#29
Ihre Worte schienen etwas in dem jungen Mann neben ihr auszulösen; eine Selbstreflexion, wie es schien, die ihn wohl schon eine Weile beschäftigen musste. Für Sedrael war seine Frage jedoch weitaus weniger komplex als es vielleicht aus seiner Sicht war, weniger vernetzt und eingewoben in das gefestigte Bild, das andere womöglich von ihm und seinem Vorhaben als Fesseln oder Zwänge auferlegten, bewusst oder nicht, und in diesem Sinne von ihr ein wohl geradezu chaotisch angehauchter Gedanke.
„Dann ist es vielleicht nur an der Zeit für ein neues Bild“, entgegnete sie ihm mit spürbarer Leichtigkeit, andeutend, dass sein Weg nicht durch Erwartungshaltungen anderer gepflastert werden konnte, sondern es eben ihm oblag – und dem, was er für das Richtige bei dessen Gestaltung hielt. Und vielleicht scheiterte dies, ein Mal, zwei Mal, vielfach. Es war dennoch ein richtiger Prozess der Neufindung und Sortierung nach einer Ära der Auslöschung. Ein langwieriger Prozess, und kein einfacher, zweifellos. Dass er sich und seine Erfahrungen dabei mit seiner Aussage zu hinterfragen schien, war aus ihrer Sicht daher gar kein Zeichen von Schwäche. Sondern das genaue Gegenteil. Selbstsicherheit in der Situation, in der er sich befand, wäre ein Zeichen von Schwäche gewesen, da es für diese keinerlei Anlass gab. Dass er diese im Hinblick hierauf nicht besaß, legte also nahe, dass er sich des großen und langen Pfades, den er zu beschreiten begonnen hatte, bewusst war. Er schien nicht zu unterschätzen, welche Aufgaben sowie Herausforderungen ihn dabei erwarten würden und war dennoch bereit dazu. Das war gut. Und genug, für den Moment. Und vermutlich mehr als sie von sich je hätte behaupten können. Doch aus seiner Sicht war es möglicherweise interessant, dass ausgerechnet sie, die offenbar eine Form von Beziehung zu den Jedi besaß, ihm darlegte, dass er sich nicht an anderem orientieren, sondern seinen eigenen Weg gehen sollte, möglicherweise bereits andeutend, dass es zu gegebener Zeit mehr zu erzählen gab als es aktuell den Anschein hatte,

Der nachforschende Blick des Mannes schien Sedrael sehr rasch unangenehm zu werden. Die Überwindung, über diese schwierige Vergangenheit zu sprechen, musste groß gewesen sein, da sich ihre gesamte Körperhaltung und verändert hatte – gleich einer Last, die sie sich plötzlich aufgebürdet hatte und womöglich keine, von der sie gedacht hätte, sie jemals tragen zu müssen. Ihre Augen schweiften ab, zögernd, ob die Offenbarung klug gewesen war. Doch seine Reaktion änderte sich bereits kurz darauf deutlich, vielleicht weil er sich seiner eigenen Überraschung schließlich gewahr wurde. So senkte sich sein Kopf wieder herab, schamvoll beinahe, als er zu seiner Entschuldigung ansetzte und seine Gedanken darüber mit ihr teilte. Allerdings hatte sie keineswegs den Eindruck, dass es sich bei ihm um einen ungebildeten oder einfach gestrickten Menschen handelte – ein wenig tapsig vielleicht, wenngleich im Angesicht der hiesigen Situation durchaus verständlich. Sie nickte im ersten Moment nur. Obwohl sie ansonsten nicht den Eindruck erweckte, ihm gegenüber besonders schüchtern zu sein, war ihr Händedruck dennoch überraschend leicht, unklar jedoch, ob dies andere Hintergründe als ihre bloße körperliche Verfassung hatte.
„Es ist in Ordnung. Deine Verwirrung ist verständlich“, begann sie dann zunächst etwas beschwichtigend, ehe sie nachdenklich in ihren eigenen Gedanken stöberte. Nachdem die Menschen in den letzten zehntausenden Jahren eine der, wenn nicht die dominante Spezies in der Galaxis waren, schien es nur natürlich, Lebensspannen anderer Spezies im Wesentlichen an der eigenen zu messen, insbesondere wenn diese, wie sie, humanoid waren. Sedrael hatte bei ihren Besuchen im MedCorps der Jedi viel über die Biologie vieler anderer Spezies lernen dürfen und würde dennoch nicht behaupten, dass sie auch nur ansatzweise umfassendes Wissen darüber besaß. Selbst mit diesen Lehren war ihr bewusst, dass sie den weit überwiegenden Teil intelligenten Lebens vermutlich noch nie gesehen geschweige denn studiert hatte. Das war auch keineswegs ein Laster, solange man die Bereitschaft zum Lernen besaß – aber diese konnte sie ihm nach seinem Geständnis zweifellos nicht absprechen.
„Ich war auch noch sehr jung. Vielleicht zwanzig Jahre, ein Kind praktisch für mein Volk. Und auch wenn seither nicht viel Zeit vergangen ist…“
Ein unterdrücktes Ausatmen erfolgte und ließ sie abbrechen, bis sie kurz den Kopf schüttelte.
„Nun, wie gesagt. Ein anderes Leben.“
Offensichtlich war es aus ihrer Sicht ein Kapitel, das eigentlich abgeschlossen war und dennoch immer wieder gelesen werden musste, sie also weiterhin zu beschäftigen wusste.

Als sie den Namen ihrer Heimat aus dem Mund des Fremden hörte, bewegte sich in ihr merklich etwas, wenn auch nicht ganz klar wurde, was es war. Sie verkrampfte jedoch merklich.
„Ich schätze, es…“ gibt darüber nichts mehr zu wissen, lag ihr einen Moment lang auf der Zunge, ehe sie sich mitten im Satz umentschied und darin erneut abbrach. Ein übersprunghaftes, nicht echtes und daher wenig überzeugendes Lächeln aus der eigenen Überforderung heraus setzte sich kurz auf ihre Lippen, ehe sie dem Blick auffällig auswich.
„Schon gut.“
Ihr Stimmfall war seltsam, merklich anders als zuvor, mit einem Hauch von Bitterkeit, und auch ihr Gesicht schien blasser geworden zu sein. Stattdessen fing sie aber noch einmal anders an.
„Ich hätte gar nicht erwartet, dass es anders ist. Ein kleiner, abgelegener Planet, weit im Äußeren Rand“, fuhr sie dann wieder etwas ungelenk fort, wie schon in den Sätzen zuvor, vielleicht auch eine Nebenwirkung der Medikation. Ihre Kartographiekenntnisse ließen sie allerdings ebenfalls im Stich in Bezug auf den Planeten, den er genannt hatte. Sie glaubte, den Namen im Zusammenhang mit den Hutten am Anfang des Krieges einmal gehört zu haben, war sich aber nicht sicher genug. Ähnlich wie mit den Lebensformen war es schlichtweg unmöglich, in dieser schier endlosen Galaxis von Millionen bewohnter Welten auch nur einen Bruchteil davon jemals gehört zu haben. Als in ihrem Augenwinkel etwas zu funkeln begann, blickte sie zur Seite und sah, wie der aufgeregte goldfarbene Droide wieder zu ihnen zurückkehrte. Sie hörte dem Dialog der beiden zu, schien daraus jedoch zunächst nichts Auffälliges ableiten zu können und war daher überrascht über die Reaktion ihres Gegenübers, der dies ganz anders zu interpretieren wusste.
„Schwierigkeiten“, wiederholte sie etwas irritiert, den Code zwischen ihm und seinem Freund offensichtlich nicht zu entschlüsseln in der Lage.
„Ja, natürlich.“
Offenbar schien es ihr Ungemach zu bereiten, gegebenenfalls sogar an diesen Schwierigkeiten in irgendeiner Form beteiligt zu sein, wenngleich das nicht direkt aus seiner Aussage hervorgegangen war. Dennoch war ihr natürlich bewusst, dass die beiden Piloten den anderen Menschen und den Wookiee zu deren Schiff begleitet hatten, weshalb nicht gerade fernliegend schien, dass es in irgendeiner Form damit zu tun hatte. Doch andererseits empfand sie es auch als etwas egozentrisch von sich selbst, gleichermaßen davon auszugehen, dass sämtliche Probleme gerade mit ihr zu tun haben mussten und entschied sich daher dafür, diesbezüglich zu schweigen. Sie setzte sich etwas auf, austestend, schien aber mit dem Ergebnis so weit zufrieden zu sein und erhob sich daher schließlich von ihrem Felsen. Zwar schien sie noch ein wenig wackelig auf den Beinen, doch zumindest ließ sich dank der Schmerzmittel nicht erkennen, dass sie derzeit noch unter stärkeren Schmerzen litt. Sie blieb noch einmal stehen und drehte sich um in Richtung des abgestürzten Shuttles, von dem inzwischen nur noch leichter Rauch aufstieg und der vom Wind fortgetragen wurde, während er ihr die Strähnen ins Gesicht blies. Auffällig lang betrachtete sie das aufgerissene Wrack ein letztes Mal. Ob sie jemals erfuhr, was damit wirklich geschehen war?
„Gehen wir“, sagte sie dann irgendwann, während ihr Blick noch auf dem Schiff lag, mit merklich tonloserer Stimmlage als zuvor, nachdenklich, vielleicht eine unangenehme Wahrheit spürend. Erst nach einem weiteren Moment schien sie ihren Blick von der Szenerie lösen zu können. Obwohl es ihr etwas Mühe bereitete, da sie überflüssige Bewegungen zu vermeiden versuchte, beugte sie sich herunter, um die kleine Box, die einer der Piloten wegen der Nachricht des Kriegsherrn aus dem Wrack geborgen hatte, mit ihren wenigen Besitztümern vom Boden aufzuheben. Und so verließen die beiden Gestalten mit dem in der Sonne funkelnden, aufgeregten Droiden die niedergegangene Fähre, die dort erfolglos der Inbeschlagnahme durch die Natur harren würde.
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Yavin - von Protokolldroide - 19.03.2020, 01:13
RE: Yavin - von Zsinjs Imperium - 19.03.2020, 01:14
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