#27
Zufall. Schicksal. Wille der Macht. Im Endeffekt waren das nur Beschreibungen für das identische Phänomen. Selbst zufallshaft anmutende Begegnungen mochten schicksalsgleich wirken und dem Willen der Macht zuträglich sein. Es war nur äußerst schwierig, gar unmöglich, diesen ohne Weiteres deuten zu können; Viele mochten dieser Frage bereits ihr Leben gewidmet haben und es schien schwer vorstellbar, dass jemals einer davon einen Erfolg sein Eigen nennen konnte. Und doch schien, letztlich, jedes Leben eines Machtbegabten mehr oder weniger genau hierauf hinauszulaufen.

Währenddessen jedoch endeten andere Leben von Machtbegabten. Als er das sagte, änderte sich ihre Mimik merklich und ihr Haupt senkte sich ein Stück weit ab. Sie konnte nicht leugnen, dass sich durch diese Tatsache Schwermut über sie legte. Wo vormals womöglich so etwas wie Hoffnung bestand, zu einer Aussöhnung mit ihrem früheren Leben zu gelangen, schien diese für sie nun direkt wieder zerschlagen. Warum war ihr das wichtig? Eitelkeit möglicherweise, wenn man es böswillig auslegen mochte. Der Wille zum friedlichen Abschluss, wenn man es gutmütig betrachten wollte. Wie zumeist mochte der Kern der Wahrheit irgendwo zwischen diesen beiden Polen liegen. Indes, die Traurigkeit war da, so oder so. Eine interessante Beobachtung. Dass jemand eins mit der Macht geworden war, sollte nach der herrschenden Lehre der Jedi an sich keinen Grund zur Sorge oder Trauer darstellen, sondern das Aufgehen in der Uressenz aller Existenz war nicht sowohl unvermeidlich als auch etwas grundsätzlich Erstrebenswertes. Und doch war es schwierig für die, die zurückgeblieben waren im Diesseits, den Verlust nicht zu betrauern. Es war nur natürlich. Die Verleugnung dessen hatte Sedrael immer als problematisch angesehen. Machte ein Unterdrücken dieser Emotionen das Ganze nicht erst viel schlimmer, jedenfalls bis zu einem gewissen Grad? Der schlussendlich korrekte Umgang damit – wie mit allen Emotionen und Gefühlen – war für sie das, was den Ausschlag gab und den Unterschied machte, ob jemand damit gefährlich wurde oder nicht.

Aller Differenzen zum Trotz konnte sie nicht sagen, dass der Rat sie jemals schlecht behandelt hatte. Dass Yoda das hatte. Es war, schlussendlich, eine andere moralische Bewertung gewesen, wovon keine qua Fakt richtig oder falsch gewesen sein mochte. Doch unter Freunden waren unterschiedliche Bewertungen nicht zwangsläufig Grund zum Streit oder zur Trennung. Im Verhältnis zu einer Institution dagegen schon eher. Und so war es denn auch geschehen. Auch mit ihrem Meister hatte sie noch lange Zeit nach ihrem Verlassen gelegentlichen, wenn auch eher oberflächlichen Kontakt gehalten, bis dieser… nun… eines Tages unvermittelt abbrach. Mittlerweile schien klar zu sein warum.
„Das stimmt mich traurig“, entgegnete sie darauf offen, wodurch ihre Betroffenheit vielleicht übertrieben zu wirken schien, wenn man davon ausgehen musste, dass sie damit in überhaupt keiner Verbindung stand. Auch das schien ihr jedoch nicht bewusst zu sein, vielleicht gelang es ihr aber auch schlichtweg nicht, das zu verbergen. Er zeigte sich dahingehend als äußerst redselig, erstaunlich geradezu, betrachtete man die Situation völlig nüchtern. Nicht, dass ihr das grundsätzlich missfiel – geradezu das Gegenteil. Denn nur Wenige schienen so offen über all diese Dinge sprechen können. Es war aber in der Tat eine völlig neue und dadurch sehr ungewohnte Erfahrung. Gleichermaßen jedoch führte seine Offenheit dazu, dass ihr das ein gewisses Dilemma eröffnete. So brachte es sie nun in die Notwendigkeit, eine Wahl zu treffen: Sie mochte die Scharade noch eine Weile aufrechterhalten können, so sie geschickt darin war und nun bei ihm einen fehlerhaften Eindruck erzeugen, dass sie mit all wem, wovon er berichtete, nichts zu tun hatte. Oder aber sie gab dies auf und erläuterte wer sie, vielmehr noch, was sie gewesen war. Er war ihr sehr fremd, natürlich. Schließlich kannte sie ihn kaum. Dennoch kam sie nicht umhin zuzugeben, dass er – nach dem, was er getan hatte – einfach keine Lüge verdient hatte. Sie konnte die ihr entgegengebrachte Hilfe schwerlich mit Missachtung vergelten. Auch wenn ein Öffnen stets eine Gefahr barg, so hatte er ihr keinen Anlass gegeben, ihn für eine solche zu halten. Sicherlich konnte sich dies später als eine Fehleinschätzung herausstellen. Und dennoch, hätte sie in dieser Situation eine Lüge ihrerseits als gerade unmoralisch empfunden. Ganz unabhängig von der Frage, wie kompetent sie sich denn hielt, diese auch tatsächlich aufrecht erhalten zu können.
„Mir scheint, dann existieren sie doch noch“, sagte sie schließlich, auf ihn bezugnehmend, und entlarvte damit, in gewisser Weise, ihre vorherige Frage als fast schon eine Art von Test.
„In anderer Form, gewiss. Doch Veränderungen müssen nichts Schlechtes sein.“
In ihr zuckte es kurz. Ein schwieriger Gedanke. Damals, im Krieg, war es gerade der Orden gewesen, der sich verändert hatte. Doch vielleicht war zu seiner Zeit auch genau diese Veränderung eine notwendige gewesen. Es schien aber schwierig zu akzeptieren, dass nach so langer Friedenszeit eine Wandelung der Jedi hin zur Konfliktlösung durch Gewalt wirklich eine notwendige Entwicklung gewesen sein könnte. Sie war nicht naiv. Der Krieg war damals nicht zu verhindern gewesen. Doch diesen zu führen, schien schwerlich die Obligation der Jedi gewesen zu sein. Nur mochte sich die Frage stellen, was stattdessen in dieser Kriegszeit ihre Obligation gewesen wäre. Der junge Mensch hier, ihr gegenüber, versuchte Dinge zu verstehen, auf die sie seit über zwei Dekaden keine Antwort erzielen konnte und das ohne dass er sie hatte miterleben können. Eine unmögliche Aufgabe, wie es schien.

Es dauerte dennoch einen sehr langen Augenblick im Anschluss, in dem diese so wichtige Entscheidung abgewogen war, aber dennoch entschieden werden musste, wie der richtige Umgang damit stattfinden würde. Zwanzig Jahre des Versteckens forderten einen gewissen Tribut ab, machten es sehr schwer, darüber zu sprechen. Es fühlte sich einfach trotzdem auf eine gewisse Form falsch an, hatte man doch diese lange Zeit über nicht darüber sprechen können. Sie schloss die Augen, einen weiteren Atemzug lang, ehe sie antwortete.
„Vielleicht kann ich dir helfen“, begann sie, etwas leiser vielleicht als zuvor, implizierend, dass sie das Ganze Überwindung zu kosten schien. „Ich kannte die Jedi einst, vor dem Krieg. Ich schätze, man könnte sagen, ich war ein Teil von ihnen, zeitweise jedenfalls.“
Sie senkte jedoch den Blick ihres wieder etwas blasseren Gesichts schließlich in Richtung ihrer Füße, blickte in das zertretene Gras hinein.
„Und doch, das ist lange her. Eine schwierige Zeit. Ein… anderes Leben, weißt du?“
Man mochte sagen, sie hatte mehrere Leben in dieser Zeit geführt, selbst wenn es nur zwei Dekaden gewesen waren. Keine lange Zeit, objektiv gesehen, für das, was alles geschehen war. Doch die Entsagung von den Jedi hatte bei ihr zu einer beständigen Identitätskrise geführt. Zu der schlussendlichen Frage, was ihr Platz hier in dieser großen Galaxis überhaupt war. Wenn es denn einen solchen überhaupt gab. Gelegentlich jedoch fand die Macht einen an erstaunlichen Plätzen zusammen, manchmal nach einem Absturz auf einem abgelegenen Waldplaneten mit einem Menschen. Zufall? Schicksal? Wille der Macht?

Sie hob ihren Blick schließlich wieder an, die Augen auf ihn gerichtet. Bestmöglich wischte sie ihre Hand an ihrer Kleidung unter der übergeworfenen Uniform sauber und reichte ihm diese hin.
„Ich bin Sedrael, vom Planeten Firrerre“, stellte sie sich ihm schließlich vor. Sie vermutete, er war als Mensch nicht vertraut mit dem firrerrischen Konzept des Rufnamens und des echten Namens, daher verzichtete sie auf die Klarstellung. Ihr war jedoch auch nicht bekannt, dass sowohl die Seuche des bis vor kurzem noch durch das Imperium jahrelang quarantänisierten Firrerre als auch dessen bislang ungeklärte Verwüstung vor wenigen Monaten in der republikanischen Berichterstattung aufgetaucht war.
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Yavin - von Protokolldroide - 19.03.2020, 01:13
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