#17
Vielleicht war es nun an der Zeit, Dinge richtig zu stellen. Vielleicht war es auch nur die Zeit, Dinge zu betrauern, die längst verloren waren. Tiberius Vaash war hin und her gerissen zwischen sich und seiner Ehre. Einerseits suchte er einen Schuldigen für das Fiasko von Eriadu, andererseits konnte er schlicht diesen Mann vor sich nicht für dieses Schicksal verantwortlich machen. Die Verantwortung lag für den Alten nur bei einem Mann, dessen Namen er bis an sein Lebensende verfluchen würde: Delvardus. In diesem Sinne war es für Vaash leicht, die Schuld von Cassio Accetia umzulenken, auf eine Person, die ohnehin derzeit unauffindbar war. Es war irreal aber es erleichterte die persönliche Schande, das Leid, welches mit Eriadu verbunden war. Ohnehin wirkte der Offizier vor dem Veteran recht abgehalftert, nahezu deplatziert in seiner Figur und allgemein war der Eindruck für den alten Admiral eher bescheidener Natur. Admiral Acchetia war als Mensch gescheitert und dies zeigte sich ohne Unterlass auch in seiner Wortwahl, frech, fast ohne Glanz kam sie daher; direkt und ungeschliffen. Fast, wie ein Blaffen, ein Bellen eines frustrierten Hundes, welcher enttäuscht von seinem Herren war. Natürlich war dies nur der Eindruck eines alten Mannes im Hover-Stuhl, der sich an seine Decke klammerte, die ihn mühsam wärmte. Vaash war ebenso deplatziert, fast verloren und der Glanz seiner Ehre verebbte in diesem Krüppelthron. Es war ein Bild für Historiker. Diese Begegnung bezeichnete mit gewiefter Passion alles, was im Imperium stürzte, trudelte und zerbrach.

"Nicht so," kommentierte der Admiral, Held des Reiches, fast väterlich und blickte Cassio verstört an. Dabei wurde die große Narbe am Kinn des Alten sichtbar, die noch notdürftig mit Bacta abgedeckt war. Waren da nicht auch noch Prellungen am Hals? In der Tat waren die Flecken und Blutergüsse deutlich zu sehen. "Von Offizier zu Offizier, Mann zu Mann," sagte der Alte dann und holte Luft. Er mochte diese Unterhalt bis dato noch nicht. Es war keine Ehre in diese geblafften Worten, ohne Schliff und Herz. Es waren nur Bruchstücke einer Meinung, die sicherlich in beiden mehr Bestand hatte. Diese Meinung wollte Vaash erreichen. Nicht nur bagatellisierte Wortfetzen oder Sätze. Doch dann endlich, öffnete sich Acchetia ein wenig und sagte etwas, das den alten Herren sichtlich antrieb. Denn seine Augen rissen auf, bei dem Wort - Operation -, und suchten Halt auf den Lippen seines Gegenübers. Scheinbar sog der Veteran dieser fehlgeleiteten Operation jede Ausführung des Planers in sich auf und suchte eine Antwort. "Mir geht es nicht um Urteile, Gründe oder Hintergründe," erklärte der Hauptverlierer. "Sondern um sie als Person, als Mensch." Jetzt war es heraus. Vaash kümmerte sich, wie in seiner ganzen Karriere, um Menschen. Um Personal und Material. Das war seine Ehre, sein Abgesang auf die alten Zeit, als man noch echte Werte verteidigte. Werte, die in ihm konserviert waren, wie in einem brüchigen Museum, einem Artefakt aus der Vergangenheit. Tiberius Vaash glaubte an diese alte Idee von Ordnung und Sicherheit, wie sie einst in den Klonkriegen entstanden war. Einen Staat des Gesetzes und des Friedens. Die gesamten Perversionen schienen noch an ihm abzuprallen, auch wenn dieser Selbstbetrug sichtbare Folgen trug; insbesondere in der Form seiner Kriegsverwundung, die wohl Sinnbild für sein gesamtes Weltbild war. Es wankte.

"Ich mache ihnen keinen Vorwurf. Nur möchte ich von ihnen wissen, was sie über die Lage denken und über unsere derzeitige Politik,"
fragte er Allgemein und stieg damit in ein Gespräch ein, welches auf dünnem Boden stand, fast zu stark wackelte, um klare Aussagen zu erwarten. Ähnlich brüchig war auch seine Stimme, die immer noch schwach, fast zerschlagen, daher kam. Dennoch lag in seiner Mühe Stärke. Dieser Mann gab sich nicht auf und auch nicht seine Sache, für die er all die Jahrzehnte gelitten und geopfert hatte. Nicht jetzt und wahrscheinlich auch nicht in Zukunft. "Ohne ihre Rolle als Ex-Stabschef, sondern schlicht als imperialer Soldat und Offizier." Das war es. Dort holte er Cassio Acchtia ab.
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