ort wie diesen verloren hatte. Aber womöglich sollte er wirklich nicht nachfragen, nein, immerhin gab es Gerüchte. Gerüchte über eine versunkene Stadt, tief im Herzen von Coruscant, ein imperiales Labor oder Gefängnis und wer wusste schon, zu welcher Einheit diese Frau gehörte? Nein, das war nicht die Art von Job, bei der man ein hohes Risiko eingehen wollte, nicht, wenn man vorhatte noch eine Weile zu leben und ein bescheidenes, aber beschauliches Leben zu führen. So gut das im Imperium eben ging.
Coruscant - Grenze zur Hüttenstadt
![[Bild: 9juu4opk.png]](http://s14.directupload.net/images/141107/9juu4opk.png)
Der Vorteil von im Chaos versunkenen Sektoren wie Bright Jewel war der, dass man selbst als augenscheinlich loyaler imperialer Soldat Kontakte zu weniger ehrlichen sondern eher zwielichtigen Individuen knüpfen konnte, ohne, dass allzu viele Fragen gestellt wurden. Oftmals war es jener verräterische Abschaum, der für ein wenig Gnade und ein paar Credits seine Kameraden verriet und so irgendwo seinen Beitrag zur Befriedung des Sektors leistete. Manche dieser Wesen besaßen wiederum Kontakte zu anderen, es war wie eine komplex gestrickte Leitung, doch hatte man eine solche erst entdeckt und bis zum Ende verfolgt war es einerseits interessant und nützlich zugleich, wer der Lauscher am anderen Ende war. Nun wurde es Zeit eine solche Leitung in Anspruch zu nehmen und sich durchstellen zu lassen um... Kontakt aufzunehmen. Daro wusste, dass es sich dabei allein um eine Formalität handelte und ihr Interesse an einem Wechsel des Dienstherrn im Prinzip ausreichte um akzeptiert oder zumindest assoziiert zu werden. Das stark verrostete Terminal blinkte störrisch auf und zeigte das Bild eines kleinen untersetzten Mannes in einer schwarzen imperialen Uniform. "Reave.", begrüßte die Admiralin den Mann mit einem süffisanten Lächeln. "Schön zu sehen, dass Sie ihren... Shuttleabsturz auf Onderon überlebt haben. Wie geht es Ihnen?"[/align] Das runde Gesicht des Mannes verformte sich, weg von Überraschung hin zu einem Ausdruck eines Menschen, der ein sehr störrisches Ärgernis betrachtete. "Admiral. Woher haben Sie die Nummer - nein vergessen Sie's. Warum wissen Sie überhaupt, dass ich lebe." Das Lächeln verschwand und ließ nur ein kaltes Gesicht zurück, das Antlitz einer Person, die wenig Lust auf Spielchen hat. "Sie zahlen Ihren Komplizen zu wenig, Reave. Vankos Spurensicherung ist ein wenig stutzig geworden, nachdem sie erfahren hatte, dass das Shuttle erst einige Minuten nach dem Aufschlag explodierte." Daro machte eine Pause und starrte in das große o, in das sich der Mund des Mannes formte. "Und... was wollen Sie jetzt von mir?", fragte der Mann verdutzt. "Dummerweise Ihre Hilfe. Sagen Sie ihrem Boss, dass wir uns unterhalten müssen - persönlich." Die Augen des Agenten verengten sich, als er die Frau betrachtete. "Sie wollen also...?" Daro nickte ernst. "Verstehe, verstehe... ich werde sehen was ich tun kann, der Großmoff ist ein vielbeschäftigter Mann. Reave Ende." Irgendwo am anderen Ende der Galaxis schaltete Wessel Reave die Holkommunikation ab und fuhr sich mit der Hand durchs dunkle Haar. Das war interessant. Brisant. Ein imperialer Admiral, der sich kurz vor einer republikanischen Offensive lossagen sollte. Das war nicht nur feige, das war erbärmlich, aber es war nicht seine Angelegenheit darüber zur urteilen und irgendwo war er selbst nicht besser. Auf jeden Fall würde Zsinj sein Amüsement daran finden, das war sicher.
Ende. Ja, vielleicht waren sie alle am Ende, aber was spielte das für eine Rolle? Es war eine einfache Verzögerungstaktik, der Weg des Aussitzens. Kriege machten niemanden groß, schlimmer noch, gab es keine Gewinner, nur die Überlebenden. Und wie jemand überlebte, war allein für Historiker von Bedeutung, jene, die gewichtige Namen in den Geschichtsbüchern verewigten. Aber auch das war nur für jene wichtig, die irgendwo ihr Ego befriedigen mussten. Vom Regen durchnässt klebten ihr die Haare auf der Stirn, während große Tropfen davon herab trieften. Es wurde Zeit diese grausige Gegen zu verlassen. Abermals zeigte das Hologramm einen Mann in imperialer Uniform, nun aber jemanden, der der Sternenflotte angehörte. "Delvin? Ich brauche ein Taxi." Der bullige Mann blickte auf das durchnässte Abbild seiner Vorgesetzten ehe ihm ein schwerer Seufzer entglitt. "Da Sie offenbar nicht im Palast sind... können Sie Ihren Peilsender aktivieren?" Daro zögerte. Nein, sie könnte - natürlich, aber sie würde es nicht tun. "Negativ. Ich bin bei der Hüttenstadt suchen Sie nach...", ihre Augen durchforsteten die Gegend nach einem markanten Punkt, ein Unterfangen, dass sich in den verfallenden Ruinen als schwierig herausstellte. Einige hundert Meter entfernt entdeckte sie schließlich ein hochgelegenes Gebäude, dessen Lettern noch einigermaßen zu entziffern waren. "...LeMerge." Delvin nickte, ehe das Holobild verblasste und verschwand. LeMerge-Energy. Natürlich, jeder der alt genug oder historisch einigermaßen bewandert war, konnte mit diesem Namen etwas anfangen, obgleich sich nur noch wenige daran erinnerten, dass der Konzern auch hier auf Coruscant ein Hauptquartier besessen hatte. Und wer LeMerge nannte, der assoziierte diesen Namen meist mit Finis Valorum, einst Kanzler der Galaktischen Republik, Vorgänger Palpatines. Nun wo sie darüber nachdachte schien es seltsam, beinahe zu perfekt, dass der wegen der Schmiergeldaffäre um LeMerge abgewählte letzte Kanzler, ausgerechnet Palpatine, den von den republikanischen Nostalgikern der Allianz verhassten ersten Imperator, den Weg zur Erschaffung seines Reiches geebnet hatte.
Langsam trottete sie dem wuchtigen Gebäude, diesem zerfallenen Monolithen entgegen, auf den der saure Regen niederprasselte. Es war ungünstig gewesen Delvin Haelstroem in diese Sache zu involvieren, denkbar ungünstig, aber daran ließ sich jetzt nichts ändern. Er würde Fragen und es wäre besser diese Fragen hier zu beantworten als anderswo, auch wenn sie sich unsicher war wo er stand, wie seine Sicht der Dinge aussah. Ein Risiko. Aber besser ein Risiko in dieser verlassenen Gegend beseitigt, als vor den Augen der Kameraden. Schritt um Schritt ging es die kaputten Stufen empor, bis hin zu einem alten Landeplatz, wo ihr kalter Wind ins Gesicht blies. In der Ferne glommen Lichter auf. Ja. Die Oberstadt war so nah und doch so fern. Vielleicht hätte sie einfach hier zurückbleiben sollen, zusammen mit dem restlichen Abschaum verrotten. Die Lichter kamen näher und der Gleiter bremste, wirbelte Jahrzehnte alten Dreck auf und blies ihn über die Plattform. Die Tür öffnete sich und der kräftige Mann trat heraus. "Was um alles in der Welt machen Sie hier?", entfuhr es Delvin gleichsam verdutzt als auch wütend. "Es gab... Komplikationen bei dieser Feier. Sie waren auch nicht dort." Der Offizier schnaufte und hob entwaffnend die Hände. "Schon gut, schon gut... ich war im Diamond Casino.. das große, oben beim Boulevard." Er trat einen Schritt vor und fuhr mit ruhiger Stimme fort: "Vaash?" Vaash. Natürlich Vaash. Wer sonst? Von Harrsk wäre nichts anderes zu erwarten gewesen, aber vielleicht hatte sie irgendwo gehofft, daran geglaubt, dass der Alte sich getroffen fühlte, dass er sich erklärend würde, einsehen, wie falsch er lag. "Hm.", lautete ihre einfache Bestätigung. "Das erklärt Ihre Abwesenheit. Aber was machen Sie hier? Sie wissen, was hier für Gestalten herumlungern..." Nun war es das also, sie würde nicht Drumherum kommen und zugegebenermaßen fiel ihr tatsächlich keine plausiblere Erklärung als die einfache Wahrheit ein, dass ihre Anwesenheit an diesem Ort erklären würde. "Ja, ich weiß... was ich hier mache nun... ich gehe." - "Wie? Weg?" - "Ja, weg." Der Offizier kratze sich am Kinn, an dem sich bereits ein Rinnsal des Regens gebildet hatte. "Und.. wohin?" Ein weiterer Seufzer entglitt ihr, nun... nur ein Schritt nach vorn und die klare Grenze wäre gezogen. Schwarz oder weiß. Richtig oder falsch. Ein Schritt und die Extreme wären klar definiert. "Zsinj."
Delvin kam es vor als wäre eine Ewigkeit vergangen, dabei hatte er lediglich kurz geblinzelt. Die Zeit schien wie eingefroren. "Und....", das Eis knackte, "...was wird aus uns?" Dies war der schwierige Punkt, die Art Frage, auf die sie keine klare Antwort hatte, zumindest keine allumfassend zufriedenstellende. "Sie kommen mit. Alle." - "Nein!" Nun war es Daro, die blinzelte, ungläubig, wie von einem Schlag getroffen, fehlten ihr für einige Augenblicke die Worte. Sie trat einen Schritt zurück, als hätte sie plötzlich einen Fremden vor sich. "Ein Admiral ist nur mit einer Flotte nützlich. Eine Flotte braucht ihre Kommandeure um zu funktionieren. Sie kommen mit." - "Nein. Das ist... Wahnsinn. Ich verstehe wenn Sie gehen wollen Zen, nun, nur zu. Aber lassen Sie die anderen aus dem Spiel. Sie haben kein Recht über Besatzungen zu bestimmen, Sie haben kein Recht, uns alle zu Verrätern zu machen!" Der Mundwinkel der Admiralin zuckte kalt. Ja. Da war die Front. Soldat und Soldat standen sich gegenüber - tragisch allein war der Umstand, dass es Delvin war und nicht Vaash. "Verräter. Äußerst dehnbarer Begriff - meinen Sie nicht? Sie dienen einem Imperium ohne Imperator und der letzte Imperator wurde von einem Verräter auf den Thron gesetzt, nachdem er sich quer durch die imperiale Flotte geschossen hatte! Und dieser hochgelobte Imperator...", Daro spuckte das Wort beinahe verächtlich aus, "...besaß am Ende nicht einmal die Integrität die Abspalter hinter sich zu einen. Das ist kein Imperium, kein Reich, kein Staat, das ist ein Witz. Ein Haufen Bürger, der von einer militärischen Armada lose zusammengehalten wird!" Delvin wandte sich ab, als könnte er nicht hören, nicht tatsächlich verstehen und begreifen, was ihm entgegen geschleudert wurde. Als wären es Worte einer fremden Sprache schüttelte der Mann verständnislos den Kopf. "Tut mir Leid. Hilft nichts. Ich muss Sie melden." Die Soldaten hatten sich in die Schützengräben zurückgezogen, als das Sperrfeuer über sie hinweg pfiff. Nun herrschte eine kurze Waffenruhe, Stille, die Gelegenheit voranzupirschen und die Initiative zu übernehmen. Ihre Hand glitt in die Manteltasche und ertastete das kalte Metall, biss ihre Finger sich um den Griff schlossen und die Waffe herauszogen. Mit einem charakteristischen Klacken schnappte eine neue Gaskartusche ein. Als Delvin Haelstroem sich umdrehte blickte er nicht nur in das finstere und gleichzeitig traurige Gesicht Zens, sondern auch in die Mündung einer Blasterpistole. "Ihre Familie, oder Haelstroem? Sie haben Angst, dass Sie sie nicht widersehen. Das ihnen etwas angetan werden könnte. Aber zu spät, ich habe mich entschieden, meine Optionen abgewogen." Kopfschütteln, vorsichtig hob der Offizier seine Hände und ging einige Schritte zurück. War das tatsächlich noch die Frau, die er vor vielen Jahren kennengelernt hatte? Oder war er so blind gewesen, dass er nicht bemerkt hatte, wie der Krieg sie verändert hatte? Immer mehr zerbrochen hatte, bis nichts mehr übrig war? Zen war nie für den Krieg geschaffen, nie dafür geeignet gewesen und nun traf ihn vielleicht der Richtspruch, dass er damals Sympathie über Pflicht gestellt hatte. "Sie sind wahnsinnig, Zen. Sie sind nicht besser als Batch!" Wieder ein Schritt vorwärts, der Feind schritt einen zurück. Gleichgültiges Schulterzucken. Was brachte es noch, sie jetzt zu kritisieren? Die Zeiten der Moral waren vorbei, die Zeiten des Anstandes ausgelöscht, so, wie auch einer ihre Freunde in kürze ausgelöscht sein würde. Was zählte war das Überleben des einzelnen und wenn es auf Kosten tausender ging, dann war es ebenso. "Verdammt Zen! Ich habe Ihnen vertraut! Ich war Ihr Freund!" Die letzte Windbrise abwarten. "Nein. Nur eine Nummer im System. Und morgen kommt eine neue." Schuldspruch. Der Finger krümmte sich am Abzug, bis der Schuss auslöste. Binnen Millisekunden war Delvin Haelstroem tot, während der Kadaver des Mannes in die unbekannte Tiefe der Hüttenstadt fiel. Dort wo sich Legenden zufolge die blinden Kannibalen herumtrieben - Cthone - und niemanden im imperialen Apparat würde sich dafür interessieren. Es ging allein um die Frage, wie die ausgefallene Funktion zu ersetzen war und in welcher Form. So oder so, niemand würde die Leiche mehr finden und noch weniger würden hinter dem Mord Daro Zen vermuten, die als treue humorvolle, zuweilen auch bissige Freundin ihrer Kommandeure galt. Nun... Zeiten änderten sich und man musste sich anpassen.
Die rauchende Blastermündung schob sich unter ihr Kinn. Vielleicht wäre das eine gute Gelegenheit es doch zu beenden, jetzt, wo es kein Zurück gab. Keine andere Wahlmöglichkeit. Die Augen schlossen sich. Nur noch einmal am Abzug ziehen und der Albtraum wäre vorbei. Keine Schuld mehr, keine Gefühle. Das Metall zitterte, löste sich und die Waffe fiel hinab in die tiefen, dorthin, wo auch ihr Opfer lag. Nein. Wieder nicht. Mit zittrigen Händen schob sie eine Zigarette zwischen ihre Lippen und entzündete sie. Noch war die Tat nicht real. Vielleicht würde sie es auch nie werden, nein, ausgeschlossen. Es half nichts. Ihr Blick fiel auf den Gleiter mit dem Delvin gekommen war, auch darum würde sie sich kümmern müssen - jetzt. Und dann... dann gab es vielleicht Frieden im Hotel. Irgendwo zwischen Alkohol und Bettlaken, ein paar Stunden jemand anderes sein. Nur ein paar Stunden von Frieden träumen.