#19
Bissige Furie? Das war ja fast ein Kompliment aus dem Mund eines dieser Rachegeister, die sich niemals zur Ruhe setzen konnten und ewig an dem herumkauten, was nicht mehr zu gewinnen war. Die, die sich niemals zu neuen Ufern aufmachen konnten sondern über ihren Tod hinaus verbittert an einer Idee festbissen. Sie wollte auf dieses Kompliment schon aus dem Schatten springen und diesen Geist attackieren, als sie angesehen wurde. Führungslos? Sie brauchte keinen Führer. Wirklich nicht. Sie war führungslos viel besser dran! Sie brauchte niemanden, der ihr etwas sagte. Aber… wieso war sie dann diesem komischen Kauz gefolgt, der sich nun diesen Geistern stellen musste? Sicher nicht, weil sie Führung brauchte, sicher nicht. Sondern weil sie an die Sache glaubte! Nein, das war eine Lüge. Sie musste in sich gehen um den wahren Grund zu erkennen, der ihr Unterbewusstsein ihr schon viel zu schnell vorweggenommen hatte. Als sie das bissige Lächeln erkannte entschied sie zu beweisen, wie bissig sie sein konnte und wie effektiv sie sich verbeissen konnte. Anscheinend war sie erkannt in ihrer dunklen Tarnung. Dabei dachte sie, wenigstens diese Fähigkeit halbwegs perfektioniert zu haben. Was redete sie sich eigentlich ein? Diese Geister waren viel mächtiger als sie mit ihren kleinen Fähigkeiten. Kurz war sie durchaus froh, nicht sofort angegriffen zu haben. Das Denken über die Situation kam bei ihr meistes zu spät, heute war es nochmals glücklich für Ilara ausgegangen, die gerne erst zuerst zuschlug um dann nachzudenken und zu merken, dass alles ein Fehler war. Eine unbekannte Kraft erfasste sie. Es war nicht so, dass ihr Körper zusammengedrückt wurde wie bei einem heftigen Machtgriff, den sie auch schon einmal hatte spüren dürfen, sie wurde einfach hochgehoben, aber in eine organischen, vollkommenen Bewegung. Instinktiv wollte sie sich an ihrer Waffe festhalten, die ihr aber zu Boden fiel und klirrend ausser Reichweite war. Jetzt knurrte sie, funkelte die Lords finster an. Wenn sie einen Kampf wollten, dann wenigstens ausgeglichen. Sie hatte nicht mal angegriffen und schon schwebte sie in der Luft, was ihr grosses Unbehagen bereitete, da ihre Füsse nutzlos in der Luft schwebten. Sie hatte keinen Boden unter den Füssen und alleine das liess ihren Magen sich erst mal zusammenziehen. Das war wie beim Fliegen. Bei dieser ekligen Angelegenheit, die ihr die letzte Farbe aus dem Gesicht weichen liess. Sie versuchte tatsächlich sich zu wehren, nahm da aber wohl den falschen Dampfer und versuchte es mit Kraft. Sie war gerade auf die Idee gekommen, sich zu konzentrieren, als sie wieder unten auf dem Boden ankam. Sie kam sanft an, so sanft, wie sie hochgehoben wurde. Sanft, aber sehr bestimmt und warnend. Wie die letzte Warnung vor der endgültigen Strafe. Aber da der Geist auf sie zugeschwebt kam wurde ihr doch etwas anders, vor allem, als sie die eiskalte Präsenz fühlte und kaum mehr atmen konnte. Sie besah sich das Monster, was nun neben ihr zu stehen kam. Hässlich. Ein lebendiger Toter. Sie sah ihn mit einer Mischung aus Argwohn, Ekel und Interesse an. An ihre Waffe gelangte sie gerade nicht. Sie war sich sicher, wenn sie mit ihrer Macht danach griff, aufgehalten zu werden. Nun denn, sie besass auch noch andere Waffen im Repertoire. Die wenigen Utensilien, die sie dabei hatte- vergiftete Nadeln, Messer- gaben ihr den allerletzten Halt. Sie stemmte sich gegen den Einfluss des finsteren, kalten Geistes, der ihr so nahe war, dass sie einfach nur rennen wollte. Er war tot, sollte gefälligst auch tot bleiben, wo auch immer, verdammt!

Sie versuchte eine Art Panzerung um sich zu bauen und sich selbst mit ihrer Macht zu schützen, damit der Lord neben ihr keinen sofort finalen Treffer bei ihr landen konnte. Sie wusste, dass ihre Situation gerade ausweglos war, aber aufgeben, sich ergeben- niemals. Ihr Blick lag nun auf Vesperum, der sich zu sammeln schien. Sie lauschte den Worten, die einfach in den Raum gestellt wurden. Gewichtige Worte in so kurzen Sätzen, dass sie fast untergingen. Vesperum musste weiterkommen, sonst waren sie umsonst in diese Hölle hinabgestiegen. So war es doch. Man ging in eine Höhle, erlebte grauenhafte Qualen und kam wieder heraus, geläutert, ein Wunder, alles toll. Sie wusste, dass dem nicht so war. Sie wusste das, seitdem sie einen Fuss in diese Bruchbude gesetzt hatte. Eigentlich hätte sie hier tief ergriffen sein müssen vor all der Macht, sich fürchten, kapitulieren, am besten auf die Knie werfen und den Tag preisen, an dem sie solcher Macht zu Teil wurde um nur einen Abglanz davon zu bekommen aber nein, so war Ilara nicht. In ihr stemmte sich alles gegen den Augenblick, die unbändige Macht, die noch in Ketten lag. Sie trotzte, sperrte sich, versuchte dabei eine gewisse Würde zu bewahren und fühlte bald nur noch blanke Ablehnung, Negierung und Wut. Sie bestimmten hier erneut über sie, wiesen sie in ihre Schranken, die ihr gar nicht passten. Jetzt durfte sie auf den hintersten Plätzen einer Zeremonie des Untergangs beiwohnen, bei der es keinen vollkommenen Sieger geben würde. Sie ballte ihre Hand zur Faust. Eines Tages, irgendwann… sie war gefangen in dem Griff des Lords, sah, wie Vesperum zu ihr sah. Ihr Blick war eisig geworden. Sie war hier, würde auch eingreifen wenn sie sollte, da es ihre Bestimmung war. Aber dann? Momentan war sie so geladen, dass sie sehr unbedachte Dinge tun würde, wäre sie nicht im Bann.

Was vor ihren Augen genau abging wollte sie gar nicht zu tief ergründen. Dazu hatte sie auch gar keine mentale Kapazität mehr. Sie war kurz davor zu explodieren. Was es genau noch dazu brauchte, damit sie detonierte, war ungewiss. Sie war noch gehalten, als Vesperum momentan alles verliess, was ihn ausgemacht hatte und dieser Teil in Feuer unterging. Alleine der Anblick der Klinge liess sie wieder ins Jetzt kommen. Sie studierte die Bewegungen des Angreifers. Das war etwas, was sie immer tat. Man musste von Fähigen lernen. Wie sie sich bewegten, was sie taten, sich selbst vorstellen, wie man selbst das tat. Sie fühlte regelrecht wie sich Motoneuronen in ihrem Kopf angeregt anschalteten und feuerten. Mit einem Mal fühlte sie die Schwere der Waffe, ihre geballte Kraft, die schnellen Bewegungen des Gegners, wie er unerbittlich näher kam. Rasch, bevor sie die Vollendung des Angriffs bewundern konnte, blickte sie doch zu Vesperum, der noch immer da stand. Still.. einige Sekunden lang, aber wohl irgendwo weg, gefangen, wo er in einer Art dunklen Katharsis verharrte. War er so weggetreten, dass ihn der Angreifer umbringen würde? Verdammt, sie musste etwas tun! Mit aller Kraft konzentrierte sie sich auf ihre Waffe. Krampfhaft, jedoch regungslos, befahl sie ihr, sich zu ihr zu begeben. Tatsächlich regte sie sich, wurde unelegant über den Boden gezogen und erhob sich in der Nähe, um etwa auf Ilaras Brusthöhe zu schweben. Gerade glaubte sie, ihre Waffe zu erreichen, als es geschah. Eine irrsinnige Wut war zu fühlen. Da sie sich gerade nicht mehr konzentrierte fiel ihr Laserschwert zu Boden und ihr Blick lag auf Vesperum. Es ging voran. War er es doch wert, war er doch so stark, das alleine zu schaffen? Dann hätte sie ihn wahrlich unterschätzt.
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