#5
Stille und Dunkelheit durchzogen das Quartier des Schlachtkreuzers, der so grob, so unbeweglich und starr wie eine Leiche durch das All trieb. Im zarten Schatten des Mondes hätte man es für ein Wrack halten können, im Schatten war es nur eine Silhouette deren Antriebslichter schon vor Äonen verloschen waren. Aber die tatsächliche Realität spielte keine Rolle mehr, sie unterwarf sich ihrem Willen, so wie sich die Aura des Schiffes ihrer absoluten Wirklichkeit beugen musste. Es gab keine Alternative. Kein lebend Wesen mehr, hatte noch etwas auf der Abaddon, wie sie den Schlachtkreuzer nun nannte verloren, es war ein Ort der Toten, kalt, starr. Die Besatzung mochte das nicht wissen, oder gar bemerken, nicht einmal die Sturmtruppen würden es merklich spüren, es war ein langsamer Prozess, subtil und für manch einen sogar belanglos. Doch solange die Inquisitorin hier verweilte, starben diese Männer einen kontinuierlichen Tod. Aber sie würde sie nicht einfach zu Grabe betten, nein, dazu gab es keinen Anlass. Ihre Aura war nur kalt, kalter Stahl der die Herzen umschloss, an deren Stelle Reaktoren traten, die ihren Hass verbrannten, die sie läuterten von aller Sünde, aller Schuld, aller Schwüre und auch aller Ängste. Reahs Anwesenheit sorgte dafür, dass diese Männer funktionierten. Sie würden agieren wie Maschinen, wie Zahnräder des gewaltigen Konstruktes, das gemeinhin auch als Imperium bekannt ist. Denn mehr waren sie nicht, Teile eines größeren Ganzen. Stratis hatte das begriffen, er leistete nur noch wenig Widerstand gegen ihre Befehle, er hatte sein selbst, seine Seele gelöst und sie ihrer Willkür überlassen - er gehörte jetzt ihr, so, wie ihr früher oder später jeder an Bord der Abaddon gehören würde. Marionetten, zarte Hüllen, deren Geist so schwach, so fragil und zerbrechlich erschien, dass oft schon winzige Anstöße genügten. Und das Leid stoppte nicht einfach, nein. Ein Sternenzerstörer, selbst ein so großer wie die Abaddon bot für eine gesamte Besatzung nicht genug Freiraum. Wenn einer litt entstand ein Echo, eine Resonanz, die wiederum jemand anderen berührte. Der richtige Anstoß genügte und das gesamte Schiff würde binnen Minuten kollabieren. Aus kleinen Grausamkeiten wuchsen größere, aber das war kein alleiniges Geheimnis der dunklen Seite. So wie die Schatten alles in ihren Elendsschlund einsogen, so vermochte es die helle Seite diese Pfade wieder zu erhellen. Vermeintlich. Doch nicht jede gut gemeinte Tat entsandte ein positives Echo. Der Irrglaube der Jedi begann bereits bei ihrer optimistischen Betrachtungsweise der Galaxis. Doch die Galaxis war von grundauf ein schlechter Ort, dominiert von Egoismus und Grausamkeit. Gnade konnte nur geschaffen, nicht aber gefunden werden. Ein Jedi verstand nicht, dass eine Galaxis nicht geheilt werden konnte, wenn sie nicht geheilt werden wollte. Dies war nicht ihre Zeit, nicht ihre Ära und ihr lächerliches Aufbäumen gegen das Schicksal war reine Zeitverschwendung. Sie stand für Ordnung, die Jedi für Chaos.

Ein schneller Wimpernschlag öffnete ihren Augen, entblößte die gelbe Iris, als wäre diese mit giftigem Schwefel versetzt worden. Reah sah es nicht, ihr Blick galt den Sternen, der Galaxis. Hier, über Dxun entschied sie sich keine Sith zu sein, keine dunkle Jedi, die sich nun Sith nannte. Die Inquisitorin wusste von der Dunkelheit, die sie in sich trug - auf Korriban war sie nur zu oft darin versunken, ertrunken... und nun als lebloses Gefäß der Schatten wiederauferstanden. Und sie entschied sich hier und jetzt gegen Vesperum. Reah war nicht illoyal, sie würde, so wie es die Inquisition verlangte, dem Imperator dienen. Aber nie würde sie sich dazu herablassen Teil seines... Kultes zu werden. Ihre Ideale ließen es einfach nicht zu sich in eine Arena tollwütiger Hunde zu begeben, die sich nur um den größten Knochen stritten. Das hatte Reah ohnehin nicht nötig, daheim auf Thule lag eine der mächtigsten Waffen der bekannten Galaxis, ihre Überreste und eines Tages würde diese Maschine erneut den Tod über diese Galaxis bringen, Ordnung schaffen. Die Dark Reaper machte diese Gruppe dunkler Jedi, die sich um den Imperator scharrte überflüssig, denn sie agierte mit präziser Intelligenz, mit Logik, sie schaffte echte und endgültige Ordnung. Vesperums Jünger hingegen... sie waren nur der letzte, ultimative Ausbruch des Chaos. Wer waren diese Irren schon? Eine Gruppe wahnsinniger Machtnutzer, die ihre neuen Ämter dazu nutzten, ihre persönlichen perversen Leidenschaften auszuleben, um einer größeren Dunkelheit zu dienen. Aber sie erfüllte keinen Zweck, die egozentrische Befriedigung stand im Fokus, nicht das Merkmal des Imperiums, das Merkmal der Lösung. Diese dunklen Jedi brachten ihnen nichts ein, sie waren eine Belastung, ein Übel, hartnäckiger Dreck, der sich unter dem Stiefel ansetzte.

Reah schloss ihre Augen wieder. Sie hatte die Kontrolle verloren. Leidenschaft, Aggression aus einer plötzlichen Laune heraus stand ihr nicht zu, es war unter ihrer Würde sich solcher Nichtigkeiten wegen ihres Zorns zu bedienen und emotionale Aktionen ließen sie vorhersehbar agieren, doch seit Korriban fiel es ihr schwerer sich zu disziplinieren. Sie hatte den Drang zu töten nur zu deutlich gespürt, hätte sich am liebsten mit sengendem Lichtschwert durch die Strumtruppen Scarians gearbeitet. Reah atmete die Dunkelheit des Weltalls ein, ließ die Schatten bis tief in ihre Lungenflügel gleiten. Würde sich ihre Brust nicht in einem langsamen, aber stetigem Takt Heben und Senken, hätte man die Inquisitorin für eine Statue halten können. In ihrem Kopf verdichteten sich die schwarzen Gewitterwolken weiter. Sie war hier so dicht bei Vesperum, so nah an seinem Einflussbereich, dass es schwer war, sich klare Bilder in den Verstand zu rufen - oder sie zu projizieren. Reah versank tiefer in ihrer Meditation, das beständige Wummern des Schiffsantriebes wurde leiser und leiser, bis es völlig verschwand, das penetrante Aufblitzen diverser Kontrolleuchten, dass die zarten Augenlider durchdrang verblasste, so weit, bis sie das vollkommene Nichts vor sich hatte. Keine Dunkelheit, kein Licht, keine Kontraste, nur pure Beständigkeit, ein Ort jenseits von Zeit und Raum: die Essenz der Galaxis selbst.
Es war ein Ort für die Verirrten und Fehlgeleiteten, jene, die vom Weg abkamen und sich selbst verloren, ohne einer absoluten Dunkelheit oder grellem Licht zu folgen - selbst wenn sie davon beeinflusst waren. Es spendete Ruhe sich der Leere hinzugeben: sie war sorglos, ungefährlich, ohne Verpflichtung, ohne Bindung, ohne Reue und ohne Schuld. Innere Leere reinigte ihre verdorbenen Herzen und schuf Platz für die Echos der Galaxis. Hier und da ließen sie sich einfangen, wie verwirrte Geister trieben sie umher, suchten in den weiten der Sterne nach ihrem Empfänger und dann kam es vor, dass solche Echos auch die Aufmerksamkeit jener erreichten. für die sie nicht bestimmt waren. Es gab nur die Macht, jede Manipulation, jedes ankratzen der Oberfläche dieses mystischen Energiefeldes konnte von Machtnutzern entdeckt werden. Aber es brauchte Training, viel Training und Feingefühl, Selbstbeherrschung und Geduld. Reah war bei weitem keine Meisterin, aber sie hatte gelernt einige solcher Echos aufzufangen - sie musste es beherrschen, es gehörte zu ihr Aufgabe die Ursprünge solcher Anomalien ausfindig zu machen und... auszuschalten. War die Störung in der Macht erst bemerkt, war es nicht schwer, sie zu ihrem Ursprung zu verfolgen, es war im Prinzip das umgekehrte Spiel, die Inquisitorin sendete eigene Impulse, schwach und unbestimmt und tastete in ihrem Geist nach der richtigen Resonanz.

Ramon Stratis stand unterdessen in der Tür und betrachtete die seltsame Frau, wie sie scheinbar nur regungslos dasaß. Er wusste nicht mehr weswegen er die Inquisitorin aufsuchen wollte, es erschien ihm wie ein Impuls, ein nicht laut geäußerter Befehl. Ihn beschlich das Gefühl, er müsste an diesem Ort verweilen. Obgleich es ihm nicht behagte. Nigidus machte ihn nervös, selbst wenn sie so tot wirkte wie jetzt, war er sich des Verderbens bewusst, dass diese Kreatur wie ein Miasma ausstieß. "Kapitän Stratis." Der Offizier zuckte zusammen, als hätte ihn jemand mit einem Prügel erwischt. Daran würde er sich nie gewöhnen, diese übernatürlichen und abnormen Fähigkeiten alles und jeden in der Umgebung wahrnehmen zu können noch schlimmer war lediglich, dass Nigidus stets im Vorfeld über das Bescheid zu wissen schien, was er sagen wollte - und das machte ihn aus seiner Sicht zusehends überflüssig. Dennoch behielt sie ihn und so gab sich Stratis der Hoffnung hin, zumindest irgendetwas richtig zu tun, dass diese Kreatur gnädig stimmte. "Bewegen Sie das Schiff in die Regionen des Äußeren Randes. Sofort." Das kalte Eis der Stimme bekam Schärfe, eine nur allzu vertraute. Es war die Art von Befehl, die keinen Widerspruch duldete aber dennoch... Stratis spürte wie der Kloß in seinem Hals größer wurde und zupfte nervös am Kragen seiner Uniform. "Milady... Inquisitorin der Imperator... Imperator Vesperum hat darauf bestanden, dass Dxun abgeriegelt wird. Ich fürchte wir können nicht einfach gehen." Nigidus blinzelte, etwas benommen... überrascht? Ein wenig. Es war ungewöhnlich sich wieder jemanden unterordnen zu müssen. Aber der Imperator musste einsehen, dass ihre Präsenz an einem anderen Ort dringender gebraucht wurde, ihre Fühler haben sich hin zur sterbenden Welt Firrerre gestreckt. "Jedi..." - "Bitte was?" - "Keine Verzögerung mehr Kapitän, benachrichtigen Sie den Imperator umgehend! Ein Jedi ist auf Firrerre. Eine Störung in der Macht, schwach... vermutlich ein kümmerliches Geschöpf, aber zweifellos hat es unser Herr auch gespürt. Wir müssen sie vernichten, die Ordnung muss bestand haben. Erbitten Sie ihn um die Gnade, dass wir Dxun verlassen dürfen, überzeugen Sie ihn von Der Dringlichkeit Kapitän, das ist ein Befehl. Kein Scheitern dieses Mal." Ihre Lider senkten sich wieder, während der überrumpelte und perplex ausschauende Stratis sich auf den Rückweg zur Brücke machte - mit einem noch größeren Kloß in Hals. Er sollte dem Imperator sagen, dass sie wegen... wegen eines einzelnen Jedi Dxun den Rücken zukehren sollten? Aber er hatte keine Wahl, tat er es nicht, wäre er tot, tat er es, war er nur vielleicht tot. Zitternd betätigte Stratis den Schalter des Holokomms und übermittelte die Nachricht der Inquisitorin an die Dies Irae, sollte der Zorn des Imperators doch diese Narren treffen und nicht ihn.
Offline
Zitieren
 


Nachrichten in diesem Thema